Berlin (dapd). Der ehemalige Berliner Innensenator Ehrhart Körting (SPD) hat den Einsatz von sogenannten V-Leuten in bestimmten Bereichen verteidigt. „Wer als Behörde etwas gegen Neonazis, Terroristen oder die Organisierte Kriminalität unternehmen will, wird auf den Einsatz von V-Personen nicht verzichten können“, sagte Körting am Montag vor dem Innenausschuss des Abgeordnetenhauses in Berlin. Bedenken hinsichtlich der Arbeit mit und Kontrolle von V-Leuten kam von der Opposition aus Grünen, Linken und Piraten. Hintergrund für die Befragung des Ex-Senators sind Verbindungen des ehemaligen Berliner V-Mannes Thomas S. zur Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU), als deren Helfer er fungierte. Gleichzeitig war S. zwischen 2000 und 2011 Vertrauensperson der Berliner Polizei. Körting war bis 2011 zehneinhalb Jahre Senator. Verzicht auf V-Leute wäre „sträflich“ „Wesentliche Informationen kommen von V-Personen, auch im präventiven Bereich“, sagte Körting. Es wäre „sträflich“, darauf zu verzichten. Daher halte er ihren Einsatz für sinnvoll. Gleichwohl hätten ihm zur fraglichen Zeit nach seiner Erinnerung keine Berichte vorgelegen, wonach S. im Jahr 2002 den Behörden Hinweise zum NSU-Trio gegeben habe. Körting erläuterte, dass die Führung dieser V-Leute Sache des Landeskriminalamtes ist, nicht der übergeordneten Senatsinnenverwaltung. Er räumte ein: Sicher trage ein Senator für seine Behörden Verantwortung. Das beziehe sich aber nicht auf den Einzelfall, sondern auf eventuelle strukturelle, also organisatorische Mängel. Auch nach heutiger Erkenntnis habe es diese jedoch in seiner Amtszeit nicht gegeben. Es habe aber „Kommunikationsfdefizite“ zwischen Verfassungsschutz im Fall NSU bundesweit gegeben, sagte Körting. „Das pfeifen ja inzwischen die Spatzen von den Dächern.“ Welche dieser Defizite es aber in diesem Zusammenhang in Berlin gegeben habe, könne er nicht beantworten, beteuerte Körting. Grundsätzlich sei er über den polizeilichen Einsatz und die Anwerbung von V-Leuten unterrichtet gewesen, aber – bis auf zwei Ausnahmen – nicht über einzelne V-Leute. Alle Lageberichte zu Erkenntnissen aus Quellen seien anonymisiert worden. Beim NSU-Komplex stellten sich Fragen weit über die V-Mann-Führung hinaus, betonte Körting. Das betreffe auch Staatsanwaltschaft und Polizeiarbeit. So habe es nach dem inzwischen dem NSU zugeordneten Sprengstoffanschlag 1998 zunächst bereits Haftbefehle gegeben, die aber wieder aufgehoben worden seien. Rückblickend könne das Wirken der Behörden bundesweit hinsichtlich der „schrecklichen Ereignisse“ nur als „Skandal“ bewertet werden. Linke-Chef: „Vertrauensperson-Wesen“ ist unkontrollierbar Linke-Fraktionschef Udo Wolf kritisierte, das „Vertrauensperson-Wesen“ entziehe sich jeder parlamentarischen Kontrolle. Das sei, auf polizeiinterne Regeln bezogen, „systemimmanent“. Vielleicht heilige der Zweck die Mittel, vermutete Wolf. Im Berliner Fall des NSU-Helfers S. sei der Zweck aber komplett verfehlt worden. Stattdessen habe es einen „veritablen Skandal“ gegeben, sagte er. „Das Problem ist doch: Je mehr es eines Schutzes von V-Leuten bedarf, desto weniger Aufklärung ist möglich.“ dapd (Politik/Politik)
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Körting verlässt Bund-Länder-Kommission
Berlin (dapd). Im Zuge der Berliner NSU-Affäre ist der ehemalige Innensenator Ehrhart Körting (SPD) am Montag aus der Bund-Länder-Kommission zur Aufarbeitung des Rechtsterrorismus zurückgetreten. Er wolle angesichts der Affäre um einen V-Mann des Berliner Landeskriminalamtes (LKA) „nicht den Anschein von Befangenheit erwecken“, berichtet der Berliner „Tagesspiegel“ (Dienstagausgabe). Körting habe den Vorsitzenden der Innenministerkonferenz, Lorenz Caffier (CDU) aus Mecklenburg-Vorpommern, darüber informiert. Eine Sprecherin Caffiers bestätigte den Vorgang. Hintergrund für Körtings Rückzug aus der Kommission ist, dass in seiner Amtszeit als Innensenator das Berliner LKA mit einem Informanten aus dem Unterstützerkreis der Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) zusammengearbeitet hatte. Laut Medienberichten soll der Mann Ende der 90er-Jahre rund ein Kilogramm Sprengstoff für die Gruppe besorgt haben. Er soll einer von 13 Beschuldigten sein, gegen die der Generalbundesanwalt im Zusammenhang mit dem NSU-Terror ermittelt. Neben Körting waren im Dezember 2011 der Münchner Rechtsanwalt Eckhart Müller, der frühere Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof, Bruno Jost, und der ehemalige Hamburger Innensenator Heino Vahldieck (CDU) in die Bund-Länder-Kommission berufen worden. Die Innenministerkonferenz hatte das Gremium eingesetzt, um die Versäumnisse bei der Aufklärung der NSU-Verbrechen zu untersuchen. Oppermann lobt Körtings Sachverstand Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte zu Körtings Rückzug: „Grundsätzlich bedauern wir den Schritt.“ Der Ex-Senator habe hervorragende und engagierte Arbeit geleistet. Es sei nun wichtig, dass schnell ein Nachfolger gefunden werde und das Gremium seine Tätigkeit ungehindert fortsetzen könne. Für die Neubesetzung des frei gewordenen Postens seien die Länder verantwortlich. Ähnlich äußerte sich der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann. „Es ist bedauerlich, dass der große Sachverstand und die langjährige Erfahrung von Ehrhart Körting in der Bund-Länder-Kommission nicht mehr zur Verfügung stehen.“ Grundsätzlich verdiene der Rückzug aber Respekt, sagte Oppermann. Körting habe damit ein Zeichen gesetzt, dass „die Vorgänge ohne Rücksicht auf Personen aufgeklärt werden müssen“. Kritischer wurde Körtings Rolle von der Union bewertet. Vor Bekanntwerden seines Austritts hatte ihn das Mitglied im NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestags, Stephan Stracke (CSU), zum Rückzug aufgefordert. Für die Vorgänge um den LKA-Informanten trage Körting die politische Verantwortung. Nach dem Rückzug forderte Stracke Körting auf, weiterhin die Hintergründe aufzuklären. „Das hat absolute Priorität“, sagte er. dapd (Politik/Politik)