Essen (dapd). Die Beschäftigten von Karstadt können erst einmal aufatmen. Der Eigentümer der Warenhauskette, Nicolas Berggruen, hat nach Aussagen eines engen Mitarbeiters einer Zerschlagung des Essener Konzerns eine Absage erteilt. Der Karstadt-Aufsichtsratschef und Berggruen-Vertraute Jared Bluestein erklärte am Montag: „Nicolas Berggruen ist ein langfristig orientierter Investor und dementiert entschieden, dass Teile des Karstadt-Geschäfts verkauft werden sollen.“ Das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ berichtet in seiner aktuellen Ausgabe, Bluestein persönlich verhandele im Auftrag von Berggruen mit der Qatar Holding und dem kanadischen Familienunternehmen George Weston Limited über einen Verkauf der besonders lukrativen Premium-Häuser: das KaDeWe in Berlin, das Alsterhaus in Hamburg und das Oberpollinger in München. Außerdem werde über eine Abgabe der Karstadt-Sporthäuser an den Konkurrenten Sportscheck nachgedacht. Dies hatte für Unruhe im Unternehmen gesorgt. Entsprechende Berichte seien „unwahr und entbehren jeglicher Grundlage“, erklärte Bluestein. Berggruen stehe voll hinter Karstadt-Chef Andrew Jennings und dessen Strategie „Karstadt 2015“. Auch in Gewerkschaftskreisen hieß es, es gebe keine Anzeichen für Verkaufspläne. Allerdings ist nicht zu übersehen, dass Karstadt auch zwei Jahre nach Übernahme durch Berggruen noch eine Baustelle ist. Erst im Juli kündigte der Konzern den Abbau von 2.000 Stellen bis Ende 2014 an. Konzernchef Jennings betone damals, angesichts der Eurokrise müsse Karstadt seinen Verwaltungsaufwand verringern und die Organisationsstrukturen im gesamten Unternehmen neu ausrichten. Handelsexperte rechnet trotz Dementi mit Teilverkäufen Die Erfolgsaussichten sind allerdings umstritten, nicht zuletzt weil sich Berggruen bislang mit eigenen Investitionen in das Unternehmen zurückhielt. Zwar plant Karstadt, insgesamt rund 400 Millionen Euro in die Modernisierung von rund 60 Warenhäusern zu investieren. Doch muss der Konzern das Geld selbst erwirtschaften. Bislang flossen deshalb erst rund 160 Millionen Euro in die Aufwertung der Filialen – zu wenig nach Auffassung vieler Fachleute. Der Handelsexperte Thomas Roeb von der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg rechnet deshalb trotz des jüngsten Dementis früher oder später mit einer Zerschlagung der traditionsreichen Warenhauskette. Roeb sagte der Nachrichtenagentur dapd: „Der Verkauf der Premium-Häuser und der Sporthäuser wird so sicher kommen wie das Amen in der Kirche.“ Denn für Karstadt sei der Verkauf dieser Perlen „die naheliegendste Möglichkeit“, an Geld zu kommen. Dies gelte nicht nur, wenn Berggruen Kasse machen wolle, sondern auch dann, wenn er den Konzern retten wolle. „Für die Modernisierung der Häuser bräuchte er bestimmt mindestens eine halbe Milliarde, vielleicht auch eine Milliarde Euro“, urteilte der Branchenkenner. „Das lässt sich aus dem laufenden Geschäft nicht stemmen, und selbst investieren will er offenbar nicht.“ Auf Dauer rechnet der Experte ohnehin mit einem Zusammenschluss von Karstadt und dem Rivalen Kaufhof zu einer Deutschen Warenhaus AG. „Das bedeutet aber auch die Schließung etlicher Filialen und den Verlust tausender Arbeitsplätze, wobei offen ist, ob bei Karstadt oder Kaufhof“, sagte er. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)