Schwerin/Hannover (dapd). Er hat alles, um den deutschen Innenministern so richtig einzuheizen. Könnte er reden, wüsste er wohl von manch hochgeheimen innenpolitischen Debatten zu berichten. Wenn sich die Innenminister der Länder zu ihren Konferenzen treffen, ist er hinter verschlossener Tür mit dabei: der Kamin der Innenministerkonferenz (IMK). Dieser Tage ist er erneut auf Reisen. Am Dienstag (8. Januar) übernimmt Niedersachsen turnusgemäß den IMK-Vorsitz von Mecklenburg-Vorpommern – und damit auch den IMK-Kamin. Er ist zwar dekorativ, aber nicht alles an ihm ist auch echt. Der Kamin misst gut 1,80 Meter, bewegt sich auf Rollen und verbraucht viel Strom, wie der Schweriner IMK-Sprecher Jens Minzlaff demonstriert. Steinkohle und der Abzug dienen nämlich nur der Dekoration, die Flammen sind Attrappe. Minzlaff knipst einen versteckten schwarzen Schalter an und im Nu verströmt das Gerät eine wohltuende Wärme. „Eine Innenministerkonferenz ohne Kamingespräch wäre nur schwer vorstellbar“, sagt er. Es gehe um eine „Wohlfühl-Atmosphäre“ bei den internen Treffen. „Wenn die Behaglichkeit nicht da ist, können Sie das Ergebnis vergessen.“ Deswegen reist der Kamin im Auto durch die gesamte Republik – obwohl bei mancher Tagung stattdessen der Kamin des Hotels zum Einsatz kommt. Jedes Jahr übernimmt ein anderes Bundesland den Vorsitz der Konferenz. In der Regel kommen die Minister zweimal im Jahr zusammen, um Richtungsentscheidungen zur Innenpolitik zu treffen. Wann und wo der Kamin zum Bestandteil der Innenministerkonferenz wurde, ist unklar. Minzlaff hat sich bei seinen Kollegen in den anderen Bundesländern umgehört – aber keine Antwort gefunden. Ein Ministeriumsmitarbeiter aus Nordrhein-Westfalen will den Kamin schon im Jahr 1991 gesehen haben, in anderen Ministerien können sich die Mitarbeiter an keinen IMK-Kamin erinnern. Sicher ist, dass der Kamin schon mal am höchsten Ort Deutschlands war – als sich die Innenminister 2006 auf der Zugspitze trafen. Trotz Mecklenburg-Vorpommern-Vorsitzes hat er es 2012 nicht an die Ostsee geschafft. Das Konferenzhotel in Rostock-Warnemünde hatte einen anderen Kamin. Stattdessen heizte der IMK-Kamin ein Jahr lang das Schweriner Innenministerium. Minzlaff hatte den Kamin bei sich im Büro aufgenommen. Die Kamingespräche gehören seit Jahren zum festen Bestandteil der Innenministerkonferenz. Bei den Gesprächen am Feuer sind neben einem Vertreter der Geschäftsstelle im Bundesrat und dem Bundesinnenminister nur die Landesminister selbst im Raum. Selbst die engsten Mitarbeiter müssten draußen bleiben, berichtet Minzlaff. So könnten die Minister in Ruhe reden, ohne dass sofort die Öffentlichkeit davon erfährt. Besprochen würden sowohl Themen, die gar nicht auf der offiziellen Tagesordnung stehen, als auch strittige Fragen, zu denen bei Konferenzende eine Entscheidung getroffen werden soll. Der Zwang zum Kompromiss ergibt sich aus dem Prinzip der Konferenz: Die Minister können nur dann etwas beschließen, wenn alle zustimmen. Wer Bedenken äußern möchte, kann diese in einer Protokollnotiz festhalten. Gefeilscht wird hauptsächlich zwischen Ministern von SPD und CDU. Es gibt nach Parteibuch getrennte Treffen während der Konferenz, am Kamin aber sitzen alle. Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU), neuer Kamin-„Besitzer“, ist voll des Lobes: „Die vertrauensvollen Gespräche in interner Runde bilden eine wichtige Grundlage für die erfolgreiche Arbeit“, sagt der Politiker. „Der Kamin steht hierfür als Symbol.“ Minzlaff muss in seinem Büro nun wieder öfter die Heizung aufdrehen. Der IMK-Kamin kommt frühestens in 15 Jahren zurück nach Mecklenburg-Vorpommern – wenn er bis dahin noch nicht in den Ruhestand geschickt wurde. dapd (Politik/Politik)