Leverkusen/Essen (dapd). Seit Monaten kursieren im Internet Drohvideos mit Mordaufrufen von Islamisten. Nun haben radikale Salafisten offenbar konkrete Anschläge vorbereitet. In der Nacht zu Mittwoch wurden in Nordrhein-Westfalen vier Personen festgenommen. Sie sollen einen Mordanschlag auf Politiker der rechtsextremen Partei Pro-NRW geplant haben, wie die Polizei in Essen mitteilte. Im Visier der Ermittler waren die Männer im Alter zwischen 23 und 43 Jahren schon länger. Ausgangspunkt ist die Festnahme von zwei Personen in Leverkusen. Die beiden Männer wurden in ihren Autos aufgegriffen und befanden sich in der Nähe der Wohnung von Markus Beisicht, Vorsitzender von Pro-NRW. Kurz nach den Festnahmen durchsuchten die Ermittler zwei Wohnungen in Essen und Bonn. Dabei fanden sie unter anderem eine scharfe Schusswaffe, Zubehör zur Herstellung von Sprengstoff und eine schusssichere Weste. In beiden Wohnungen wurde jeweils ein weiterer Täter festgenommen. Alle vier Männer werden der salafistischen Szene zugeordnet. Ihnen wird vorgeworfen, an der Planung einer „schweren staatsgefährdenden Straftat“ beteiligt gewesen zu sein. Vollkommen unbekannt sind die Tatverdächtigen den Ermittlungsbehörden nicht. Seit November 2012 habe die Polizei verschiedene Maßnahmen durchgeführt, die in der vergangenen Nacht zu den Festnahmen führten, sagte Oberstaatsanwalt Volker Bittner am Mittwochabend in Essen. Bei den Männern handele es sich um einen 43-jährigen Albaner, zwei türkischstämmige Deutsche im Alter von 23 und 24 Jahren sowie einen 25-jährigen Deutschen. Bei den Durchsuchungen sei eine Liste mit neun rot markierten Namen sichergestellt worden – alle Mitglieder von Pro-NRW. Trotz der vorausgegangenen Beobachtung sahen die Ermittler in der vergangenen Nacht Anlass zum Einschreiten. Die Gefährlichkeit der Männer sei so hoch gewesen, dass sie „unverzüglich aus dem Verkehr gezogen werden mussten“, sagte Polizeiführer Rainer Pannenbäcker. Es werde davon ausgegangen, dass die gesamte Tätergruppe festgenommen wurde. „Damit ist die konkrete Gefahrenlage erst einmal beendet und beseitigt“, sagte er. Ob mit der Polizeiaktion ein konkreter Anschlag vereitelt wurde oder die Männer Beisichts Wohnort auskundschaften wollten, präzisierten die Ermittler trotz Nachfragen nicht. Im vergangenen Frühjahr war es zu zahlreichen Übergriffen von Salafisten auf Sicherheitskräfte und Demonstranten von Pro-NRW gekommen, nachdem diese in mehreren nordrhein-westfälischen Städten Anti-Islam-Kundgebungen veranstaltet und dabei mit Mohammed-Karikaturen provoziert hatten. Im Herbst wurde ein Salafist zu sechs Jahren Haft verurteilt. Bei einer Demonstration in Bonn hatte er Polizisten mit einem Messer schwer verletzt. Im Internet kursierten zudem Drohvideos, in denen zu Morden an Pro-NRW-Aktivisten und Journalisten aufgerufen wurde. In einer ersten Reaktion verwies NRW-Innenminister Ralf Jäger auf die von Salafisten ausgehende Bedrohung. „Wir müssen wachsam sein bei Extremisten jeglicher Art – egal ob es sich um Rechtsextremisten handelt oder um extremistische Salafisten“, sagte der SPD-Politiker. Gewalt sei kein Mittel der politischen Auseinandersetzung. Zugleich verurteilte Jäger aber auch die Arbeit von Pro-NRW. Die Splitterpartei schüre durch ihre „schäbigen Hetzkampagnen“ gezielt Ausländerhass. Die Hetze der Rechtsextremisten könne jedoch gewalttätiges Vorgehen von Salafisten nicht rechtfertigen. Erst in der vergangenen Woche hatte Pro-NRW mit der Ankündigung, vor Flüchtlingsheimen demonstrieren zu wollen, massive Kritik auf sich gezogen. dapd (Politik/Politik)
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Urteil: Leiharbeiter zählen bei Bestimmung der Betriebsratsgröße mit
Erfurt (dapd). Die Zahl der in einem Unternehmen beschäftigten Leiharbeiter kann sich auch auf die Größe des Betriebsrats auswirken. Das entschied am Mittwoch das Bundesarbeitsgericht in Erfurt. Damit hatte die Anfechtung einer Betriebsratswahl anders als in den Vorinstanzen Erfolg. In dem Betrieb hatte der Wahlvorstand allein die zum Zeitpunkt der Wahl beschäftigten 879 Stammmitarbeiter bei der Festlegung der Betriebsratsgröße, nicht aber die 279 regelmäßig beschäftigten Leiharbeiter berücksichtigt. Die Arbeitnehmervertretung dürfe aber 15 und nicht nur 13 Mitglieder haben, urteilten die Erfurter Richter nun. Laut Gesetz richtet sich die Zahl der Betriebsratsmitglieder nach der Anzahl der im Betrieb in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer. Nach Ansicht des Siebten Senats zählen in der Regel beschäftigte Leiharbeitnehmer bei den Schwellenwerten im Entleiherbetrieb mit. Mit dieser Auffassung gab der Senat nach eigenen Angaben seine frühere Rechtsprechung auf. (Aktenzeichen: BAG 7 ABR 69/11, LAG Nürnberg 7 TaBV 66/10) dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Polizei verhindert offenbar Anschlag auf Pro-NRW-Vorsitzenden
Leverkusen (dapd-nrw). Auf den Vorsitzenden der rechtspopulistischen Partei Pro-NRW, Markus Beisicht, sollte offenbar ein Mordanschlag verübt werden. Die Polizei in Nordrhein-Westfalen nahm in der Nacht zu Mittwoch vier Männer fest, die der salafistischen Szene zuzuordnen sind, wie die Behörden mitteilten. Nach Ermittlungen des Essener Staatsschutzes sollen sie einen Mordanschlag auf einen Politiker von Pro-NRW geplant haben. Zwei der Tatverdächtigen wurden in der Nähe von Beisichts Wohnung in Leverkusen festgenommen. Danach durchsuchten die Ermittler zwei Wohnungen in Essen und Bonn. Dabei fanden sie eine scharfe Schusswaffe sowie Zubehör zur Herstellung von Sprengstoff. In beiden Wohnungen wurde jeweils ein weiterer Täter festgenommen. Alle vier sollen an der Planung einer „staatsgefährdenden Straftat“ beteiligt gewesen sein. Für 18.00 Uhr hat die Essener Polizei zu einer Pressekonferenz eingeladen. Die „Bild“-Zeitung hatte berichtet, die festgenommenen Männer in Leverkusen hätten eine Liste mit Namen von acht weiteren Funktionären der Partei als Ziele von Mordanschlägen bei sich getragen. Im vergangenen Frühjahr war es zu zahlreichen Übergriffen von Salafisten auf Sicherheitskräfte und Demonstranten von Pro-NRW gekommen, nachdem diese in mehreren nordrhein-westfälischen Städten Anti-Islam-Kundgebungen veranstaltet und dabei mit Mohammed-Karikaturen provoziert hatten. Im Herbst wurde ein Salafist zu sechs Jahren Haft verurteilt. Bei einer Demonstration in Bonn hatte er Polizisten mit einem Messer schwer verletzt. Im Internet kursierten zudem Drohvideos, in denen zu Morden an Pro-NRW-Aktivisten und Journalisten aufgerufen wurde. dapd (Politik/Politik)
Bei der Porsche Holding klingeln die Kassen
Stuttgart (dapd). Der vollständige Verkauf des Porsche-Sportwagengeschäfts an Volkswagen lässt bei der Porsche Automobil Holding (Porsche SE) die Kasse klingeln. Sie verbucht für 2012 ein Konzernergebnis nach Steuern in Höhe von 7,8 Milliarden Euro, wie die Beteiligungsgesellschaft am Mittwoch in Stuttgart mitteilte. Im Jahr 2011 rettete sich die Porsche SE mit 59 Millionen Euro ganz knapp in die Gewinnzone. Die enormen Unterschiede resultieren aus den am Sportwagengeschäft gehaltenen Anteilen. Durch die vollständige Einbringung der Anteile in die Volkswagen AG zum 1. August 2012 flossen der Porsche SE 4,49 Milliarden Euro zu. Zum anderen musste die Holding 2011 einen Sondereffekt in Höhe von minus 4,37 Milliarden Euro verbuchen, weil sie mit VW Optionen auf die Porsche-Aktien vereinbart hatte. Jedoch überstieg der Unternehmenswert deutlich den vereinbarten Verkaufspreis. Dieser Effekt fällt nun weg. Die Porsche SE hält noch 50,7 Prozent der Stammaktien an VW. Daraus erwartet sie im laufenden Jahr ein Ergebnis im niedrigen einstelligen Milliardenbereich. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Zschäpe in Münchner Gefängnis verlegt
München (dapd). Der Gefangenentransport lief ohne großes Aufsehen ab: Rund einen Monat vor Beginn des NSU-Prozesses ist die Hauptangeklagte Beate Zschäpe in ein Münchner Gefängnis gebracht worden. Die mutmaßliche Rechtsterroristin sei bereits am späten Dienstagnachmittag in die Justizvollzugsanstalt Stadelheim verlegt worden, sagte ein Sprecher des bayerischen Justizministeriums am Mittwoch auf dapd-Anfrage. Er bestätigte damit einen Bericht der „Süddeutschen Zeitung“. Demnach wurde die 38-jährige Zschäpe mit einem Hubschrauber auf das Gefängnisgelände in Stadelheim geflogen. Der Ministeriumssprecher sagte weiter, Zschäpe sei dort im Frauengefängnis untergebracht worden, das durch eine Straße vom Männergefängnis der JVA getrennt ist. Dort sitzt bereits seit Monaten der mitangeklagte mutmaßliche NSU-Helfer Ralf Wohlleben in Untersuchungshaft. Zschäpe war bislang in Köln inhaftiert. Nach dapd-Informationen war vor der Verlegung nach München zwar noch ein kurzer „Zwischenhalt“ in der JVA Gera geplant. Dort sollte Zschäpe die Gelegenheit gegeben werden, ihre Großmutter zu treffen, die als engste Bezugsperson der 38-Jährigen gilt. Doch dann ließ der schlechte Gesundheitszustand der Großmutter es nicht zu, dass sie Zschäpe in der JVA Gera hätte besuchen können. Die „Thüringer Allgemeine“ (Mittwochausgabe) berichtete ebenfalls unter Berufung auf Justizkreise, die Vorbereitungen im Geraer Gefängnis für eine kurzfristige Aufnahme der Angeklagten seien gestoppt worden. Der Gesundheitszustand der Großmutter habe sich nach einer Operation derart verschlechtert, dass auch eine kurze Reise vom Wohnort Jena in die JVA Gera als nicht zumutbar gelte. Die Bundesanwaltschaft lehnte auf dapd-Anfrage eine Stellungnahme zum Vollzug der Untersuchungshaft Zschäpes ab. Der Prozess beginnt am 17. April vor dem Oberlandesgericht München. Angeklagt sind neben dem mutmaßlichen NSU-Mitglied Zschäpe vier mutmaßliche NSU-Helfer, darunter der frühere NPD-Funktionär Wohlleben. Der Nationalsozialistische Untergrund wird für zehn Morde in den Jahren 2000 bis 2007 im gesamten Bundesgebiet verantwortlich gemacht. Der Anklage zufolge erschossen NSU-Terroristen insgesamt neun Kleinunternehmer türkischer und griechischer Herkunft sowie eine Polizistin. Die in Zwickau ansässige rechtsextreme Terrorzelle wird außerdem für zwei Sprengstoffanschläge in der Kölner Altstadt und in Köln-Mülheim in den Jahren 2001 und 2004 verantwortlich gemacht, bei denen mehr als 20 Menschen verletzt wurden, einige von ihnen schwer. Nach den Erkenntnissen der Bundesanwaltschaft führten die NSU-Terroristen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos die Mordanschläge aus, während ihre Komplizin Zschäpe dem NSU „den Anschein von Normalität und Legalität“ gab. Sie ist als Mittäterin der Morde angeklagt. Am 4. November 2011 war die Terrorgruppe aufgeflogen: Mundlos und Böhnhardt begingen nach einem Banküberfall Selbstmord in einem Wohnmobil, als sie von der Polizei verfolgt wurden. Zschäpe setzte darauf die gemeinsame Unterkunft des Trios in Zwickau in Brand. Zschäpe stellte sich am 8. November 2011 der Polizei in Jena und sitzt seitdem in Untersuchungshaft. dapd (Politik/Politik)
Razzien gegen Salafisten in Hessen und Nordrhein-Westfalen
Berlin/Wiesbaden/Düsseldorf (dapd). Das Bundesinnenministerium geht mit Razzien gegen salafistische Vereine vor. Bei insgesamt 20 Personen in Frankfurt am Main (Hessen) sowie in Solingen, Düsseldorf und Gladbeck (Nordrhein-Westfalen) gab es am Mittwochmorgen Durchsuchungen, wie das Bundesinnenministerium in Berlin mitteilte. Die Polizeiaktionen dienten den Angaben zufolge der Beschlagnahmung des Vermögens der radikalislamischen Vereine und der Auflösung ihrer Infrastruktur. Es wurde Computer- und Videotechnik beschlagnahmt sowie Mobiltelefone, Vereinsunterlagen und mehr als 10.000 Euro Bargeld. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sprach ein Verbot gegen die salafistischen Vereine „DawaFFM“ und „Islamische Audios“ aus und löste die Organisationen auf. Zudem verhängte er ein Verbot gegen die Teilorganisation „An-Nussrah“, die der im Juni 2012 aufgelösten Vereinigung „Millatu Ibrahim“ angehört. Friedrich erklärte, die verbotenen Organisationen strebten in aggressiv-kämpferischer Weise eine Veränderung der Gesellschaft an. Die Verbote dienten auch dem Schutz der übergroßen Zahl friedlicher Muslime. Auch die Amtskollegen Friedrichs in Hessen und Nordrhein-Westfalen begrüßten das Vorgehen gegen die Vereine. Der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger (SPD) bezeichnete die Vereinsverbote am Mittwoch in Düsseldorf als einen weiteren Beleg „für ein entschlossenes Vorgehen der Sicherheitsbehörden im gemeinsamen Kampf gegen gefährliche Extremisten“. „Wir halten den Druck auf die Salafisten aufrecht und gehen entschieden gegen ihre demokratiefeindliche Agitation vor.“ Der hessische Innenminister Boris Rhein (CDU) sagte am Mittwoch, das Verbot von DawaFFM sei eine Folge des bereits im vergangenen Juni eingeleiteten Ermittlungsverfahrens. Hessen habe „wertvolle Informationen geliefert, die die Verbote von DawaFFM und Islamische Audios untermauern konnten“, sagte Rhein. Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) begrüßte die Verbote. „Religiöse oder ideologische Bewegungen, die sich zum Ziel setzten, die Demokratie zu überwinden und einen sogenannten Gottesstaat zu errichten, dürfen in Deutschland keinen Fußbreit Platz gewinnen“, sagte der GdP-Bundesvorsitzende Bernhard Witthaut. Der Zulauf zu den Salafisten auf mittlerweile bis zu 4.500 Anhängern, so der GdP-Vorsitzende, sei Anlass zu großer Sorge und rechtfertige die polizeilichen Ermittlungen und Verbotsverfügungen der jüngsten Vergangenheit. Die Gefahr wachse, dass die Salafisten die ideologische und logistische Basis für einen gewaltbereiten Islamismus und eine Operationsbasis für Terrornetzwerke bildeten, fügte Witthaut hinzu. Bereits im Juni 2012 hatten Ermittler 26 Wohnungen, Vereinsheime, Kleingärten und Moscheen in Hessen durchsucht, die meisten davon im Rhein-Main-Gebiet. Bundesweit waren bei der Großrazzia gegen Salafisten rund 100 Objekte durchsucht worden. Computer, Laptops, Handys und Propagandamaterial sowie Geld wurden beschlagnahmt. Im Zuge der Aktion hatte Friedrich den Verein „Millatu Ibrahim“ aus Solingen verboten. Zudem waren vereinsrechtliche Ermittlungen gegen die beiden Gruppen „Die wahre Religion“ aus Köln und „DawaFFM“ aus Frankfurt am Main eingeleitet worden. In Deutschland gilt der Salafismus als die am schnellsten wachsende und wegen ihrer Radikalität besonders gefährliche Strömung des Islamismus. Der Hessische Verfassungsschutz gab die Zahl der Salafisten in Hessen am Mittwoch mit 900 an. Im vergangenen Juni waren die Verfassungsschützer noch von 800 Salafisten ausgegangen. Sicherheitsbehörden schätzen die Zahl der Anhänger bundesweit auf etwa 4.000. Für Salafisten ist das Ideal ein Gottesstaat, in dem es keine „vom Menschen erfundenen“ Gesetze gibt, sondern in dem das islamische Rechtssystem, die Scharia, gilt. dapd (Politik/Politik)
Der Bund will nicht mehr auf Pump leben
Berlin (dapd). Es war ein ungewöhnlicher Auftritt der beiden Koalitionäre: Gemeinsam traten Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) am Mittwoch vor die Presse, um die Haushaltsplanung für 2014 und die Folgejahre zu präsentieren. Schäuble wollte damit ein Signal für den am Donnerstag in Brüssel beginnenden EU-Gipfel setzen, Rösler wollte sich als Vorsitzender einer Partei präsentieren, die sich neuerdings vorrangig der Sanierung der Staatsfinanzen verschrieben hat, vor nicht allzu langer Zeit aber noch die Steuern massiv senken wollte. Eine Woche früher als geplant hat das Bundeskabinett am Mittwoch die Haushaltseckwerte beschlossen. Schäuble betonte, die Zahlen belegten, dass sich konsequentes und nachhaltiges Haushalten sowie Wachstum nicht ausschließen. „Das ist ein starkes Signal auch für Europa“, betonte Schäuble mit Blick auf den EU-Gipfel. Rösler sprach gar von einer „Leistung von historischem Ausmaß.“ Solide Haushalte seien eine Basis für solides Wachstum. Im kommenden Jahr wird der Bund noch 6,4 Milliarden Euro an neuen Schulden aufnehmen, so wenig wie seit 40 Jahren nicht mehr. Ohne die 4,3 Milliarden Euro als letztmalige Einzahlung in den Euro-Rettungsfonds wäre der Haushalt schon 2014 nahezu ausgeglichen, sagte Schäuble. 2015 will der Bund ohne neue Schulden auskommen, 2016 sieht die Finanzplanung einen Überschuss von 5,0 Milliarden Euro vor. 2017 soll dieser auf 9,4 Milliarden Euro steigen. Schäuble sprach zugleich von einer strikten Ausgabenbegrenzung. Tatsächlich sinken die Ausgaben 2014 um gut fünf Milliarden Euro auf rund 297 Milliarden Euro. In den Folgejahren sollen sie aber wieder steigen auf knapp 309 Milliarden Euro im Jahr 2017. Kräftig steigen sollen die Steuereinnahmen. 2014 werden 269 Milliarden Euro für den Bund veranschlagt. 2017 sollen es bereits 297 Milliarden Euro sein. Um 3,5 Milliarden Euro auf 10,5 Milliarden Euro gesenkt wird der Bundeszuschuss zum Gesundheitsfonds. Der Bundeszuschuss zur Rentenversicherung sinkt um 400 Millionen Euro. Schäuble und Rösler verteidigten die Kürzungen mit den guten Finanzpolstern insbesondere in der gesetzlichen Krankenkasse und wiesen Vorwürfe zurück, der Bund greife zur Haushaltssanierung in die Sozialkassen. Der Bund schieße noch immer 110 Milliarden Euro in die Sozialkassen hinzu. Mit 82,7 Milliarden Euro wird der Zuschuss des Bundes zur Rentenversicherung wie üblich der mit Abstand größte Ausgabenblock im Bundeshaushalt sein. Die Zinsausgaben sinken um vier Milliarden Euro. Keine Einnahmen sind im Haushalt 2014 aus der Finanztransaktionssteuer eingestellt. Die Verhandlungen der Euro-Finanzminister seien noch nicht soweit, dass er sicher damit rechnen könne, sagte Schäuble. Ebenfalls noch keine Mittel sind für die geplante Lebensleistungsrente veranschlagt. Dagegen ist das Betreuungsgeld, das rund 1,2 Milliarden Euro im Jahr kosten soll, im Familienressort eingeplant. Die Opposition will es im Fall eines Wahlsieges aber wieder kippen. Die SPD spracht der Koalition den Willen zum Sparen ab. Die Bundesregierung wolle trotz der konjunkturell guten Zeiten 2014 immer noch neue Schulden machen, kritisierte der SPD-Haushaltsexperte Carsten Schneider. Auch seien die Ausgaben mit knapp 297 Milliarden Euro sehr hoch und nahezu auf dem Niveau wie 2013, obwohl weniger zur Überwindung der Euro-Schuldenkrise in den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) zu zahlen sei und die Zinsausgaben sinken sollen. „Gespart wird also entgegen allen Schönredens gar nicht mehr“, konstatierte Schneider. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin sagte, Schäubles angebliche Haushaltskonsolidierung sei in Wahrheit ein Offenbarungseid. Trotz konjunkturell guter Zeiten und dreisten Griffen in die Taschen der Beitragszahler mache die Koalition weiter Schulden. In schlechteren Zeiten werde diese Haushaltsplanung wieder zu massiver Schuldenaufnahme führen. Die öffentliche Hand sei strukturell unterfinanziert. Trittin warb in dem Zusammenhang für die Grünen-Forderung einer einmaligen Vermögensabgabe. Die Haushaltsexpertin der Linksfraktion, Gesine Lötzsch, nannte das Gerede von einem ausgeglichenen Haushalt „grotesk“. Es lasse die Risiken mit dem Rettungsschirm ESM außer Acht. Dass Schäuble neue Schulden aufnehmen wolle, zeige, dass er mit Geld nicht umgehen könne. Die Linke fordere eine Vermögenssteuer in Form einer Millionärssteuer, eine Finanztransaktionssteuer und einen höheren Spitzensteuersatz auf hohe Einkommen, um neue Schulden zu vermeiden. dapd (Politik/Politik)
Getreideernte so gerade durchschnittlich erwartet
Berlin (dapd). Die Getreideernte in Deutschland dürfte nach einer ersten Schätzung des Deutschen Raiffeisenverbandes in diesem Jahr nur knapp durchschnittlich ausfallen. Erwartet werde eine Erntemenge von gut 45,2 Millionen Tonnen Getreide, teilte der Verband am Mittwoch in Berlin mit. Das wäre etwas mehr als die 45,18 Millionen Tonnen aus dem Vorjahr. Der Verband geht davon aus, dass die Anbauflächen für Getreide nur leicht steigen. Dagegen dürften die Anbaufläche und die Ernte von Winterraps wegen guter Aussaatbedingungen und attraktiver Preise für Raps kräftig wachsen, hieß es. Steigerungen erwartet der Verband auch beim Winterweizen, beim Roggen und bei der Wintergerste. Die erneuten Minusgrade der vergangenen Tage hätten keine Schäden verursacht. Allerdings werde sich die Aussaat für das Sommergetreide durch die Rückkehr des kalten Winterwetters um bis zu eineinhalb Wochen verzögern. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
E.on im Umbruch
Düsseldorf (dapd). Deutschlands größter Energieversorger E.on will sich unabhängiger vom schwächelnden europäischen Markt machen. E.on wolle die schwierigen nächsten Jahre für eine grundlegende Transformation nutzten, „um in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts mit neuer Kraft weder wachsen zu können“, sagte Konzernchef Johannes Teyssen am Mittwoch in Düsseldorf. Da das klassische Strom- und Gasgeschäft in Europa an Bedeutung verliere, werde der Konzern konsequent Wachstumschancen außerhalb der europäischen Grenzen nutzen. Der Ausblick Teyssens auf die Zeit bis dahin fiel allerdings eher düster aus. Im laufenden Jahr erwartet der E.on-Chef einen Rückgang des nachhaltigen Konzernüberschusses um 40 bis 50 Prozent auf 2,2 bis 2,6 Milliarden Euro. „In den nächsten Jahren wird es mit Sicherheit nicht einfacher für E.on“, sagte Teyssen. Sorgen bereitet dem Konzern vor allem die Profitabilität der konventionellen Stromerzeugung aus Kohle und Gas. „Viele deutsche Gaskraftwerke sind von der Schließung bedroht“, warnte der Manager. Denn Wind- und Solarenergie, aber auch Kohlekraftwerke verdrängten die vergleichsweise umweltschonenden, aber teuren Anlagen aus dem Markt. Noch in diesem Monat will der Konzern deshalb auch eine Entscheidung über die vorübergehende Stilllegung des modernen Gaskraftwerks Irsching 5 treffen. „Wir werden nicht tatenlos zusehen, wie unsere Kraftwerke dauerhaft rote Zahlen schreiben“, sagte Teyssen. Es könne nicht sein, dass Jahr für Jahr mehr Geld für die erneuerbaren Energien aufgewendet werde, während die Betreiber konventioneller Kraftwerke mit den Kosten für möglicherweise systemrelevante Anlagen allein gelassen und zum unwirtschaftlichen Weiterbetrieb gezwungen würden. Wachstumschancen sieht der Konzern zurzeit vor allem außerhalb Europas, aber auch bei erneuerbaren Energien und der dezentralen Energieversorgung sowie bei der Gas- und Ölförderung. In Russland und den USA hat sich der Konzern bereits starke Standbeine verschafft. In der Türkei und Brasilien soll dies in den nächsten Jahren geschehen. Brasilien sei einer der interessantesten Märkte der Welt, hieß es bei E.on. Der Strompreis sei dort derzeit drei bis viermal so hoch wie in Deutschland. Auch seine Position bei den erneuerbaren Energien will der Konzern weiter ausbauen. Derzeit seien Anlagen mit einer Kapazität von rund 2 Gigawatt im Bau, sagte Teyssen. Schon in diesem Jahr könnten die Erneuerbaren in Europa nach seinen Worten erstmals einen höheren Ergebnisbeitrag leisten als die konventionellen Kraftwerke. „Noch sind wir im Umbau, aber die Konturen der neuen E.on zeichnen sich bereits klar ab: Wir werden schlanker und schneller, internationaler und dezentraler“, sagte Teyssen. Für 2012 wies der Konzern nach dem Milliardenverlust im Krisenjahr 2011 unter dem Strich wieder einen Nettogewinn von 2,2 Milliarden Euro aus. Der nachhaltige Konzernüberschuss stieg um 67 Prozent auf 4,2 Milliarden Euro. Die deutliche Ergebnisverbesserung war allerdings zum großen Teil auf Einmaleffekte aus der Neuverhandlung der Gaslieferverträge und dem Wegfall der Belastungen aus dem Kernenergieausstieg zurückzuführen. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Mehr Schutz von Kindern durch vertrauliche Geburt
Berlin (dapd). Hilfe für Mütter in Nöten: Künftig soll es nach dem Willen der Bundesregierung möglich sein, in Krankenhäusern vertraulich ein Kind zur Welt zu bringen. Ziel ist es, Geburten von Frauen, die ihre Schwangerschaft geheim halten wollen, außerhalb von Kliniken zu vermeiden und zu verhindern, dass Neugeborene ausgesetzt oder getötet werden. Dazu beschloss das Bundeskabinett am Mittwoch einen Gesetzentwurf zur „vertraulichen Geburt“. Momentan sind sowohl Babyklappen als auch anonyme Geburten in einer rechtlichen Grauzone. Deshalb soll erstmals ein legales Angebot geschaffen werden. „Wir möchten werdende Mütter, die aus persönlichen Gründen Angst vor den Standards einer regulären, meldepflichtigen Geburt haben, durch das frühzeitige Angebot qualifizierter psychosozialer Beratung Auswege aus ihrer verzweifelten Lage aufzeigen und sie so rechtzeitig während der Schwangerschaft für eine vertrauliche Geburt gewinnen“, sagte Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) am Mittwoch in Berlin. Das Gesetz soll den Müttern für eine genügend lange Dauer die Anonymität ihrer Daten garantieren. Diese kommen bei der Aufnahme im Krankenhaus in einen versiegelten Umschlag und werden sechzehn Jahre lang aufbewahrt. Gleichzeitig haben die betroffenen Kinder ab dem 16. Lebensjahr die Chance, ihre eigene Identität festzustellen. Die Mutter kann dem begründet widersprechen. Im Streitfall muss ein Familiengericht entschieden. Die Neuregelungen sollen zum 1. Mai 2014 in Kraft treten. Bislang gebären in Deutschland jährlich rund 100 Frauen anonym oder geben ihr Neugeborenes an einer Babyklappe ab. Zwischen 20 und 35 Kinder werden jährlich ausgesetzt, einige davon sterben. SPD beklagt rechtliche Grauzone Für die SPD begrüßte die familienpolitische Sprecherin Caren Marks den Entwurf im Grundsatz, kritisierte aber, dass weiterhin die anonyme Geburt in Kliniken und das Betreiben der Babyklappen ungeregelt bleiben sollen. Damit werde eine rechtliche Grauzone akzeptiert sowie das verfassungsrechtlich garantierte Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung unterlaufen, bemängelte sie. Für die CSU sagte der familienpolitische Sprecher der Landesgruppe, Max Straubinger, das Gesetz schütze das Grundrecht des Kindes auf Kenntnis seiner Herkunft und verbessere damit seine Interessen gegenüber den bestehenden Angeboten der anonymen Kindesabgabe. Gleichzeitig werde das Geheimhaltungsinteresse der leiblichen Mutter geschützt und ihr für eine ausreichend lange Zeit die Anonymität ihrer Daten garantiert. Die Caritas zeigte sich erleichtert über den Gesetzentwurf. „Für die Entwicklung und Identität eines Kindes ist das Wissen um die eigene Herkunft sehr wichtig“, machte Caritas-Präsident Peter Neher deutlich. dapd (Politik/Politik)