Frankfurt/Main/Rüsselsheim (dapd). Hohe Kostenentlastung für den angeschlagenen Autobauer Opel: Im Zuge der Sanierungsgespräche wurde die seit Mai fällige Tariferhöhung für die mehr als 20.000 Beschäftigten in Deutschland vorerst ausgesetzt. Das verlautete am Donnerstag aus der IG-Metall-Zentrale in Frankfurt am Main. Damit muss Opel einen zweistelligen Millionenbetrag vorerst nicht zahlen. Der Opel-Vorstand hatte sich am Mittwoch bereit erklärt, im Zuge der Sanierung bis Ende 2016 auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten. „Die Fälligkeit der Tariferhöhung von 4,3 Prozent ist bis Oktober ausgesetzt“, wie die Nachrichtenagentur dapd am Donnerstag aus IG-Metall-Kreisen erfuhr. Allerdings gilt der Verzicht unter Vorbehalt: Falls die laufenden Verhandlungen mit dem Opel-Vorstand scheitern, muss die Erhöhung nachgezahlt werden. Die Aussetzung der Tariferhöhung gilt als Entgegenkommen der IG Metall für die vom Vorstand angebotene Jobgarantie. Der Verzicht bringt dem Autobauer sofortige Entlastung im Kampf mit den roten Zahlen: Bei einem geschätzten Durchschnittsgehalt von 3.500 Euro im Monat muss Opel bis Oktober insgesamt rund 19 Millionen Euro weniger an die Mitarbeiter überweisen müssen. Am Mittwoch hatten Vorstand, IG Metall und Betriebsrat Eckpunkte des Sanierungsplans vorgelegt: Demnach verzichtet Opel bis Ende 2016 auf betriebsbedingte Kündigungen und betreibt auch das von der Schließung bedrohte Werk Bochum bis dahin weiter. Ab 2017 ist aber keine weitere Produktion in Bochum geplant, das Werk müsste schließen. Über die Einzelheiten des Rettungsplans wird nun verhandelt. Die Bochumer Oberbürgermeisterin Ottilie Scholz (SPD) fordert eine langfristige Perspektive für das Opel-Werk in ihrer Stadt. Es gehöre zu den leistungsstärksten Automobilwerken in Europa, betonte die SPD-Politikerin und fügte hinzu: „Es sollte für Opel doch möglich sein, bei einer Produktoffensive mit 23 neuen Modellen, 13 neuen Motoren und Getrieben eine Nachfolgeproduktion für den Zafira nach Bochum zu vergeben.“ Alles andere wäre für sie „unverständlich und nicht akzeptabel“. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) sieht in dem voraussichtlichen Erhalt der Opel-Standorte bis 2016 eine neue Chance. „Unser gemeinsamer Einsatz hat sich gelohnt“, sagte Beck in Mainz. Die Länder Nordrhein-Westfalen, Thüringen, Hessen und Rheinland-Pfalz hätten sich in den Verhandlungen nicht auseinanderdividieren lassen. Das habe den amerikanischen Mutterkonzern General Motors (GM) zum Einlenken bewogen, fügte Beck hinzu. Bisher sind die Jobs bei Opel durch einen früheren Vertrag bis Ende 2014 geschützt. Für das Jahr 2015 stand die Schließung von Bochum mit seinen mehr als 3.000 Mitarbeitern im Raum. Die Tochter des US-Konzerns General Motors (GM) macht seit mehr als zehn Jahren Milliardenverluste und muss ihre Produktionskapazität reduzieren. Zuletzt hatte der Konzern ein Werk in Antwerpen geschlossen. Seitdem ist die Nachfrage nach Modellen von Opel und der Schwestermarke Vauxhall aber weiter gefallen. Allein im wichtigsten Markt Deutschland wurden im Mai elf Prozent weniger Opel-Fahrzeuge verkauft. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
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Studie: Schmerzgrenze beim Spritpreis noch nicht erreicht
Rostock-Warnemünde (dapd). Für die Autofahrer gibt es bei den Spritpreisen offenbar noch Luft nach oben. Laut einer vom Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) in Auftrag gegebenen Forsa-Studie ist die Schmerzgrenze bei jedem zweiten befragten Fahrer noch nicht erreicht. Jeder Vierte würde auch bis zu zwei Euro pro Liter Kraftstoff zahlen, um nicht auf seine Mobilität verzichten zu müssen, wie ZDK-Präsident Robert Rademacher am Donnerstag in Rostock-Warnemünde sagte. Elf Prozent der Befragten würden sogar noch tiefer in die Tasche greifen. Wegen der gestiegenen Kraftstoffpreise ändert die Mehrheit der Autofahrer aber ihr Fahrverhalten, wie die Befragung von Ende Mai zeigt: Sie ließen ihr Auto öfter stehen, sagte Rademacher. Mehr Strecken denn je würden zu Fuß, mit dem Fahrrad oder öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt. Car-Sharing kommt dagegen nur für einen verschwindend geringen Teil der Autofahrer infrage. Für nur drei Prozent sei das „auf jeden Fall“ eine Überlegung wert, um Kosten zu sparen, sagte Rademacher. Auch bei den Autohändlern machten sich die Veränderungen im Mobilitätsverhalten der Verbraucher bemerkbar. Kunden achteten stärker als bisher auf einen möglichst geringen Kraftstoffverbrauch beim Autokauf, jeder zweite Autofahrer hält dieses Kriterium für „sehr wichtig“. Der Schadstoffausstoß sei dagegen nur jedem dritten Befragten „sehr wichtig“, das neue Öko-Label für Fahrzeuge sogar nur jedem vierten Befragten bekannt. Insgesamt zurückhaltender sind Autofahrer beim Kauf von Neufahrzeugen. „Der Privatmarkt schwächelt“, sagte Rademacher. Seit Jahresbeginn seien erneut vier Prozent weniger Neuwagen verkauft worden als im Vorjahreszeitraum. Dass die Zahl der Neuzulassungen dennoch leicht steige, liege an den Eigenzulassungen von Händlern und Herstellern. Besser laufe das Geschäft hingegen beim Gebrauchtwagenverkauf sowie in den Werkstätten. So wenden sich drei Viertel der Befragten für eine Hauptuntersuchung ihres Autos lieber an die Werkstatt, als es allein in einer Prüfstelle vorzustellen. Link zur Forsa-Umfrage: http://url.dapd.de/mXNdyT dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Demjanjuks Familie stellt Strafantrag wegen Totschlags
Berlin (dapd). Rund drei Monate nach dem Tod des verurteilten NS-Kriegsverbrechers John Demjanjuk in einem oberbayerischen Pflegeheim haben die Hinterbliebenen eine Strafanzeige gestellt. Darin heißt es, Demjanjuk sei „wegen einer Falschbehandlung“ gestorben, sagte der Rosenheimer Oberstaatsanwalt Jürgen Branz am Donnerstag. Dem betreuenden Personal werde unter anderem Totschlag vorgeworfen. Die Strafanzeige, die am 12. Juni eingegangen sei, werde nun geprüft. Demjanjuk war Mitte März tot in seinem Bett in einem Pflegeheim im oberbayerischen Bad Feilnbach gefunden worden. Er wurde 91 Jahre alt. Eine Obduktion ergab wenige Tage später, dass Demjanjuk nicht durch Fremdeinwirkung starb, wie die Staatsanwaltschaft Traunstein mitteilte. Der gebürtige Ukrainer war im Mai 2011 wegen Beihilfe zum Mord an mindestens 28.060 Menschen im Jahr 1943 im Vernichtungslager Sobibór in Polen zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. Das Landgericht München II ließ ihn anschließend frei, weil es keine Fluchtgefahr sah und das Urteil durch die Revision von Staatsanwaltschaft und Verteidigung nicht rechtskräftig wurde. Demjanjuk litt an einer chronischen Nierenerkrankung und Blutarmut. Sein Sohn John Demjanjuk wirft den behandelnden Ärzten und dem Pflegepersonal die unsachgemäße Verabreichung des Schmerzmittels Novalgin vor. Sein Vater habe das Medikament regelmäßig erhalten, obwohl der Hersteller bei Nierenleiden von einer Einnahme abrate, zitiert der Anwalt Ulrich Busch seinen Mandanten in einer E-Mail, die der Nachrichtenagentur AP vorliegt. In den USA beispielsweise sei Novalgin gar nicht zugelassen. Die dauerhafte Verabreichung von Novalgin sei angesichts des Zustands von Demjanjuk absolut falsch gewesen und könnte zum Tod geführt haben, heißt es in dem Schreiben. Zudem habe Demjanjuk in der Nacht vor seinem Tod über Schmerzen geklagt und sei mit Novalgin behandelt worden. Wenn die Pflegerin ihre Pflicht erfüllt und einen Notarzt gerufen hätte, wäre Demjanjuk in ein Krankenhaus gebracht worden und könnte heute noch leben, schrieb Busch. © 2012 AP. All rights reserved (Politik/Politik)
E.on-Mitarbeiter können früher in den Ruhestand gehen
Düsseldorf (dapd). Der Energiekonzern E.on bietet seinen Mitarbeitern eine Vorruhestandsregelung an, mit dem der geplante Abbau von 6.000 Arbeitsplätzen in Deutschland vorangetrieben werden soll. Das sagte ein E.on-Sprecher am Donnerstag und bestätigte damit einen Bericht der „Rheinischen Post“ (Donnerstagausgabe) in Düsseldorf. Eine entsprechende Vereinbarung könnten Mitarbeiter ab 54 Jahre abschließen, ab 57 Jahre können sie dann in den Ruhestand gehen. Die Vorsitzende des E.on-Ruhrgas-Betriebsrates, Gabriele Gratz, geht nach Angaben der „Rheinischen Post“ davon aus, dass mehr als 1.000 E.on-Mitarbeiter in Deutschland Anspruch auf den Vorruhestand haben. Der Konzern zahlt ihnen dem Blatt zufolge bis zu 70 Prozent des letzten Nettogehalts. Zu den finanziellen Details der Vereinbarung wollte sich der E.on-Sprecher nicht äußern. Zudem übernimmt der Konzern nach Medienangaben die Krankenkassen-Beiträge und zahlt einen Ausgleich für ausfallende Beiträge zur Rentenversicherung. Alternativ sieht ein Sozialplan hohe Abfindungen vor. E.on zahlt 1,2 Bruttogehälter pro Beschäftigungsjahr. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Bayerns Innenminister für harten Kurs gegen Islamisten
München (dapd-bay). Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) ruft nach den bundesweiten Aktionen gegen salafistische Organisationen zu einem „entschlossenen Vorgehen“ gegen alle extremistischen Islamisten auf. So müssten bei „Hasspredigern“ auch „alle notwendigen ausländerrechtlichen Maßnahmen“ getroffen werden, sagte Herrmann am Donnerstag in München. Er forderte: „Jemand, der als Ausländer bei uns Gewalt und Hass predigt, muss abgeschoben werden.“ Der CSU-Politiker begrüßte zugleich die Razzien gegen Salafisten. Sie hatten am Donnerstagmorgen in sieben Bundesländern begonnen. Zeitgleich verbot Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) den salafistischen Verein „Millatu Ibrahim“ aus Solingen und leitete vereinsrechtliche Ermittlungsmaßnahmen unter anderem gegen die Organisation „Die wahre Religion“ ein. Es kam Herrmann zufolge auch zu zwei Durchsuchungen in Bayern. Dabei handelte es sich um Privatwohnungen in Augsburg und München. Beschlagnahmt wurden Computer, Festplatten, Mobiltelefone und „verschiedene Dokumente“. Herrmann betonte: „Salafisten sind islamistische Radikale, deren gefährliche Intoleranz wir nicht hinnehmen dürfen.“ Wo immer Vereinsverbote möglich seien, müsse davon Gebrauch gemacht werden. Der CSU-Politiker fügte hinzu: „Auch wenn es im Moment keine Anhaltspunkte für Anschlagsplanungen gibt: Die Gefahr salafistischer Straftaten ist auch in Bayern gegeben.“ Bundesweit zähle der Verfassungsschutz rund 4.000 Personen, die dem Salafismus zuzuordnen sind. In Bayern werden Herrmann zufolge vom Verfassungsschutz rund 450 Personen beobachtet – vor allem in München, Augsburg, Regensburg und Bayreuth. Die Durchsuchungsaktion in München betraf einen Verein, der für „Die wahre Religion“ Spenden gesammelt hat. Die Maßnahmen in Augsburg richteten sich den Angaben zufolge gegen einen Prediger dieser Organisation, der im Internet zum Beispiel über Videos die salafistischen Ideologien verbreitet hat. dapd (Politik/Politik)
Auch Bahr nahm an RKI-Gesundheitsstudie teil
Berlin (dapd). Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr ist einer der mehr als 7.000 Probanden der „Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland“ (DEGS) vom Robert Koch-Institut (RKI) gewesen. Ihn habe beeindruckt, was alles erfragt und untersucht worden sei, sagte der 35-Jährige am Donnerstag in Berlin bei der Vorstellung der ersten Ergebnisse der Studie. Insgesamt nahmen 7.238 Personen an der DEGS-Studie teil. Hinzu kommen 914 Menschen, die sich nur am Befragungsprogramm beteiligten. dapd (Vermischtes/Politik)
Fiskalpakt und ESM vor der Sommerpause im Bundestag
Berlin (dapd). Der europäische Fiskalpakt mit schärferen Haushaltsregeln und der dauerhafte Euro-Rettungsschirm ESM sollen noch vor der Sommerpause von Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden. Koalition und Opposition einigten sich am Donnerstag in Berlin auf den 29. Juni für die Abstimmung im Bundestag. Die Sitzung ist für 17 Uhr vorgesehen. Am Abend soll es dann eine Sondersitzung des Bundesrates geben, hieß es bei der Ministerpräsidentenkonferenz in Berlin. Die Länder stellen allerdings Bedingungen für eine Zustimmung. Vor der Abstimmung im Bundestag wird es weitere Treffen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Spitzenvertretern der Parteien- und Fraktionen geben. So soll sich zunächst am 21. Juni wieder eine Spitzenrunde zusammensetzen. Nach dem Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs von Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien am 22. Juni in Rom ist dann am 23. Juni eine weitere Begegnung der Partei- und Fraktionsvorsitzenden vorgesehen. Am 28. und 29. Juni tagt in Brüssel der Rat der europäischen Staats- und Regierungschefs. Für Merkel ist dieser Zeitplan eng – sie muss am späten Freitagnachmittag (29. Juni) zur entscheidenden Abstimmung über Fiskalpakt und ESM im Bundestag sein. Der Rettungsschirm soll am 1. Juli in Kraft treten. Unions-Fraktionsvorsitzender Volker Kauder (CDU) betonte, man sei wieder einen guten Schritt vorangekommen. Der nun vereinbarte Zeitplan stelle sicher, dass der europäische Stabilisierungsmechanismus ESM gemeinsam mit dem Fiskalpakt pünktlich in Kraft treten könne. Die Chefin der CSU-Landesgruppe Gerda Hasselfeldt sagte, die Union habe immer darauf gedrängt, dass ESM und Fiskalpakt zusammen verabschiedet werden können. „Solidarität und Solidität gehören zusammen. Dies scheint nun möglich.“ Die Verhandlungen seien zäh, aber man komme voran. FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle erklärte, es bleibe das Ziel der FDP, ESM und Fiskalpakt vor dem 1. Juli zu verabschieden. „Wenn die Opposition das jetzt auch so sieht, begrüßen wir das.“ Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) sagte, die Länder seien bereit, „am 29. Juni abends mit 69 Stimmen dazu beizutragen“. Dazu sei aber ein „belastbares und verlässliches Paket“ notwendig. Er forderte vom Bund Zusagen unter anderem für eine Entlastung der Kommunen. Möglich sei etwa die Übernahme der Eingliederungshilfe für Behinderte durch den Bund. Zudem schlug Haseloff vor, die aufgelaufenen Schulden der Kommunen in einen Fonds auszulagern und nach und nach abzubauen. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) sagte, die Gespräche seien auf einem guten Weg. Absichtserklärungen des Bundes reichten allerdings nicht aus. dapd (Politik/Politik)
Tränen auf der Betriebsversammlung
Ulm (dapd). Als wäre Feierabend im Nokia-Werk in Ulm. Hunderte von Mitarbeitern geben sich schon am Donnerstagvormittag die Klinke der Ausgangstüre in die Hand. „Wir haben Gleitzeit und sind sehr flexibel. Heute wird das alles nicht so eng gesehen“, sagt ein junger Ingenieur. Nach der Betriebsversammlung steht den meisten offenbar nicht mehr der Sinn nach Arbeit. Denn die rund 700 Mitarbeiter des Nokia-Entwicklungsstandortes Ulm haben erfahren, dass der angeschlagene finnische Handy-Konzern im Zuge eines neuen Sanierungsprogramms ihren Standort schließen will. Weltweit sollen bis zu 10.000 Stellen gestrichen werden. Nokia-Chef Stephen Elop will mit den Einschnitten die langfristige Wettbewerbsfähigkeit des Konzerns sicherstellen. Nokia wies allein im ersten Quartal dieses Jahres einen Verlust von fast einer Milliarde Euro aus. Viele Fakten hat es nach Ansicht der Mitarbeiter aber nicht gegeben. Selbst die auf einer Videowand übertragene Rede Elops habe keine Klarheit darüber gebracht, wann das Aus kommt, sagen sie. Vor der Tür bilden sich kleine Gruppen. Die Mitarbeiter verabreden sich auf Englisch auf ein Bier in der Innenstadt. Die Entwicklungs-Ingenieure am Standort kommen aus aller Welt. „Von China bis Amerika“, sagt eine Abteilungsleiterin, die ebenso wie ihre Kollegen nicht namentlich genannt werden will. Sie habe „zwölf fantastische Jahre“ bei Nokia gehabt: „Wir sind zusammengewachsen. Es hat riesig Spaß gemacht.“ Die junge Frau spricht in der Vergangenheitsform. Die Gegenwart sei eher traurig. Sie habe während der Betriebsversammlung geweint, sagt sie. Die Zukunftsaussichten schätzen viele der betroffenen Mitarbeiter grundsätzlich nicht so schlecht ein. „Ingenieure wie wir sind gefragt. Aber wenn 700 Ingenieure plötzlich auf den Arbeitsmarkt drängen, wird es eng“, sagt ein „Nokianer“. Sein rund 20 Jahre älterer Kollege kann der Ankündigung, den Standort zu schließen, sogar eine positive Seite abgewinnen: „Ich war schon bei Siemens-BenQ betroffen. Jetzt werde ich wohl in den Vorruhestand gehen.“ Über die Zukunft von Nokia in Ulm können die Beschäftigten zurzeit nur spekulieren. Auf der Betriebsversammlung haben Manager angekündigt, einen Plan auszuarbeiten. Wann die Belegschaft ihre Jobs verliert, sei derzeit nicht absehbar, so berichten Betroffene. Ein hochrangiger Manager, dessen Namen die von Journalisten vor der Firmentüre befragten Mitarbeiter nicht nennen wollen, sei in Begleitung von Security-Kräften aufgetreten. Die Männer eines Sicherheitsdienstes hätten aber nicht eingreifen müssen. Außer vereinzelten leisen Buhrufen und zum Teil auch Gelächter sei aus der Belegschaft keine Reaktion zu hören gewesen. „Viele haben offenbar damit gerechnet“, sagt ein Mitarbeiter, der von Spekulationen in den vergangenen Tagen erzählt. Als er am Mittwoch kurz vor Feierabend zu der Betriebsversammlung am nächsten Morgen eingeladen worden sei, habe er schon geahnt, was kommt. Bei der Betriebsversammlung seien die Mitarbeiter gewarnt worden, Spekulationen nicht mit Fakten zu vermischen. Künftig wird sich zumindest der Arbeitseifer der Abteilungsleiterin in Grenzen halten. Bislang war sie nach eigenen Angaben oft bis in die Nacht und auch am Wochenende in der Firma, weil sie und ihre Kollegen von dem Projekt so begeistert waren. Auch die Kollegin neben ihr zeigt sich ernüchtert. Aber das wolle sie sofort ändern: „Jetzt gehe ich heim und mache eine Flasche auf.“ dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Sicherheitsbehörden greifen hart gegen Salafisten durch
Berlin (dapd-nrd). Mit einer Großrazzia und einem Vereinsverbot zeigen die deutschen Sicherheitsbehörden Härte im Kampf gegen den radikalen Islamismus. Ermittler durchsuchten am Donnerstagmorgen in sieben Bundesländern Wohnungen, Moscheen und Vereinsheime radikaler Salafisten. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich verbot derweil den salafistischen Verein „Millatu Ibrahim“ aus Solingen. Wie der CSU-Politiker in Berlin mitteilte, wurden zudem Ermittlungen gegen die beiden Gruppen „Die wahre Religion“ aus Köln und „DawaFFM“ aus Frankfurt am Main eingeleitet. Ziel sei, auch diese Organisationen zu verbieten. Die Razzia begann um 6.00 Uhr – sie richtete sich bundesweit gegen 71 Objekte von Salafisten. Elf weitere Durchsuchungen kamen im Zuge der Aktion hinzu. Zahlreiche Beweismittel wurden sichergestellt, unter anderem Handys, Computer und Videokameras. Insgesamt waren rund 850 Polizisten im Einsatz. Mit Blick auf „Millatu Ibrahim“ sagte Friedrich, dieser Verein richte sich „gegen unsere verfassungsmäßige Ordnung und gegen den Gedanken der Völkerverständigung“. Das Einschreiten sei deshalb „gerechtfertigt und notwendig“. Es ist das erste Verbot einer salafistischen Vereinigung in Deutschland. Entscheidend sei das klare Signal, das von der Aktion ausgehe, sagte Friedrich. „Dieser Staat wehrt sich gegen Angriffe auf die Freiheit.“ In Deutschland gilt der Salafismus als die am schnellsten wachsende und wegen ihrer Radikalität besonders gefährliche Strömung des Islamismus. Sicherheitsbehörden schätzen die Zahl der Anhänger auf etwa 4.000. Für Salafisten ist das Ideal ein Gottesstaat, in dem es keine „vom Menschen erfundenen“ Gesetze gibt, sondern in dem das islamische Rechtssystem, die Scharia, gilt. Die Islamverbände haben in der Vergangenheit mehrfach betont, dass sie diese Sichtweise sowie Gewalt im Namen des Islams entschieden ablehnen. Friedrich wertete die Aktion als „außerordentlich erfolgreich“. Nach bisherigem Erkenntnisstand habe es nirgendwo Widerstand gegen die Vollzugsbeamten gegeben. In Sicherheitskreisen werden allerdings Reaktionen aus der Szene befürchtet. Wie diese ausfallen werden, sei zwar noch unklar, entsprechende Vorkehrungen seien jedoch bereits getroffen worden, hieß es. Experten halten es auch für möglich, dass die islamistische Szene erst nach einer gewissen Zeit auf die Maßnahmen reagiert. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) wertete die aktuelle Sicherheitslage als angespannt und warnte vor einer weiteren Radikalisierung gewaltbereiter Islamisten. Schwerpunkte des Polizeieinsatzes waren Nordrhein-Westfalen und Hessen. Betroffen waren zudem die Länder Hamburg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Berlin, Bayern, Nordrhein-Westfalen (NRW) und Hessen. Allein in NRW waren 500 Beamte im Einsatz und durchsuchten rund 31 Wohnungen, Moscheen und Vereinsheimen. „Wir haben weitere Erkenntnisse für möglicherweise weitere Verbotsverfahren gewonnen“, sagte NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD). Hessen Innenminister Boris Rhein (CDU) ergänzte, die Aktionen machten deutlich, „dass wir nicht tatenlos zuschauen, wenn Salafisten junge Menschen indoktrinieren“. Bei der Razzia in den Räumen des jetzt verbotenen Vereins „Millatu Ibrahim“ in Solingen fanden die Ermittler auch Hinweise auf eine mögliche Ersatzvereinigung mit dem Namen „An-Nusra“. Auch diese Organisation wurde verboten. Die Gründung von Nachfolgeorganisationen ist illegal. Zudem wurden im Zuge der Aktion zahlreiche Internetanbieter vor allem im Ausland angeschrieben und aufgefordert, die Seiten der salafistischen Vereinigungen zu löschen. Die Mitglieder hatten sich vorwiegend über das Internet organisiert. Am vergangenen Wochenende hatten – abgeschirmt durch die Polizei – rund 300 radikalislamische Salafisten in Köln demonstriert. Bundesweit für Schlagzeilen sorgten die Islamisten zuletzt auch mit der umstrittenen Verteilung kostenloser Koranausgaben. In mehreren Städten kam es deswegen zu gewaltsamen Übergriffen; die Polizei musste einschreiten. dapd (Politik/Politik)
Hinterbliebene Demjanjuks erstatten Strafanzeige wegen Totschlags
Rosenheim (dapd). Rund drei Monate nach dem Tod des verurteilten NS-Kriegsverbrechers John Demjanjuk in einem oberbayerischen Pflegeheim haben die Hinterbliebenen eine Strafanzeige gestellt. Darin heißt es, Demjanjuk sei „wegen einer Falschbehandlung“ gestorben, sagte der Rosenheimer Oberstaatsanwalt Jürgen Branz am Donnerstag. Dem betreuenden Personal werde unter anderem Totschlag vorgeworfen. Die Strafanzeige, die am 12. Juni eingegangen sei, werde nun geprüft. Demjanjuk war Mitte März tot in seinem Bett in einem Pflegeheim im oberbayerischen Bad Feilnbach gefunden worden. Er wurde 91 Jahre alt. Eine Obduktion ergab wenige Tage später nach Angaben der Staatsanwaltschaft Traunstein, dass Demjanjuk nicht durch Fremdeinwirkung starb. Der gebürtige Ukrainer war im Mai 2011 wegen Beihilfe zum Mord an mindestens 28.060 Menschen im Jahr 1943 im Vernichtungslager Sobibór in Polen zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. Das Landgericht München II ließ ihn anschließend frei, weil es keine Fluchtgefahr sah und das Urteil durch die Revision von Staatsanwaltschaft und Verteidigung nicht rechtskräftig wurde. dapd (Politik/Politik)