Berlin (dapd). Die FDP geht in der Frage einer gemeinsamen Haftung für die Schulden der Euro-Länder auf Distanz zu Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Dieser hatte im Bundestag die Einführung von Euro-Bonds in Zusammenhang mit dem Erreichen einer Fiskalunion gestellt und als eine Frage der Zeit bezeichnet. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) reagierte verärgert. „Zu wenig Solidarität gefährdet Europa, zu viel Solidarität gefährdet Europa nicht minder“, sagte Westerwelle der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Eine gesamtschuldnerische Haftung in Europa durch Euro-Bonds wäre „ein Konstruktionsfehler, der die europäische Idee gefährdet“, mahnte der FDP-Politiker. Das sei also keine Frage des Zeitpunkts, sondern „eine prinzipiell falsche Weichenstellung, die wir ablehnen“. dapd (Politik/Politik)
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Das Saarland nimmt Abschied vom Bergbau
Ensdorf (dapd). Ende einer mehr als 250-jährigen Epoche: Bei einem Festakt auf dem Gelände des Bergwerks Saar hat sich das Saarland am Samstag vom Bergbau verabschiedet. Dies sei „kein Tag der Gleichgültigkeit“, sagte Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) in Ensdorf. Im Saarland gehe sehr viel mehr zu Ende als die Produktion in einem bestimmten Industriezweig. Der Bergbau sei über Jahrhunderte hinweg für das Saarland bestimmend gewesen. Der RAG-Vorstandschef Bernd Tönjes sagte, der Bergbau sei „existenz- und identitätsstiftend für den Einzelnen und das gesamte Land“ gewesen. Die Bergleute könnten mit Stolz auf großartige Leistungen zurückblicken. Er hoffe, dass man in Deutschland den Verzicht auf die einzige heimische Energiequelle neben der Braunkohle „nicht eines Tages bitter bereuen“ müsse, sagte Tönjes. Gewerkschaft hält Ausstieg weiter für falsch Der Chef der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE), Michael Vassiliadis, betonte, dass die Gewerkschaft den bis 2018 geplanten vollständigen Ausstieg Deutschlands aus der Steinkohleförderung weiterhin für falsch halte. Das Ende des Bergbaus an der Saar sei deshalb „kein Grund zum Feiern“. Die Gewerkschaft habe sich dennoch entschieden, diesen Weg mitzugestalten, weil eine Verweigerungshaltung Einflusslosigkeit zur Folge gehabt hätte. Vassiliadis hob es als großen Erfolg hervor, dass der Ausstieg ohne betriebsbedingte Kündigungen vonstattengehe – und zwar im Saarland ebenso wie in Nordrhein-Westfalen. Bis zum endgültigen Ende des Steinkohlebergbaus 2018 wechseln nun einige der Saar-Bergleute ins Bergwerk in Ibbenbüren. Die betroffenen Bergleute und ihre Familien hätten eine große berufliche Flexibilität gezeigt. Bergbaubedingtes Erdbeben 2008 brachte das vorzeitige Aus Der Beschluss zum vorzeitigen Ende des Saar-Bergbaus war Folge schwerer Erderschütterungen am 23. Februar 2008. Diese hätten „mit einem Schlag die Zukunftsperspektiven des Bergwerks Saar zerstört“, sagte Tönjes. Unter anderem waren damals Teile eines Kirchturms in Saarwellingen auf die Straße gestürzt. Dabei hätten auch Menschen zu Schaden kommen können, es sei jedoch „zum Glück bei Sachschäden geblieben“, betonte der RAG-Chef. Am Abend wollten die Bergleute mit ihren Familien bei einem Gottesdienst, der sogenannten Mettenschicht, Abschied vom Saar-Bergbau nehmen. Dazu wurden etwa 5.000 Menschen auf dem Bergwerksgelände erwartet. Am Freitag hatten die letzten zehn Güterwaggons mit rund 1.000 Tonnen Kohle das Bergwerk Saar verlassen. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Karlsruhe muss Euro-Streit schlichten
Berlin (dapd). Im Streit über die Euro-Rettung hat das Bundesverfassungsgericht jetzt das Wort. Kurz nach der historischen Einigung von Bundestag und Bundesrat reichten verschiedene Gruppen in Karlsruhe Klagen gegen den Fiskalpakt und den künftigen Euro-Rettungsschirm ESM ein. Da Bundespräsident Joachim Gauck bereits angekündigt hat, dem Gericht ausreichend Zeit zur Prüfung der Eilanträge zu geben, wird der ESM verspätet starten. Mit einer ersten Entscheidung des Gerichts wird nicht vor Mitte Juli gerechnet. Die ESM-Gegner sind breit aufgestellt: Sowohl die Linksfraktion im Bundestag als auch der CSU-Abgeordnete Peter Gauweiler haben das Gericht angerufen. Weiterhin haben eine Gruppe von Professoren sowie die Bürgerinitiative „Mehr Demokratie“ ihre Verfassungsbeschwerden in Karlsruhe eingereicht. Die Initiative wird von der früheren Justizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) angeführt; zu den rund 12.000 Unterzeichnern gehört auch der SPD-Bundestagsabgeordnete Peter Danckert. Schließlich hat ein einzelner Bürger gegen die neuen EU-Kompetenzen Verfassungsbeschwerde eingelegt. Eine Sprecherin des Bundesverfassungsgerichts bestätigte den Eingang der Eilanträge. Die acht zuständigen Richterinnen und Richter können darüber eine mündliche Verhandlung führen. Möglich ist aber auch, dass der Zweite Senat auf dem Beschlussweg entscheidet. Ob es eine Verhandlung gibt, will das Bundesverfassungsgericht Anfang der Woche bekannt geben. Ohne ein deutsches Ja läuft nichts Der Europäische Stabilitätsmechanismus ESM soll langfristig den befristeten Vorgänger EFSF ablösen und mit bis zu 500 Milliarden Euro angeschlagenen EU-Staaten unter die Arme greifen können, wenn sie am Markt kein Geld mehr bekommen. Doch ohne eine Zustimmung Deutschlands, das den größten Einzelanteil erbringt, kann er seine Arbeit nicht aufnehmen. Bislang haben zehn Länder den ESM-Vertrag ratifiziert: Frankreich, Spanien, Griechenland, Portugal, Finnland, Zypern, Belgien, Slowenien, Luxemburg und die Slowakei. In den Niederlanden sind noch formale Hürden zu nehmen. Flankiert werden soll der ESM durch einen sogenannten Fiskalpakt für mehr Haushaltsdisziplin in den EU-Staaten. Dieser soll Anfang 2013 in Kraft treten. 25 Länder nehmen am Fiskalpakt teil – alle EU-Staaten außer Großbritannien und Tschechien. Neben klaren Vorgaben zur Begrenzung der Neuverschuldung gibt er auch den langfristigen Rahmen zur Schuldentilgung vor. Breites Anti-ESM-Bündnis Genau damit geht der Fiskalpakt nach Ansicht der Kläger zu weit. Nicht mehr auszuschließen sei, dass künftig in das bisher autonome Haushaltsrecht der EU-Staaten direkt eingegriffen werden könne, argumentieren alle Gegner übereinstimmend. „Der Sozialstaat entzieht sich so der Gestaltung durch den Deutschen Bundestag“, sagte etwa der Prozessbevollmächtigte der Linksfraktion, Andreas Fisahn. Für Gauweiler verstoßen diese von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit ausverhandelten Instrumente „in schwerwiegender Weise gegen das Demokratieprinzip“. Der ESM übertrage beispielsweise die Verfügung über Steuergelder in dreistelliger Millionenhöhe „auf eine demokratisch nicht legitimierte Organisation“. Der FDP-Eurorebell Frank Schäffler sprach sogar von einem „Weg in die Knechtschaft“. Die Kläger wollen daher erreichen, dass das Bundesverfassungsgericht die neuen EU-Verträge vorläufig stoppt. Koalition betont Verfassungstreue Diese Vorwürfe sind aus Sicht der schwarz-gelben Koalition unbegründet. Die Beschlüsse von Bundestag und Bundesrat zur Euro-Rettung seien mit dem Grundgesetz durchaus vereinbar, sagte etwa der FDP-Fraktionsvorsitzende Rainer Brüderle der „Welt am Sonntag“. „Die Bundesregierung hat das vorher geprüft.“ Noch am Freitagabend hatte Kanzlerin Merkel in der Parlamentsdebatte betont, beide Verträge seien „unumkehrbare Schritte hin zu einer nachhaltigen Stabilitätsunion“. Unterdessen beklagen Exporteure bereits einen ersten Imageschaden durch die deutschen Vorgaben für Europas Sparpolitik. „Die Stimmung gegenüber Deutschland kippt und ist deutlich kälter geworden“, sagte der Präsident des Bundesverbands Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), Anton Börner, der „Wirtschaftswoche“. dapd (Politik/Politik)
Verheugen: Schwere Bedenken gegen ESM-Rettungsschirm
Hamburg (dapd). Der frühere EU-Kommissar Günter Verheugen warnt vor dem geplanten permanenten Euro-Rettungschirm ESM. Bei dem am Freitag von Bundestag und Bundesrat beschlossenen Stabilitätsmechanismus habe er „ganz, ganz schwere Bedenken“, sagte Verheugen am Samstag dem Radiosender NDR Info. Denn der jüngste EU-Gipfel in Brüssel habe den ESM-Vertrag bereits geändert, bevor er überhaupt in Kraft getreten sei. „Es ging wiederum einmal nicht um die Euro-Rettung, sondern es geht wieder einmal um Bankenrettung“, fügte Verheugen hinzu. Lobend äußerte sich der SPD-Politiker indes zum Fiskalpakt. Dieser sei „die notwendige Absicherung für die Rettungsschirme“. Nur so könne sichergestellt werden, dass diejenigen, die die Mittel aus dem neuen System in Anspruch nehmen, auch in der haushaltspolitischen Konsolidierung vorankommen. dapd (Politik/Politik)
Festakt zum Ende des Saar-Bergbaus
Ensdorf (dapd). Nach mehr als 250 Jahren ist der Steinkohlebergbau im Saarland Geschichte. Bei einem Festakt zum Ende des Saar-Bergbaus sagte die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) am Samstag in Ensdorf, dies sei „kein Tag der Gleichgültigkeit“. Im Saarland gehe sehr viel mehr zu Ende als die Produktion in einem bestimmten Industriezweig. Der Bergbau sei über Jahrhunderte hinweg für das Saarland bestimmend gewesen. Der Chef der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE), Michael Vassiliadis, betonte, dass die Gewerkschaft den bis 2018 geplanten vollständigen Ausstieg Deutschlands aus der Steinkohleförderung weiterhin für falsch halte. Das Ende des Bergbaus an der Saar sei deshalb „kein Grund zum Feiern“. Die Gewerkschaft habe sich dennoch entschieden, diesen Weg mitzugestalten, weil eine Verweigerungshaltung Einflusslosigkeit zur Folge gehabt hätte. Vassiliadis hob es als großen Erfolg hervor, dass der Ausstieg ohne betriebsbedingte Kündigungen vonstattengehe – und zwar im Saarland ebenso wie in Nordrhein-Westfalen. Bis zum endgültigen Ende des Steinkohlebergbaus 2018 wechseln nun einige der Saar-Bergleute ins Bergwerk in Ibbenbüren. Die betroffenen Bergleute und ihre Familien hätten eine große berufliche Flexibilität gezeigt. Am Abend wollten die Bergleute mit ihren Familien bei einem Gottesdienst, der sogenannten Mettenschicht, Abschied vom Saar-Bergbau nehmen. Am Freitag hatten die letzten zehn Güterwaggons mit rund 1.000 Tonnen Kohle die Anlage „Duhamel“ des Bergwerks Saar in Ensdorf verlassen. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Betriebsräte und Vorstand erzielen Kompromiss zur Leiharbeit bei BMW
Düsseldorf (dapd). Betriebsrat und Management des Autoherstellers BMW haben sich einem Medienbericht zufolge auf eine neue Betriebsvereinbarung zur Leiharbeit geeinigt. Das Konzept sehe vor, die Zahl der Leiharbeiter in Deutschland von derzeit über 12.000 auf rund 6.000 zu reduzieren, berichtete die „Wirtschaftswoche“ vorab. BMW werde stattdessen Tausende Mitarbeiter fest einstellen. Der Vorstand müsse der Vereinbarung noch zustimmen. „Die Verhandlungen über die neue Betriebsvereinbarung sind noch nicht abgeschlossen, aber sehr weit fortgeschritten“, sagte ein BMW-Sprecher dem Magazin. „Eine Einigung in den kommenden Wochen ist sehr wahrscheinlich.“ Wie Beteiligte der Verhandlungen dem Bericht zufolge sagten, wurde mit der Einigung der erbitterte Streit um die Leiharbeit beigelegt, der in den vergangenen Monaten in mehreren Gerichtsprozessen ausgetragen worden war. Künftig müsse auch der Betriebsrat dem Einsatz von Leiharbeitern zustimmen. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Post erwägt Portoerhöhung im kommenden Jahr
Frankfurt/Main (dapd). Die Deutsche Post erwägt, nach mehreren Jahren gleich bleibender Preise das Porto für Briefe in Deutschland anzuheben. „Wir werden im Herbst prüfen, ob die Rahmenbedingungen es ermöglichen, unsere Preise für das nächste Jahr zu erhöhen“, kündigte Finanzvorstand Larry Rosen in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ laut Vorabbericht an. „Fakt ist, dass unser Porto seit vielen Jahren nicht mehr gestiegen ist“, sagte Rosen. Bisher spüre der Konzern die Auswirkungen der Eurokrise lediglich in seinem Luftfrachtbereich. „Einige Unternehmen ziehen derzeit den billigeren Transport per Schiff vor“, sagte der Post-Vorstand. Insgesamt entwickele sich das Geschäft weiter „sehr erfreulich“. Die Post sei zuversichtlich, die Prognosen für 2012 erreichen zu können und erwarte einen operativen Gewinn von 2,5 bis 2,6 Milliarden Euro. Rosen sagte weiter, die Umwandlung von Filialen der Post in sogenannte Partnerfilialen mit Bäckern oder Schreibwarenhändlern sei mittlerweile abgeschlossen. „Dieser Prozess ist beendet.“ dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Linke hofft im Euro-Streit auf Karlsruhe
Berlin (dapd). Im Streit über die Euro-Rettung setzt die Linke ihre Hoffnung auf die Karlsruher Richter. Dazu reichte die Bundestagsfraktion sowohl eine Verfassungsbeschwerde als auch eine Organklage beim Bundesverfassungsgericht ein, wie Fraktionschef Gregor Gysi am Samstag in Berlin mittelte. Denn mit den neuen Instrumenten, die am Freitag vom Bundestag und Bundesrat beschlossen worden waren, werde letztlich das Grundgesetz ausgehöhlt, argumentierte der Linken-Politiker. „Wir sind relativ optimistisch, dass das Bundesverfassungsgericht eine einstweilige Anordnung erlassen wird“, sagte Gysi weiter. Damit solle es dem Bundespräsidenten Joachim Gauck untersagt werden, die Gesetze zu Fiskalpakt und ESM auszufertigen, bis die obersten deutschen Richter in der Hauptsache dazu entschieden haben. ESM liegt auf Eis Ursprünglich sollte der permanente Euro-Rettungsschirm ESM noch im Juli aufgespannt und seinen temporären Vorgänger EFSF, der noch bis Mitte 2013 läuft, schrittweise ablösen. Doch dazu muss in allen Vertragsstaaten der ESM-Ratifizierungsprozess abgeschlossen sein. Da das Bundesverfassungsgericht bereits um mehr Zeit gebeten hat, um die Eilanträge gegen die Pläne prüfen zu können und Gauck die Gesetze vorerst nicht unterzeichnen will, ist eine mehrmonatige Verzögerung nicht ausgeschlossen. Gerechnet wird damit, dass Mitte Juli eine erste Entscheidung zunächst zu den Eilanträgen fällt. Sollte es zu Hauptverhandlungen in Karlsruhe über die Klagen und Beschwerden kommen, rechne die Linke mit einer Entscheidung „frühestens im Spätherbst“, sagte Gysi. Es sei wichtig, dass ausreichend Zeit zur Beurteilung bleibe, weil die jetzt beschlossenen Instrumente zur Bekämpfung der europäischen Schuldenkrise direkt in Richtung Europäische Föderation gingen, „was verfassungsrechtlich abgesegnet werden müsste“. Fiskalpakt kontra Haushaltsrecht Die Prozessbevollmächtigten der Linken sind der Bielefelder Professor Andreas Fisahn und der Hannoveraner Professor Hans-Peter Schneider. Schneider kritisierte, der milliardenschwere ESM sei wegen seiner „Ewigkeitsregelung“ ein „Eingriff in das Wahlrecht der Bürger. Zudem könne der ESM – wie jetzt beim EU-Gipfel in Brüssel zu sehen war – seine Ziele und Zwecke ändern. Das bringe die Gefahr, dass der deutsche Steuerzahler unbegrenzt für Schulden anderer Staaten hafte. „Der ESM übersteigt damit die Schwelle zur europäischen Bundesstaatlichkeit.“ Auch der europäische Fiskalpakt geht nach Ansicht der Linken in eine falsche Richtung, weil er direkt in das bisher autonome Haushaltsrecht der EU-Staaten eingreifen könnte. Damit werde auch das Haushaltsrecht des Bundestages, das höchste Recht der Parlamentarier, beschnitten, sagte Fisahn. Eingriffe in den Sozialstaat, der durch das Grundgesetz geschützt sei, wären unter Verweis auf europäisches Recht nicht mehr auszuschließen. „Der Sozialstaat entzieht sich so der Gestaltung durch den Deutschen Bundestag.“ Das müsse Karlsruhe korrigieren. dapd (Politik/Politik)
Juden und Muslime gegen Kompromiss bei Beschneidung
Berlin (dapd). Nach dem Kölner Beschneidungs-Urteil lehnen Juden und Muslime in Deutschland jeden Kompromiss ab. „Die Beschneidung ist für den jüdischen Glauben absolut elementar und nicht verhandelbar“, sagte der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dieter Graumann, dem Nachrichtenmagazin „Focus“. Er fügte hinzu: „Würde sich die Rechtsprechung des Kölner Landgerichts durchsetzen, dann wäre Deutschland das einzige Land der Welt, in dem Beschneidung verboten wäre.“ Die Kölner Richter werteten die rituelle Beschneidung von Jungs als Körperverletzung. Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, sagte dem Münchner Magazin, seine Organisation prüfe gerade, „einen Präzedenzfall zu schaffen“. So solle die Frage der rituellen Beschneidung über den Instanzenweg vor das Bundesverfassungsgericht gebracht werden. Unterstützung erhalten beide von dem SPD-Politiker Reinhold Robbe, dem Präsidenten der Deutsch-Israelischen Gesellschaft. „Wenn dieses Urteil Bestand hat, dann haben wir wirklich ein Problem“, sagte Robbe. „Dies würde einen massiven Eingriff in die Religionsfreiheit bedeuten.“ Jahrtausendalter Ritus Auch der Moralphilosoph Robert Spaemann plädierte dafür, die Grundrechte sorgsam abzuwägen. Wer einen „jahrtausendealten Ritus“ abschaffen wolle, „der hat die Begründungspflicht“, sagte er. Im Gegensatz zur Genitalverstümmlung bei Mädchen sei die rituelle Beschneidung von Jungen als Körperverletzung nicht gravierend. Die Abwägung der Grundrechte könne deshalb „nur zugunsten der bisherigen Beschneidungspraxis ausgehen“. Dagegen unterstützt der Vorsitzende der Deutschen Kinderhilfe, Georg Ehrmann, das Kölner Urteil. „Das ist ein klares Signal zum Schutz des Kindes“, sagte Ehrmann dem Magazin. „Nur weil etwas religiöse Tradition ist, heißt es noch lange nicht, dass es gut ist.“ Eine deutliche Mehrheit der Deutschen (56 Prozent) sagte in einer Emnid-Umfrage für „Focus“, das Urteil sei richtig. 35 Prozent halten es für nicht richtig, 10 Prozent bildeten sich dazu bislang keine Meinung. Das Meinungsforschungsinstitut TNS Emnid befragte am 27. und 28. Juni 1.000 repräsentativ ausgewählte Personen. FDP für Legalisierung der Beschneidung FDP-Integrationsexperte Serkan Tören strebt eine gesetzliche Neuregelung an. „Ich setze mich in der FDP-Bundestagsfraktion für ein Gesetz ein, das klarstellt, dass die weltweit etablierte Praxis der Beschneidung auch in Deutschland legal ist“, sagte Tören der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Die Ungewissheit, vor der nun Tausende muslimische und jüdische Familien stünden, sei nicht hinzunehmen. „Sollte die Beschneidung aus religiösen Gründen in Deutschland verboten sein, kann sich das Land jede weitere Integrationspolitik sparen“, kritisierte Tören, der selbst Muslim ist. „Ein Verbot der Beschneidung wäre das deutlichste Signal an die Muslime in unserem Land, dass sie kein Teil Deutschlands, ja nicht einmal willkommen sind.“ dapd (Politik/Politik)
SPD gegen niedrigere Rentenbeiträge
Berlin (dapd). SPD-Fraktionsvize Elke Ferner hat sich gegen eine Senkung des Rentenbeitragssatzes von 19,6 auf 19,0 Prozent ausgesprochen. „Es ist Unsinn, den Beitragssatz in der Rentenversicherung sinken zu lassen“, sagte Ferner der „Rheinischen Post“. Der rentenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Heinrich Kolb, widersprach ihr am Samstag und erklärte: „Die Beitragssenkung ist zwingendes geltendes Recht.“ Ferner fordert, die gesetzliche Schwankungsreserve in der Rentenversicherung anzuheben. „Wir müssen damit rechnen, dass auch Deutschland von der Wirtschaftskrise in Europa erfasst wird. Wenn wir den Beitragssatz jetzt stabil halten, müssen wir ihn in Krisenzeiten nicht gleich wieder anheben“, sagte die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende. Nach Kolbs Sichtweise ist der Reserveüberschuss in der Rentenversicherung aus Beitragsmitteln entstanden und muss daher auch an die Beitragszahler zurückgegeben werden. „Alles andere wäre ungerecht“, sagte der FDP-Politiker. Die Entlastung der Beitragszahler zum 1. Januar 2013 um rund sechs Milliarden Euro sei ein wesentlicher Wachstumsimpuls in einem sich eintrübenden konjunkturellen Umfeld. „Die FDP-Bundestagsfraktion besteht darauf, dass die vorhandenen Spielräume zur Rentenbeitragssenkung konsequent genutzt werden“, sagte Kolb. dapd (Politik/Politik)