Steinbrück trifft französischen Sozialistenchef Désir in Paris

Steinbrück trifft französischen Sozialistenchef Désir in Paris Paris (dapd). SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück ist am Donnerstagabend zum Auftakt seiner politischen Gespräche in Paris mit dem Chef der französischen Sozialisten, Harlem Désir, zusammengekommen. Am Freitag trifft Steinbrück dann zunächst Regierungschef Jean-Marc Ayrault und später Präsidenten François Hollande. Auf der Tagesordnung stehen europapolitische Themen und die deutsch-französischen Beziehungen. Außerdem ist ein Treffen mit dem Generalsekretär der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Angel Gurría, geplant. Hollande hatte Steinbrück zusammen mit SPD-Chef Sigmar Gabriel und Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier bereits kurz nach seiner Wahl im Juni im Elysée-Palast empfangen. Im Wahlkampf hatte Gabriel Hollande bei einer Veranstaltung im Pariser Winterzirkus als Redner unterstützt. Damals galt Hollande noch als Vorreiter eines Erfolgs der Sozialdemokraten in Europa. Inzwischen ist der Präsident, der die Wahl im Mai 2012 gegen den konservativen Amtsinhaber Nicolas Sarkozy gewann, in Frankreich extrem unbeliebt. Weniger als 30 Prozent unterstützen den Kurs des früheren Parteichefs der Sozialisten, den eine Steueraffäre um seinen früheren Haushaltsminister zusätzlich in Bedrängnis bringt. dapd (Politik/Politik)

Leipziger Amazon-Mitarbeiter wollen erstmals streiken

Leipziger Amazon-Mitarbeiter wollen erstmals streiken Leipzig (dapd). Der weltgrößte Online-Einzelhändler Amazon steht in Deutschland vor dem ersten Streik der Beschäftigten. Rund 97 Prozent der ver.di-Mitglieder im Amazon-Logistikzentrum Leipzig hätten sich für Arbeitsniederlegungen ausgesprochen, sagte der Verhandlungsführer der Gewerkschaft, Jörg Lauenroth-Mago, am Donnerstag auf MDR-Aktuell. An der Urabstimmung hätten sich fast 500 Amazon-Mitarbeiter beteiligt. Über Umfang und Zeitpunkt der Streiks wolle sich die Dienstleistungsgewerkschaft in den kommenden Tagen intern verständigen. Nach Angaben der Gewerkschaft arbeiten bei Amazon in Leipzig rund 1.200 Festangestellte sowie rund 800 befristet Beschäftigte. Rund ein Viertel von ihnen ist gewerkschaftlich organisiert. Ver.di fordert eine Lohnuntergrenze von 10,66 Euro für alle sowie ein tarifliches Urlaubs- und Weihnachtsgeld. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)

Kritik an Deutscher Bank wegen zweifelhafter Steueroasen-Geschäfte

Kritik an Deutscher Bank wegen zweifelhafter Steueroasen-Geschäfte Hamburg (dapd). Die Deutsche Bank gerät wegen umfangreicher Geschäfte in Steueroasen in die Kritik. Wie der Norddeutsche Rundfunk (NDR) am Donnerstag berichtete, hat die Großbank im Auftrag von Kunden allein über ihre Niederlassung in Singapur mehr als 300 Firmen und Trusts in Steuerparadiesen gründen lassen. Mehr als hundert Mitarbeiter der Deutschen Bank Singapur sollen mindestens bis ins Jahr 2010 laut vertraulichen Daten 309 Firmen und Trusts in mehreren Steueroasen betreut haben, größtenteils auf den Britischen Jungferninseln. Politiker und Experten werfen daher der Deutschen Bank vor, der Verschleierung von Geldströmen Vorschub zu leisten und mögliche Straftaten zu begünstigen.Der Grünen-Finanzexperte Gerhard Schick, kritisierte im NDR das Geschäftsmodell international tätiger Geldinstitute wie der Deutschen Bank. Die Wahrscheinlichkeit, dass Steueroasen „für etwas Illegales“ genutzt würden, sei „sehr groß“. Damit könnten etwa „Geldwäsche, Steuerhinterziehung, Korruptionsgelder“ verschleiert werden. Der frühere Sachgebietsleiter der Steuerfahndung Frankfurt Frank Wehrheim warf Großbanken wie der Deutschen Bank im Sender „Beihilfe zu Steuerhinterziehung, Geldwäsche und Ähnlichem“ vor. Für Steuerfahnder sei das angesichts komplexer Konstrukte in Steueroasen „sehr selten zu ermitteln“. Die Deutsche Bank ließ dem Bericht zufolge die Rechtseinheiten mithilfe des Singapurer Dienstleisters „Portcullis TrustNet“ registrieren. Bei mehreren Firmen sei die Deutsche-Bank-Tochter „Regula Limited“ als Direktorin eingesetzt. dapd (Politik/Politik)

Bernhard Witthaut will künftig die Osnabrücker Polizei leiten

Bernhard Witthaut will künftig die Osnabrücker Polizei leiten Berlin/Hannover (dapd). Der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Bernhard Witthaut, will neuer Präsident der Polizeidirektion Osnabrück werden. Der Vorschlag des niedersächsischen Innenministers sei zwar „völlig überraschend gekommen“, sagte Witthaut am Donnerstag in Berlin. Doch sei es für ihn eine Ehre, wenn das Landeskabinett am kommenden Dienstag in Hannover dem Vorschlag zustimme. Niedersachsen Innenminister Boris Pistorius (SPD) hatte am Mittwoch bekanntgegeben, dass er die amtierende Präsidentin der Polizeidirektion Osnabrück, Heike Fischer, in den einstweiligen Ruhestand versetzt und dafür Witthaut berufen wolle. Die Entscheidungen über personelle Veränderungen in den mit politischen Beamten besetzten Spitzenfunktionen in der Polizei dieses Bundeslandes obliegen einzig und allein der Landesregierung. dapd (Politik/Politik)

Eichel: Ohne Steuerflucht wäre der Staat wahrscheinlich schuldenfrei

Eichel: Ohne Steuerflucht wäre der Staat wahrscheinlich schuldenfrei Berlin (dapd). Der frühere Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) beklagt die jetzt öffentlich gewordene breite Flucht in Steueroasen. „Bei voller Steuerehrlichkeit hätten wir wahrscheinlich keine Schulden“, sagte Eichel der in Berlin erscheinenden Tageszeitung „taz“. Zudem glaube er, dass es weltweit noch viel mehr Betrüger gebe als jetzt durch Recherchen eines journalistischen Netzwerks öffentlich wurde. Vor diesem Hintergrund stellte er sich hinter die in Deutschland umstrittene Methode, Daten über Steuerhinterzieher durch die öffentliche Hand zu erwerben. „Ich würde sofort alle verfügbaren Steuer-CDs aufkaufen“, sagte Eichel. Schließlich sei ein Großteil der globalen Banken in den Betrug involviert, das sei aus seiner Sicht „ein kriminelles System“. Das hätten amerikanische Steuerbehörden gerade bei den Schweizer Banken offen gelegt. dapd (Politik/Politik)

Zinssenkung für EZB-Chef Mario Draghi kein großes Thema

Zinssenkung für EZB-Chef Mario Draghi kein großes Thema Frankfurt/Main (dapd). Die Europäische Zentralbank (EZB) steht nicht kurz vor einer Zinssenkung, würde im Notfall aber weitere Maßnahmen zur Lockerung der Geldpolitik ergreifen. Das ist der Eindruck, den EZB-Präsident Mario Draghi am Donnerstag auf seiner monatlichen Pressekonferenz in Frankfurt am Main hinterlassen hat. Nach Draghis Worten rechnet die EZB ungeachtet schwacher Frühindikatoren für das zweite Halbjahr mit einer Konjunkturerholung. Der Euro verlor knapp einen halben Cent. In seinen einleitenden Bemerkungen zur Pressekonferenz war der EZB-Präsident hinsichtlich des Wirtschaftswachstums etwas optimistischer als später bei der Beantwortung von Journalistenfragen. In der verlesenen Erklärung prognostizierte Draghi, dass die EZB mit einer Rückkehr des Wirtschaftswachstums in der zweiten Jahreshälfte rechnet – wenn es für dieses Szenario auch gewisse Risiken gebe. Auf Nachfrage verwies der EZB-Präsident aber darauf, dass sich die Wirtschaftsschwäche des vierten Quartals fortgesetzt habe und die Inflation deutlich unter zwei Prozent gesunken sei. „Wir beobachten die hereinkommenden Daten genau und sind bereit, zu handeln“, sagte Draghi. Andererseits versuchte der EZB-Präsident den Eindruck zu verwischen, dass niedrigere Zinsen im EZB-Rat derzeit ein heißes Thema sind. In der schriftlichen Erklärung Draghis hieß es, dass die EZB weiterhin eine wachstumsfördernde Politik betreiben und das wichtigste Element dieser Politik, die sehr großzügige Liquiditätsversorgung der Banken, so lange wie erforderlich fortführen werde. Bei der aktuellen Sitzung war es aber laut Draghi mehr oder weniger Konsens, nicht auf die Zinsen zu schauen. Trotzdem sei darüber aber diskutiert worden. Der Rat hatte den Leitzins auf seinem Rekordtief von 0,75 Prozent belassen. Konjunktur im Euroraum weiter abgeschwächt Entgegen früheren Hoffnungen der EZB hat sich die Konjunktur im Euroraum in letzter Zeit weiter abgeschwächt. Der von Markit erhobene Einkaufsmanagerindex der Eurozone-Privatwirtschaft sank im März auf 46,5 Zähler von 47,9 im Vormonat und signalisierte damit eine beschleunigte wirtschaftliche Talfahrt. Markit-Chefökonom Chris Williamson fasste seinen Eindruck so zusammen: „Italien und Spanien steckten im März noch immer tief in der Krise, Frankreich sackte in beschleunigtem Tempo ab und auch in Deutschland kam das Wachstum fast zum Erliegen – was bedeutet, dass sich auch der letzte Hoffnungsschimmer zu verflüchtigen beginnt.“ Auch die Daten zum Geldmengenwachstum und zur Kreditvergabe machen wenig Hoffnung auf eine baldige Erholung. Die breite Geldmenge M3 wuchs im Februar mit der niedrigsten Rate seit August 2012, und die Kreditvergabe an Unternehmen liegt seit Monaten unter Vorjahresniveau. Alleine das stetig beschleunigte Wachstum der Geldmenge M1, das sind die Bankeinlagen von Privatanlegern und Unternehmen, gibt Hoffnung auf einen Konjunkturaufschwung. Was der EZB nicht gefallen kann, sind die wieder verstärkten Unterschiede der finanziellen Situation in den Eurozone-Ländern. Die Kreditzinsen in einigen Peripherieländern entfernen sich weiter von denen Deutschlands, und auch die Kreditvergabe lief stark auseinander. Zwar ist die EZB seit längerer Zeit der Ansicht, dass die rückläufige Kreditvergabe maßgeblich auf einer fehlenden Nachfrage beruht, doch gilt das nicht für kleinere Unternehmen in Südeuropa. Der EZB-Präsident verteidigte außerdem die Rolle der EZB bei der Rettung Zyperns. Eine Vergabe von Notkrediten an Banken sei nur dann erlaubt, wenn diese Banken überlebensfähig seien. Da dies im Falle der zyprischen Banken nicht der Fall gewesen sei, habe die EZB handeln müssen. Die EZB hatte mit ihrem Ultimatum an Zypern den Verhandlungen über eine Rettung des Inselstaates den entscheidenden Impuls gegeben. Sie drohte damit, den zyprischen Banken keine weitere Notkredite zur Verfügung zu stellen. Laut Draghi hat aber weder die EZB noch die EU-Kommission oder der Internationale Währungsfonds vorgeschlagen, Sparer mit weniger als 100.000 Euro an der Rettung zu beteiligen. Das hatte der erste Rettungsplan vorgesehen, der zu einem Aufschrei der Zyprer führte und vom Parlament abgelehnt wurde. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)

Ansturm vor der Ruhe

Ansturm vor der Ruhe Kassel-Calden (dapd). In der Abflughalle herrscht reges Kommen und Gehen – an den meisten Flughäfen ein normales Bild. „So viel ist hier nie mehr los“, scherzt ein Besucher. Am Eröffnungstag des umstrittenen Regionalflughafens Kassel-Calden sind Tausende Besucher gekommen, die die ersten Maschinen starten und landen sehen wollen. Ab Freitag wird es dann vermutlich jedoch deutlich ruhiger. Bereits am zweiten offiziellen Betriebstag wurde der einzige planmäßige Flug mangels Passagieren gestrichen. Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) trotzt den Kritikern, die das Bauprojekt für zu teuer, unrentabel und überflüssig halten. Er verteidigt die Ausgaben von 271 Millionen Euro bei seiner Eröffnungsrede vor rund 500 Ehrengästen als Investition in die Zukunft der Region Nordhessen. Der Norden des Landes habe sich zu einem Zentrum für Mobilität, Transport und Logistik entwickelt, sagt Bouffier. „Der Luftverkehr ergänzt das Straßen- und Schienennetz optimal“, fügt er an. Damit werde die gesamte Region für Unternehmen attraktiver – davon ist er nach eigenem Bekunden überzeugt. Millionen verschleudert In ähnlicher Weise rechtfertigt auch Kassels Oberbürgermeister Bertram Hilgen (SPD) den umstrittenen Bau. Die 271 Millionen Euro seien vertretbar. Das Schicksals Nordhessens hänge zwar nicht von Kassel-Calden ab, aber der Flughafen sei ein wichtiger Baustein für dessen künftige wirtschaftliche Entwicklung. Kritiker habe es auch bei anderen Infrastrukturprojekten in der Region gegeben – dem Ausbau der Autobahn und beim Bau des ICE-Bahnhofs, merkt Hilgen an. Den einen oder anderen Nörgler habe er auch jetzt „wieder erkannt“. Und genau wie damals seien sie „auf der falschen Seite“. Parallelen ziehen an diesem Tag aber auch andere: „Schwachsinn“, regt sich ein älterer Mann vor dem Flughafengebäude auf, der mit einem Bekannten diskutiert. „Eine Brücke zu bauen, die kaum ein Mensch benutzt“, sagt er. Und in Kassel-Calden sei das ganz genauso. „Da haben die Millionen verschleudert“, schimpft er und zeigt über das Gelände vor ihm. Unrealistische Bedarfsprognose Dieselbe Kritik kommt auch von Verkehrsexperten: Der ökologische Verkehrsclub VCD Hessen monierte die in Calden „drastisch“ unterschätzten Baukosten. „Zudem halten wir die prognostizierten 561.000 Fluggäste im Jahr für unrealistisch“, sagt der hessische VCD-Vorsitzende Martin Mützel. Auch der VCD-Bundesvorsitzende Michael Ziesak bezeichnet den Bau als Verschwendung von Steuergeldern. „Es kann nicht sein, dass einzelne Landesfürsten überall Flughäfen bauen können, ohne dass überprüft wird, ob diese überhaupt notwendig sind“, kritisiert er. Die Grünen im hessischen Landtag bezeichnen den Airport als überflüssig. „Rings um Kassel liegen die Flughäfen Hannover, Frankfurt und Paderborn – mit Auto und Bahn sind die alle schnell erreichbar“, sagt die verkehrspolitische Sprecherin der Grünen-Landtagsfraktion, Karin Müller. Mit dem in den Flughafen Calden investierten Geld hätte man viel mehr für Nordhessen erreichen können, betont sie. Verhaltener Applaus In den vergangenen Tagen hat sich der mangelnde Bedarf an dem neuen Airport offenbar bereits gezeigt: Einen Tag vor der Eröffnung meldet der Reiseanbieter Rewe-Touristik, noch immer nach einer Airline zu suchen, die ab Mitte April die Ziele Mallorca, Fuerteventura oder Teneriffa anfliegen soll. „Wir stehen immer noch in Verhandlungen“, sagt ein Sprecher. Außerdem sind mindestens zwei Flüge anderer Anbieter, am 5. und 10. April, ab Calden mangels Passagieren bereits gestrichen worden – in der Woche vor der Eröffnung. „Nach den Meldungen der letzten Tage scheint außer dem Eröffnungstermin überhaupt nichts zu funktionieren“, kommentiert die Grünen-Politikerin die Bedarfslage. Zumindest der ging – fast – reibungslos von statten. Das erste Passagierflugzeug landet mit zehn Minuten Verspätung um 11.10 Uhr. Und auch der erste Abflug verzögert sich um nur acht Minuten. Die 30 Urlaubsgäste, die den ersten Flug gebucht hatten, starteten um 16.08 Uhr gen Antalya. Verhalten klatschen einige Zuschauer, als die Maschine vom Rollfeld abhebt. dapd (Politik/Politik)

Streit über Platzvergabe im NSU-Prozess beschäftigt Karlsruhe

Streit über Platzvergabe im NSU-Prozess beschäftigt Karlsruhe Karlsruhe (dapd). Der Streit um reservierte Plätze im NSU-Prozess vor dem Oberlandesgericht München geht bis vor das Bundesverfassungsgericht. Die türkische Zeitung „Sabah“ mit Sitz in Deutschland kündigte an, unter Berufung auf die Pressefreiheit in Karlsruhe Verfassungsbeschwerde einlegen zu wollen. Das Blatt fühlt sich in seinem Grundrecht auf Informationsfreiheit verletzt. Das Oberlandesgericht verwies am Donnerstag auf die angekündigte Klage und verkündete, Anfragen zur Platzvergabe zunächst nicht mehr zu beantworten. Der stellvertretende „Sabah“-Chefredakteur Ismail Erel sagte dem ZDF: „Wir denken, dass die Pressefreiheit und die Informationsfreiheit auch für die türkischsprachigen Journalisten hier in Deutschland gelten.“ Der Berliner Staatsrechtler Ulrich Battis hält die angekündigte Klage für aussichtsreich. „Ich könnte mir vorstellen, dass das Bundesverfassungsgericht die Klage zum Anlass nimmt, darauf hinzuweisen, dass die geltenden Gesetze auch etwas großzügiger ausgelegt werden können“, sagte Battis der „Berliner Zeitung“ (Freitagausgabe). „Man muss das nicht so rigide handhaben, wie das Oberlandesgericht München es tut“, sagte Battis. So sehe er durchaus die Möglichkeit, den Prozess per Videokamera in einen weiteren Saal zu übertragen. Die OLG-Pressestelle bat die Journalisten, bis auf weiteres von Anfragen abzusehen, da sie diese vorerst „weder schriftlich noch mündlich/telefonisch bearbeiten kann“. „Mehr Sensibilität“ erwünscht Der türkische Botschafter in Deutschland, Hüseyin Avni Karslioglu, forderte vom Oberlandesgericht mehr Fingerspitzengefühl. Er respektiere die Unabhängigkeit des Gerichts, sagte er im ZDF. Aber „auf der anderen Seite muss man auch mit mehr Sensibilität die ganze Sache angehen“. Auch für den Botschafter ist im Gerichtssaal kein Platz reserviert. Acht seiner Landsleute seien von einer rassistischen Gruppe ermordet worden, sagte Karslioglu. Es sei seine Pflicht, die Opferfamilien zu begleiten. Der Botschafter wies auch den Vorwurf zurück, die türkischen Medien hätten die Anmeldefrist beim Gericht verschlafen. Das Anmeldeverfahren sei nicht so ganz durchsichtig gewesen, sagte er. In drei Stunden seien bereits alle Plätze vergeben gewesen. Das erste türkische Medium habe sich nach fünf Stunden gemeldet. Da könne nicht von Verschlafen von Fristen gesprochen werden. Er würde nicht so weit gehen zu sagen, dass das deutsch-türkische Verhältnis beschädigt sei, erklärte der Botschafter. Aber er wünsche sich ein bisschen mehr Fingerspitzengefühl. Zehn Angehörige kommen nicht zum Prozessbeginn Nach Einschätzung der Ombudsfrau der Bundesregierung für Angehörige der Neonazi-Opfer, Barbara John, könnte der türkische Botschafter einen Platz von einem der Nebenkläger erhalten. John sagte dem in Berlin erscheinenden „Tagesspiegel“ (Freitagsausgabe): „Von den vom Gericht eingeplanten 71 Nebenklägern werden definitiv zum Prozessbeginn am 17. und 18. April zehn Angehörige nicht erscheinen.“ Sie wollten erst kommen, wenn die Morde an ihren Angehörigen verhandelt werden. „Einige wollen Frau Zschäpe auch nicht sehen“, sagte John. Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, forderte daraufhin in der selben Zeitung ein Umdenken des Gerichts: „Wenn jetzt Plätze frei werden, dann hat das Gericht eine neue Chance, um ein anderes Signal auszusenden“, sagte er. Der Vorsitzende des NSU-Untersuchungsausschusses des Bundestags, Sebastian Edathy (SPD), bezeichnete in den „Nürnberger Nachrichten“ (Freitagausgabe) das Verhalten des OLG dem türkischen Botschafter gegenüber als „unsensibel“. Allerdings müsse man sich immer vor Augen halten, dass das Gericht ausschließlich für die Klärung der strafrechtlichen Vorwürfe gegen fünf Beschuldigte zuständig sei. Das sei schwer genug. SPD-Parteizeitung soll auf Platz verzichten Der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Stefan Müller, forderte die SPD auf, die Akkreditierung der Parteizeitung „vorwärts“ für den NSU-Prozess zurückzugeben. „Es gehört eine ziemliche Unverfrorenheit dazu, das Oberlandesgericht München wegen der Vergabe der Journalistenplätze für den anstehenden NSU-Prozess scharf zu kritisieren, während man einen der knappen Plätze mit seinem Parteiblatt blockiert“, kritisierte Müller. Vor dem Oberlandesgericht München muss sich ab 17. April die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe verantworten. Daneben angeklagt sind vier mutmaßliche Helfer der Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU). Dem NSU werden Morde an neun Kleinunternehmern mit ausländischen Wurzeln und einer Polizistin angelastet. Für den Prozess wurden nur 50 Journalisten mit festen Plätzen zugelassen. dapd (Politik/Politik)

Die exotischen Geldverstecke der Superreichen

Die exotischen Geldverstecke der Superreichen Berlin (dapd). Briefkastenfirmen in der Karibik, anonyme Stiftungen in der Südsee: Ein Tippgeber hat den Erfindungsgeist offengelegt, mit dem Millionäre, Oligarchen und Diktatorenclans ihr Geld vor den Behörden verstecken. Vor mehr als einem Jahr wurde die riesige Datensammlung anonym dem Internationalen Konsortium für investigative Journalisten (ICIJ) zugespielt. Am Donnerstag veröffentlichten unter anderem die „Süddeutsche Zeitung“ und der Norddeutsche Rundfunk (NDR), wie Vermögende weltweit ihr Geld in Steueroasen verschieben. Politiker forderten eine bessere Zusammenarbeit gegen Steuertricks. Prominentester Fall ist der Wahlkampfmanager des französischen Präsidenten François Hollande. Jean-Jacques Augier besitzt Aktien an zwei Briefkastenfirmen auf den Cayman-Inseln in der Karibik, die als Steuerparadies gelten. Der in Deutschland bekannteste Steuersünder dürfte der 2011 verstorbene Millionenerbe Gunter Sachs sein. Der Hinweisgeber hat den Angaben zufolge eine Festplatte mit Daten über Finanzdienstleister dem ICIJ in Washington zukommen lassen. Die von den Journalisten „Offshore-Leaks-Dokumente“ getauften Unterlagen stammten von zwei Firmen, die auf die Errichtung von Offshore-Gesellschaften spezialisiert sind. Zu den Daten im Umfang von 260 Gigabytes zählen Bilder, verschlüsselte Dateien in diversen Formaten und mehr als zwei Millionen Emails von etwa 130.000 Personen und 122.000 Briefkastenfirmen. Um die Datenmenge zu bewältigen, recherchierten 86 Journalisten aus Medien in 46 Ländern 15 Monate lang. Beteiligt sind unter anderem der britische „Guardian“, die französische „Le Monde“ und die „Washington Post“. Dirki in Panama, Tantris auf Rarotonga Hollandes Wahlkampfschatzmeister Augier bestätigte, Anteile an Briefkastenfirmen auf den Cayman-Inseln zu besitzen. Er habe aber kein Konto auf den Inseln eröffnet und auch nicht persönlich direkt in die beiden Firmen investiert. „Nichts ist illegal“, versicherte Augier „Le Monde“. Hollande hat sich den Kampf gegen Steuersünder zu einer seiner Hauptaufgaben gemacht. Der Industriellenerbe Sachs soll auf den Cook-Inseln zwischen Hawaii und Neuseeland anonyme Briefkastenfirmen gegründet haben. Diese wiederum wachten über fünf Vermögensverwaltungen (Trusts), in denen er Teile seines Geldes versteckte. Die Firmenkonstrukte erhielten Namen wie Tantris, Moon Crystal und Sequoia. In Panama gründete Sachs eine Firma mit dem Namen Dirki Finance S.A. Außerdem soll er Anteile an Firmen auf den Britischen Jungferninseln, der Kanalinsel Jersey und in Luxemburg gehalten haben. Die fünf auf der Insel Rarotonga angemeldeten Trusts hat Sachs in seiner letzten Steuererklärung nicht angegeben. Dessen Nachlassverwalter versicherten laut „Süddeutscher Zeitung“, sie hätten zwar nicht die Trusts deklariert, wohl aber das darin enthaltene Vermögen. Die Schweizer Steuerbehörden argumentierten dagegen, wenn die Existenz des Trusts nicht nachgewiesen sei, könnten sie auch nicht prüfen, wie viel Geld darin liege. In den Offshore-Dokumenten tauchen auch die Tochter des früheren philippinischen Machthabers Ferdinand Marcos, Maria Imelda, die spanische Kunstsammlerin Carmen Thyssen-Bornemisza, die Familie des aserbaidschanischen Präsidenten Ilham Alijew und Olga Schuwalowa, die Frau des russischen Vizeministerpräsidenten Igor Schuwalow, auf. Der Vorsitzende der Deutschen Steuergewerkschaft, Thomas Eigenthaler, sagte der „Bild“-Zeitung (Freitagausgabe) laut Vorabbericht: „Nach unseren Schätzungen sind weltweit rund 400 Milliarden Euro unversteuertes Geld aus Deutschland angelegt.“ Er forderte die Bundesregierung auf, genauso hart gegen Steueroasen vorzugehen wie die USA. „Die USA trocknen Steueroasen aus, indem sie alle Geschäftsverbindungen zu diesen Ländern kappen“, sagte er der „Rheinischen Post“. Steuerliche Lockangebote DGB-Chef Michael Sommer sieht die EU in der Pflicht. „Ich halte es für einen Skandal, dass selbst innerhalb der EU die Staaten miteinander um den geringsten Unternehmenssteuersatz konkurrieren“, sagte er der Zeitung „Die Welt“. Die Linke verlangte eine Quellensteuer von 50 Prozent auf Dividenden, Zinsen und Lizenzabgaben, die von Deutschland in Staaten fließen, die nicht mit den deutschen Steuerbehörden kooperieren. Doppelbesteuerungsabkommen mit unkooperativen Staaten sollten sofort gekündigt und ihren Banken die Lizenz in Deutschland entzogen werden, forderte Partei- und Fraktionsvize Sahra Wagenknecht. Die Grünen dringen auf einen europäischen Steuerpakt, mit dem Standards festgelegt werden sollen. Europa müsse Licht in „dieses Schattenreich der Finanzindustrie“ bringen, erklärten Fraktionschef Jürgen Trittin und der finanzpolitische Sprecher der Fraktion, Gerhard Schick. Der SPD-Finanzexperte Joachim Poß forderte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) auf, das Thema Steueroasen im Ecofin-Rat für Wirtschaft und Finanzen ganz oben auf die Tagesordnung zu setzen. „Auch innerhalb der Eurozone gibt es steuerliche Lockangebote, die dieses System erst möglich machen“, sagte der SPD-Fraktionsvize. Unionsfraktionsvize Michael Meister (CDU) sagte, das Problem gehe weit über die Möglichkeiten des deutschen Gesetzgebers hinaus. „Deshalb sind international abgestimmte steuerliche Regelungen und Standards erforderlich“, sagte er. (Der ICIJ-Bericht: http://url.dapd.de/poKyjy ) © 2013 AP. All rights reserved (Politik/Politik)

Continental leidet unter schwacher Reifennachfrage

Continental leidet unter schwacher Reifennachfrage Düsseldorf (dapd). Dem Autozulieferer Continental macht eine stark schwankende Reifennachfrage zu schaffen. Zwar glaubt der DAX-Konzern trotz eines Umsatzrückgangs bei Reifen im ersten Quartal fest an eine Erholung in der zweiten Jahreshälfte, wie Reifenvorstand Nikolai Setzer dem „Handelsblatt“ sagte. „Wenn es nicht so kommt, müssen wir die Kostenstruktur allerdings entsprechend anpassen“, fügte er hinzu. Angesichts hoher Energiekosten rechne es sich für den Konzern, mit Blick auf die hohen Auslieferungsschwankungen ein Werk zeitweilig stillzulegen. So sei im Werk Aachen in der Saison für Sommerreifen Kurzarbeit angesetzt. „Wir kommen aus dem Boom-Modus des vergangenen Winters sehr schnell in deutlich ruhigere Zeiten“, sagte Setzer. „Aber wir reden hier über Tage oder Wochen von Kurzarbeit in Aachen, nicht über Monate.“ dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)