Karlsruhe/Leipzig (dapd). Der Bayreuther Strafrechtler Christian Jäger kritisiert den Vorschlag des nordrhein-westfälischen Justizministers Thomas Kutschaty (SPD), den NSU-Prozess in eine Messehalle zu verlegen. Dies wäre „gefährlich und kontraproduktiv“, sagte Jäger am Freitag der Nachrichtenagentur dapd in Karlsruhe. So könne nämlich „der Eindruck eines Schauprozesses oder eines Sonderprozesses“ entstehen, den es sonst nur in diktatorischen Regimen gebe. Eine Verhandlung in einem „außergerichtlichen Massensaal“ könne zudem die Unvoreingenommenheit des Gerichts beeinträchtigen. Er rechne auch nicht damit, dass das Oberlandesgericht München einem solchen Vorschlag folgen werde, sagte der Strafrechtsprofessor. „Denn das Bundesverfassungsgericht hat immer nur die Öffentlichkeit der Gerichtssäle propagiert und niemals eine darüber hinausgehende Öffentlichkeit gefordert.“ Deshalb sei auch eine Videoübertragung in einen Nebenraum rechtlich problematisch und „letztendlich nicht sinnvoll“, meinte Jäger. Denn es sei fraglich, wie dann noch eine ordnungsgemäße Verhandlungsleitung stattfinden solle. „Der Richter müsste ja dann irgendwie auch den Überblick über die Vorgänge im anderen Saal haben, um für Ordnung sorgen zu können“, sagte er. Mit Blick auf den Streit um die begrenzten Presseplätze im Gericht sagte Jäger, es sei rechtlich möglich, aber „nicht unproblematisch“, das Akkreditierungsverfahren neu zu starten. Denn es sei schon „ein Vertrauensschutz“ derjenigen Medienvertreter entstanden, die einen Platz bekommen hätten. Das Gericht könnte aber prüfen, ob es nicht vielleicht noch drei zusätzliche Plätze schaffen könnte, regte der Strafrechtler an. Dann könnte man in einem „nachträglichen Losverfahren“ unter zehn türkischsprachigen Medien, die einen Anspruch auf Teilnahme erheben, drei zulassen. Losverfahren seien bei der Akkreditierung grundsätzlich zulässig, sagte der Inhaber des Lehrstuhls für Strafrecht und Strafprozessrecht an der Uni Bayreuth. dapd (Politik/Politik)
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Mercedes-Benz trotzt der Absatzkrise mit Rekordmonat
Stuttgart (dapd). Mit dem besten Verkaufsmonat der Geschichte trotzt Daimlers Premiummarke Mercedes-Benz der Kundenzurückhaltung in Europa. Die Marke mit dem Stern lieferte im März 139.920 Fahrzeuge aus, so viele wie in keinem Monat zuvor, wie das Unternehmen am Freitag in Stuttgart erklärte. Im Vergleich zum Vorjahresmonat betrug das Wachstum 6,5 Prozent. Im ersten Quartal kletterten die Verkäufe insgesamt um 3,5 Prozent, weil vor allem der Februar hinter den Erwartungen zurückgeblieben war. „Mit starken Zugewinnen in den USA und in vielen neuen Wachstumsmärkten konnten wir schwächelnde europäische Märkte sowie den Absatzrückgang in China ausgleichen und im ersten Quartal erneut einen Absatzrekord verbuchen“, sagte der Vertriebsgeschäftsleiter bei Mercedes-Benz Cars, Joachim Schmidt. Auf dem chinesischen Markt ist Mercedes-Benz derzeit dabei, sich neu zu ordnen. Sich doppelnde Vertriebsstrukturen und ein verhältnismäßig später Einstieg hatten die Marke im Vergleich zu den Konkurrenten BMW und Audi ins Hintertreffen gebracht. Daimler reagierte im Dezember mit der Berufung eines eigenen China-Vorstands und einer Neuordnung des dortigen Vertriebs. Minus von 11,5 Prozent im ersten Quartal in China Das erste Quartal auf dem größten Automarkt der Welt sei von der Neuordnung und anstehenden Modellwechseln geprägt worden, erklärte Daimler. In den ersten drei Monaten beträgt das Minus im Vergleich zum Vorjahr 11,5 Prozent. Im März ging es allerdings mit Zuwächsen von 5,4 Prozent wieder bergauf. In der wichtigen Nafta-Region, die die USA, Kanada und Mexiko umfasst, sowie in Japan und Russland gingen die Verkäufe nach oben. Mercedes-Benz verzeichnete dort sogar das beste Quartal der Geschichte. Durch die Kompaktautos der A- und B-Klasse sowie einer starken Nachfrage nach SUV-Modellen konnten die Stuttgarter auch die Absatzkrise in Westeuropa wettmachen und verkauften im März 2,5 Prozent mehr Fahrzeuge. Einzig auf dem Heimatmarkt Deutschland gingen die Verkaufszahlen in dem Monat um 2,5 Prozent auf 25.282 zurück. Allerdings war der deutsche Automarkt auch insgesamt eingebrochen. Die Zahl der Neuzulassungen ging im März um 17 Prozent zurück. Damit macht die Absatzkrise in Europa auch vor Deutschland nicht Halt. Den aktuellen Zahlen vom Februar zufolge kamen in der Europäischen Union 795.482 neue Autos auf die Straßen und damit 10,5 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
IHK will Autofahrer stärker zur Kasse bitten
Stuttgart (dapd). Zur künftigen Finanzierung von Fernstraßen in Deutschland sollten Autofahrer laut einem Gutachten des baden-württembergischen Industrie- und Handelskammertags (BWIHK) stärker zur Kasse gebeten werden. Dabei seien Gebühren auf Autobahnen durch Vignetten oder eine Maut am erfolgversprechendsten, sagte der Präsident der IHK Rhein-Neckar, Gerhard Vogel, am Freitag in Stuttgart bei der Vorstellung des Gutachtens. Mit einer Finanzierungslücke von derzeit 5,6 Milliarden Euro pro Jahr seien Fernstraßen „dramatisch unterfinanziert“. Das Gutachten des BWIHK entstand in Kooperation mit der Hochschule Heilbronn und der Fachhochschule Worms. In der Studie heißt es, dass zur Finanzierung der Fernstraßen zwar auch eine Erhöhung der Energie- oder Kfz-Steuer theoretisch denkbar sei. Diese Steuern seien aber schon bislang nie vollständig in den Straßenverkehr zurückgeflossen. Zudem würden ausländische Autofahrer bei einer Erhöhung der Kfz-Steuer auch künftig nicht in die Finanzierung der Straßen miteinbezogen. Maut würde Vielfahrer bis zu 465 Euro im Jahr kosten Das Gutachten schlägt zunächst eine Pkw-Vignette für das Autobahnnetz vor, um kurzfristig an die benötigten finanziellen Mittel zu gelangen. Diese könnte den Berechnungen zufolge bis zu 227 Euro pro Jahr kosten. Längerfristig sei jedoch eine Umstellung auf eine Maut denkbar, die dann auf Autobahnen sowie wichtigen Bundesstraßen gelten und Vielfahrer bis zu 465 Euro im Jahr kosten würde. Nur so ist laut Gutachten eine ausreichende und dauerhaft verlässliche Finanzierung der Fernstraßen möglich. Für die Autofahrer würde Vignette oder Maut eine zusätzliche finanzielle Belastung bedeuten. Das ist auch Professor Tobias Bernecker klar, der für die Hochschule Heilbronn an dem Gutachten mitwirkte. Er sagte: „Die Leidensfähigkeit der Autofahrer ist an einer bestimmten Grenze angelangt.“ Gerade deswegen sei eine zweckgebundene Verwendung des eingenommenen Geldes wichtig. Wenn die Autofahrer sehen würden, dass mit den Geldern der Zustand der Straßen verbessert werde, seien sie eher bereit, mehr zu bezahlen. dapd (Wirtschaft/Politik)
Otto stellt ehrgeizige Online-Pläne vor
Hamburg (dapd). Der Hamburger Handelskonzern Otto Group will nach eigenen Angaben bis 2015 rund 300 Millionen Euro in E-Commerce-Projekte investieren und acht Milliarden Euro Online-Umsatz erreichen. Im vergangenen Jahr legte der weltweite Handel auf mehr als 60 E-Commerce-Seiten der Otto Group um etwa 400 Millionen Euro auf mehr als 5,7 Milliarden Euro zu, wie das Unternehmen am Freitag mitteilte. Damit stünden die Online-Umsätze für rund 57 Prozent der Handelsumsätze. In Deutschland liege die Umsatz-Quote schon bei gut 62 Prozent. Dabei werde der Umsatz zunehmend von Smartphones und Tablets getrieben. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Ziemlich wichtige Partner
Berlin/Hannover (dapd). Es könnte ein wenig ungemütlich werden für Russlands Präsidenten Wladimir Putin am Sonntagabend zur Eröffnung der Hannover Messe. Menschenrechtsaktivisten wollen die Repressionen gegen Nichtregierungsorganisationen und ausländische Stiftungen in Russland zum Anlass nehmen für Demonstrationen. Der Lesben- und Schwulenverband forderte gar die Wirtschaft auf, „keine Deals mit Menschenrechtsverletzern“ abzuschließen. Und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) steht vor der Herausforderung, das heikle Thema bei Putin anzusprechen, ohne die Stimmung für gute Geschäfte mit Russland nachhaltig zu trüben. Russland ist das diesjährige Partnerland der Hannover Messe, der wichtigsten Industriemesse weltweit. Rund 160 russische Aussteller präsentieren sich in Hannover. 80 Milliarden Euro betrug das bilaterale Handelsvolumen im vergangenen Jahr. Rund 6.500 Firmen in Russland arbeiten mit deutscher Kapitalbeteiligung. Keine Freunde Die Stimmung im bilateralen Verhältnis ist jedoch so kühl wie der Winter, der nicht weichen will. Unter Putins dritter Präsidentschaft gilt seit Herbst ein verschärftes Gesetz, wonach sich vom Auslands finanzierte Nichtregierungsorganisationen als „ausländische Agenten“ registrieren lassen und detaillierte Finanzberichte vorlegen müssen. In den vergangenen Wochen bekamen viele dieser Organisationen Besuch von den Sicherheitsbehörden, bei der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung in St. Petersburg wurden zeitweilig gar Computer beschlagnahmt. Die Bundesregierung verfolge dies mit „große Sorge“, erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert. Merkel wird Putin auf die Kritik ansprechen, das hat sie in der Vergangenheit immer wieder getan. Anlässe gab es reichlich. Sei es die Haft des Kreml-Kritikers Michail Chodorkowski, die schleppenden Ermittlungen im Mordfall an der russischen Journalistin Anna Politkowskaja oder Menschenrechtsverletzungen der russischen Armee in Tschetschenien. Beeindruckt hat Putin die Kritik der Vergangenheit kaum. Allerdings kann dem russischen Präsidenten das Bild eines autoritären Landes gerade jetzt nicht egal sein. Im kommenden Jahr will sich Russland mit Olympischen Winterspielen in Sotschi als modernes und weltoffenes Land präsentieren. Merkel und Putin sind gute Bekannte, Freunde sind sie nicht. Zu unterschiedlich sind ihre Biografien, wenngleich sie beide die Sprache des jeweils anderen sprechen. Als Merkel 1990 in der Wendezeit ihre ersten politischen Schritte unternahm, war Putin noch für den sowjetischen Geheimdienst KGB in Dresden tätig. Vor zwei Jahren belasteten Querelen um den Quadriga-Preis das bilaterale Verhältnis. Den sollte unter anderem Putin für seine Verdienste um die deutsch-russischen Beziehungen bekommen, nach Kritik an ihm entschied das Netzwerk Quadriga, 2011 gar keinen Preis nicht vergeben. Zeit zu reden Nie käme Merkel in den Sinn, wie ihr Vorgänger Gerhard Schröder Putin als „lupenreinen Demokraten“ zu bezeichnen. Davor gab es zwischen Kanzler Helmut Kohl und Russlands Präsident Boris Jelzin die berühmte „Sauna“-Freundschaft. Das Verhältnis zwischen Merkel und Putin hat keine persönliche Note. Dennoch sind beide miteinander vertraut. Viele Male haben sie sich getroffen beim jährlichen „Petersburger Dialog“, bei G8-Gipfeln, bei den deutsch-russischen Regierungskonsultationen. Am Sonntag und Montag haben Merkel und Putin reichlich Gelegenheit, die aktuellen Probleme zu bereden. Neben den Demokratiedefiziten in Russland bieten auch die Lage auf der koreanischen Halbinsel, der Bürgerkrieg in Syrien und die Zypern-Krise Gesprächsstoff. Nach der gemeinsamen Eröffnung der Hannover Messe am Sonntagabend haben sich beide zum Abendessen verabredet. Am Montag bestreiten beide zwei Stunden lang den Eröffnungsrundgang über die Messe, im Anschluss sind Statements geplant. dapd (Politik/Politik)
Westerwelle bestellt nordkoreanischen Botschafter ein
Berlin (dapd). Außenminister Guido Westerwelle (FDP) hat angesichts der verschärften Tonlage aus Pjöngjang am Freitag den nordkoreanischen Botschafter Si Hong Ri in das Auswärtige Amt in Berlin einbestellt. Dem Botschafter sei in „deutlichen Worten“ die Sorge der Bundesregierung vor einer Zuspitzung des Konflikts zum Ausdruck gebracht worden, sagte ein Sprecher des Außenministeriums am Freitag. Die jüngsten Eskalationsschritte Nordkoreas seien für die Bundesregierung in keiner Weise akzeptabel. Die scharfe diplomatische Geste war eine Reaktion auf die Entwicklungen der vergangenen Tage. Nordkoreas Führung hatte ihre Kriegsdrohungen nochmals verschärft und dem Militär auch einen Atomschlag gegen die USA genehmigt. Pjöngjang hatte bereits im vorigen Monat den USA, Südkorea und anderen Verbündeten mit präventiven Atomschlägen gedroht. Der Außenminister suche in der Angelegenheit eine „sehr enge Abstimmung“ mit den internationalen Partnern, sagte Westerwelles Sprecher. Das Thema solle auch bei dem Treffen der G8-Außenminister am Mittwoch (10. April) auf der Tagesordnung stehen. Ziel sei es, mit den Partnern eine „entschlossene und geschlossene Reaktion“ auf den Konfrontationskurs Nordkoreas zu finden. dapd (Politik/Politik)
Tarifeinigung am Bau
Frankfurt/Main (dapd). Gewerkschaft und Bau-Arbeitgeber haben sich auf ein umfangreiches Tarifpaket für die rund 750.000 Beschäftigten der Branche geeinigt. Nach mehr als 20-stündigen Verhandlungen vereinbarten die IG BAU und die Arbeitgeberverbände ZDB und HDB am frühen Freitagmorgen in Frankfurt am Main eine Lohnerhöhung von 3,2 Prozent für die Beschäftigten in den alten Bundesländern und von 4,0 Prozent für die Beschäftigten im Osten. Laut IG BAU ist dies der erste Schritt zur Angleichung der Gehälter bis zum Jahr 2022. Der Mindestlohn I der Branche soll noch schneller angeglichen werden. Die Vereinbarung sieht für diese Lohnuntergrenze einen verbindlichen Stufenplan vor, nach dem zum 1. Januar 2017 Lohngleichheit herrscht. Der nur im Westen gezahlte Mindestlohn II steigt bis 2017 jährlich um 25 Cent. Außerdem wurde eine Übernahmeregelung für Auszubildende vereinbart. Der Tarifabschluss tritt am 1. Mai für zwölf Monate in Kraft. Die Arbeitgeber hätten das Ergebnis „nur schweren Herzens akzeptiert, um nach dem Stillstand der Baustellen im Winter nicht noch weitere Produktionsunterbrechungen zu provozieren“, sagte der Verhandlungsführer der Arbeitgeber und Vizepräsident des Zentralverbands des Deutschen Baugewerbes, Frank Dupré. Ungeachtet dessen sei ein wichtiger Schritt zu einheitlichen Löhnen in Ost- und Westdeutschland gelungen. Der stellvertretende IG-BAU-Bundesvorsitzende und Verhandlungsführer Dietmar Schäfers sprach von einem „für alle Beteiligten tragbaren Kompromiss“. Mit dem Stufenplan hin zu gleichen Mindestlöhnen im gesamten Bundesgebiet stehe der Bau besser da als viele andere Branchen. Die IG BAU hatte mit Verweis auf gute konjunkturelle Aussichten für die Baubranche 6,6 Prozent mehr Lohn, Gehalt und Ausbildungsvergütung sowie die Anhebung der Mindestlöhne in gleicher Höhe verlangt. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Verzögerung beim Bau von Schacht Konrad wirkt sich auf Ahaus aus
Salzgitter/Ahaus (dapd). Die absehbare Verzögerung bei der Fertigstellung des Atommüllendlagers Schacht Konrad in Salzgitter bis mindestens 2021 wirkt sich nach Angaben von Umweltschützern auf den Betrieb des westfälischen Zwischenlagers Ahaus aus. Der dort lagernde schwach- und mittelradioaktive Abfall könne nun „definitiv“ nicht mehr bis zum Genehmigungsende 2020 ausgelagert werden, erklärten Bürgerinitiativen aus Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen am Freitag. Sie fordern von der Landesregierung in Düsseldorf ein sofortiges Transportmoratorium für Ahaus. „Wenn nicht geklärt ist, ob der radioaktive Müll noch rechtzeitig oder überhaupt jemals aus Ahaus wieder ausgelagert werden kann, darf erst recht kein weiterer Müll eingelagert werden“, hieß es in der Erklärung. Das Endlager Konrad sollte ursprünglich 2019 in Betrieb gehen. Dieser Termin ist wegen technischer und planerischer Probleme nach übereinstimmenden Medienberichten nicht mehr zu halten. dapd (Politik/Politik)
Steinbrück von Hollande im Elysée-Palast empfangen
Paris (dapd). SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück ist am Freitag im Elysée-Palast in Paris mit dem französischen Präsidenten François Hollande zusammengekommen. Auf der Tagesordnung standen europapolitische Themen und die deutsch-französischen Beziehungen. Hollande hatte Steinbrück zusammen mit SPD-Chef Sigmar Gabriel und Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier bereits kurz nach seiner Wahl im Juni im Elysée-Palast empfangen. Im Wahlkampf hatte Gabriel Hollande bei einer Veranstaltung im Pariser Winterzirkus als Redner unterstützt. Damals galt Hollande noch als Vorreiter eines Erfolgs der Sozialdemokraten in Europa. Inzwischen ist der Präsident, der die Wahl im Mai 2012 gegen den konservativen Amtsinhaber Nicolas Sarkozy gewann, in Frankreich extrem unbeliebt. Weniger als 30 Prozent unterstützen den Kurs des früheren Parteichefs der Sozialisten, den eine Steueraffäre um seinen früheren Haushaltsminister zusätzlich in Bedrängnis bringt. Zum Auftakt seiner politischen Gespräche in Paris war Steinbrück am Donnerstagabend mit Sozialistenchef Harlem Désir zusammengetroffen. Am Nachmittag ist der SPD-Politiker bei der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), wo er mit Generalsekretär Angel Gurría spricht. dapd (Politik/Politik)
Hartes Durchgreifen gegen Steuersünder gefordert
Berlin (dapd). Nach der Enthüllung internationaler Steueroasen wird die Forderung nach einem hartnäckigen Durchgreifen gegen Steuerhinterzieher lauter. SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück will Banken belangen, die Steuersündern helfen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) forderte am Freitag, den internationalen Datenaustausch voranzutreiben. Schweizer Behörden prüfen bereits den Fall des verstorbenen Multimillionärs Gunter Sachs, der in Steueroasen ein weit verbreitetes Firmennetz unterhalten haben soll. Eine anonyme Quelle hatte internationalen Medien Informationen darüber zugespielt, auf welchen geheimen Wegen Reiche und Kriminelle große Vermögen verstecken und zweifelhafte Geschäfte verschleiern. In Deutschland berichteten die „Süddeutsche Zeitung“ und der NDR über den Datensatz, der 130.000 Steuerflüchtlinge aus mehr als 170 Ländern auflistet. Beide Medien meldeten, aufgrund der Hinweise des „Offshore-Leaks“ genannten Rechercheprojekts wolle die Finanzbehörde der Schweizer Hauptstadt Bern nun den Fall des Millionenerbes von Sachs prüfen. Von 2008 bis zu seinem Tod 2011 war der Deutsch-Schweizer im Kanton Bern steuerpflichtig. Man werde mit den „zur Verfügung stehenden rechtlichen Möglichkeiten und Mitteln“ gegebenenfalls Maßnahmen ergreifen, heißt es in einer schriftlichen Erklärung der Finanzbehörde. Sachs‘ Nachlassverwalter hatten erklärt, der Millionär habe immer alle Steuern in der Schweiz bezahlt. SPD-Kanzlerkandidat Steinbrück sagte im ZDF: „Ich bin dafür, dass es eine Art Unternehmenshaftung, ein Unternehmensstrafrecht, in Deutschland gibt.“ Damit sollten Banken herangezogen werden, die bei der Steuerhinterziehung helfen. Leere Liste der Steueroasen Der Finanzexperte der Grünen, Gerhard Schick, sagte im ZDF, 2009 sei bereits ein Gesetz zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung verabschiedet worden – mit Zusatzmaßnahmen für den Fall, dass Geschäftsbeziehungen mit Steueroasen bestehen. „Bloß die Liste an Steueroasen, auf die sich dieses Gesetz bezieht, ist leer“, sagte Schick. „Deutschland tut also so, als würde es gar keine Steueroasen geben.“ Schäuble sagte im Deutschlandfunk, ein entscheidender Hebel gegen Steuerhinterziehung sei die bessere Verständigung darüber, wer mit welchen Tätigkeiten wo welchen Ertrag erziele. Deutschland werde jetzt in der EU die Diskussion darüber verstärken, wie der Informationsaustausch verbessert werden könne. „Ich hoffe, dass der Widerstand jetzt schwächer wird dagegen“, sagte Schäuble. Schäubles Parlamentarischer Staatssekretär Steffen Kampeter (CDU) sagte im ZDF, mit solchen Steuersünderlisten würden „einige Zierfische“ gefangen. Der große „Schwarm der internationalen Steuerhinterziehung“ sei jedoch nur durch Abkommen mit den als Steueroasen geltenden Ländern dingfest zu machen. Kampeter forderte außerdem: „Wir brauchen in Deutschland so etwas wie eine vereinheitlichte Strafverfolgung, ein FBI gegen internationale Steuerhinterziehung, beispielsweise beim Bundesamt für Steuern.“ Bankenverband weist Verantwortung von sich Auch der Linken-Innenexperte Frank Tempel verlangt die Einrichtung einer Bundesfinanzpolizei. Die jetzt aufgedeckten Fälle seien nur international und „mit einem sehr hohen Ermittlungsaufwand zu knacken“, sagte Tempel der Zeitung „Neues Deutschland“. Schätzungen der Deutschen Steuergewerkschaft zufolge sind weltweit rund 400 Milliarden Euro unversteuertes Geld aus Deutschland angelegt. Der Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken, Andreas Schmitz, wies eine Mitverantwortung der Geldinstitute bei der Steuerhinterziehung zurück. „In erster Linie sind es Privatpersonen und Organisationen, die ihr Geld in den Steueroasen anlegen“, sagte Schmitz den Zeitungen der WAZ-Mediengruppe. Die Banken könnten bei diesen Transaktionen die Steuerehrlichkeit der Kunden nicht überprüfen, weil ihnen die hoheitlichen Befugnisse dazu fehlten. „Es ist daher nicht richtig, die Banken hierfür an den Pranger zu stellen.“ Unionsfraktionsvize Michael Fuchs (CDU) forderte realitätsnahe Lösungen für die Trockenlegung von Steueroasen. „Solange Großbritannien und die USA nicht mit im Boot sind, bewirken wir nichts“, sagte Fuchs der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. dapd (Politik/Politik)