Düsseldorf (dapd). Der Warenhauskonzern Karstadt macht offenbar deutlich weniger Umsatz als geplant. Wie die „Wirtschaftswoche“ am Samstag vorab unter Berufung auf eine vertrauliche Mittelfristplanung berichtet, rechne Karstadt in diesem Jahr mit einem Umsatz von 3,129 Milliarden Euro. Das seien 232 Millionen Euro weniger als bislang eingeplant. Dieser Trend setze sich in der Mittelfristplanung in den kommenden Jahren fort. So rechne Karstadt 2016 mit einem Umsatz von 3,336 Milliarden Euro, das seien sogar 375 Millionen Euro weniger als in der Mittelfristplanung von 2011 erwartet worden sei, schreibt die Wochenzeitschrift in ihrer neuen Ausgabe. Das Management wolle zudem die Investitionen zurückfahren. Anders als in den Vorjahren geplant, stünden für 2013 nicht 80 Millionen Euro für Investitionen bereit, sondern nur 68,5 Millionen Euro. Davon seien 24,8 Millionen Euro für Filialprojekte etwa in Nürnberg, Düsseldorf und Frankfurt vorgesehen. Auch für 2014 seien die Investitionsbudgets zusammengestrichen worden. Probleme hätten offenbar nicht nur die normalen Karstadt-Warenhäuser, sondern auch die Flaggschiffe und Sporthäuser, berichtet die Zeitschrift weiter. So habe die Premiumsparte laut einer internen Aufstellung zwischen Oktober und Dezember 2012 ein Umsatzminus von 2,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr verbucht. Die Sportfilialen büßten demnach 4,9 Prozent ein. Im Kerngeschäft sanken die Umsätze in dem Zeitraum dem Bericht zufolge um mehr als 13 Prozent. Das Unternehmen habe sich zur Geschäftsentwicklung nicht äußern wollen. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
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DGB-Chef Sommer fordert deutliche Lohnerhöhungen
Berlin (dapd). Zur Stabilisierung der sich abschwächenden Konjunktur in Europa fordert der Deutsche Gewerkschaftsbund deutliche Lohnerhöhungen. DGB-Chef Michael Sommer sagte der „Welt am Sonntag“: „Kräftige Tarifforderungen passen durchaus in die Zeit.“ Es gebe überhaupt keinen Grund, den Gürtel enger zu schnallen. „Wir brauchen einen ordentlichen Schluck aus der Pulle.“ Deutschland sei bisher relativ gut durch die Krise gekommen, sagte Sommer und fügte hinzu: „Aber die Einschläge kommen näher.“ Deutschland müsse seinen Beitrag leisten, um die Konjunktur in Europa zu stabilisieren. Dazu bedürfe es einer „vernünftigen Entwicklung der Masseneinkommen“. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Bitte nicht vor der eigenen Haustür
Pforzheim (dapd). Die Gestalt eines menschlichen Körpers soll die neue Firmenzentrale der Gold- und Silberscheideanstalt C.Hafner einmal haben. Ein Verwaltungsgebäude als Kopf, ein langgestreckter Bau, der als Rückgrat dienen soll und die Anwendungstechnik enthält, sowie davon abgehend Gebäude, in denen gearbeitet wird – die Arme und Beine. So sieht es ein Modell vor, das in einem Besprechungsraum im heutigen Hauptgebäude steht. Derzeit residiert das 163 Jahre alte Unternehmen mitten in der Pforzheimer Innenstadt – „aus allen Nähten platzend“, wie der Sprecher der Geschäftsleitung, Philipp Reisert, es ausdrückt. Doch ohne Hürden kann das Familienunternehmen nicht umziehen. Ähnlich ergeht es zahlreichen anderen Industrieunternehmen. Nicht gut zu sprechen ist die C.Hafner-Firmenleitung deswegen auf die Stadt Pforzheim. „Wir sind ein Pforzheimer Unternehmen“, betont Reisert. Nach 163 Jahren in der Stadt sei es logisch gewesen, zuerst im dortigen Rathaus nach neuen Flächen zu fragen. Doch Pforzheim hatte keine Flächen, die als Industriegebiet ausgewiesen waren und scheute offenbar den Konflikt mit Nachbargemeinden, sollte es Flächen dementsprechend deklarieren. „Mangelnden Mut“, wirft Reisert der Stadt vor. Stattdessen bot Pforzheim C.Hafner Flächen in einem Sondergebiet an – „nicht annehmbar“, sagt Reisert. Denn in einem Sondergebiet muss vorher alles, was erlaubt sein soll, festgelegt werden. „Das ist dann ein Maßanzug, der zur Kommunion noch gepasst hat, aber zur Hochzeit nicht mehr“, sagt das Geschäftsleitungsmitglied Heinz-Günter Schenzel. C.Hafner schaute sich nach Alternativen um – und wurde schnell fündig in der Gemeinde Wimsheim, direkt an der Autobahn 8 südöstlich von Pforzheim. Das 2.700-Einwohner-Dorf hatte in einem Waldstück bereits ein Industriegebiet eingeplant und ein etwa 5,5 Hektar großes Grundstück für C.Hafner anzubieten. Bürgerinitiative befürchtet Umweltbelastungen Doch in der Bevölkerung regte sich Widerstand. „Mit diesem Industriebetrieb mit höchsten Umweltbelastungen würde der dörfliche Charakter unserer Gemeinde zerstört, die gesunde Umwelt mit Schadstoffen belastet und unsere Flächenreserven für Mittelstand und Gewerbe verbraucht werden“, warnt eine eilig gegründete Bürgerinitiative in einem offenen Brief vor der Ansiedlung. Inzwischen überbrachte die Initiative dem Gemeinderat eine Liste mit mehr als 800 Unterschriften von Gegnern. Der Gemeinderat hatte sich einstimmig für die C.Hafner-Ansiedlung ausgesprochen. Mit Widerständen und Widrigkeiten steht C.Hafner nicht allein da. „Es wird zunehmend schwierig, Gewerbe- und Industrieflächen zu entwickeln“, sagt Tine Fuchs, Referatsleiterin Stadtentwicklung beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag. Je näher Wohnen und Gewerbe aneinander heranwachsen, desto größer würden die Konfliktpotenziale. „Da wir ein dicht besiedeltes Land sind, hat das zugenommen“, sagt Fuchs. „Ohne Industrie geht es nicht“, findet Norbert Portz, Beigeordneter für Gemeinde- und Stadtentwicklung beim Deutschen Städte- und Gemeindebund. Doch lieber habe jeder Einwohner einen sauberen Dienstleister vor der eigenen Haustür. „Es ist eine größere Sensibilität bei den Bürgern festzustellen“, hat er beobachtet. Reisert und Schenzel reagieren mit Unverständnis auf die Bedenken in Wimsheim. Das Geschäft von C.Hafner besteht darin, Edelmetalle wie Gold, Silber oder Platin zu recyceln und weiterzuverarbeiten – beispielsweise zu Komponenten für die Schmuck- und Uhrenindustrie, für Sensortechnik oder zu Zahnersatz. Das Recycling funktioniert durch chemische und auch Verbrennungsprozesse. Deswegen gilt C.Hafner als Industrieunternehmen. Goldausbeute im Jahr passt auf zwei Tische „Das ganze Gold, das wir im Jahr zurückgewinnen, würde auf zwei Tische passen“, betont Reisert jedoch. Der Firmenchef will keinesfalls mit riesigen Chemiekonzernen in einen Topf geworfen werden. Mehrere Gutachten habe C.Hafner in Auftrag gegeben, ergänzt Schenzel. Das Ergebnis bei allen: Es gibt keine Umweltauswirkungen. Aus dem Schornstein der Anlage würde ungefährlicher Wasserstoff kommen. Verunreinigungen von Schwefeldioxid oder Chlor könnten zwar auch darin sein. Der erlaubte sogenannte Bagatellmassenstrom für Schwefeldioxid liege bei 20 Kilogramm pro Stunde. „Wir haben 0,004 Kilo pro Stunde“, sagt Schenzel. Selbst im sogenannten Dennoch-Störfall – wenn alles, was man eigentlich nicht erwarten könnte, eintrifft – müssten die Anwohner nichts befürchten, beruhigt er. Wenn etwa ein Behälter mit Chlor beschädigt auslaufen würde, bliebe immer noch alles auf dem Firmengelände. Sich nach einer weiteren Alternative umzuschauen, sei nicht infrage gekommen, versichert Reisert. „So sind wir nicht gestrickt.“ In Wimsheim schätze er den offenen Umgang miteinander. Zudem hat sich nicht nur eine Bürgerinitiative gegen das Projekt gebildet – inzwischen gibt es auch eine dafür. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Eilantrag gegen Sitzvergabe im NSU-Prozess in Karlsruhe liegt vor
Karlsruhe/München (dapd-bay). Beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ist jetzt der Eilantrag der türkischen Zeitung „Sabah“ gegen die vom Oberlandesgericht München verfügte Sitzplatzvergabe im NSU-Prozess eingegangen. Wie Gerichtssprecher Wilfried Holz am Samstag der Nachrichtenagentur dapd in Karlsruhe sagte, richtet sich der Antrag gegen die Akkreditierungsbestimmungen und die Nichtzulassung des türkischen Mediums in dem für die Presse bestimmten Raum. Es sei der erste derartige Eilantrag im Zusammenhang mit dem Mitte April in München beginnenden Prozess um die rechtsextremistische Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“. Die Zeitung greift nach Angaben von Holz in ihrer Verfassungsbeschwerde mehrere Grundgesetzartikel auf und rügt Verstöße gegen die Pressefreiheit, gegen die Berufsfreiheit und gegen die Gleichbehandlung. Mit einer Entscheidung des 1. Senats sei in absehbarer Zeit zu rechnen, auf jeden Fall vor Prozessbeginn, sagte der Sprecher. Der genaue Termin stehe aber nicht fest, dies hänge auch vom Aufwand der Prüfung ab. Die türkische Zeitung „Sabah“ fühlt sich auch in ihrem Grundrecht auf Informationsfreiheit verletzt. Der stellvertretende „Sabah“-Chefredakteur Ismail Erel sagte in der vergangenen Woche dem ZDF: „Wir denken, dass die Pressefreiheit und die Informationsfreiheit auch für die türkisch-sprachigen Journalisten hier in Deutschland gelten.“ Deswegen wolle man den Prozess live erleben. „Gerichtsverfahren müssen öffentlich sein – auch für türkischstämmige Mitbürger in Deutschland“, sagte Erel. Vor dem Oberlandesgericht München muss sich ab dem 17. April die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe verantworten. Angeklagt sind auch vier mutmaßliche Helfer der Terrorzelle. Dem NSU werden Morde an neun Kleinunternehmern mit ausländischen Wurzeln und einer Polizistin angelastet. Für den Prozess wurden nur 50 Journalisten mit festen Plätzen zugelassen. Entscheidend war die Reihenfolge der Anmeldung. Medienvertreter aus der Türkei, woher acht der Mordopfer stammen, erhielten keine reservierten Plätze. Dagegen richtet sich nun die Verfassungsbeschwerde. dapd (Politik/Politik)
Strafrechtler Schünemann gegen Videoübertragung im NSU-Prozess
Karlsruhe/München (dapd-bay). In der Diskussion über die begrenzten Presseplätze beim NSU-Prozess in München hält der Münchner Strafrechtler Bernd Schünemann eine Videoübertragung in einen Nebenraum für nicht zulässig. „Denn damit würde in einem Saal Öffentlichkeit hergestellt, der nicht unter der Kontrolle des Vorsitzenden Richters steht“, sagte Schünemann der Nachrichtenagentur dapd in Karlsruhe. Der Vorsitzende Richter müsse aber die Ordnung im Saal kontrollieren. „Ein Wachtmeister kann dies nicht tun. Diese sitzungspolizeiliche Aufgabe kann nur der Vorsitzende wahrnehmen“, argumentierte der Strafrechtsprofessor. Im Falle einer Videoübertragung wisse außerdem auch ein Angeklagter, „dass ihn andere videomäßig wahrnehmen“. Dies könne beim Angeklagten einen Verunsicherungseffekt auslösen. Schünemann sagte weiter, er sehe „noch Spielraum“ bei der Entscheidung des Oberlandesgerichts München über die Form der Zulassung von Journalisten, also die Akkreditierung. Denn diese sei „nicht in Rechtskraft“ erwachsen und könne vom Gericht jederzeit überprüft werden. „Es gibt kein Gesetz, das diese einmal getroffene Entscheidung des Gerichts zum Akkreditierungsverfahren für sakrosankt erklärt“, sagte Schünemann. Ursprünglich könne es zwar eine vertretbare Lösung gewesen sein, nach dem Prioritätsprinzip („Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“) vorzugehen. Wenn nun aber eine Schieflage entstanden sei und wichtige Medien nicht berücksichtigt wurden, könnte man das Akkreditierungsverfahren „noch einmal modifizieren“, etwa in Form einer „Topf“-Lösung für lokale, überregionale deutsche und ausländische Medien, sagte der emeritierte Professor der Ludwig-Maximilians-Universität München. dapd (Politik/Politik)
Rösler fordert internationale Allianz gegen Steueroasen
Düsseldorf (dapd). Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) hat sich für ein koordiniertes internationales Vorgehen gegen sogenannte Steueroasen ausgesprochen und Sanktionen bei Missbrauch gefordert. „Wir müssen auf internationaler Ebene darüber beraten, wie ein Missbrauch in Steueroasen stärker sanktioniert werden kann“, sagte Rösler der in Düsseldorf erscheinenden „Rheinischen Post“ (Samstagausgabe). Das sei kein schneller und einfacher, aber ein notwendiger Prozess. Zugleich forderte Rösler die Medien auf, die ihnen zugänglich gemachten Informationen über mögliche Steuersünder den zuständigen Behörden in Deutschland zur Verfügung zu stellen. Das hatten zuvor die „Süddeutsche Zeitung“ und der NDR unter Hinweis auf Informantenschutz abgelehnt. Sie wollen die von ihnen ausgewerteten Daten des „Offshore Leaks“ nicht den Behörden übergeben. dapd (Politik/Politik)
Steuerhinterziehung: Nahles will die Banken in die Pflicht nehmen
Düsseldorf (dapd). SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles hat die Bundesregierung aufgefordert, im Kampf gegen Steuerbetrug auch einen Entzug der Bankenlizenz zu erwägen. Der Gesetzgeber müsse Strafen für Banken und Finanzinstitute einführen, die bei der Hinterziehung von Steuern helfen, sagte sie der in Düsseldorf erscheinenden „Rheinischen Post“. „Das kann im Zweifel bis zum Entzug der Banklizenz gehen.“ Zudem müsse die Steuerverwaltung in Deutschland personell und finanziell so aufgerüstet werden, dass „Waffengleichheit“ mit den Steuerbetrügern herrsche. Zudem müsse Deutschland über die EU oder bilateral den automatischen Informationsaustausch zu Steuerhinterziehern „mit den Ländern vereinbaren, die diese Praktiken dulden“, sagte Nahles weiter. Zugleich kritisierte sie, dass die schwarz-rote Bundesregierung in den vergangenen drei Jahren keine Priorität auf die Bekämpfung der Steuerhinterziehung gelegt habe. dapd (Politik/Politik)
GM-Spitze trifft sich offenbar mit Dreyer und Bouffier
Mainz/Wiesbaden (dapd-hes). Der Verwaltungsrat des US-Autokonzerns General Motors (GM) trifft Medienberichten zufolge in der kommenden Woche die Regierungschefs von Hessen und Rheinland-Pfalz zu Gesprächen über die deutsche Konzerntochter Opel. Für Dienstag sei in Mainz ein Gespräch mit der rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) geplant, berichteten die „Mainzer Allgemeine Zeitung“ und der „Wiesbadener Kurier“ am Freitag vorab. Für Mittwoch sei ein Treffen mit Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) vorgesehen. Regierungskreise in Wiesbaden bestätigten der Nachrichtenagentur dapd, dass ein solches Treffen Bouffiers mit hochrangigen GM-Vertretern in Rüsselsheim geplant sei. Der 15-köpfige GM-Verwaltungsrat ist das höchste Entscheidungsgremium des Konzerns. Themen bei den Gesprächen sollen dem Bericht zufolge die Sanierung von Opel, die Entwicklung des Automarkts sowie speziell die Zukunft der Standorte Rüsselsheim und Kaiserslautern sein. Von Dienstag bis Donnerstag reist die GM-Spitze zu einer turnusmäßigen Tagung zum Opel-Stammsitz nach Rüsselsheim. Die General-Motors-Führung will sich in Deutschland selbst ein Bild vom Zustand der Tochter Opel machen. Am Donnerstag steht in Berlin ein Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf dem Programm. „Es handelt sich um kein Treffen, das verabredet ist, um über Opel zu sprechen“, sagte Vize-Regierungssprecher Georg Streiter am Freitag. Er halte es aber nicht für ausgeschlossen, dass Merkel den angeschlagenen deutschen Autobauer in der einstündigen Unterredung zur Sprache bringe. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Steueroasendebatte begleitet Steinbrück auf Paris-Reise
Paris (dapd). Die Debatte um internationale Steueroasen hat SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück auf seinem Besuch in Paris begleitet. Nach einem Treffen mit dem französischen Präsidenten François Hollande kritisierte Steinbrück am Freitag die Reaktion der Bundesregierung auf die „Offshore-Liste“ als „scheinheilig“. Gleichzeitig war sich der SPD-Politiker mit Hollande einig, dass international mehr gegen Steuerbetrug getan werden müsse. Den wirtschaftspolitischen Kurs von Hollande begrüßte Steinbrück als „richtige Akzentsetzung“. „Man muss ihm die Gelegenheit geben, in eine Umsetzungsphase zu kommen.“ „Die ersten Einlassungen der Bundesregierung entbehren wirklich nicht einer gewissen Scheinheiligkeit“, sagte der SPD-Politiker. Das gelte insbesondere für den Vorschlag, ein FBI gegen internationale Steuerhinterziehung einzuführen. „Es ist ja diese Bundesregierung gewesen, die die Steuerfahndungsbehörden in Deutschland eher ins Abseits gestellt hat.“ Mit Hollande einig über „sehr viel ehrgeizigere“ Maßnahmen Bei seinem Gespräch im Elysée-Palast habe er das Thema Steuerbetrug mit Hollande zu allererst erörtert. Der sozialistische Präsident ist unter Druck, nachdem sein früherer Haushaltsminister ein Schwarzgeldkonto mit 600.000 Euro in der Schweiz eingestand. Er sei mit dem Staatschef zu dem Ergebnis gekommen, „dass wir weitere, sehr viel ehrgeizigere Initiativen auf internationaler Ebene brauchen, um Steueroasen zu bekämpfen und Steuerbetrug.“ Als Beispiele nannte Steinbrück einen automatischen Informationsaustausch, den Verzicht auf Doppelbesteuerungsabkommen und eine erweiterte EU-Zinssteuerrichtlinie. Außerdem sollten Banken haftbar gemacht werden können, wenn sie Beihilfe zur Steuerhinterziehung leisten, was im Extremfall sogar zum Lizenzentzug führen könnte. Steinbrück fordert Zeit für Hollande Steinbrück verteidigte Hollande gegen die immer lauter werdende Kritik an dessen Kurs. „Ich glaube, dass man fairerweise dem Staatspräsidenten die Zeit einräumen muss, auf der Basis einer bemerkenswert klaren und ungefärbten Analyse der Schwächen und Defizite tätig zu werden.“ Der von dem Sozialisten vorgestellte „Werkzeugkasten“, zu dem ein Wettbewerbspakt und ein Dialog der Sozialpartner gehören, enthalte die „richtigen Akzentsetzungen“. Von Hollande sei der Hinweis gekommen, dass auch die Agenda 2010 von Altkanzler Gerhard Schröder erst nach Jahren die ersten Früchte getragen habe. Einig waren sich die beiden Politiker in ihrer Warnung vor einem zu harten Sparkurs für Europa. „Für Europa bleibt es dabei, dass durch eine Konzentration auf eine sehr rigide Konsolidierung viele Länder in einen Teufelskreis kommen und dass dieser Teufelskreis eher dazu führt, dass die Ökonomien geschwächt werden“, sagte Steinbrück. Hollande hatte vergangene Woche vor einer „Explosion“ Europas durch eine Austeritätspolitik gewarnt. Die beiden Politiker trafen sich auf dem Tiefpunkt ihrer Umfragewerte. Im ARD-Deutschlandtrend waren nur 32 Prozent der Deutschen mit Steinbrücks politischer Arbeit zufrieden. Hollandes Zustimmung liegt inzwischen unter 30 Prozent. Dennoch sei die Begegnung „keineswegs verzagt und auch nicht larmoyant“ gewesen, berichtete Steinbrück hinterher. Im Mai sieht er den französischen Staatschef schon wieder: als Redner bei der 150-Jahr-Feier der SPD in Leipzig. dapd (Politik/Politik)
Nebenkläger und Journalisten räumen Plätze im NSU-Prozess
Berlin (dapd-bay). Bewegung im Streit über die Sitzplatzvergabe beim NSU-Prozess in München: Mindestens 15 der insgesamt 71 Vertreter der Nebenklage kommen nicht zum Prozessauftakt, sagte die Ombudsfrau der Bundesregierung für Angehörige der Neonazi-Opfer, Barbara John, am Freitag auf dapd-Anfrage und bestätigte damit einen Bericht der „Stuttgarter Zeitung“. Dadurch stünden zum Prozessauftakt mehr Sitzplätze zur Verfügung als bisher angenommen. Zudem erklärte sich die bayerische Landtagspresse bereit, mit einer Solidaritätsaktion im Gerichtssaal Platz für türkische Kollegen zu schaffen. Die bayerischen Journalisten wollen einen sogenannten Pool bilden und gemeinsam von dem Prozess berichten. Dadurch sollten drei weitere Kollegen, die derzeit keinen festen Platz haben, nachrücken können. Das Überlassen der reservierten Plätze an türkische Kollegen funktioniere aber nur, wenn alle potenziellen Nachrücker auf der Warteliste den türkischen Pressevertretern freiwillig den Vortritt in den Gerichtssaal lassen, hieß es weiter. „Es funktioniert nur dann, wenn alle mitmachen.“ Die Aktion solle zunächst für die ersten drei Prozesstage gelten. Die 15 Sitzplätze der Nebenklagevertreter stünden zunächst nur zum Prozessauftakt zur Verfügung, erklärte Ombudsfrau John. Dies habe sie dem Gericht bereits mitgeteilt. Womöglich blieben sogar mehr als die bereits 15 Sitzplätze frei, sagte sie weiter. Vertreter der Nebenklage hätten vielfach signalisiert, dass sie nur zu den Prozesstagen anreisen wollten, an denen zu Vorgängen verhandelt werde, die sie direkt betreffen. Experten befürworten Videoübertragung Derweil reißt die Kritik an der Platzvergabe und der Haltung des Gerichts nicht ab. Das Oberlandesgericht hätte Plätze für türkische und griechische Medien reservieren müssen, schreibt der Dresdner Völkerrechtler Ulrich Fastenrath in einem Beitrag für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“. Union und SPD prüften derweil eine gesetzliche Klarstellung im Bundestag, um bei Gerichtsverfahren eine Videoübertragung zu ermöglichen, berichtet die „tageszeitung“. Auch der frühere Bundesverfassungsrichter Winfried Hassemer sprach sich für eine Videoübertragung des Verfahrens aus. Man könnte mit einer Übertragung in einen anderen Raum „den Gerichtssaal gewissermaßen akustisch vergrößern“, sagte er dem Bonner „General-Anzeiger“ (Samstagausgabe). Das sei möglich, ohne die Grundprinzipien eines öffentlichen Strafverfahrens zu verletzen. Dabei wären eine Hörfunkübertragung wie beim Bundesverfassungsgericht aber auch eine Videoübertragung möglich. Allerdings äußerte Hassemer auch Verständnis für die Sorge des Gerichts vor einem Verfahrensfehler. Ein kompletter Neustart des Akkreditierungsverfahrens wäre jedoch ein Weg aus dem Streit. Verlegung auf Messegelände vorgeschlagen Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) kritisierte indirekt das Gericht für das Vergabeverfahren. Er achte zwar die Unabhängigkeit der Justiz, doch würde er sich „sehr freuen, wenn sich bis zum Beginn des Prozesses noch neue Lösungen finden ließen“, sagte er der „Bild“-Zeitung. Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, rief das Münchner Gericht zum Einlenken auf. „Der Skandal wird immer größer“, sagte er der „Passauer Neuen Presse“. Offenbar sei man sich noch immer nicht über die Bedeutung dieses Verfahrens im Klaren. Schließlich handle es sich um einen „Jahrhundertprozess“. Nordrhein-Westfalens Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) brachte eine komplette örtliche Verlegung ins Gespräch: „Wenn man den Prozess zum Beispiel in die Messehallen verlegen würde, wäre die Grundlage für das bisherige Zulassungsverfahren entfallen und man könnte von vorne anfangen“, sagte er der in Düsseldorf erscheinenden „Rheinischen Post“. Ein Sprecher der Münchener Messe dämpfte die Erfolgsaussicht des Vorhabens. In der Woche des Prozessauftakts sei das Messegelände bis auf den letzten Quadratmeter ausgebucht. Auch in den Folgewochen sei das Programm eng gestrickt. Vor dem Oberlandesgericht München muss sich ab 17. April die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe verantworten. Daneben angeklagt sind vier mutmaßliche Helfer der Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU). Dem NSU werden Morde an neun Kleinunternehmern mit ausländischen Wurzeln und einer Polizistin angelastet. Für den Prozess wurden nur 50 Journalisten mit festen Plätzen zugelassen, darunter sind keine türkischen Medien. dapd (Politik/Politik)