Berlin (dapd). Vor dem mit Spannung erwarteten Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum europäischen Fiskalpakt und zum Rettungsschirm ESM gibt sich die Bundesregierung demonstrativ gelassen. Man sei weiter der Überzeugung, dass der ESM verfassungsgemäß sei, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Auch Unions-Haushälter Norbert Barthle (CDU) ist vor der Entscheidung „sehr zuversichtlich“. Für Unruhe sorgte der CSU-Abgeordnete Peter Gauweiler, der den Karlsruher Zeitplan mit einem neuen Eilantrag kippen will. Das Gericht will am Mittwoch das Urteil über die gegen ESM und Fiskalpakt gerichteten Eilanträge verkünden. Es liegen unter anderem Klagen der Linksfraktion und einer Professorengruppe vor. Zudem klagen Gauweiler und der Verein Mehr Demokratie. Etwa 37.000 Bürger haben sich der Verfassungsbeschwerde des Vereins angeschlossen. Die Kläger wollen mit den Eilanträgen erreichen, dass die deutschen Gesetze zur Beteiligung an ESM und Fiskalpakt nicht in Kraft treten, bis das Gericht die Entscheidung in der Hauptsache fällt. Sie sind der Meinung, die europäischen Projekte verletzten das Hoheitsrecht des Bundestags, allein über die Ausgaben des Bundes zu entscheiden. Seibert sagte in Berlin, die Regierung sei überzeugt, dass der ESM verfassungsgemäß ist. Diese Haltung habe sich nicht verändert. Unions-Haushälter Barthle erklärte im TV-Sender Phoenix, ein Urteil gegen den ESM wäre „widersprüchlich“. Da die Einführung des Eurosystems verfassungsgemäß gewesen sei, wäre es widersinnig, wenn nun Maßnahmen zur Stabilisierung des Euro als verfassungswidrig angesehen würden. Ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags kommt allerdings zu dem Schluss, dass der ESM das Haushaltsrecht des Parlaments verletzen könnte. Eine womöglich „unmittelbare und potenziell unbestimmte Haftung“ für die Schulden anderer Staaten verletze den Bundestag in seinem Budgetrecht“, zitierte die „Neue Osnabrücker Zeitung“ aus dem Papier. Der Linke-Vorsitzende Bernd Riexinger bekräftigte in Berlin die Auffassung seiner Partei, dass ESM und Fiskalpakt verfassungswidrig seien. Er hoffe „zumindest auf einen Teilerfolg“ am Mittwoch. Doch CSU-Mann Gauweiler will erreichen, dass am Mittwoch keine Entscheidung fällt. Er reichte am Freitag einen Eilantrag ein, um die Pläne der Europäischen Zentralbank (EZB) zum Ankauf von Staatsanleihen der Euro-Krisenländer zu kippen. Ohne Rücknahme dieses Plans dürfe der ESM nicht in Kraft treten. Am Montag diskutierte der zuständige Gerichtssenat den neuen Gauweiler-Antrag, am Dienstag soll über den Umgang damit entschieden werden. Barthle gab Gauweiler keine Chance. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass dieser Eilantrag von Herrn Gauweiler Aussicht auf Erfolg hat.“ Seibert wollte die Klage nicht kommentieren. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) erinnerte daran, dass die unabhängige EZB mögliche Anleihekäufe davon abhängig gemacht hat, dass sich die Krisenländer Hilfsprogrammen des ESM mit entsprechenden Auflagen unterwerfen. Über diese Programme entscheide der Bundestag, „das heißt, ohne die Beteiligung des Bundestages kommt es nach der Ankündigung des EZB-Präsidenten auch nicht zum Ankauf von Staatsanleihen“, betonte Lammert. Vorsichtige Unterstützung für Gauweilers Eilantrag kam von der SPD. Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann, sagte im ARD-„Morgenmagazin“: „Herr Gauweiler trifft schon einen wunden Punkt“. Über die Anleihekäufe der EZB gebe es „keine demokratische Entscheidung“, monierte Oppermann. Auch CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt unterstützte seinen Parteikollegen. „Ich habe große Sympathie dafür“, sagte er der „Augsburger Allgemeinen“ zu Gauweilers neuer Initiative. (Informationen des Bundesfinanzministeriums zum ESM und zum Fiskalpakt: http://url.dapd.de/r3KdxA ; http://url.dapd.de/GauIZN ) dapd (Politik/Politik)
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Ökonomen messen Karlsruher Urteil wenig Bedeutung zu
Berlin (dapd). Wirtschaftswissenschaftler messen der Karlsruher Entscheidung über den Euro-Rettungsschirm ESM nach dem Beschluss der Europäischen Zentralbank (EZB) zu Anleihekäufen nur noch geringe Bedeutung bei. „Mittlerweile haben wir die unbegrenzte Haftung über die EZB. Das schmälert die Bedeutung der kommenden Entscheidung“, sagte der Konjunkturchef des Münchner Ifo-Instituts, Kai Carstensen, „Handelsblatt Online“ laut einer Meldung vom Montag. Auch nach Meinung des Direktors des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Gustav Horn, verliert das Urteil des Bundesverfassungsgerichts „spürbar an Dramatik“. Mit der unbegrenzten Aktionsfähigkeit der EZB im Rücken sei es „einfach nicht mehr so wichtig, wie stark beschränkt die Ressourcen des ESM sind“, sagte Horn. Auch könnten die Entscheidungsprozesse nunmehr „wesentlich langsamer und damit bedachter“ erfolgen. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Rund 700 Teilnehmer bei Kundgebung gegen Euro-Rettungsschirm
Karlsruhe (dapd). Mehrere hundert Menschen haben in Karlsruhe gegen die geplante Einrichtung des dauerhaften Euro-Rettungsschirms (ESM) protestiert. Zu der Kundgebung am Samstag auf dem Marktplatz hatten unter anderem das „Aktionsbündnis Direkte Demokratie“ und die Freien Wähler aufgerufen. Das Motto lautete: „Gegen ESM – Für die Verteidigung des Grundgesetzes“. Laut Polizei waren rund 700 Menschen da. Das Aktionsbündnis kritisierte, der Bundestag habe am 29. Juni mit seiner Zustimmung zum ESM „sein Haushaltsrecht auf eine demokratisch nicht legitimierte, von jeder Kontrolle freigestellte, quasi-diktatorisch regierende Einrichtung, den ESM-Gouverneursrat“ übertragen. Zugleich würden die Deutschen darauf vorbereitet, dass sie die Schulden aller anderen Euro-Staaten zu übernehmen hätten. Dieser Weg führe „in den wirtschaftlichen Ruin“, kritisierten die Veranstalter. Sie riefen das Bundesverfassungsgericht auf, „dem ESM eine klare Absage zu erteilen“. Das Gericht entscheidet am Mittwoch über mehrere Eilanträge gegen das deutsche Zustimmungsgesetz zum ESM. dapd (Politik/Politik)
Gauweiler will mit Eilantrag Karlsruher ESM-Entscheidung aufhalten
München/Berlin (dapd). Der CSU-Bundestagsabgeordnete Peter Gauweiler schießt mit einem neuen Eilantrag beim Bundesverfassungsgericht gegen die Pläne der Europäischen Zentralbank (EZB) zum Ankauf von Staatsanleihen der Euro-Krisenländer. Gauweiler erklärte am Sonntag in München, „ohne Rücknahme der undemokratischen Selbstermächtigung der Europäischen Zentralbank“ dürfe der dauerhafte Rettungsschirm ESM nicht in Kraft treten. Dem Bundespräsidenten solle es so lange untersagt werden, den Vertrag zu unterschreiben. Sollte das Bundesverfassungsgericht nicht mehr bis Mittwoch über den Eilantrag entscheiden können, verlangt Gauweiler, dass das für diesen Tag angekündigte Urteil zu früheren Eilanträgen gegen den ESM und den Fiskalpakt verschoben wird und eine neue mündliche Verhandlung angesetzt wird. Mit dem Schritt der EZB sei eine völlig neue Situation für die Beurteilung des ESM entstanden. Das Gesamtrisiko für den Bundeshaushalt sei völlig unkalkulierbar geworden, argumentiert Gauweiler, der schon mehrfach als Kläger gegen Eurorettungsmaßnahmen aufgetreten ist. dapd (Politik/Politik)
Koalitionspolitiker hoffen auf ein Ja zum ESM aus Karlsruhe
Berlin (dapd). Finanzpolitiker der schwarz-gelben Koalition werben für eine Ablehnung der Klagen gegen den europäischen Rettungsschirm ESM durch das Bundesverfassungsgericht. „Würde der ESM verhindert, wäre die Gefahr groß, dass die EZB auf Dauer Anleihen kauft“, sagte der FDP-Finanzpolitiker Hermann Otto Solms der Zeitung „Welt am Sonntag“ laut Vorabbericht. Könne der ESM hingegen seine Arbeit aufnehmen, habe die Europäische Zentralbank keinen Anlass mehr für die angekündigten Anleihekäufe. „Die Argumentation der EZB lautet ja, dass sie sich engagieren müsse, weil die politischen Maßnahmen nicht ausreichten“, sagte Solms. Unionsbundestagsfraktionsvize Michael Meister (CDU) wünscht sich ebenfalls ein Ja aus Karlsruhe. „Die Märkte haben den ESM bereits eingepreist“, sagte er dem Blatt. „Falls das Gericht den ESM für verfassungswidrig halten sollte, drohen Turbulenzen an den Finanzmärkten.“ Allerdings sei auch ein vom Verfassungsgericht verordneter Stopp für den ESM zu verkraften. „Dann haben wir immer noch den vorläufigen Rettungsschirm EFSF und dort sind noch 100 bis 200 Milliarden Euro übrig“, sagte er. „Der Euro wird deshalb so oder so am kommenden Mittwoch nicht untergehen.“ dapd (Politik/Politik)
ESM-Prozess: Befangenheitsantrag gegen Karlsruher Verfassungsrichter
Berlin (dapd). Wenige Tage vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über das Gesetz zum Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) wird das Verfahren durch einen Befangenheitsantrag belastet. Wie die Zeitung „Die Welt“ berichtet, richtet sich der Eilantrag einer Privatklägerin aus Wuppertal ausgerechnet gegen den Berichterstatter im ESM-Verfahren, Peter M. Huber. Begründet wird er mit Hubers früherer Tätigkeit im Kuratorium des Vereins Mehr direkte Demokratie. Über die Klage des Vereins gegen den ESM soll am 12. September vom Zweiten Senat entschieden werden. Zudem soll die Klage inhaltlich durch Äußerungen des Verfassungsrichters inspiriert worden sein. Erst am 12. Mai hat Huber dem Verein laut Zeitung schriftlich sein Ausscheiden aus dem Kuratorium mitgeteilt. Zu diesem Zeitpunkt lief bereits die Vereinskampagne zur Klage beim Verfassungsgericht. dapd (Politik/Politik)
Trittin erwartet Zustimmung des Verfassungsgerichts zu ESM
Hamburg (dapd). Der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Jürgen Trittin, ist zuversichtlich, dass das Bundesverfassungsgericht kommende Woche den Weg für den Euro-Rettungsfonds ESM freimachen wird. Er sei nach der bisherigen Rechtsprechung des Gerichts überzeugt, dass der ESM nach dem Richterspruch endlich seine Arbeit aufnehmen werde, sagte Trittin dem „Hamburger Abendblatt“. Trittin begründete seine Zuversicht damit, dass sich das Bundesverfassungsgericht im Kern bislang nie gegen weitere europäische Integrationsschritte gestellt habe. „Karlsruhe geht es darum, bei weiteren europäischen Integrationsschritten die demokratische Kontrolle zu bewahren“, sagte der Grünen-Politiker. Die Richter entscheiden am 12. September über Eilanträge gegen den ESM und den Fiskalpakt. dapd (Politik/Politik)
Merkel würdigt Roms Reformbemühungen
Berlin (dapd). Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat Italien in der Euro-Schuldenkrise den Rücken gestärkt. Sie sei auch ganz persönlich überzeugt, dass die italienischen Reformbemühungen „Früchte tragen werden, und dass sie auch die europäische Wettbewerbsfähigkeit insgesamt verbessern“, sagte Merkel am Mittwoch nach einem Treffen mit dem italienischen Ministerpräsidenten Mario Monti in Berlin. Der frühere EU-Kommissar und Wirtschaftsfachmann Monti hatte im November vergangenen Jahres die Regierungsgeschäfte in Italien übernommen. Über einen möglichen Hilfsantrag Italiens beim Europäischen Rettungsschirm sei nicht gesprochen worden, sagte Merkel weiter. Sie „vertraue vollkommen darauf“, dass die italienische Regierung alle Entscheidungen, die Italien betreffen, „aus eigener Kraft trifft“. Eine Banklizenz für den Europäischen Rettungsschirm ESM lehnte Merkel erneut deutlich ab. Es sei ihre tiefe Überzeugung, „dass eine Bankenlizenz für den ESM mit den europäischen Verträgen nicht vereinbar ist“. Monti erklärte dagegen, er halte nichts von einer „Dramatisierung“ einer Bankenlizenz des ESM. Auf lange Sicht könnten Verträge auch verändert werden. Italien habe wie andere Krisenländer des Euro-Raumes in den vergangenen Monaten „große Fortschritte“ gemacht, sagte er. Doch gebe es auf der anderen Seite auch „eine gemeinsame Verantwortung der Euro-Zone“. Merkel sprach sich weiter für eine rasche Arbeitsfähigkeit des ESM aus. „Wir haben eine ambitionierte Agenda in den nächsten Wochen. Aber wir haben auch die notwendigen Mittel, um die Euro-Zone zu stabilisieren und dazu gehört natürlich auch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts am 12. September“, sagte sie mit Blick auf die mit Spannung erwartete Entscheidung aus Karlsruhe über die Eilanträge gegen den ESM und den europäischen Fiskalpakt. Der ESM sei „von allergrößter Bedeutung“ zur Stabilisierung der Euro-Zone, fügte Merkel hinzu. dapd (Politik/Politik)
Heftige Debatte um ESM ohne Limit
Berlin (dapd). Die heftige Debatte um eine mögliche Ausstattung des dauerhaften Euro-Rettungsschirms ESM mit einer Banklizenz geht in Deutschland unvermindert weiter. Der finanzpolitische Sprecher der Grünen, Gerhard Schick, kritisierte die ablehnende Haltung der Bundesregierung, den ESM mit einer Banklizenz auszustatten. „Ablehnen allein bringt ja noch keine Antwort auf die Frage, was zu tun ist, wenn Spanien seine Kredite nicht bedienen kann, also zahlungsunfähig wäre“, sagte Schick der „Saarbrücker Zeitung“. Dass der ESM den Staaten Geld leihe und sich selbst das Geld über die Europäische Zentralbank hole, hätte gegenüber einer direkten EZB-Intervention zwei Vorteile, erläuterte der Grünen-Politiker. Erstens sei es billiger, weil nicht noch Investoren am Kapitalmarkt die Hand aufhielten. Die höheren Zinsen könne man also sparen. Und zweitens würde das Risiko – anders als beim Aufkauf von Staatsanleihen – nicht bei der EZB landen. Über den ESM ließen sich obendrein Bedingungen stellen. „Zum Beispiel könnte man Spanien dazu drängen, seine Vermögenden endlich richtig zu besteuern, bevor auf Hilfen von außen gesetzt wird“, sagte Schick. Die EZB hingegen könne keine Bedingungen stellen, wenn sie durch Nichtstun der Euro-Staaten dazu gezwungen werde, erneut Anleihen von Krisenländern aufzukaufen, „um das Schlimmste zu verhindern“. Unionsfraktionsvize Michael Meister sprach sich strikt gegen eine Banklizenz für den ESM aus. „Eine Banklizenz für den ESM hieße, dass die Zentralbank die Staatsfinanzierung übernimmt. Das wollen wir nicht und das werden wir nicht zulassen“, sagte Meister der „Rheinischen Post“. „Die Banklizenz würde dauerhaft den Reformdruck von den Staaten nehmen.“ Nach Auffassung von Fachleuten könnte der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) dem ESM theoretisch auch gegen den Willen des Bundestags den Status einer Bank geben, indem der EZB-Rat Kreditsicherheiten des ESM akzeptieren würde. Michael Hüther, Wirtschaftsforscher und Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft, sagte der „Passauer Neuen Presse“, dass eine Banklizenz für den dauerhaften Rettungsmechanismus „der Dammbruch“ wäre. „Wir hätten den verfügbaren Rettungsrahmen von einem Moment auf den anderen nicht mehr im Griff. Wenn sich der ESM bei der Europäischen Zentralbank refinanzieren könnte, hätten wir keinen Deckel mehr.“ Das würde mit einem Kontrollverlust einhergehen. Es gäbe keine roten Linien mehr. Der Vorsitzende des Haushaltskontrollausschusses im Europaparlament, Michael Theurer (FDP), hat zur Lösung der europäischen Schuldenkrise einen Schuldentilgungspakt vorgeschlagen. Dem „Hamburger Abendblatt“ sagte Theurer, es müsse eine Lösung für die Verlängerung bestehender Altschulden für Staaten wie Spanien und Italien gefunden werden, „ohne dass Deutschland in unbegrenzte Haftungsrisiken hineingezogen wird“. Die einzige ernst zu nehmende Alternative sei ein Schuldentilgungspakt, sagte der Vize-Vorsitzende der FDP im EU-Parlament. Dieser bestehe aus einem mit Währungsreserven abgesicherten Altschuldentilgungsfonds verbunden mit einer Insolvenzordnung für Staaten, so Theurers Vorschlag. „Es tritt nun ein, wovor die Europa-Experten immer gewarnt haben“, kritisierte Theurer die Diskussion um die unbegrenzte Ausweitung des Euro-Rettungsschirms ESM. Das sei der Versuch, die strengen ESM-Regeln aufzubrechen. Es bestehe die große Gefahr, dass am Ende durch die Hintertür komme, „was wir definitiv nicht wollen: unkoordinierte Eurobonds“. dapd (Politik/Politik)
Berlin gegen Banklizenz für ESM
Berlin (dapd). Die Bundesregierung lehnt den Vorschlag einer Banklizenz für den Rettungsschirm ESM zur Bekämpfung der Eurokrise ab. Mehrere Staaten wollen laut „Süddeutscher Zeitung“ dem ESM unbegrenzten Zugriff auf Kredite der Europäischen Zentralbank (EZB) ermöglichen, doch die Bundesregierung ist dagegen. Koalitionspolitiker warnen, der Schritt könnte dramatische Folgen haben. Auch Bankenvertreter sind wenig begeistert. Linke und Grüne hingegen finden den Vorschlag durchaus sinnvoll. Laut dem Zeitungsbericht soll dem ESM ermöglicht werden, bei der EZB unbegrenzt Kredite aufzunehmen. Dies wollten wichtige Eurostaaten wie Frankreich und Italien sowie führende Mitglieder des EZB-Rats. Der Rettungsschirm würde demnach Staatsanleihen angeschlagener Länder kaufen, die Papiere bei der EZB als Sicherheiten hinterlegen und sich von ihr frisches Geld besorgen. Dieses würde erneut in Hilfe für die Krisenstaaten fließen. Die Befürworter der Idee hofften, dass schon allein die Vergabe einer solchen Banklizenz an den ESM die Finanzmärkte beruhigen würden, schreibt die Zeitung. Das Bundesfinanzministerium lehnte das Ansinnen umgehend ab. Der ESM verfüge über keine Banklizenz „und wir sehen keine Notwendigkeit dafür“, sagte ein Sprecher am Dienstag auf dapd-Anfrage. „Wir führen auch keine Gespräche zu dem Thema.“ Der haushaltspolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Norbert Barthle (CDU), sagte, der ESM dürfe nicht die Bad Bank der EZB werden. Es mache auch keinen Sinn, „täglich über Ideen zur Lösung der Eurokrise zu spekulieren“, sagte er dem „Tagesspiegel“. FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle bezeichnete die Banklizenz in der Zeitung „Die Welt“ als „eine Inflationsmaschine und eine Vermögensvernichtungswaffe“. Linksfraktionsvize Sahra Wagenknecht befürwortete eine Banklizenz nur in Verbindung mit weiteren Schritten. Nötig seien auch „ein Schuldenschnitt, die Beendigung der Kürzungspolitik und ein Schrumpfen der Finanzbranche“. Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Jürgen Trittin dagegen zeigte sich überzeugt, dass nur mit einer Banklizenz für den ESM oder einem gemeinsamen europäischen Schuldentilgungsfonds das Vertrauen der Finanzmärkte in den Euro zurückgewonnen werden kann. Schwarz-Gelb verweigere sich beidem und spiele mit dem Zerbrechen der Eurozone. Bankenvertreter zeigten sich skeptisch. Nach Ansicht des Präsidenten des Sparkassenverbands, Georg Fahrenschon, würde eine Banklizenz für den ESM „das Verbot zur Staatsfinanzierung bei der EZB unterlaufen“ und das deutsche Haftungsrisiko übermäßig erweitern. Auch der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Öffentlicher Banken Deutschlands, Hans Reckers, lehnte das Ansinnen ab. „Dieses Vorhaben würde eine weitere unbegrenzte Vergemeinschaftung von Staatsschulden durch die Hintertür ermöglichen.“ Für Wirbel sorgt auch ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags. Es besagt laut den Zeitungen der WAZ-Mediengruppe, dass der ESM auch von Deutschland weitere Milliardensummen abrufen kann, ohne dass dagegen eine Veto-Möglichkeit von deutscher Seite besteht. Linke-Chef Bernd Riexinger sagte den Zeitungen dazu: „Die Behauptung, dass Geld nur mit Zustimmung des Bundestags fließt, ist eine Lüge.“ Eine Sprecherin des Bundesfinanzministeriums sagte dapd, es gehe um „den unwahrscheinlichen Fall, dass beim ESM Verluste entstehen und diese zu einer Verminderung des eingezahlten Stammkapitals führen würden“. Dann könne das Direktorium „genehmigtes, nicht eingezahltes Kapital“ abrufen, um Handlungsfähigkeit und Bonität des ESM zu sichern. Die maximale Haftung Deutschlands bleibe unverändert, betonte die Sprecherin. Der Bundestag sei über alle Bestimmungen des ESM-Vertrags informiert worden und habe diesem zugestimmt. dapd (Politik/Politik)