Berlin (dapd). Die FDP-Spitze hält nach dem Erfolg der Liberalen bei der Niedersachsenwahl am umstrittenen Parteivorsitzenden Philipp Rösler fest. Der bislang als mögliche Alternative gehandelte FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle soll jedoch der „Spitzenmann“ für den Bundestagswahlkampf sein. Diese Teamlösung beschloss der FDP-Vorstand am Montag einstimmig in Berlin. Voraussichtlich Anfang März soll dies auf einem vorgezogenen FDP-Parteitag offiziell bestätigt werden. Brüderle zeigte sich zufrieden und bestritt, dass er selbst FDP-Chef werden wollte. Ihm sei es nur darum gegangen, dass die Führungsfrage schnell geklärt werde – genau das werde nun geschehen. Zugleich versicherte er, es gebe eine „gegenseitige Vertrauensbasis“ zwischen ihm und Rösler. Auch die Arbeitsteilung sei klar: „Kapitän ist der Parteivorsitzende, Sturmspitze ist der Spitzenmann.“ Rösler hofft auf stärkere Wählerbindung Rösler will nach eigenen Worten mit der Doppelspitze mehr Wähler erreichen, als es bislang der Fall ist. „Das Ziel ist, dass der Kuchen größer wird für die FDP“, sagte er. Gegenwärtig liegt die FDP auf Bundesebene bei vier bis fünf Prozent Wählerzuspruch. Daher wird befürchtet, dass eine Fortsetzung der schwarz-gelben Koalition im Herbst an der Schwäche der Liberalen scheitern könnte. Vor diesem Hintergrund war in den vergangenen Wochen über eine Ablösung von Rösler an der Parteispitze spekuliert worden. Am Montag bot Rösler offiziell Brüderle auch den Parteivorsitz an, wenn dieser das Amt übernehmen wolle. Brüderle lehnte ab und betonte, er habe genug als Fraktionsvorsitzender zu tun: „Es war nicht meine Absicht, Parteivorsitzender zu werden“, versicherte er. Rösler sagte, er habe den Personalvorschlag zur Doppelspitze gemeinsam mit Brüderle in einem Vier-Augen-Gespräch erarbeitet. Ziel sei es gewesen, die FDP optimal aufzustellen. Brüderle solle das „Gesicht“ der Liberalen im Wahlkampf sein. Zu möglichen Querelen wollte er sich nicht äußern. Entscheidend werde das Ergebnis am Wahltag im September sein. Vorgezogener FDP-Parteitag Anfang März Einstimmig beschloss das Parteipräsidium ferner, den für Mai geplanten Bundesparteitag vorzuziehen. Er soll nach Angaben von Rösler am zweiten Märzwochenende 9./10.3. stattfinden. Für einen ordentlichen Parteitag, auf dem auch die neue Führungsspitze gewählt werden kann, gebe es Fristen. In der FDP-Spitze war zunächst auch von Ende Februar ausgegangen worden. Für die stellvertretende FDP-Vorsitzende Birgit Homburger kann nur ein vorgezogener Parteitag für Ruhe bei den Liberalen sorgen. „Die Selbstbeschäftigung der Partei muss ein Ende haben“, forderte sie. Alle sollten endlich akzeptieren, dass Rösler durch das Ergebnis der niedersächsischen Landtagswahl im Parteivorsitz gestärkt worden sei. Die FDP hatte am Sonntag mit 9,9 Prozent ein historisches Spitzenergebnis in Niedersachsen erzielt. Niebel im Abseits Ins Visier gerät nun Entwicklungsminister Dirk Niebel, der bereits auf dem traditionellen Dreikönigstreffen der FDP in Stuttgart zu Monatsbeginn die Führungsqualitäten Röslers infrage gestellt hatte. Am Montag sprach er von einem „ganz tollen Sieg, den das Team in Niedersachsen erzielt“ habe. Der Name Rösler fiel nicht. Tief enttäuscht von Niebel sind die Jungliberalen. Für Niedersachsen könne „zumindest eine Demobilisierung durch die Rede von Dirk Niebel nicht ausgeschlossen werden“, sagte der Chef der Jungliberalen, Lasse Becker, auf Phoenix. Schon 0,5 Prozent mehr FDP-Wähler hätten für Schwarz-Gelb reichen können. „Dass das etwas ist, das eventuell die Regierungsbeteiligung gekostet haben könnte, tut mir weh.“ Der Nachrichtenagentur dapd sagte er: „Wer auf das eigene Tor spielt, der gehört nicht zur Mannschaft.“ dapd (Politik/Politik)
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FDP-Führungskrise: Am Ende sind alle noch da
Berlin (dapd). Zum Schluss gibt es wohl zwei Verlierer: FDP-Chef Philipp Rösler überlässt Rainer Brüderle die Spitzenkandidatur zur Bundestagswahl und der FDP-Fraktionschef ergreift dafür nicht den von Rösler angebotenen Parteivorsitz. Offiziell nennen das die Liberalen eine „Teamlösung“, die den seit Monaten schwelenden Führungsstreit beilegen und zumindest bis zur Bundestagswahl im Herbst tragen soll. Was sich am Montag in der Berliner Parteizentrale abspielt, gleicht einem Krimi. Zunächst schlägt Rösler dem Parteipräsidium vor, den für Mai geplanten Bundesparteitag der Liberalen vorzuziehen. Das wird einstimmig angenommen. Zu tief sitzt bei den Liberalen die Furcht, die offene Führungsfrage könne noch auf Monate die Partei lähmen. Dann macht Rösler den wohl geschicktesten Schachzug seines knapp zweijährigen Parteivorsitzes. Er bietet Brüderle an, „Spitzenmann“ im Wahlkampfteam zu werden – und verbindet das mit der Möglichkeit, auch nach dem Chefsessel der Liberalen zu greifen. Seit Längerem wurde Brüderle bereits nachgesagt, dieses Amt übernehmen zu wollen. Punktsieg für Rösler Die Rechnung ist einfach: Unter Röslers Führung haben die seit Monaten im Umfragetief dümpelnden Liberalen zumindest jetzt in Niedersachsen das historisch beste FDP-Ergebnis erreicht. Für einen Rücktritt, wie er vor der Wahl im Falle einer Niederlage gefordert worden war, ist bei fast zehn Prozent kein Platz. Also kommt das Angebot zum Rückzug. Falls, ja falls… Es ist eine vergiftete Offerte. Das weiß auch Brüderle. Denn sollte er zugreifen, gilt der FDP-Fraktionschef als Putschist. Und verprellt die nach wie vor existierende Pro-Rösler-Mannschaft in der Partei. Das könnte eine neue Zerreissprobe für die ohnehin in Umfragen nicht verwöhnte FDP bedeuten. In einem Vier-Augen-Gespräch lehnt er dann dankend ab. Nur: Mit seinem Verzicht schwächt sich Brüderle auch selbst. Denn viele Unzufriedene in der FDP werden es dem 67-Jährigen nicht vergessen, dass er die Chance zum Führungswechsel einfach verstreichen ließ. Und dass er Entwicklungsminister Dirk Niebel damit ins offene Messer laufen lässt. Denn an Niebel wird es hängen bleiben, dass er die Reihen der Rösler-Kritiker anführte. So wird beim kommenden Bundesparteitag sein Stuhl in der Parteiführung heftig wackeln. „Es sind alle noch da“ Aber hatte die FDP überhaupt eine andere Wahl, fragen sich viele Liberale am Montag. Brüderle wäre zum Parteivorsitz bereit gewesen, wenn er gerufen worden wäre. Doch dieser Ruf blieb nach dem fulminanten Wahlergebnis von Niedersachsen aus. Also sei im bloßübrig geblieben, in Deckung zu bleiben, hieß es. Ohnehin wäre er voraussichtlich nur ein Übergangskandidat gewesen, bis die junge Garde der 30-Jährigen „erwachsen geworden“ ist, wie ein Spitzenliberaler mutmaßt. So viel die FDP auch bemüht ist, die Einigung als mehr oder minder harmonisch hinzustellen, so viel trifft offensichtlich auch das oft überstrapazierte Wort „alternativlos“ in diesem Führungsstreit zu. Denn wenn Rösler im Parteiamt bleibt, bleibt er auch Wirtschaftsminister und damit Vizekanzler. Tabula Rasa bei der FDP? Ausgefallen. Einzig Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kann sich da uneingeschränkt freuen, hat sich doch ihr Koalitionspartner im Bund nicht selbst zerlegt. Man werde weiter vertrauensvoll zusammenarbeiten, verspricht sie in Berlin und fügt mit Blick auf die ausgefallene Personalrochade hinzu: „Es sind ja alle noch da!“ dapd (Politik/Politik)
Einigung auf liberal: Rösler und Brüderle bilden FDP-Wahlkampfteam
Berlin (dapd). Der monatelange Machtkampf an der Spitze der FDP ist offenbar beendet: Parteichef Philipp Rösler behält nach der überraschend erfolgreichen Niedersachsenwahl sein Amt, doch wird FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle die Liberalen in den Wahlkampf führen. Darauf verständigten sich am Montag die beiden Spitzenliberalen, wie aus Parteikreisen verlautete. Auf einem möglicherweise auf März vorgezogenen Bundesparteitag soll diese Einigung offiziell bestätigt werden. Der Vorschlag zum Spitzenteam war von Rösler gekommen. Er war wegen anhaltend schlechter Umfragewerte auf Bundesebene in den vergangenen Wochen immer stärker unter Druck geraten. Am Montag nun bot er an, Brüderle das Amt zu übergeben, wenn dieser auch Parteivorsitzender werden wolle. Dieser lehnte offenbar ab. Nun sollen beide im Team antreten. Parteitag schon im März Einstimmig beschloss das Parteipräsidium zudem, den für Mai geplanten Bundesparteitag vorzuziehen. Ein Termin steht noch nicht fest, doch ist dafür der März im Gespräch. Dabei soll auch die Führungsspitze und damit auch Rösler als Parteichef neu gewählt werden. Für die stellvertretende FDP-Vorsitzende Birgit Homburger kann nur ein vorgezogener Parteitag für Ruhe bei den Liberalen sorgen. „Die Selbstbeschäftigung der Partei muss ein Ende haben“, forderte sie. Alle sollten endlich akzeptieren, dass Rösler durch das Ergebnis der niedersächsischen Landtagswahl im Parteivorsitz gestärkt worden sei. Die FDP hatte am Sonntag mit 9,9 Prozent ein historisches Spitzenergebnis in Niedersachsen erzielt. Niebel im Abseits Entwicklungsminister Dirk Niebel ist nicht begeistert. Bereits auf dem traditionellen Dreikönigstreffen der FDP in Stuttgart hatte er zu Monatsbeginn die Führungsqualitäten Röslers infrage gestellt. Am Montag nun sprach er von einem „ganz tollen Sieg, den das Team in Niedersachsen erzielt“ habe. Der Name Rösler fiel nicht. Tief enttäuscht von Niebel sind die Jungliberalen. Für Niedersachsen könne „zumindest eine Demobilisierung durch die Rede von Dirk Niebel nicht ausgeschlossen werden“, sagte der Chef der Jungliberalen, Lasse Becker, auf Phoenix. Schon 0,5 Prozent mehr FDP-Wähler hätten für Schwarz-Gelb reichen können. „Dass das etwas ist, das eventuell die Regierungsbeteiligung gekostet haben könnte, tut mir weh.“ Der Nachrichtenagentur dapd sagte er: „Wer auf das eigene Tor spielt, der gehört nicht zur Mannschaft.“ dapd (Politik/Politik)
Feiern, Feiern, Feiern
Hannover (dapd). Stephan Weil gilt als nüchterner Mensch, doch als der 54-Jährige am Sonntag gegen 23.30 Uhr die Bühne der SPD-Wahlparty im Alten Rathaus in Hannover entert, ist es mit seiner Zurückhaltung vorbei. Vor seinen lautstark feiernden Anhängern setzt der bekennende Fußballfan von Hannover 96 zur La-Ola-Welle an. Viermal lässt er die Arme tanzen. Viermal folgt die Anhängerschaft mit hochgerissenen Armen. „Ich freue mich auf fünf Jahre mit Rot-Grün“, sagt er unter Jubel. Auf der Zielgeraden hat er es doch noch geschafft und dem CDU-Spitzenmann David McAllister den Posten des Ministerpräsidenten abgejagt. Weil sichtlich gelöst Der Jurist ist sichtlich gelöst. „Ab jetzt machen wir nur noch eines: feiern, feiern, feiern“, gibt er seinen Anhängern vor. Und die lassen sich nicht lange bitten. Klatschend und hüpfend singen sie: „Oh, wie ist das schön“, „So sehn Sieger aus!“ oder „Wir fahren nach Berlin“. Der Fraktionsvorsitzende Stefan Schostok versucht die Menge zu zähmen – erfolglos. Die Jubel- und Feierszenen sind der Höhepunkt eines Abends, an dem die Genossen ein Wechselbad der Gefühle durchlebt haben. SPD und Grüne hatten zunächst wie der knappe Verlierer des Abends ausgesehen – dank der überraschenden Wiederauferstehung der FDP, die fast zehn Prozent der Stimmen holte. Vor allem die Liberalen waren deshalb lange Zeit die Buhmänner des Abends – galt ihr gutes Abschneiden doch als Grund dafür, dass es für eine rot-grüne Mehrheit möglicherweise nicht reicht. Kurz vor Mitternacht dann die Erlösung, als das vorläufige amtliche Endergebnis verkündet wird: Wie Fußballspieler, die in der letzten Minute das Siegtor erzielt haben, liegen sich die Genossen in den Armen. „Wahnsinn“ und „Geil“ sind Worte, die in diesem Moment Hochkonjunktur haben. Die SPD fährt einen Triumph ein, der zwar äußerst knapp ausfällt, aber gerade deshalb umso süßer schmeckt. „Es ist unglaublich. Ich weiß gar nicht: Ist das jetzt Wirklichkeit oder träume ich das nur?“, sagt der stellvertretende Landesvorsitzende Olaf Lies. „Das ist ein unglaubliches Gefühl. Wir können loslegen“, meint der 45-Jährige. Gemeinsam mit weiteren Genossen steht er hinter Weil und gibt den Back-Up-Chor für die Jubelgesänge. Er genießt den Moment und blickt zu den johlenden Parteifreunden. Der Tag selbst sei „furchtbar“ gewesen, der Druck groß. „Wir konnten nichts mehr tun, nur noch warten. Und jetzt zu wissen: Wir haben es geschafft. Unbeschreiblich.“ Der Hannoveraner Bundestagsabgeordnete Matthias Miersch kann seine Rührung über den Sieg kaum verhehlen, immer wieder wird er von Genossen umarmt. „Ich bin Optimist und habe immer mit einem Sieg gerechnet. Ich wusste, dass die Briefwahl uns zusätzliche Stimmen bringt.“ Er könne sich nicht erinnern, jemals einen solchen Wahlausgang erlebt zu haben. Druck fällt ab Mit Tränen in den Augen blickt Frauke Heiligenstadt, Landtagsabgeordnete und in Weils Schattenkabinett für das Kultusressort vorgesehen, auf die Bühne. Dort liegt sich der Parteivorstand im Freudentaumel in den Armen. „Der Druck ist runter gefallen“, sagt sie und prostet ihren Parteifreunden zu. Auch die Wahlhelfer lassen ihrer Freude freien Lauf: „Ich war schon lange nicht mehr so ausgelassen“, sagt einer. Nach Verkündung des amtlichen Endergebnisses verlagert sich die Feier dann ins Atrium des Rathauses. Dort spielt eine Band bekannte Partykracher, die Genossen tanzen und singen mit Inbrunst. „Oh Happy Day“ wird angestimmt. dapd (Politik/Politik)
Weil dankt den Genossen und hebt die Daumen
Hannover (dapd-nrd). Als Stephan Weil die Bühne im Alten Rathaus erklimmt, hat er viele Hände geschüttelt und Schultern geklopft. Der Gang durch die Menge der Genossen wird zum Gratulationsmarsch. Der 54-Jährige lächelt, grüßt mit links und rechts und hebt auch kurz einmal die Faust zur Triumphgeste. Ansonsten gibt sich der SPD-Spitzenkandidat auf der Wahlparty seiner Partei am Sonntagabend wie gewohnt bodenständig und unprätentiös. Als der minutenlange Applaus zu Ende ist, denkt er erst einmal an seine Wähler und Helfer. „Ich bin gekommen, um mich zu bedanken“, sagt der Noch-Oberbürgermeister von Hannover. Große Töne vermeidet der gelernte Jurist auch an diesem Abend, dafür ist er eben nicht der Typ, zudem ist das Rennen um den Wahlsieg einfach noch zu knapp. Für die rund 800 Genossen ist der Auftritt Weils dagegen ein Erweckungserlebnis. War die Stimmung bis dahin eher nüchtern, gibt er den Genossen nun durchaus wieder Hoffnung auf einen Wechsel. Dabei vermeidet Weil jede allzu optimistische Prognose: „Keiner weiß, wer heute die Nase vorn haben wird“, sagt er. Und die Zuschauer antworten unisono: „Du!“ Da will sich der Kandidat dann aber doch nicht lumpen lassen. „Wenn ihr das so sagt, dann machen wir das“, entgegnet Weil. Worte und Gesten der Ermunterung Getreu dem Motto der SPD „Anpacken. Besser machen“ gibt sich der SPD-Spitzenkandidat bescheiden, geriert sich ganz als Diener seiner Partei. Er wolle das in ihn gesetzte Vertrauen in den kommenden fünf Jahren zurückzahlen – „am liebsten als Ministerpräsident“ setzt er hinzu. Dann hebt er beide Daumen zur Ermunterung. Solche Worte und Gesten vernehmen die Genossen gerne. Zumal Weil auch seinen Anhängern durchaus Mut macht: „Ihr könnt kämpfen und ihr könnt siegen!“ Nach seinen aufmunternden Worten erhält der SPD-Kandidat einen Blumenstrauß mit roten Gerbera – dass die Blumen fälschlicherweise als rote Rosen angekündigt werden, geht im allgemeinen Jubel unter. Als Muntermacher an diesem zunächst eher mau gestarteten Wahlabend betätigt sich am Sonntag auch Altkanzler Gerhard Schröder. „Ich habe mich sehr darüber gefreut, wie die niedersächsische SPD unter Stephan Weil gekämpft hat“, sagt er. Die SPD lasse sich „nicht umwerfen“, die Chance auf einen Wechsel in Hannover sei da. „Ich hoffe, dass er dafür sorgt, dass ich endlich mal wieder in die Staatskanzlei gehen kann.“ Die Genossen können wieder Mut schöpfen, nachdem die ersten Ergebnisse ihnen zunächst die Laune verhagelt hatten. Vor allem die fast zehn Prozent für die vermeintlich angeschlagene FDP sorgten für ein Stimmungstief und ungläubiges Staunen. Doch mit dem Auftritt Weils kehrt Optimismus ein. „Der Abend bleibt spannend. Ich gehe davon aus, dass wir gemeinsam mit den Grünen die Wahl gewinnen“, sagt Pierre Kleinfeld. Der 28-Jährige rechnet damit, dass die Entscheidung erst am späten Abend klar ist. Kurzer Dialog mit McAllister Auch im niedersächsischen Landtag ist Weil ein gefragter Mann. Er hetzt von TV-Studio zu TV-Studio im Landtag, gibt ein Interview nach dem anderen. Er ist gut gelaunt, die Anspannung kaschiert er mit Späßchen. „Da gratuliere ich“, sagt er zu Ministerpräsident David McAllister, als er den CDU-Spitzenkandidaten beim NDR trifft und dieser Weil zuruft: „Ich habe meinen Wahlkreis gewonnen.“ Im Fraktionssaal harren unterdessen nur noch ein paar wenige Sozialdemokraten aus. Richtige Partystimmung will während der Warterei nicht aufkommen. „Es ist so spannend, wir können uns kaum lösen“, sagt Frank Dotz, Vorsitzender eines niedersächsischen SPD-Ortsvereins, und zeigt auf den Fernseher. Dort ist gerade Doris Schröder-Köpf zu sehen. Die Gattin des Ex-Kanzler hat für ein Landtagsmandat kandidiert – und den Wahlkreis in Hannover-Döhren mit 33,8 Prozent verloren. Noch lange kein schlechtes Omen für die SPD. Immerhin hat Spitzenkandidat Weil seinen Kreis in Hannover-Buchholz mit 44,8 Prozent gewonnen. dapd (Politik/Politik)
McAllister beansprucht Auftrag zur Regierungsbildung
Berlin (dapd). Nach der Landtagswahl in Niedersachsen beansprucht Ministerpräsident und CDU-Spitzenkandidat David McAllister den Auftrag zur Bildung einer neuen Landesregierung für die Christdemokraten. „Wir sind klar stärkste Kraft und die Nummer Eins in Niedersachsen“, sagte er am Sonntagabend im ZDF. Am liebsten wolle er die Koalition mit der FDP fortsetzen. Man müsse aber auch mit einem Patt bei der Sitzverteilung rechnen. Zuvor hatte McAllister nicht ausgeschlossen, in diesem Fall auch mit der SPD über eine große Koalition zu reden. SPD-Spitzenkandidat Stephan Weil wollte sich zur möglichen Bildung einer großen Koalition nicht äußern. Er setze aber auf Rot-Grün. Auch ein Mandat Mehrheit reiche zum regieren, sagte er. Solche Koalitionen könnten sehr stabil sein. dapd (Politik/Politik)
Zu früh, sich als Sieger auszurufen
Hannover (dapd). Eine Zitterpartie – war ja klar. Als die ersten Balken auf den Bildschirmen zu sehen sind, will kein Jubel bei den Sozialdemokraten im Fraktionssaal des niedersächsischen Landtags aufkommen. Der Zugewinn für die Partei von rund zwei Prozent ist einfach zu gering, der Mini-Vorsprung für das schwarz-gelbe Lager aber auch kein Grund zur Schockstarre. „Es ist zu früh, sich als Sieger oder Verlierer zu präsentieren“, fasst Spitzenkandidat Stephan Weil kurze Zeit später am Sonntagabend die ersten Hochrechnungen zusammen. Kopf-an-Kopf mit dem politischen Gegner – „das ist nun wirklich mal ein spannender Wahlabend, den die Niedersachsen uns beschert haben“, merkt er an. Ein Sieger stehe allerdings schon fest, betont der 54-Jährige – „es ist erstaunlicher Weise Philipp Rösler“. Das deutliche Hochrechnungsergebnis von etwa zehn Prozent für die FDP kommentiert Weil ansonsten nicht weiter. Der Spitzenkandidat konzentriert sich stattdessen auf die eigenen Leute, denen er für ihren Einsatz im Wahlkampf dankt. Weil bereit zur Opposition „Bemerkenswert“, betont Weil, sei der Zugewinn. Die niedersächsische SPD habe Charakter bewiesen, und die Wähler hätten ihnen dafür das Vertrauen für die nächste Legislaturperiode ausgesprochen. „Wir werden hart daran arbeiten, dieses Vertrauen zu rechtfertigen“, verspricht der Spitzenkandidat. Im Fall einer Niederlage, so hat der amtierende Oberbürgermeister von Hannover im Wahlkampf immer wieder betont, wolle er auch als Oppositionsführer im Landtag der SPD-Fraktion vorstehen. Auch für diese Aufgabe sei er bereit, bekräftigt er am Sonntag. „Wenn die Wähler meinen, wir sollten in der Opposition für das Land arbeiten, dann werden wir das auch sehr gerne tun.“ Die Anspannung sei noch nicht gewichen, aber er fühle sich gut, sagt Weil. „Ich bin ja ein ausgeglichener Typ“, betont er, als er die Bühne verlässt. „Ich zähle die Stimmen nicht aus, und ich mache keine Hochrechnungen. Ich warte es genauso wie alle anderen ab“, sagt er. Etwas anderes bleibt dem Spitzenkandidaten und seinen Parteifreunden vorerst sowieso nicht übrig. Während Weil zur ARD zum Interview eilt, stärken sich die Genossen unterdessen im Fraktionssaal mit Kartoffelsuppe und Selters statt Sekt. Wechselbad der Gefühle auf der Wahlparty Ortswechsel: Altes Rathaus. Partystimmung kommt hier zumindest kurz auf. Bei der Prognose herrscht zunächst großer Jubel auf der Wahlparty der Sozialdemokraten. Vor allem die 33 Prozent für die SPD werden mit frenetischem Applaus quittiert. Schon das Ergebnis für die FDP sorgt dann allerdings für eine Schockwirkung: 9,5 Prozent – damit sind die Liberalen deutlich über der Schwelle zum Einzug in den Landtag. Eine Fortsetzung der schwarz-gelben Koalition scheint damit möglich, der erwartete Machtwechsel in Hannover ist vorerst nicht geschafft. Kein Freibier „Das kann doch nicht wahr sein“, sagt eine Anhängerin mit sichtlichem Frust. Eine andere Genossin, die ihre Gesinnung mit einem roten Schal bekundet, erklärt: „Mir geht es ganz schlecht. Ich hoffe, dass für Rot-Grün im Laufe des Abends noch ein bis zwei Prozent dazu kommen. Besonders enttäuscht bin ich darüber, dass die FDP 9,5 Prozent bekommen hat. Das kann ich nicht nachvollziehen.“ Die Hoffnung im Alten Rathaus steigt wieder, als Weils Rede aus dem Landtag übertragen wird. Nach Feiern ist aber auch hier bislang niemandem zumute. dapd (Politik/Politik)
Landtagswahl: Spitzenkandidaten geben ihre Stimme ab
Bad Bederkesa/Hannover (dapd). Am Vormittag des Wahlsonntags haben die Spitzenkandidaten ihre Stimmen für die Landtagswahl in Niedersachsen abgegeben. Der amtierende Ministerpräsident David McAllister (CDU) setzte sein Kreuz in einer zum Wahllokal umfunktionierten Grundschule in seinem Heimatort Bad Bederkesa bei Cuxhaven. „Ein guter Tag für die CDU“, sagte der 42-Jährige siegessicher. Er unterhielt sich auf dem Weg zum Wahllokal mit Nachbarn. McAllisters Herausforderer, SPD-Spitzenkandidat Stephan Weil, wählte hingegen in Hannover. Der 54-Jährige ist amtierender Oberbürgermeister der Landeshauptstadt. „Ich habe den Eindruck, ich habe mein Bestes gegeben“, sagte er mit Blick auf den zurückliegenden Wahlkampf. Nach Abgabe des Stimmzettels wollte er sich „die Laufschuhe anziehen und ausgiebig im Wald laufen gehen“. Neben Weil gab auch die Frau von SPD-Altkanzler Gerhard Schröder, Doris Schröder-Köpf, in Hannover ihre Stimme ab. Sie will als Abgeordnete in den Landtag einziehen. Schild in Schulklasse irritiert Rösler Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler, der im niedersächsischen Isernhagen wohnt, setzte am Sonntag ebenfalls sein Kreuz. Zahlreiche Fotografen begleiteten ihn auf dem Weg zum Wahllokal in einer Grundschule. Irritiert reagierte der angeschlagene FDP-Bundesvorsitzende auf ein Schild, das im Klassenraum hing. Darauf stand: „Regeln für Gespräche: 1. Vor dem Sprechen melden. 2. Wir hören zu. 3. Wir rufen nicht dazwischen. 4. Wir machen keinen Quatsch.“ Er versuchte es zu vermeiden, dass ihn Fotografen mit dem Schild im Hintergrund ablichteten. Denn in Röslers Partei rumort es derzeit. Hochrangige Parteifreunde meldeten sich jüngst mit Kritik und arbeiten auf seine Absetzung als Parteivorsitzender hin. Der Ausgang der Wahl in Niedersachsen entscheidet deshalb auch über Röslers politische Karriere. dapd (Politik/Politik)
Brüderle bringt FDP-Chef Rösler in Bedrängnis
Berlin (dapd). Kurz vor der Niedersachsen-Wahl am Sonntag heizt FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle die Debatte über die Zukunft von Parteichef Philipp Rösler an. In der ARD sprach sich Brüderle am Freitag für einen vorgezogenen Parteitag der Liberalen aus, bei der auch eine Neuwahl der Parteispitze ansteht. Bislang soll der FDP-Parteitag im Mai stattfinden. Brüderle ist als möglicher Nachfolger für Rösler im Gespräch, der die Liberalen nicht aus dem Umfragetief führen konnte. Die Landtagswahl in Niedersachsen gilt als entscheidende Wegmarke für die politische Zukunft von Rösler. Sollte ein Fortsetzung der schwarz-gelben Landesregierung an der schwäche der FDP scheitern, gilt eine zügige Ablösung von Rösler an der Spitze der Bundespartei als ausgemacht. Derweil stärkte der FDP-Ehrenvorsitzende Hans-Dietrich Genscher dem angeschlagenen Vorsitzenden der Liberalen im Schlussspurt des Niedersachsen-Wahlkampfes demonstrativ den Rücken. Im am Freitag veröffentlichten ARD-Deutschlandtrend liegt die FDP bundesweit bei vier Prozent. In der Umfrage äußerten 42 Prozent der Befragten, Rösler solle unabhängig vom Ergebnis der Landtagswahl am Sonntag vom Amt des Parteichefs zurücktreten. In Niedersachsen kämpft die FDP um den Wiedereinzug in den Landtag. Brüderle dringt auf rasche Personalentscheidung Überraschend stellte sich Brüderle nun hinter die Forderung verschiedener FDP-Politiker, die Personalentscheidung nicht erst im Mai vorzunehmen. Es spreche „einiges dafür, die Wahlentscheidung vorzuziehen. Es wäre möglich etwa Anfang März oder Ende Februar“, sagte der FDP-Fraktionschef im ARD-„Morgenmagazin“. Er betonte zugleich: „Ich stehe hinter Philipp Rösler.“ Zur Frage, ob er gegebenenfalls als Parteichef zur Verfügung stehe, sagte Brüderle: „Über ungelegte Eier diskutiere ich nicht.“ Rösler selbst reagierte zurückhaltend auf den neuen Führungsstreit. „Ich glaube, wenn eine Partei in einer nicht ganz einfachen Phase ist, dann gibt es viele, die werden ein bisschen unruhig“, sagte er dem Radiosender ffn am Freitag. Gerade jetzt sollte sich die Mitglieder aber auf den Wahlkampf in Niedersachsen konzentrieren. Zugleich räumte Rösler in der „Rheinischen Post“ Fehler ein. „Natürlich habe ich in den ersten Monaten als Vorsitzender auch meinen Kurs gesucht, die eine oder andere Entscheidung hätte ich anders treffen sollen“, sagte er. Doch sei er für die Wahl am Sonntag optimistisch. Die FDP werde „klar in den Landtag einziehen“, sagte der FDP-Chef. Wenig Verständnis für Vorstoß von Brüderle Ungehalten zeigte sich derweil Niedersachsens FDP-Spitzenkandidat Stefan Birkner. Die Führungsdebatte ausgerechnet im Wahlkampf zu führen, sei „nicht hilfreich“ gewesen, sagte Birkner der Nachrichtenagentur dapd. Zum jüngsten Vorstoß von Brüderle, den Bundesparteitag nun deutlich nach vorn zu ziehen, fügte er in der Tageszeitung „Die Welt“ (Samstagausgabe) hinzu: „Ich habe überhaupt keinen Sinn für solche Diskussionen.“ Der schleswig-holsteinische Spitzenliberale Wolfgang Kubicki hält einen vorgezogenen Bundesparteitag der Liberalen schon aus satzungsrechtlichen und tatsächlichen Gründen nicht für sinnvoll. „Das hätte auch Auswirkungen auf die Delegiertenwahlen der Landesverbände und würde die Dauer des Mandats der Delegierten und gewählten Bundesvorstandsmitglieder beschneiden“, sagte er der Nachrichtenagentur dapd in Kiel. Im Übrigen verstehe er den jüngsten Vorstoß von Rainer Brüderle grundsätzlich nicht, „weil wir am Montag im Bundesvorstand über die weitere Arbeitsplanung sprechen“. Dort hätte die von Brüderle angestoßene Debatte frühestens hingehört. dapd (Politik/Politik)
Rösler mahnt zur Konzentration auf die Niedersachsen-Wahl
Hannover (dapd). Zwei Tage vor der Landtagswahl in Niedersachsen hat der FDP-Vorsitzende Philipp Rösler an den Zusammenhalt seiner Partei appelliert. Zu der erneuten Kritik an seiner Person sagte er im Interview mit dem Radiosender ffn am Freitag: „Ich glaube, wenn eine Partei in einer nicht ganz einfachen Phase ist, dann gibt es viele die werden ein bisschen unruhig.“ Gerade jetzt sollte sich die Mitglieder aber auf den Wahlkampf in Niedersachsen konzentrieren. Über die Kritik, er sei zu jung zu führungsschwach und uncharismatisch, sagte Rösler: „Wenn man bei manchen so wirkt, muss man sich Gedanken machen: Ist das so? Wirkt man so? Kann man das ändern?“ Dass er jung sein könne er nicht verheimlichen, die anderen Dinge aber könne man unterschiedlich sehen. „Führen heißt entscheiden und man trifft täglich, in den Ämtern, die ich habe, Entscheidungen und da würde ich mir nicht jeden Schuh anziehen, den mir andere hinstellen“, sagte Rösler. Zuvor hatte Bundestags-Fraktionschef Rainer Brüderle unabhängig vom Ausgang der Niedersachsen-Wahl für einen vorgezogenen Parteitag und eine Neuwahl der Parteispitze plädiert. „Das kann ich mir vorstellen“, sagte Brüderle im ARD-„Morgenmagazin“. Es mache keinen Sinn, „dass man das zu lange rausschiebt“. Geplant ist der Parteitag bislang für Mai. Mit Blick auf die Bundestagswahl im September spreche „einiges dafür, die Wahlentscheidung vorzuziehen“. Zugleich hatte Brüderle betont, er stehe hinter Rösler. dapd (Politik/Politik)