Rio de Janeiro (dapd). Bundesumweltminister Peter Altmaier trägt einen für Politiker ungewöhnlichen Schmuck: Um sein Handgelenk hat er einen grünen Wollfaden gewickelt, der fast aussieht wie eines der Freundschaftsbändchen, die sich Jugendliche früher gegenseitig umgebunden haben. Es ist ein Symbol, das ihm Schüler aus aller Welt am Rande des UN-Nachhaltigkeits-Gipfels in Rio de Janeiro mit auf den Weg gegeben haben, „damit er den grünen Faden nicht aus den Augen verliert“. Das zumindest ist nicht seine Absicht. Der CDU-Politiker absolviert auf dieser Konferenz viele Termine. Er spricht mit Amtskollegen, trifft Vertreter aus Zivilgesellschaft und Wirtschaft und steht Journalisten für Fragen zur Verfügung. Doch das Treffen mit den Jugendlichen ragt auch für ihn aus der Masse der Veranstaltungen heraus. „Es ist eure Zukunft, es ist eure Erde und was daraus wird, ist auch eure Entscheidung“, sagt er an die Jugendlichen gerichtet. „Wir müssen überall anfangen“, antwortet er einem der Schüler auf die Frage, ob nicht jedes Land in Sachen Umweltschutz und Ressourcenverbrauch bei sich zu Hause anfangen müsste. Gerade einmal vier Wochen ist Altmaier im Amt. Hals über Kopf beerbte er den glücklosen Norbert Röttgen, der den Trip an den Zuckerhut eigentlich schon fest eingeplant hatte – bis Angela Merkel ihn nach der Wahlschlappe in NRW aus dem Kabinett warf. Und tatsächlich hat der neue Minister in den letzten Wochen den Eindruck erweckt, als wolle er überall anfangen. Energiewende, Endlagerung, internationale Umweltdiplomatie. Die Liste der Aufgaben ist lang. Yannick Klecker ist einer der Jugendlichen, die Altmaier gerade eben den grünen Faden überreicht haben. Der 18-Jährige aus Osterkappeln bei Osnabrück findet den neuen Umweltminister „ganz interessant“. Er nimmt Altmaier als bestens vernetzten Politiker wahr, der sich rasch in Dinge einarbeiten kann und nebenbei auch den Humor nicht verliert. „Das ist in der momentanen Dauerkrise wichtig“, meint er. Zugleich äußert Yannick die Hoffnung, dass es Altmaier gelingt, die Energiewende zu organisieren. In Rio zumindest wirbt Altmaier unermüdlich für das Projekt, das er auch auf Englisch Energiewende nennt. So auch am Dienstagnachmittag, im deutschen Pavillon. „Wenn es Deutschland gelingt, erneuerbare Energien zu erschwinglichen Preisen zu produzieren, werden wir ein Musterfall werden“, gibt er sich überzeugt. Während der Debatte wirkt Altmaier zwischenzeitlich müde, die Nacht zuvor hat er nur zweieinhalb Stunden geschlafen. Doch wenn er über die Energiewende sprechen kann, ist alle Müdigkeit plötzlich wie weggeblasen. Nichtsdestotrotz war die Nacht anstrengend für den neuen Minister. Der Showdown kam früh auf dieser Konferenz. Anstatt bis zur letzten Minute (und darüber hinaus) zu verhandeln, wie es etwa auf Klimakonferenzen normalerweise der Fall ist, fand die Nachtsitzung in Rio bereits am Montag statt – noch bevor der offizielle Teil des Gipfels überhaupt angefangen hatte. Die Brasilianer waren mit einem Vorschlag für eine Abschlusserklärung vorgeprescht, den Altmaier am nächsten Morgen als „inakzeptabel“ bezeichnen sollte. Bis in die Morgenstunden zogen sich daraufhin die Verhandlungen – und das ausgerechnet an Altmaiers Geburtstag. Anstatt diesen mit einer Caipirinha an der Copacabana ausklingen zu lassen, verbrachte er einen langen Abend im Kongresszentrum, bis endlich ein Kompromiss gefunden war. Etwas genervt machte er seinem Unmut irgendwann auch via Twitter Luft. Die Erwartungen an den Rio-Gipfel waren schon im Vorfeld gering. Doch die Erklärung, auf die sich die Teilnehmer der Konferenz schließlich verständigen, unterbietet viele Erwartungen noch bei Weitem. Umwelt- und Hilfsverbände sind enttäuscht, doch Altmaier muss dennoch gute Miene zum bösen Spiel machen. Er räumt ein, dass es sich nicht um einen Durchbruch handelt. Dennoch spricht er immer wieder von einer guten Grundlage. Für ihn, den leidenschaftlichen Strippenzieher und Kommunikator, kann dies nur eines heißen: Solange weitermachen, bis auch der letzte überzeugt ist. Und so trommelt der Umweltminister weiter beharrlich für die Energiewende und macht zugleich deutlich, worum es aus seiner Sicht geht: „We’re on the eve of a big bang“, sagt er etwa am Donnerstag bei einer Veranstaltung mit dem Bundesverband der Deutschen Industrie. Am Vorabend des Urknall also. Die deutsche Energiewende als Blaupause, die auch andere Länder dazu bringen kann, umzusteuern – das ist Altmaiers Ziel. Angesichts der Schwerfälligkeit der großen UN-Konferenzen setzt er jetzt auf die Zusammenarbeit von Staaten, die das ähnlich sehen wie die Deutschen. So soll eine Dynamik ausgelöst werden, „die immer mehr Länder dieser Welt umfasst“. Altmaier geht davon aus, dass sich Beharrlichkeit irgendwann auszahlt. „Wenn man immer wieder das gleiche sagt, haben es irgendwann alle kapiert“, versichert er den Schülern. Tags darauf gibt er noch ein weiteres Versprechen ab. „Ich werde das grüne Bändchen so lange aufheben, bis wir sagen können, die Energiewende in Deutschland ist unaufhaltsam und sie wird zum Modell für andere Länder in der Welt.“ In seinem Ministerium will er es sichtbar befestigen, damit jedermann es sehen kann. Für ihn ist der Faden ein Symbol für das, „was wir erreichen müssen“. Altmaier hat noch viel vor. Erst recht nach dieser Rio-Konferenz. dapd (Politik/Politik)
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Steinmeier: Verfassungsgericht wird den Fiskalpakt nicht kippen
Köln (dapd). Der SPD-Fraktionsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier rechnet damit, dass der Fiskalpakt und der dauerhafte Euro-Rettungsschirm verspätet in Kraft treten werden. Das Bundesverfassungsgericht habe sich von Bundespräsident Joachim Gauck eine Prüfzeit von zwei bis drei Wochen erbeten, daher sei der ursprünglich geplante Termin zum 1. Juli vermutlich nicht zu halten, sagte Steinmeier am Freitag im Deutschlandfunk. Er rechne mit einem Inkrafttreten Mitte Juli. Dass die europäische Schuldenbremse und der ESM durch das Gericht gekippt werden, glaube er aber nicht. Die Überprüfung in Karlsruhe bezeichnete er als einen relativ selbstverständlichen Vorgang. dapd (Politik/Politik)
Oettinger wirft Bundesregierung Autismus bei Energiewende vor
Stuttgart (dapd-bwb). Die Energiewende in Deutschland wird nach Meinung von EU-Energiekommissar Günther Oettinger mangelhaft umgesetzt. „Derzeit stolpert Deutschland ungeordnet voran“, kritisierte der ehemalige baden-württembergische Ministerpräsident am Donnerstag beim Unternehmertag der Arbeitgeber im Südwesten. Scharfe Kritik gab es auch von Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt. Mögliche Schritte seien „durch das Kompetenzgerangel der zuständigen Ministerien in Berlin oder zwischen Bund und Ländern verhindert“ worden, sagte er. In früheren Äußerungen machte er sich bereits für ein Energieministerium stark. Zustimmung erhielten die beiden vom baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne). Oettinger warf der Bundesregierung „Autismus“ bei der Energiewende vor. Für Strom gebe es einen europäischen Binnenmarkt. Dieser sei aber nicht beachtet worden. So gebe es immer mehr Stunden und Tage im Jahr, bei denen 100 Prozent Strom aus Erneuerbaren hergestellt werden. Zu der Zeit könne aber kein anderer Strom durch die Leitungen in Deutschland geschickt werden. Die Energiewende sei ohne Abstimmung mit den europäischen Nachbarn beschlossen worden. Zudem fürchtet Oettinger um die Versorgungssicherheit. „In großen Mengen Energie zu speichern, ist in den nächsten zehn Jahren nicht absehbar.“ Dabei gebe es zahlreiche energieintensive Industrien. Alleine der Chemiekonzern BASF brauche so viel Strom wie der ganze Staat Dänemark. Deswegen brauche es neben dezentralen Lösungen auch zentrale Lösungen. Die Kosten, die beim Stillstehen von Industrieanlagen entstehen, seien enorm. „Die deindustrielle Entwicklung in Deutschland ist in vollem Gange“, sagte Oettinger. Ein Vorrang der Erneuerbaren im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) sei deswegen nicht mehr länger durchzuhalten. Im EEG wird die Förderung von alternativen Energien geregelt. Auch Arbeitgeberpräsident Hundt kritisierte die Umsetzung. Nicht die Wirtschaft stehe dabei auf der Bremse, sondern die Politik, kritisierte er. „Angesichts der straffen zeitlichen Vorgaben, die durch den festgelegten Ausstieg aus der Atomkraft gesetzt wurden, halte ich dies für unverantwortlich“, sagte er. Kretschmann sicherte er die Bereitschaft der Arbeitgeber zu, für das Ziel der ökologischen Modernisierung der Wirtschaft konstruktiv zusammenzuarbeiten. Dieser nahm das Angebot dankbar an. „Das Leitmotiv der Nachhaltigkeit ist nicht nur wirtschaftskompatibel, es ist auch nur mit der Wirtschaft zu erreichen“, sagte er. Entscheidend dafür sei es, die Voraussetzungen dafür in Wissenschaft und Bildung zu schaffen. Er gab sich zuversichtlich: „Grüne Technologien werden der Exportschlager und das Aushängeschild der deutschen Wirtschaft sein.“ Dies könne allerdings nur dann der Fall sein, wenn die Energiewende bundesweit umgesetzt wird. Und da hapert es auch nach Meinung Kretschmanns. „Da ist in einem Jahr viel zu wenig passiert“, sagte er. Die Kompetenz für die Energiewende müsse in einem Ressort gebündelt werden, forderte er. Eine Kostenexplosion fürchtet er nicht. Das Leipziger Institut für Energie habe die Kosten durch die Energiewende durchgerechnet. Das Ergebnis war laut Kretschmann: „Natürlich steigen sie, aber sie werden nicht mehr steigen als sie in der Vergangenheit gestiegen sind.“ dapd (Politik/Politik)
Hundt kritisiert Kompetenzgerangel bei Energiewende
Stuttgart (dapd). Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt hat die Umsetzung der Energiewende durch die Politik scharf kritisiert. Mögliche Schritte seien „durch das Kompetenzgerangel der zuständigen Ministerien in Berlin oder zwischen Bund und Ländern verhindert“ worden, sagte Hundt am Donnerstag in Stuttgart beim Unternehmertag der baden-württembergischen Arbeitgeber. In früheren Äußerungen machte er sich bereits für ein Energieministerium stark. Nicht die Wirtschaft stehe bei der Umsetzung auf der Bremse, sondern die Politik, kritisierte Hundt. „Angesichts der straffen zeitlichen Vorgaben, die durch den festgelegten Ausstieg aus der Atomkraft gesetzt wurden, halte ich dies für unverantwortlich“, sagte er. Dem baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) sicherte er die Bereitschaft der Arbeitgeber zu, für das Ziel der ökologischen Modernisierung der Wirtschaft konstruktiv zusammenzuarbeiten. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Schäuble rügt öffentlichen Ruf Karlsruhes nach Zeit für ESM-Prüfung
Luxemburg (dapd). Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat den öffentlichen Ruf des Bundesverfassungsgerichtes gerügt, das ESM-Gesetz im Falle von Klagen vor der Ratifizierung erst prüfen zu dürfen. „Ich glaube nicht, dass es klug ist, wenn die Verfassungsorgane öffentlich miteinander kommunizieren“, sagte er am Donnerstag in Luxemburg. Ob er durch den geforderten Aufschub das rechtzeitige Inkrafttreten des Rettungsschirms in Gefahr sehe, ließ Schäuble offen: Es sei „noch weniger klug, wenn die Bundesregierung dazu Kommentare abgibt“, sagte er. Der ESM soll im Juli den befristeten Schirm EFSF ablösen. Dafür müsste das entsprechende Gesetz zuvor von Bundespräsident Joachim Gauck unterzeichnet werden. Unter anderem die Linkspartei hat Verfassungsklagen gegen das Gesetz angekündigt. dapd (Politik/Politik)
Middelhoff fühlt sich für Arcandor-Pleite nicht verantwortlich
Berlin (dapd). Der frühere Arcandor-Chef Thomas Middelhoff trägt nach eigener Einschätzung nicht die Schuld an der Pleite des Handelskonzerns und seiner Tochterunternehmen Karstadt und Quelle. „Ich hätte wirklich noch ein Jahr länger machen und unser Konzept umsetzen sollen. Dann würde es allen Beteiligten einschließlich der ehemaligen Gesellschafter des Bankhauses Oppenheim ein bisschen besser gehen“, sagte der 59-Jährige in einem dapd-Interview. Nach Middelhoffs Worten wäre Arcandor noch zu retten gewesen, als er den Konzern 2009 wenige Monate vor der Pleite verließ – wenn an seinen Plänen zum Konzernumbau festgehalten worden wäre. „Aber mein Nachfolger hat ja die Verkaufs- und Mergerpläne aufgegeben“, sagte Middelhoff. Von Middelhoffs Nachfolger, dem früheren Telekom-Finanzvorstand Karl-Gerhard Eick, war zunächst keine Stellungnahme dazu zu erhalten. Middelhoff warf in dem Interview dem früheren Arcandor-Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg vor, eine systematische Rufmordkampagne gegen ihn betrieben zu haben. „Aus diesem Grund werden meine Anwälte auch die lange vorbereitete Schadenersatzklage in Höhe von circa 120 Millionen Euro gegen Herrn Görg und seine Sozietät einreichen“, kündigt er an. Görg hatte Middelhoff vor dem Essener Landgericht wegen Missmanagement und umstrittener Bonuszahlungen auf Schadenersatz in Höhe von insgesamt 186 Millionen Euro verklagt. Görgs Sprecher Thomas Schultz zeigte sich von der Ankündigung allerdings wenig beeindruckt. Es sei die Pflicht des Insolvenzverwalters, eventuelle Ansprüche der Gläubiger gerichtlich prüfen zu lassen. Unterlasse er dies, sei er gegenüber den Gläubigern für die Schäden haftbar, sagt er der Nachrichtenagentur dapd. Scharfe Kritik übte Middelhoff im Interview auch an dem Kölner Unternehmer Josef Esch, den er mit der Verwaltung seines Privatvermögens betraut hatte. „Das war wahrscheinlich der größte Fehler, der mir unterlaufen ist in meiner beruflichen Laufbahn“, sagte der Manager. Esch hatte große Teile des Middelhoff-Vermögens in Oppenheim-Esch-Immobilienfonds angelegt. Doch hätten die völlig überzogenen „weichen Kosten“ in den von Esch gemanagten Fonds die Anlage zum Verlustgeschäft gemacht, sagte Middelhoff. Ein Sprecher der Oppenheim-Esch-Gruppe widersprach allerdings den Vorwürfen. „Die Behauptung, für die Investoren sei die Höhe der sogenannten weichen Kosten in Bezug auf Ihre Fondsbeteiligungen nicht erkennbar gewesen, ist falsch“, betonte er. Tatsache sei, dass „weiche Kosten aus Steuerersparnisgründen – sie waren als Werbungskosten in großem Umfang sofort absetzbar – von den Investoren explizit erwünscht waren“, sagte der Sprecher. Auch Middelhoff habe sich über die vereinnahmten Steuerersparnisse nicht beschwert. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Ins Ausland zu gehen sähe aus wie ein Schuldeingeständnis
Berlin (dapd). „Ins Ausland zu gehen sähe aus wie ein Schuldeingeständnis.“ Der frühere Chef des pleitegegangenen Karstadt-Mutterkonzerns Arcandor Thomas Middelhoff wischt den Gedanken mit einer Handbewegung vom Tisch. Drei Jahre nach der Insolvenz des Handelsriesen kämpft der 59-jährige Manager vor Gericht und in den Medien noch immer mit den Folgen der Pleite. Doch klein beigeben will er nicht. „Ich möchte geklärt haben, notfalls mit gerichtlicher Hilfe – was war richtig und was war falsch“, sagt Middelhoff im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dapd. „Die meisten Kollegen, die in so einer Situation waren, haben sich aus Deutschland verabschiedet. Die hatten dann auch ihre Ruhe. Ich bin ein anderer Typ, ich stehe das durch.“ Das Arcandor-Debakel stellt die wohl tiefste Zäsur im Leben des Topmanagers dar. Davor war er der erfolgreiche Superstar, der seinem ersten prominenten Arbeitgeber Bertelsmann Milliardengewinne bescherte, danach – zumindest im öffentlichen Bewusstsein – einer der Hauptverantwortlichen für den Niedergang eines der traditionsreichsten deutschen Handelskonzerne. Doch dies will der Manager nicht auf sich sitzen lassen. „Ich hätte wirklich noch ein Jahr länger machen und unser Konzept umsetzen sollen. Dann würde es allen Beteiligten einschließlich der ehemaligen Gesellschafter des Bankhauses Oppenheim ein bisschen besser gehen“, sagt er noch heute. Müde oder gar gestresst wirkt er nicht. Im Gegenteil: Gut gelaunt und braun gebrannt nach einem Wochenende in St. Tropez vertritt er energisch seine Sicht der Dinge. Nach Einschätzung des Managers wäre Arcandor noch zu retten gewesen, als er den Konzern wenige Monate vor der Pleite verließ – wenn an seinen Plänen zum Konzernumbau festgehalten worden wäre. „Aber mein Nachfolger hat ja die Verkaufs- und Mergerpläne aufgegeben. Die Gründe kann ich auch retrospektiv nachvollziehen, die klangen ja logisch, haben aber doch zu einem ziemlich falschen Ergebnis geführt“, sagt Middelhoff. Diese Sicht der Dinge ist allerdings nicht unumstritten. Arcandor-Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg etwa kam nur wenige Monate nach Middelhoffs Abgang zu dem Ergebnis, dass es in dem Unternehmen kaum noch etwas Werthaltiges gab. „Wir haben mit der Lupe nach der Substanz in diesem Unternehmen gesucht, aber wir haben nichts Nennenswertes gefunden. Das habe ich in so großen Unternehmen noch nie erlebt“, sagte der erfahrene Sanierungsexperte in einem Interview. Doch Görg ist für Middelhoff ohnehin ein rotes Tuch. Der Manager wirft dem Insolvenzverwalter eine systematische Rufmordkampagne vor. „Aus diesem Grund werden meine Anwälte auch die lange vorbereitete Schadensersatzklage in Höhe von circa 120 Millionen Euro gegen Herrn Görg und seine Sozietät einreichen“, kündigt er an. Bei Görgs Sprecher Thomas Schultz löst die Drohung allerdings nur Schulterzucken aus. Es sei die Pflicht des Insolvenzverwalters eventuelle Ansprüche der Gläubiger gerichtlich prüfen zu lassen. Unterlasse er dies, sei er gegenüber den Gläubigern für die Schäden haftbar, sagt er. Doch fühlt sich Middelhoff nicht nur von Görg verfolgt, sondern auch von einem Teil der Medien, seitdem dort genüsslich über seinen Hang zum Luxus hergezogen wurde – über die teuere Luxusjacht, die millionenschwere Villa in St. Tropez und das herrschaftliche Anwesen in Bielefeld. „Persönlich ist das zum Teil nur schwer zu ertragen. Es ist schwierig zu verstehen: Warum gerade ich?“, sagt der Manager. Beruflich blickt Middelhoff längst wieder nach vorn. Zusammen mit den ehemaligen Gründern von AOL baut er zurzeit eine Weiterbildungsplattform im Internet auf. „ePals ist das größte Online-Education-Angebot weltweit mit acht Millionen Nutzern“, sagt er stolz. Außerdem kümmere er sich um seine sonstigen Investitionen und Aufsichtsratsmandate sowie um einen Hedge-Fonds in New York. „In Summe füllt mich das aus. Ich sehe mich heute mehr als aktiver Investor. Das ist die Rolle, die ich für die nächsten 10 oder 15 Jahre haben will“, sagt Middelhoff. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Brüderle und Trittin mit Arbeit Gaucks zufrieden
Koblenz/Mainz (dapd). Bundespräsident Joachim Gauck erhält von Spitzenpolitikern Zuspruch für seine Arbeit. Er sei ein „Freiheitskämpfer“, sagte FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle der „Rhein-Zeitung“. „Die Hoffnungen, die ich persönlich in ihn gesetzt habe, hat er in seinen ersten 100 Tagen im Amt voll erfüllt.“ Lobende Worte für Gauck fand auch Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin: „Er ist nachdenklich, streitbar und trifft bei fast jeder Gelegenheit den richtigen Ton. Auch mit seiner Kritik am öffentlichen Desinteresse für die laufenden Bundeswehr-Einsätze liegt er richtig“, sagte er dem Blatt. dapd (Politik/Politik)
Seehofer: Gehe auch in die Opposition
München (dapd). Im Fall einer Niederlage der CSU bei der bayerischen Landtagswahl im Herbst 2013 will Ministerpräsident Horst Seehofer auch in die Opposition gehen. „Wenn ich mich dafür entscheide, 2013 anzutreten, dann stehe ich auch für die komplette Amtszeit zur Verfügung – ob mich die Bevölkerung als Ministerpräsident will oder in der Opposition“, sagte der CSU-Vorsitzende der „Süddeutschen Zeitung“ (Dienstagausgabe). Parteifreunde zeigten sich irritiert, die Opposition reagierte mit Spott. Mit seiner Ankündigung bezog sich Seehofer auf seinen voraussichtlichen SPD-Herausforderer Christian Ude, der nur als Ministerpräsident, aber nicht als Oppositionsführer in den Landtag einziehen möchte. Der CSU-Chef kritisierte Udes Haltung: „Das ist jedenfalls nicht mein Verständnis von Politik und vom Umgang mit dem Wählervotum.“ Auf seiner Facebook-Seite ergänzte Seehofer: „Wer für ein Land antritt, muss mit jeder Faser für dieses Land brennen.“ Deswegen werde er bei einer Kandidatur jedes Wählervotum annehmen. Ude reagierte gelassen auf Seehofers Kritik. Auch Franz-Josef Strauß und Edmund Stoiber hätten wiederholt für hohe Regierungsämter kandidiert, ohne für eine Oppositionsrolle zur Verfügung zu stehen. „Das ist bei mir ebenso“, sagte der Münchner Oberbürgermeister dem Radiosender Bayern2. Auf einen Oppositionsführer Seehofer freue er sich: „Das ist dann ein Oppositionsführer, den ich immer fragen kann, warum er das, was er jetzt fordert, in seiner eigenen Amtszeit nicht zustande gebracht hat.“ Grünen-Fraktionschefin Margarete Bause zeigte sich erstaunt über Seehofers Äußerung. Strauß oder Stoiber hätten das Wort Opposition noch nicht einmal gedacht, geschweige denn offen ausgesprochen. „Wir werden alles tun, damit Seehofers Karriereträume eines Oppositionsführers wahr werden“, sagte sie in einem dapd-Interview. SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher scherzte, der Kampf um seine Nachfolge sei eröffnet. Rechtzeitig bewerben würden sich mutmaßlich auch noch Finanzminister Markus Söder und Sozialministerin Christine Haderthauer (beide CSU), sagte er „Welt Online“. Irritiert über Seehofers Äußerung zeigte sich Ex-CSU-Chef Erwin Huber. Ziel bleibe die eigene Mehrheit für die CSU. „Das ist unverrückbar“, sagte er der Nachrichtenagentur dapd und betonte: „Anderes sollte man gar nicht denken!“ CSU-Fraktionshef Georg Schmid versicherte, sein Posten sei durch Seehofers Ankündigung nicht in Gefahr. Denn die CSU werde im Herbst 2013 erfolgreich sein und an der Regierung bleiben. Seehofer selbst verteidigte am Nachmittag seine Interviewaussage und wies Spekulationen zurück, dass er am Erfolg seiner Partei zweifelt. Er habe „schlicht und einfach gesagt, dass man, wenn man kandidiert, voll und ohne Einschränkungen kandidieren muss in dieser Zeit“. Dagegen verhalte sich Ude wie der gescheiterte CDU-Spitzenkandidat in Nordrhein-Westfalen, Norbert Röttgen. Seehofer mahnte, man könne nicht „Rosinenpickerei in der Politik betreiben“. dapd (Politik/Politik)
Auch mein Unternehmen wird sein Ende finden
München (dapd). Der Schrauben-Unternehmer und Milliardär Reinhold Würth rechnet irgendwann mit dem Ende seines Unternehmens. „Ein Unternehmen ist ein lebendiges Gebilde. Und alles Lebendige hat seine Zeit“, sagte er in einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“. „Auch mein Unternehmen wird irgendwann sein Ende finden. Hundertprozentig“, sagte er. Laut Würth, der eine bedeutende Kunstsammlung hat und in mehreren Museen ausstellt, sind die Werke Teil des Firmenkapitals. „Womöglich muss sie einmal verkauft werden, um Arbeitsplätze zu retten.“ Seine Tochter Bettina, die derzeit den Beirat führt, der für die Kontrolle der Würth-Gruppe mit Sitz in Künzelsau zuständig ist, mache einen „tollen Job“. Sie solle ihm aber nicht als Stiftungsratsvorsitzende nachfolgen. Die Zusammensetzung des Gremiums aus fünf Leuten habe er schon festgelegt: „Zwei familienexterne, die ihre Nachfolge selbst bestimmen.“ Dazu kämen drei Delegierte aus dem Familienrat. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)