Düsseldorf (dapd). Nordrhein-Westfalens neuer Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) will die Energiewende voranbringen. Im Nachrichtenmagazin „Focus“ kündigte er eine NRW-Initiative für ein bundesweites Energiekonzept an: „Wer ein Drittel des deutschen Stroms produziert, muss den Anspruch haben, für ganz Deutschland einen Masterplan zu entwickeln“, sagte er einer Vorabmeldung zufolge. Duin will dazu mit Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) kooperieren. Im Gegensatz zum grünen Koalitionspartner in Düsseldorf sprach sich Duin zugleich für einen Versorgungsmix aus fossilen Brennstoffen und erneuerbaren Energien aus: „Ohne Wenn und Aber brauchen wir bis auf die Kernkraft alle Energieträger, also auch die Kohle“, machte er deutlich. dapd (Wirtschaft/Politik)
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Gauck fordert von Merkel klare Worte in der Euro-Krise
Berlin (dapd). Bundespräsident Joachim Gauck will von Bundeskanzlerin Angela Merkel Klartext in der Euro-Krise: „Sie hat nun die Verpflichtung, sehr detailliert zu beschreiben, was das bedeutet, auch fiskalisch bedeutet“, sagte Gauck im Sommerinterview des ZDF am Sonntag. Dies sei nicht seine Aufgabe, „ich bin auch keine Ersatzregierung“, sagte das Staatsoberhaupt. Die Politik würde insgesamt an einigen Stellen nur mäßig kommunizieren. „Manchmal ist es mühsam zu erklären, worum es geht. Und manchmal fehlt die Energie und die Entschlossenheit, der Bevölkerung sehr offen zu sagen, was eigentlich passiert.“ Gauck äußerte aber auch größten Respekt vor der Kanzlerin: „Ich habe andere Aufgaben und ich könnte nicht, was sie kann und was sie gerade leistet“ erklärte er. Er sehe, dass in den Medien mit den Figuren Gauck und Merkel gespielt werde, aber ihr Verhältnis sei unbelastet: „Da ist nichts.“ Gauck sagte weiter, er sei „froh“ über die Klagen gegen den dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM: „Die Kläger haben alles Recht, ihre Sorgen zum Ausdruck zu bringen.“ Er sei froh, „dass dieser Weg beschritten wird“, sagte Gauck. Er wünsche sich eine breite gesellschaftliche Debatte. Gegen den ESM laufen zurzeit Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht. Die Ergebnisse des Brüsseler EU-Gipfels vergangene Woche bewertete der Bundespräsident aus deutscher Sicht als nicht zu negativ: Bei Verhandlungen und Auseinandersetzungen setze sich selten eine Seite komplett durch. Finanzprobleme bräuchten Zugeständnisse. „Für mich war aber wichtig zu hören, dass nicht alle Felle davongeschwommen sind und dass auch nicht rote Linien überschritten sind“, sagte Gauck. Das ZDF-Sommerinterview sollte am Sonntagabend (19.10 Uhr) ausgestrahlt werden. dapd (Politik/Politik)
Ökonomen-Protest stößt auf harsche Kritik
Berlin (dapd). Nach ihrem Protest gegen die EU-Beschlüsse zur Bankenrettung sieht sich eine Gruppe von Ökonomen heftigen Attacken ausgesetzt. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble warf den Wissenschaftlern am Freitag vor, die Bürger zu verwirren. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin sprach von „Stammtischökonomen“, ein Fachkollege der Experten von Populismus. Der Initiator des Protestaufrufs, der Wirtschaftsstatistiker Walter Krämer, beharrt jedoch darauf, dass die Verabredungen des jüngsten EU-Gipfels falsch seien. Krämer und gut 170 andere deutschsprachige Ökonomen hatten einen Protestbrief unterzeichnet, der am Donnerstag veröffentlicht wurde. Darin kritisierten sie die jüngsten EU-Beschlüsse und warnten vor einer Bankenunion, in der die Bürger für die Fehler der maroden Geldinstitute geradestehen müssten. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wies die Äußerungen als unzutreffend zurück. Dem schloss sich am Freitag Finanzminister Schäuble an. Er widersprach im RBB-Inforadio energisch der Auffassung, die Verabredungen des Gipfels führten zur kollektiven Haftung für die Schulden der Banken in der Euro-Zone. „Im Kern geht es ja nicht darum, die Haftung zu vergemeinschaften, sondern eine gemeinsame Aufsicht in Europa zu schaffen“, sagte er. Der Brief der Wissenschaftler sorge für „Verwirrung der Öffentlichkeit“. FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle hält die Kritik der Ökonomen zumindest zum jetzigen Zeitpunkt für unbegründet. Voraussetzung für die Bankenunion sei eine wirksame europäische Bankenaufsicht, für die zuerst nationale Souveränitätsrechte an eine europäische Instanz abgegeben werden müssten. „Das scheint mir noch ein längerer Weg zu sein und da fehlen noch etliche Vorschläge der Europäischen Kommission dazu“, sagte Brüderle im Deutschlandfunk. Auch er sehe die Entwicklung aber nicht ohne Sorge, räumte der FDP-Politiker ein. SPD-Haushaltsexperte Carsten Schneider sagte im RBB-Sender Radio Eins, er teile grundsätzlich die Skepsis gegenüber der Bankenunion. Den Protestaufruf halte er allerdings für „sehr hysterisch“. Grünen-Fraktionschef Trittin sagte in Berlin zu dem Brief: „Statt Argumente vorzubringen, werden Ängste geschürt. Statt präziser Analyse, werden dumpfe Ressentiments bedient. Diese Stammtischökonomen braucht Deutschland nicht.“ Die Wissenschaftler sehen sich auch dem Unmut von Kollegen ausgesetzt. Sieben renommierte Ökonomen veröffentlichten im „Handelsblatt“ eine Replik. Darin kritisieren sie, die Argumente seien „nicht mit den erforderlichen Fakten unterlegt“. Es sei nicht die Aufgabe von Ökonomen, die Öffentlichkeit „mit Behauptungen, fragwürdigen Argumenten und in einer von nationalen Klischees geprägten Sprache“ zu verunsichern. Der Wirtschaftsweise Peter Bofinger warf den Unterzeichnern des Protestbriefs Unkenntnis der Sachlage und Überforderung vor. „Ich denke, dass alle, die das unterschrieben haben, viel zu tun haben. Ich vermute, dass einige das gar nicht so genau durchgelesen haben“, sagte er den „Nürnberger Nachrichten“ (Samstagsausgabe). Der Direktor des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, bezeichnete den Aufruf als „nicht wissenschaftlich, sondern rein emotional. Wenn Ökonomen an die Öffentlichkeit gehen, darf das nicht mit populistisch-nationalem Unterton geschehen“, sagte er der „Wirtschaftswoche“. Der Aufruf schüre die Angst vor einer weitreichenden europäischen Bankenunion, die auf dem EU-Gipfel gar nicht beschlossen worden sei. Der Dortmunder Professor Krämer hält jedoch an seiner Kritik fest, dass die Gipfel-Entscheidungen falsch waren. „Wenn man den Beschluss liest, steht doch da drin, dass in Zukunft Banken direkt Geld aus dem Rettungsschirm beantragen dürfen, nicht per Umweg über ihre Länder, sodass wir dann auf einmal auch für die Schulden der Banken in den Schuldnerländern haften müssen“, sagte er im RBB-Inforadio. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Unmut in Berliner Koalition über Seehofer
Berlin/München (dapd). In der Berliner Koalition sorgen die umstrittenen Äußerungen des CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer zum Kurs der Bundesregierung bei der Euro-Schuldenkrise weiter für Unmut. Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) vermied am Freitag zwar direkte Kritik am bayerischen Ministerpräsidenten. Er warnte aber vor einem schlechten Erscheinungsbild des schwarz-gelben Regierungsbündnisses. Offene Attacken auf Seehofer kamen aus der FDP. Kauder sagte der „Süddeutschen Zeitung“, der CSU-Chef formuliere „seine Vorstellungen und Bedingungen“ und fügte hinzu: „Das machen andere auch. Ich bin allerdings der Meinung: Es wäre besser, wenn wir in diesem Sommer mit unseren Wählerinnen und Wählern mehr darüber reden würden, was wir geleistet haben.“ Kauder betonte: „Das hilft uns mehr, als wenn wir immer nur den Eindruck erwecken, im Streit zu liegen.“ Er mahnte mit Blick auf Spekulationen, dass für Seehofer im nächsten Jahr vor allem die Landtagswahl in Bayern, aber nicht so sehr die Bundestagswahl wichtig sein könnte: „Eine Mannschaft, die deutscher Meister werden will, muss die Heim-, aber auch die Auswärtsspiele gewinnen.“ Deutlicher wurde FDP-Generalsekretär Patrick Döring. Er sagte der „Aachener Zeitung“: „Innerhalb der Unionsparteien muss ein Mediationsverfahren beginnen. Ich kann jedenfalls nicht verstehen, dass CSU-Chef Seehofer in einer historischen Stunde Europas die Koalition infrage stellt.“ Seehofer hatte am Dienstag in einem Interview die Ergebnisse des jüngsten EU-Gipfels in Brüssel kritisiert. Auf die Frage, ob er wegen der Euro-Schuldenkrise die schwarz-gelbe Koalition in Berlin platzen lassen würde, antwortete er: „Die CSU würde einen Weg, der sich von unseren Grundsätzen entfernt, jedenfalls nicht mittragen. Und die Koalition hat ohne die Stimmen der CSU keine Mehrheit.“ Später stellte Seehofer klar, dies bedeute keine Drohung mit einem Bruch des Regierungsbündnisses. Nordrhein-Westfalens FDP-Chef Christian Lindner sagte der in Bielefeld erscheinenden „Neuen Westfälischen“: „Bei Horst Seehofer habe ich bisweilen den Eindruck, dass er geprägt ist von der bayerischen Landtagswahl.“ Europa sei aber „für unsere Zukunft zu wichtig, als dass man es der Wahlkampf-Folklore überlassen könnte“. Der Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Rainer Brüderle setzt jedoch auf die Vernunft der CSU. Er sagte im Deutschlandfunk: „In Bayern ist das Temperament unterschiedlich.“ Auch Seehofer habe „seine eigene Art zu artikulieren“. Am Schluss sei jedoch „entscheidend, dass man einen kühlen Kopf bewahrt“. Brüderle fügte hinzu: „Und ich habe keinen Zweifel, dass am Schluss, wenn es darauf ankommt, Horst Seehofer steht wie in der Vergangenheit auch.“ Der CSU-Chef sei bislang ein verlässlicher Partner in der Koalition gewesen, „wenn es konkret wurde“. dapd (Politik/Politik)
Mehr als nur Händeschütteln
Koblenz (dapd-rps). Beim Wort „Integration“ kennt Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière keinen Spaß. Als der stellvertretende Kommandeur des Zentrums für Innere Führung in Koblenz, Kapitän zur See Hans-Joachim Liedtke, am Donnerstag seinen Vortrag über die Arbeit des Zentrums beenden will, meldet sich der CDU-Politiker zu Wort: „Kann ich noch einmal die erste Folie sehen“, sagt er in bestimmten Ton. Liedtke spult zurück. Auf der Folie steht, dass es eine Aufgabe des Zentrums sei, die Bundeswehr in die Gesellschaft und den Staat zu integrieren. „Die Bundeswehr ist doch kein Fremdkörper, der integriert werden muss“, sagt de Maizière harsch. Migranten müssten integriert werden, aber doch nicht die Bundeswehr. Er regt an, das Wort Integration „zu überdenken“ und künftig einen anderen Begriff zu wählen. Später führt er aus, die Bundeswehr sei doch längst „in der Mitte der Gesellschaft angekommen“. Spätestens jetzt wird den Anwesenden klar: Die Sommerreise des Ministers ist mehr als nur Händeschütteln und schön Lächeln. Bis zum 10. August wird de Maizière rund 20 Bundeswehr-Standorte in der Republik bereisen und sich ein eigenes Bild vor Ort machen. In Koblenz wollte er sich unter anderem über die Ausbildung von militärischem Führungspersonal informieren, bei der sich seit vergangenem Jahr manches verändert hat. So können sich erfahrene Soldaten erstmals im richtigen Umgang mit Versehrten und Hinterbliebenen schulen lassen. In einem 14-tägigen Seminar werden die Soldaten zu sogenannten Lotsen ausgebildet. Ihre Aufgabe ist es, verwundeten Kameraden im Ernstfall zur Seite zu stehen. Sie sollen unter anderem bei Behördengängen, der Suche von passenden Hilfsangeboten und der psychologischen Betreuung helfen. „Bis zum vergangenen Jahr mussten all diese Aufgaben vom Vorgesetzten des Betroffenen übernommen werden“, sagt Ausbildungsleiter Stephan Scherer. Diese hätten jedoch selten die nötige Zeit für die Arbeit gehabt. „Die Betreuung eines Versehrten ist sehr zeitaufreibend“, sagt er. Deshalb sei auf Initiative des Verteidigungsministeriums und des Bundeswehrverbandes das „Lotsen“-Programm ins Leben gerufen worden. Und die Nachfrage danach ist groß: Seit die Kurse in Koblenz angeboten werden, kann sich das Zentrum vor Anfragen kaum retten. „Wir haben schon eine lange Warteliste“, sagt Scherer. Einer der Kursteilnehmer ist Stabsfeldwebel Knut Kistner. Schon länger war dem 44-Jährigen das Betreuungsdefizit aufgefallen: „Da liefen viele Sachen schief“, erzählt er. Als er vor gut zwei Jahren einen in Afghanistan verwundeten Kameraden durch seine Leidenszeit begleitet habe, seien ihm die anderen Soldaten aufgefallen, die keine Hilfe hatten. „Ich wurde immer wieder von Einzelpersonen angesprochen, schließlich habe ich dem Krankenhaus meine Hilfe ehrenamtlich angeboten“, berichtet er. Jetzt sei er froh, dass sich gezielt um die Versehrten gekümmert werde. Auch de Maizière, selbst gerade erst von einem Blitzbesuch bei den Truppen in Afghanistan zurückgekehrt, zeigte sich zufrieden mit dem neuen Angebot. „Wir mussten erst lernen, mit Dingen wie Posttraumatischen Belastungsstörungen umzugehen“, sagte der Minister. „Gott sei Dank“ sei diese Phase überwunden und die Betroffenen könnten inzwischen auf qualifizierte Unterstützung zurückgreifen. „Ziel muss es sein, künftig allen Soldaten dabei zu helfen, in ihr altes Leben und den Beruf zurückzufinden“, sagt Scherer. Zumindest in diesem Fall passte die Sache mit der Integration und der Gesellschaft dann doch. dapd (Politik/Politik)
Bouffier weist Vorwürfe im Zusammenhang mit NSU-Ermittlungen zurück
Wiesbaden (dapd-hes). Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) weist persönliche Anschuldigungen gegen ihn im Zusammenhang mit der Mordserie der Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) zurück. „Die Vorwürfe sind Unsinn, es gibt nichts Neues“, sagte Bouffier am Mittwoch in Wiesbaden. Er nahm damit erstmals persönlich Stellung zum Vorwurf der Verhinderung von Strafverfolgung, den der Vorsitzende des Berliner NSU-Untersuchungsausschusses, Sebastian Edathy (SPD), am Vortag aufgeworfen hatte. Die Berichterstattung sei „weitgehend falsch, es ging nie nur um einen V-Mann“, betonte der Ministerpräsident. Alles Weitere wolle er bei seiner Vernehmung vor dem Ausschuss sagen. „Das Verhalten Edathys richtet sich selbst“, fügte er hinzu. Edathy hatte Bouffier vorgeworfen, in seiner Zeit als hessischer Innenminister die Ermittlungen nach einem NSU-Mord in Kassel behindert zu haben. Bouffier hatte damals sein Veto eingelegt, den zufällig am Tatort anwesenden Verbindungsmann des Verfassungsschutzes zur rechten Szene von Polizei und Staatsanwaltschaft direkt vernehmen zu lassen. Stattdessen waren nur schriftliche Fragen an den V-Mann beantwortet worden. dapd (Politik/Politik)
Seehofer an seinem 63. Geburtstag kampflustig
München (dapd). CSU-Chef Horst Seehofer zeigte keine Spur von Reue, als er am Mittwoch im bayerischen Landtag von Journalisten nach dem Befinden an seinem 63. Geburtstag gefragt wurde. „Ich fühle mich einfach rundum wohl“, antwortete der bayerische Ministerpräsident lächelnd. Er habe Kraft und sei „kampflustig“. Am Dienstag hatte das starke Selbstbewusstsein Seehofers für Irritationen gesorgt. Doch nun versicherte der CSU-Vorsitzende mehrfach, bei seinen umstrittenen Äußerungen zur Euro-Schuldenkrise in einem „Stern“-Interview habe es sich nicht um eine Drohung mit dem Bruch der Berliner Koalition gehandelt. Denn klar sei: „Jeder Parteivorsitzende formuliert gelegentlich, was mit ihm nicht geht.“ Seehofer verwies zudem auf Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP): „Die Leutheusser sagte jede Woche, mit den Stimmen der FDP gibt es diese Vorratsdatenspeicherung nicht. Kein Mensch würde sagen: Die kündigt die Koalition auf.“ Doch bei ihm sei dies anders, nur weil er festhalte: „Ich will keine Schuldenunion und keine bedingungslosen Hilfen.“ Seehofer fügte mit Blick auf die Presseberichte über seine angeblichen Drohungen hinzu: „Wir sind ein Land der Dichter.“ Es gebe Journalisten, „die mir etwas in den Mund legen“. Dies könne er nicht ändern – und sei trotzdem ein fröhlicher Mensch. Der CSU-Chef hatte in dem Interview die Ergebnisse des jüngsten EU-Gipfels in Brüssel kritisiert. Auf die Frage, ob er deshalb die schwarz-gelbe Koalition in Berlin platzen lassen würde, antwortete er: „Die CSU würde einen Weg, der sich von unseren Grundsätzen entfernt, jedenfalls nicht mittragen. Und die Koalition hat ohne die Stimmen der CSU keine Mehrheit.“ Lob von Seehofer gab es für die Gelassenheit von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU): „Der Schäuble hat am professionellsten reagiert – ohne dass er mit mir telefoniert hat. Er hat gesagt, er würde mal vermuten, dass das verzerrt wiedergegeben wurde.“ Auch Merkel habe dies angenommen. Auf die Frage, ob ihm die Kanzlerin trotz des Interview-Wirbels zum Geburtstag gratuliert habe, wollte sich der CSU-Chef nicht konkret äußern. Er antwortete: „Wir sind ständig in freundschaftlicher Begegnung. Ich verrate aber jetzt nicht, mit wem ich heute schon telefoniert habe und von wem ich eine SMS bekommen habe, weil das höchstpersönliche Geschichten sind.“ Kann Merkel denn hoffen, dass Seehofer im neuen Lebensjahr etwas diplomatischer auf der Berliner Bühne auftreten wird als bisher? Der CSU-Chef verneinte: „Ich bleibe so, wie ich bin. Ich werde immer im Ehrenvorstand des Vereins für deutliche Aussprache sein.“ dapd (Politik/Politik)
Gabriel: Bund soll Kommunen um weitere Milliarden entlasten
Berlin (dapd). Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel hat den Bund zur Entlastung der Kommunen aufgefordert. „Der Bund muss sich endlich fair verhalten und die Dinge, die er zu verantworten hat, selbst finanzieren“, sagte Gabriel der Zeitung „Welt am Sonntag“ laut Vorabbericht. „Dafür muss er sparen, steuerliche Subventionen streichen und die Steuern erhöhen: Spitzensteuersatz, Vermögensteuer, Kapitalbesteuerung.“ Gabriel verwies auf die Vereinbarung, dass der Bund jetzt die Kosten der Grundsicherung im Alter in Höhe von rund 4,2 Milliarden Euro selbst bezahlen müsse. „Etwa den gleichen Betrag wollen wir den Kommunen zusätzlich geben“, kündigte er an. dapd (Politik/Politik)
Evonik-Chef Engel greift Seehofers Energiepolitik an
Düsseldorf (dapd). Mit heftiger Kritik hat der Präsident des Verbandes der Chemischen Industrie, Klaus Engel, auf die energiepolitischen Pläne von Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer reagiert. Der CSU-Vorsitzende habe „ja schon damit gedroht, einen eigenen staatlichen Energieversorger zu gründen. Die Bundesregierung muss solche Alleingänge der Bundesländer unbedingt verhindern“, forderte der Chef des Essener Chemiekonzerns Evonik in einem Interview der „Wirtschaftswoche“. Im Zuge der Energiewende müssten nun alle Kräfte gebündelt werden. Daneben griff Engel auch die Bundesregierung für die Umsetzung des Atomausstiegs an. „Es fehlt an einem präzisen Umsetzungsplan, stattdessen werden insbesondere über das Energieeinspeisegesetz EEG Milliardensubventionen in Deutschland ungezielt verstreut. So darf es nicht weitergehen“, forderte er. Er erwarte, dass die Politik Entscheidungen über die künftigen Rahmenbedingungen des Industriestandorts Deutschland „viel umfassender und frühzeitig mit uns erörtert“. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Kumpel beerdigen den Saar-Bergbau
Lebach (dapd). Wehmut, Zorn, Trauer – es ist von allem etwas, was die Stimmung der Bergleute des Nordschachts des Bergwerks Saar derzeit ausmacht. Und immer wieder das Erinnern an das ständige Auf und Ab der vergangenen drei Jahrzehnte. Der Förderturm beim Hoxberg bringt die Förderkörbe bis mehr als 1.700 Meter „unter die Grasnarbe“ – zum wohl tiefsten begehbaren Punkt Europas. Er war Hoffnungssymbol für eine Renaissance der Kohle vor 30 Jahren, daneben die Primsmulde: Symbol für das Ende. Die Erschütterungen, die der Abbau unter dieser Mulde verursachte, waren letztlich der Todesstoß für den Bergbau an der Saar nach 250 Jahren. Am Freitag wird die letzte Kohle gefördert, dann ist Schicht im Schacht. Den Bergleuten Bodo Kunzker und Roland Käufer, beide 46 Jahre alt, werden die Anfeindungen nach der schwersten Erschütterung 2008 ein Leben lang im Gedächtnis bleiben. Bei einem Bäcker habe er keine Brötchen mehr bekommen, sagt Käufer. In Saarwellingen, dem nächsten Ort, seien die Bergleute immer wieder angegriffen worden als diejenigen, die die Schäden verursacht haben. „Das geht einem doch auf die Seele“, sagt Käufer. Man habe sich „schuldig gefühlt“, obwohl man „nur seinem Beruf nachgegangen“ sei, ergänzt Kunzker. Beide hatten, wie auch ihr 44-jähriger Kumpel Jörg Maurer, Anfang der 1980er Jahre im Saar-Bergbau angefangen. Deutschland entdeckte damals als Folge der Ölkrisen seine Kohle wieder. „Bis zu 1.000 Lehrbuben sind damals angefahren“, erinnert sich Maurer. „Geh uff die Grub, unn dann haschde enn sicheren Arbeitsplatz“, habe es damals geheißen. Das war 1983. Sein Vater war Bergmann, seine beiden Söhne haben auch noch „uff de Grub“ ihre Lehre gemacht – als Industriemechaniker. Die Hoffnung auf eine langfristige Bergbauzukunft war schnell dahin. 1997 sei er mit dabei gewesen, als im Streit um die Kohlepolitik der Bundesregierung im Saarland Autobahnen lahmgelegt wurden, in Bonn und Köln die Kumpel machtvoll demonstrierten, berichtet Maurer. Der Kohlekompromiss sei für ihn einer der schönsten Momente gewesen. Aber schon kurz danach „hat man uns nicht mehr in Ruhe gelassen“, sagt Maurer. Von den damals noch drei Gruben blieb zum Schluss das Bergwerk Saar übrig. Es kamen die Querschüsse gegen die Kohlepolitik aus Brüssel. Dann das Beben 2008, „die absolute Katastrophe“, sagt Maurer. Heute ist er mit zuständig für die Verlegung von voraussichtlich 1.400 Saar-Bergleuten vor allem ins nordrhein-westfälische Ibbenbüren. Die haben zwar dann weiter einen Job, aber „da hängen Familien hintendran, Kinder, pflegebedürftige Eltern“. Maurer organisiert auch seinen eigenen Wechsel nach Ibbenbüren mit. Knapp fünf Stunden Fahrt, „wenn ich gut durchkomme“, sagt er. Seine Familie bleibt im Saarland, von seinem Haus aus kann er den Förderturm von Luisenthal sehen, wo er als Lehrling angefangen hat. Etliche dieser Wahrzeichen bleiben wohl erhalten. Aber „Kameradschaft und Zusammenhalt, das muss wachsen, das kann man nicht so weitergeben.“ Kunzker und Käufer werden nicht mehr wechseln müssen. Sie haben, wie viele andere, in den vergangenen Monaten Überstunden und Wochenendschichten gemacht und damit Zeitkontingente aufgebaut, um dann mit Anpassungsgeld in den Vorruhestand zu gehen. Vorher werden sie unter Tage noch aufräumen, Maschinen und vor allem das ölhaltige Material rausholen, „damit nichts ins Grundwasser kommt“. Anschließend will er sich einen 400-Euro-Job suchen, sagt Kunzker. Dann macht sich der Kumpel doch noch Luft über die anstehenden Feierlichkeiten zum Ende des Bergbaus an der Saar: „Jetzt kommen sie alle und wollen was von uns.“ Das hätte ein paar Jahre früher kommen müssen, „dann würden die Leute heute anders drüber denken“. Und Käufer ist sich sicher: In ein paar Jahren würden die Menschen „bereuen, dass sie die Kohle dicht gemacht haben“. Auf die Frage nach den Gefühlen, kurz bevor das Förderband die letzte Kohle am Tageslicht abschüttet, herrscht erstmal sekundenlang Schweigen. Man könne nicht einfach zuschließen, dafür habe der Bergmann „zu viel Herz“, sagen sie. Und Kunzker bekennt: „Man kommt sich dann vor, als würde man auf die eigene Beerdigung gehen.“ dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)