Osnabrück (dapd). Außenminister Guido Westerwelle (FDP) sieht das Ansehen Deutschlands im Ausland durch die „jüngsten Misstöne“ in der Europa-Debatte beschädigt. In der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Donnerstagausgabe) äußerte Westerwelle „ernste Sorgen“ mit Blick auf die scharfe CSU-Kritik an Notenbankchef Mario Draghi und an Griechenland. Auf seinen Auslandsreisen habe er die Wirkung solcher Äußerungen erlebt. „Made in Germany steht für Qualität, Zuverlässigkeit und Respekt“, forderte Westerwelle. Er begrüße sehr, dass CSU-Chef Horst Seehofer diese Haltung ausdrücklich teile. Westerwelle nannte es „nicht gerecht“, Äußerungen von FDP-Chef Philipp Rösler in das große europakritische Konzert hineinzumischen. „Wir alle wissen, dass unsere Arbeitsplätze, unser Wohlstand und auch unsere Selbstbehauptung auf dem globalen Markt vom europäischen Zusammenhalt abhängen“, sagte der Außenminister. Er sehe hier keine Meinungsunterschiede innerhalb der FDP-Spitze. Rösler hatte zuvor am Reformwillen Athens gezweifelt. CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt will, dass Griechenland möglichst schnell die Euro-Zone verlässt. Er hatte zudem Notenbankchef Draghi als „Falschmünzer“ bezeichnet und war danach von Parteichef Seehofer zurückgerufen worden. dapd (Politik/Politik)
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BWL-Vorlesung mit Holger Härter
Stuttgart (dapd-bwb). Würden vor Holger Härter junge Männer und Frauen sitzen, man könnte den ehemaligen Porsche-Finanzvorstand für einen Uni-Professor halten. Geduldig malt er an ein Flipchart ein Schaubild, das die Optionsgeschäfte von Porsche in Zeiten der versuchten Übernahme von Volkswagen veranschaulichen soll. Doch vor ihm sitzt der Vorsitzende Richter Roderich Martis mit seinen Schöffen und Beisitzern. Hier geht es nicht um Ausbildung und Noten. Härter kämpft um seine Glaubwürdigkeit – und seine Freiheit. Er ist wegen Kreditbetrugs angeklagt. Darauf stehen bis zu drei Jahre Haft. Zum Prozessauftakt am Stuttgarter Landgericht erscheint Härter am Mittwoch im dunklen Anzug mit schwarz-weiß gestreifter Krawatte – selbstbewusst und siegessicher. Er werde seine Version „mit meiner gewohnten Gelassenheit vortragen und die Dinge darstellen“, diktiert er den versammelten Journalisten in die Blöcke. 2009 musste er nach 13 Jahren bei Porsche den Hut nehmen, nachdem die Übernahme von VW gescheitert war. Härter hatte das Geschäft mit Optionsgeschäften und Krediten vorbereitet. Galt er zunächst vielen als Finanzgenie, wurde er bald als Zocker verschrien. Jetzt scheint er darauf zu brennen, die Ereignisse klarzustellen. Bei seinem Auftritt im Gerichtssaal ist der 56-Jährige nach außen so gelassen, wie er anfangs beteuerte. Er ist sich keiner Schuld bewusst. „Der Vorwurf macht mich fassungslos“, sagt er. Er habe stets akribisch darauf geachtet, dass seine Aussagen fundiert gewesen seien. „Geschäftspartner zu hintergehen, ist nicht meine Art und Weise“, beteuert er. Alles ein Übersetzungsfehler? Schlampig gearbeitet habe dagegen die Staatsanwaltschaft – so die Quintessenz seines Vortrags. Die Anklagebehörde wirft ihm vor, bei Verhandlungen mit der deutschen Tochter der Bank BNP Paribas über einen Kredit, der zur Übernahme von Anteilen an Volkswagen dienen sollte, falsche Angaben gemacht zu haben. Härter hält seine Angaben für richtig. Die Anklage habe fälschlicherweise den Begriff „Net Purchase Price“ mit „Netto-Liquiditätsbedarf“ übersetzt. Tatsächlich müsse es „Netto-Erwerbspreis“ heißen, den Porsche gegenüber der Bank mit 70 Euro je Stammaktie angegeben habe. Dies hätte zu Kosten von 4,1 Milliarden Euro geführt, hätte Porsche wie angestrebt seine Anteile an VW um 20 Prozent auf über 70 Prozent aufgestockt. Die Anklage geht dagegen davon aus, dass Porsche das Geschäft 5,5 Milliarden Euro gekostet hätte. Härter führt das auf die unterschiedlich verwendeten Begriffe zurück. Haarklein führt der gebürtige Bad Kreuznacher am Flipchart aus, welche Optionen Porsche an Volkswagen hielt. Er geht zwischen Richterbank und dem bald voll beschriebenem Papier auf und ab, doziert über betriebswirtschaftliche Begriffe und bietet am Ende großzügig an: „Ich bin gerne bereit, das noch einmal zusammenzufassen und Ihnen schriftlich zukommen zu lassen.“ Was von seiner Gelassenheit übrigbleibt, wird sich wohl erst im kommenden Jahr herausstellen. Insgesamt sind 20 Prozesstage angesetzt, der letzte im Januar. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Spanien als Wellenbrecher des Euro
Düsseldorf (dapd). Spaniens Wirtschaftsminister Luis de Guindos hat sein Land als „den Wellenbrecher der Eurozone“ bezeichnet. „Ein großer Teil der Schlacht um den Euro“ werde in Spanien geschlagen, sagte er dem „Handelsblatt“ (Dienstagausgabe). Er erlebe dabei „eine enorme Solidarität“. Die Frage, ob Spanien Hilfe des Euro-Rettungschirmes beantragen wird, ließ er offen: „Erst einmal müssen die Bedingungen geklärt sein (…). Die EZB-Ratssitzung diese Woche und die Sitzung der Euro-Finanzminister in zwei Wochen werden da Klärung bringen.“ Am Donnerstag will sich das Leitungsgremium der Europäischen Zentralbank (EZB) mit Anleihekäufen beschäftigen, um die Zinsen zu drücken. Spaniens Zinsen lagen am Dienstag bei 6,725 Prozent. Allgemein werden sieben Prozent als langfristig untragbar angesehen. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Ryanair-Chef vergleicht Flughäfen mit Aldi-Filialen
Düsseldorf (dapd). Der Chef der Billigfluglinie Ryanair, Michael O’Leary, spricht sich für abgespeckte Flughäfen aus. Sie „sollten so sein wie Aldi und Lidl, sich auf das Wesentliche konzentrieren“, sagte O’Leary dem „Handelsblatt“ (Dienstagausgabe). Nach seinen Vorstellungen sollen die Passagiere selbst die Koffer mit ins Flugzeug nehmen. „Wir könnten die Abteilungen loswerden, die sich um verlorenes Gepäck kümmert, zudem die ganzen Transportbänder.“ O’Leary will auch an anderen Stellen sparen. „Derzeit versuchen wir jemanden zu finden, der Tee und Kaffee an Bord sponsert“, sagte er der Wirtschaftszeitung. Ryanair würde dann das Logo auf den Trinkbecher drucken, versprach der Chef der Billigfluggesellschaft. Aber umsonst will er Tee und Kaffee auch dann nicht anbieten. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Grüne suchen Spitzenduo für Bundestagswahl 2013
Berlin (dapd). Die Grünen lassen als erste Partei in Deutschland ihre Basis über die zwei Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl entscheiden. Ein kleiner Parteitag beantragte am Sonntag in Berlin eine Urabstimmung unter den rund 60.000 Mitgliedern. Die Namen der beiden Kandidaten sollen am 10. November bekannt gegeben werden. Mit der Urwahl soll das monatelange Gezerre um die Spitzenposten beendet werden. Bundesgeschäftsführerin Steffi Lemke sprach von einem „Novum in der Parteiengeschichte“. Bis 16. September können sich Bewerber melden. Bislang haben bereits vier namhafte Politiker und zwei Außenseiter ihren Hut in den Ring geworfen. Neben der Parteivorsitzenden Claudia Roth sind das die Fraktionschefs Renate Künast und Jürgen Trittin sowie die Vizepräsidentin des Bundestags, Katrin Göring-Eckardt. Beworben haben sich auch Werner Winkler aus Baden-Württemberg und Franz Spitzenberger aus Bayern. Der Wahlkampfspitze der Grünen muss laut Satzung mindestens eine Frau angehören. Roth sieht Urwahl als Vorentscheidung für Parteitag In der ZDF-Sendung „Berlin direkt“ verband Roth den Ausgang der Urwahl mit ihrem Verbleib im Parteivorsitz. „Natürlich braucht auch eine Bundesvorsitzende großen Rückhalt in der Partei“, sagte sie. Die Mitglieder müssten entscheiden, ob sie ihre Vorsitzende für den Wahlkampf brauchen können. „Und wenn die Partei sagt: nein – dann ist es ein Signal zum Loslassen“, betonte Roth. Die Grünen wählen auf dem Bundesparteitag Mitte November in Hannover ihre Führungsspitze neu. Roth, die die Partei mit Unterbrechung seit 2001 führt, will eigentlich erneut kandidieren. Auch ihr Ko-Vorsitzender Cem Özdemir will wieder antreten. Im kommenden Jahr werden nicht nur ein neuer Bundestag, sondern in Niedersachsen, Hessen und Bayern auch neue Landtage gewählt. Roth warb für eine faire Auseinandersetzung mit dem Ziel, im Bund Schwarz-Gelb durch Rot-Grün abzulösen. Die Grünen müssten im Wahlkampf aber klare Konturen und Eigenständigkeit auch gegenüber der SPD zeigen. Und der CSU, die „schmutzig, höhnisch, diffamierend und unter der Gürtellinie“ im Wahlkampf punkten wolle, müssten die Grünen ihre „bürgerlichen Tugenden“ entgegensetzen. Trittin: Ich kann Energiewende Fraktionschef Trittin will seine Erfahrung als früherer Bundesumweltminister in die Waagschale werfen, um einer der beiden Spitzenkandidaten zu werden. Er sei jemand, „der Energiewende kann“ und dafür streite, ökologisch schädliche Subventionen abzubauen, sagte Trittin ebenfalls in der ZDF-Sendung „Berlin direkt“. „Und dass ich jemand bin, der so was nicht nur verspricht, sondern im Zweifelsfall auch in harten Konflikten durchsetzen kann“, fügte er hinzu. Offen ließ der Fraktionschef, ob er dieses Amt fortführt, wenn er bei der Urwahl unterliegen sollte. Er wolle gewinnen und sei zuversichtlich, dass er „gewisse Chancen“ habe. Die Energiewende ist für die Grünen ein zentrales Wahlkampfthema. Auf dem kleinen Parteitag warf Trittin Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor, das Markenzeichen ihrer Politik sei die 180-Grad-Wende. Sie setze das Gegenteil von dem um, was sie einmal versprochen habe. Künast sagte, der Atomausstieg nach dem Reaktorunfall in Fukushima und die Energiewende mit allen ihren Facetten seien für die Bundesminister immer ein rotes Tuch gewesen: „Sie wollen die Energiewende nicht.“ Özdemir erklärte, Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU), sei mit seiner Kritik, die erneuerbaren Energien wüchsen zu schnell, „zum Zwillingsbruder von Bundeswirtschaftsminister Rösler mutiert – quasi gleich nach der Geburt getrennt“. dapd (Politik/Politik)
Schönbohm hat Lob und Kritik für Rot-Rot übrig
Potsdam (dapd). Brandenburgs ehemaliger Innenminister und Vize-Regierungschef Jörg Schönbohm ist am Sonntag 75 Jahre alt geworden. Der CDU-Ehrenvorsitzende hat nach seinem Schlaganfall im März noch mit Nachwirkungen zu kämpfen. Er habe noch sprachliche Defizite und Probleme beim Greifen, sagte Schönbohm der „Märkischen Allgemeinen“ (Samstagausgabe). Er fange aber gerade wieder an, Tennis zu spielen und Rad zu fahren. Schönbohm war 2009 in Pension gegangen, nachdem die SPD die CDU als Regierungspartner aufgegeben und erstmals ein Bündnis mit der Linken geschmiedet hatte. Doch auch danach mischte sich der Pensionär noch in die brandenburgische und die bundesweite Politik ein. Momentan sei er nur Beobachter. Es gehe aber in kleinen Schritten vorwärts und er wolle sich auch künftig noch politisch einbringen. In seinen Ansichten und Äußerungen sei er nicht milder geworden, sagte Schönbohm. Manche Dinge sehe er aber heute anders. Brandenburg habe sich ja auch weiterentwickelt. Vor allem in den ländlichen Regionen habe sich eine Menge getan, viele Dörfer seien kaum wiederzuerkennen. Und in den Städten – vor allem in Potsdam – habe sich wieder ein Bürgertum entwickelt, das sich in öffentlichen Belangen engagiere. Der CDU-Ehrenvorsitzende lobt Rot-Rot Erneut kritisierte Schönbohm die Art, wie SPD-Landeschef und Ministerpräsident Matthias Platzeck der CDU im Jahr 2009 den Stuhl vor die Tür stellte. Doch nach knapp drei Jahren Rot-Rot räumte der CDU-Politiker zugleich Erfolge der rot-roten Regierung ein: „Die Ergebnisse etwa in der Wirtschaft zeigen in der Tat, dass Rot-Rot erstaunlich gute Politik macht.“ Bei der Polizeireform hingegen habe Rot-Rot Fehler gemacht. Der Abbau weiterer 1.900 Stellen sei hoch problematisch. Lob und Kritik hatte Schönbohm auch für die derzeitige Partei- und Fraktionsvorsitzende Saskia Ludwig übrig. Sie habe die CDU geeint und programmatisch ausgerichtet. Für generelle Einschätzungen sei es aber zu früh, abgerechnet werde bei der Landtagswahl 2014. Die Medienschelte, die Ludwig vor wenigen Tagen betrieb, teilte Schönbohm nicht. „Bei allem Ärger, den Politiker mit Medien gelegentlich mal haben, geht das meines Erachtens zu weit. Es hilft der CDU auch nicht“, sagte er. Ludwig hatte in einem Beitrag für die rechtspopulistische Zeitschrift „Junge Freiheit“ einigen brandenburgischen Medien eine von der SPD-Staatskanzlei gelenkte Meinungsmanipulation vorgeworfen. Ludwig lässt kein gutes Haar an der Koalition Anlass für Ludwigs Namensartikel war der 75. Geburtstag Schönbohms. Sie würdigte dessen „unerbittlichen Kampf gegen die Täter der SED-Diktatur, die bis heute in Brandenburg an den Hebeln der Macht sitzen“ und sein Eintreten gegen den „politisch korrekten Gleichmachungs- und Gleichschaltungswahn, der unsere Freiheit, Individualität und Tradition zerstören möchte“. Ludwig kehrt am Montag aus dem Mutterschutz zurück. Am Sonntag warf sie Platzeck vor, er wolle das SED-Unrecht nicht aufklären. Hintergrund war die Debatte über Straßennamen. Ludwig hatte bereits mehrfach kritisiert, dass unter anderem eine Straße in Groß Glienicke nach einem Stalinisten benannt sei. Sie begrüßte, dass nun Anwohner eine Umbenennung der Kurt-Fischer-Straße in „Amt Gutstor“ bewirkt hätten. Platzeck habe das nicht als Aufgabe der Landesregierung betrachtet. Es sei jedoch eine notwendige Aufklärungs- und Bildungsarbeit, sich mit Straßennamen auseinanderzusetzen, die für die diktatorische Vergangenheit stünden, sagte Ludwig und fügte hinzu: „Diese notwendige Aufgabe scheut Platzeck ebenso wie sein Koalitionspartner, der die Verantwortung für die sozialistische Diktatur trug.“ dapd (Politik/Politik)
Steinmeier gegen Urwahl zur Kanzlerkandidatur
Berlin (dapd). SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier ist dagegen, den Kanzlerkandidaten seiner Partei per Urwahl zu küren. „Ich denke, wir schaffen das ohne Urwahl“, sagte Steinmeier der „Welt am Sonntag“. Sigmar Gabriel habe als Parteivorsitzender das Recht, einen Vorschlag zu machen. Er sei sicher, dass er sich davor „mit dem einen oder anderen besprechen“ werde. Steinmeier warnte vor einer raschen Kandidatenkür. Bis zur Wahl im September 2013 sei es noch „eine sehr lange Strecke“. Die SPD wolle ihren Kanzlerkandidaten „Ende Januar bestimmen“. dapd (Politik/Politik)
SPD-Politiker Wolfgang Thierse war gern Ossi-Bär
Berlin (dapd). Er war das bärtige Gesicht der Ost-SPD, von der „Titanic“ liebevoll-spöttisch auch „Ossi-Bär“ genannt. Jetzt verrät Wolfgang Thierse, der 2013 nach mehr als zwei Jahrzehnten aus dem Bundestag ausscheidet, dass er ganz gern diese Figur war. Gegenstand von Karikaturen zu werden, sei für einen Politiker ja „nicht das Übelste“, zeige es doch, dass man bekannt sei, sagte Thierse dem „Tagesspiegel am Sonntag“. Im Buch „Die Roten Strolche“ habe er im Übrigen als „Ossi-Bär“ fungiert, der „immer etwas Süßes abfassen wollte“. dapd (Politik/Politik)
Norbert Walter ist tot
Frankfurt/Main (dapd). Der bekannteste Ökonom Deutschlands ist tot: Der frühere Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Norbert Walter, starb am Freitag, wie seine Tochter Jeannette Zimmermann betätigte. Er betrieb mit ihr eine Beratungsfirma bei Frankfurt. Der 67-Jährige sei am Morgen gestorben, die Ursache stehe noch nicht fest, sagte sie. Walter hatte 2009 frühzeitig das Schrumpfen der deutschen Wirtschaft um fünf Prozent vorhergesagt. Die Bundesregierung hatte ihn dafür scharf kritisiert. Am Jahresende aber stimmte die Zahl. Walter war von 1990 bis 2009 Chefvolkswirt des größten deutschen Geldhauses. In dieser Rolle machte er sich als engagierter und medienwirksamer Anhänger der Marktwirtschaft einen Namen. Er trat stets ein für niedrige Steuern, einen Rückzug des Staates aus der Wirtschaft und kritisierte den in seinen Augen überbordenden Wohlfahrtsstaat. Der Volkswirt hatte zahlreiche öffentliche Auftritte und schrieb mehrere Bücher, zuletzt „Wer soll das bezahlen?“ über die Wirtschaftskrise. Auch nach seinem Abschied von der Deutschen Bank blieb Walter in den Medien präsent, etwa mit einer Kolumne in der „Berliner Zeitung“ oder in einer Sendung beim Fernsehsender n-tv. Walters erfolgreiche Prognose für 2009 bestätigte seinen Ruf, wirtschaftliche Einbrüche treffsicher zu prognostizieren. Erstmals war ihm das während des Abschwungs 1979/80 gelungen. Der Ökonom mahnte bereits die schwarz-gelbe Regierung Helmut Kohls zu einer „Entfesselung der Marktwirtschaft“. Er kritisierte, dass die deutsche Einheit nicht für eine umfassende Deregulierungs- und Privatisierungsoffensive genutzt wurde. Nach dem Abitur studierte Walter Volkswirtschaft in Frankfurt am Main, 1971 wurde er promoviert. Fortan forschte er am Institut für Weltwirtschaft in Kiel, wo er bereits 1975 die Leitung der Forschungsgruppe Nationale und Internationale Konjunktur übernahm. Aus der Forschung wechselte er 1987 zur Deutschen Bank, wo er schnell zum Chefvolkswirt aufstieg. 2009 schied er altersbedingt aus. Sein Nachfolger wurde Thomas Mayer. Walter war praktizierender Katholik und bis zuletzt Mitglied des Zentralkomitees der deutschen Katholiken. Er hinterlässt seine Frau und zwei erwachsene Töchter. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Polizist will sich gegen Neonazi-Vorwürfe gerichtlich wehren
Erfurt (dapd). Ein der Zusammenarbeit mit Neonazis verdächtigter Polizist aus Thüringen will sich gerichtlich gegen die Vorwürfe zur Wehr setzen. Er sei ein Bauernopfer und Spielball der Politik, schrieb der Beamte in einem Brief an die NSU-Untersuchungsausschüsse des Bundestags und des Thüringer Landtags, aus dem die „Thüringer Allgemeine“ zitiert (Freitagsausgabe). Sein Name werde durch den Dreck gezogen, weil Politiker über den Verdacht redeten, als sei er bewiesen. Er habe an Eides statt versichert, dass keiner der Vorwürfe zutreffe. Dennoch habe ihn das Innenministerium aus dem Verfassungsschutz, wo er zuletzt arbeitete, zurück in den Polizeidienst versetzt. Der Polizist soll Medienberichten zufolge das Umfeld der NSU-Terroristen in den 1990er Jahren möglicherweise über geheime Aktionen der Sicherheitsbehörden informiert haben. Der Thüringer Verfassungsschutz hatte bereits mitgeteilt, dass Ermittlungen den Verdacht nicht bestätigt hätten. dapd (Politik/Politik)