Berlin (dapd). Die FDP im Bund stellt sich mit Blick auf eine Finanzspritze für den finanziell in Not geratenen Berliner Großflughafen quer. „Ich sehe keine Möglichkeit, neues Geld nachzuschießen“, sagte der liberale Haushaltsexperte Jürgen Koppelin am Freitag der Nachrichtenagentur dapd in Berlin. Er fügte hinzu: „Bei dem Chaos im Management der Flughafengesellschaft kann es aus meiner Sicht kein weiteres Geld geben.“ Nach einem Bericht der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ plant jedoch das Bundesfinanzministerium gemeinsam mit den Ländern Berlin und Brandenburg eine Kapitalerhöhung von rund einer halben Milliarde Euro sowie ein Gesellschafterdarlehen, um dem neuen Hauptstadtflughafen aus der Klemme zu helfen. Sprecher des Finanz- und des Verkehrsministeriums wollten sich dazu am Freitag nicht konkret äußern und verwiesen auf die nächste Aufsichtsratssitzung der Flughafengesellschaft am 14. September, in der die „Finanzierungsfragen“ behandelt würden. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) nannte derweil den Bericht über eine Kapitalerhöhung eine „reine Spekulation“. Die darin genannte Summe von einer halben Milliarde sei falsch, sagte Wowereit, der Vorsitzender des Aufsichtsrats der Flughafengesellschaft ist. Die für Juni geplante Eröffnung des Airports war wegen technischer Mängel auf den 17. März 2013 verschoben worden. Ob dieser Termin eingehalten werden kann, ist unklar. Wowereit steht aufgrund der Pannenserie stark in der Kritik. Der FDP-Haushaltsexperte Koppelin hegt allerdings auch ganz grundsätzliche Zweifel an weiteren Hilfen für den Flughafen: „Man muss mir mal erklären, wo denn das Geld herkommen soll. Eine Finanzspritze würde ja auch Kürzungen im Verkehrsetat an anderer Stelle nach sich ziehen.“ Die FDP wolle auf der Haushaltsklausur der Regierungsfraktionen am Mittwoch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zu einer Senkung der Neuverschuldung bewegen. dapd (Politik/Politik)
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Gestrenge Forderungen an Samaras
Berlin (dapd). Kein Empfang mit offenen Armen: Griechenlands Ministerpräsident Antonis Samaras scheint in Deutschland auf zugeknöpfte Gastgeber zu treffen. Europaparlamentspräsident Martin Schulz (SPD) pochte vor Samaras‘ Besuch bei Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf Reformen in Griechenland. Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) sprach sich gegen schnelle Zugeständnisse an Athen aus. Niedersachsens Wirtschaftsminister Jörg Bode (FDP) lehnte zusätzliche Hilfen ab. Linksparteivize Sahra Wagenknecht forderte eine europäische Schuldenkonferenz. Samaras hatte angekündigt, er wolle in Berlin dafür werben, seiner Regierung mehr Zeit zum Erreichen der vereinbarten Ziele zu geben. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Vizekanzler Philipp Rösler (FDP) lehnten dies ab. Schulz sagte, er erwarte, dass Samaras‘ Regierung Reformen anpacke. „Wir können über eine zeitliche Streckung der Auflagen für Griechenland sprechen, wenn die Troika echte Reformanstrengungen attestiert. Nur dann“, sagte Schulz der „Passauer Neuen Presse“. Allerdings sei es völlig verfehlt, an Griechenland ein Exempel statuieren oder das Land aus der Euro-Zone hinauswerfen zu wollen. Der Bericht der Troika aus EU, EZB und Internationalem Währungsfonds über Griechenland wird für September erwartet. Scholz sagte dem „Hamburger Abendblatt“, es sei Aufgabe der EU, darüber zu urteilen, ob Griechenland sich auf den vereinbarten Weg gemacht habe und welche Handlungsspielräume auf diesem Pfad bestünden. Bode kündigte das Veto seines Landes im Bundesrat gegen zusätzliche Zahlungen an Griechenland an. „Ein weiteres Hilfspaket wird Niedersachsen im Bundesrat nicht billigen“, sagte er dem Blatt. In Niedersachsen stünden 55 Steuerbeamte bereit, nach Griechenland zu gehen und um dort beim Aufbau einer funktionierenden Finanzverwaltung zu helfen. Wagenknecht sagte der Düsseldorfer „Rheinischen Post“: „Wir brauchen eine europäische Schuldenkonferenz, auf der ohne Tabus multilateral über eine Gesamtlösung der Schuldenkrise geredet wird.“ Bilaterale Gespräche brächten auf Dauer nichts. „Wir schlagen eine einmalige fünfzigprozentige Vermögensabgabe der griechischen Millionäre und eine teilweise Zweckbindung der Hilfen für Anti-Armuts-Programme vor“, sagte sie. Steuerzahlerbundspräsident Rainer Holznagel forderte: „Angela Merkel muss klare Kante zeigen.“ Bisher habe jedes Entgegenkommen zu weiteren Nachforderungen der Griechen geführt, denen zulasten des deutschen Steuerzahlers entsprochen worden sei. Samaras‘ Versprechen, Griechenland werde die Notkredite von mehr als 100 Milliarden Euro zurückzahlen, beurteilte Holznagel skeptisch. „Bislang hat es keine der griechischen Regierungen geschafft, ihre zahlreichen Chancen zu nutzen. Auch Samaras hat sich noch nicht mit Ruhm bekleckert“, sagte er. Die „Financial Times Deutschland“ (Freitagausgabe) berichtete vorab, im Bundesfinanzministerium berechne eine etwa zehnköpfige Arbeitsgruppe unter Leitung von Staatssekretär Thomas Steffen finanzielle Folgen eines möglichen griechischen Austritts aus der Euro-Zone. Auch überlege sie, wie sich ein Dominoeffekt auf die anderen Euro-Staaten verhindern lasse. Beteiligt seien Experten aus den Abteilungen Finanzmarkt, Europa, Haushalt und Grundsatzfragen. Schäubles Sprecher sagte der Zeitung, es sei richtig, dass sich eine Regierung auf alle Szenarien vorbereite, auch auf unwahrscheinliche. dapd (Politik/Politik)
Zustimmung im Ethikrat für Betäubungsvorschrift bei Beschneidungen
Berlin (dapd). Im Streit um religiöse Beschneidungen von Jungen zeichnet sich im Deutschen Ethikrat eine Mehrheit für eine gesetzliche Erlaubnis mit Betäubungsvorschrift ab. In einer öffentlichen Sitzung des Beratergremiums von Bundestag und Bundesregierung sprachen sich am Donnerstag Juristen, Theologen und Mediziner für eine solche rechtliche Regelung aus. Auch der jüdische Vertreter im Ethikrat, der Medizinprofessor Leo Latasch, zeigte sich offen für lokale Betäubungen. Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) reagierte entsetzt. Latasch sowie das muslimische Mitglied im Ethikrat, der Mainzer Medizinethiker Ilhan Ilkilic, hoben die herausragende Bedeutung der Beschneidung im Verständnis beider Religionen hervor. Der Kölner Strafrechtsprofessor Wolfram Höflin plädierte für „eine Anerkennung der Beschneidung als Elternrecht“, allerdings unter der Bedingung, dass diese „fachgerecht“ und „schmerzvermeidend“ vorgenommen werde. Latasch betonte, die Gabe von „Zäpfchen gegen Schmerzen“, betäubenden Salben sowie „Lokalanästhetika im Lendenbereich“ seien in Deutschland bei Beschneidungen bereits heute üblich. Er verwies zugleich darauf, dass es „keine einzige Untersuchung“ gebe, die nachweise, dass eine Beschneidung zu einem Trauma führe. Er zeigte sich überzeugt davon, dass das Bundesjustizministerium einen für Juden zustimmungsfähigen Vorschlag vorlegen werde. Der Hamburger Rechtswissenschaftler Reinhard Merkel betonte in der Sitzung, eine Beschneidung ohne Betäubung halte er „für rechtlich wie ethisch inakzeptabel“. Diese dürften nicht erlaubt werden. Er fügte hinzu, „ohne Anästhesie ist eine Beschneidung nicht nur schmerzhaft, sondern qualvoll“. Aus seiner Sicht wäre nur eine Vollnarkose „wirklich effizient“. Diese sei aber nach einhelliger medizinischer Überzeugung für Neugeborene zu gefährlich sei. Merkel äußerte sich grundsätzlich skeptisch zu einem Recht auf frühkindliche Beschneidung. Er warnte vor einem „jüdisch-muslimischen Sonderrecht“ und einem „Sündenfall des Rechtsstaates“. Der Ärzteverband BVKJ sprach von einem Skandal. „Kindeswohl und das Recht der Kinder auf körperliche Unversehrtheit haben bei der heutigen Entscheidung offenbar keine Rolle gespielt“, sagte BVKJ-Präsident Wolfram Hartmann. Das erst im Januar in Kraft getretene Bundeskinderschutzgesetz schütze muslimische und jüdische Kinder nicht. „Ihr Recht auf körperliche Unversehrtheit ist offenbar zweitrangig. Das ist ein Skandal“, sagte Hartmann weiter. Umstrittenes Gerichtsurteil Das Kölner Landgericht hatte Ende Juni die Beschneidung von Jungen als strafbare Körperverletzung gewertet, selbst wenn die Eltern einwilligen. Das Bundesjustizministerium will im Auftrag des Bundestages im Herbst eine Gesetzesinitiative vorlegen, die religiöse Beschneidungen unter Auflagen erlaubt. Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) hatte am Mittwoch für eine „angemessene Betäubung bei der Beschneidung“ plädiert. Der stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, der evangelische Theologe Peter Dabrock, forderte ebenfalls „nachgewiesen wirksame schmerztherapeutische Maßnahmen“. Zugleich bemängelte er, dass die öffentliche Debatte „wenig bis kein Verständnis“ für die „existenzielle Bedeutung von Religion“ zeige. In einem dapd-Interview verlangte er, die vom Bundestag angestrebte gesetzliche Regelung müsse „einen Ausgleich zwischen medizinischen und rituellen Erfordernissen“ schaffen. Der ehemalige Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland, Altbischof Wolfgang Huber, warb im ZDF dafür, die Frage eines Betäubungsgebotes wie eine rechtliche Regelung überhaupt „in Ruhe zu diskutieren“. Ein Ausweg aus dem Streit „wäre, sicherzustellen, dass die Belastung für das Kind so gering wie möglich ist“. Das Ethikratsmitglied mahnte zugleich, man könne sich nicht einfach darüber hinwegsetzen, wenn sich jüdische Eltern dem religiösen Gebot der Beschneidung verpflichtet fühlten. dapd (Politik/Politik)
CDU-Vize Schavan schweigt zu möglichen Nachfolgern
Ulm (dapd). CDU-Vize und Bundesbildungsministerin Annette Schavan hält sich aus der Debatte über die Nachbesetzung ihres Parteipostens heraus. „Wer aus einem Amt geht, schweigt zur Nachfolge. Das ist ein ungeschriebenes Gesetz, an das ich mich halte“, sagte sie der Ulmer „Südwest Presse“ (Freitagausgabe). Schavan regte angesichts der Rivalitäten zwischen den Landesverbänden um den Posten an, die Parteispitze zu erweitern. „Die Zahl vier bei den Vizes ist kein Dogma“, sagte sie. Denkbar seien beispielsweise auch fünf stellvertretende CDU-Vorsitzende. Nach Schavans Ankündigung, auf dem Parteitag im Dezember nicht wieder zu kandidieren, war eine Diskussion um die Besetzung des Vizepostens entbrannt. Die rheinland-pfälzische CDU-Chefin Julia Klöckner erhielt eine starke Ermutigung für eine Kandidatur. Der Landesverband Baden-Württemberg, dem Schavan angehört, reklamierte den Stellvertreterposten jedoch ebenfalls für sich. dapd (Politik/Politik)
Zustimmung im Ethikrat für Betäubungsvorschrift bei Beschneidungen
Berlin (dapd). Im Deutschen Ethikrat zeichnet sich beim Streit um religiöse Beschneidungen von Jungen eine Mehrheit für eine gesetzliche Erlaubnis mit Betäubungsvorschrift ab. In einer öffentlichen Sitzung des Beratergremiums von Bundestag und Bundesregierung sprachen sich am Donnerstag Juristen, Theologen und Mediziner für eine solche rechtliche Regelung aus. Auch der jüdische Vertreter im Ethikrat, der Medizinprofessor Leo Latasch, zeigte sich offen für lokale Betäubungen. Latasch sowie das muslimische Mitglied im Ethikrat, der Mainzer Medizinethiker Ilhan Ilkilic, hoben zugleich die herausragende Bedeutung der Beschneidung im Verständnis beider Religionen hervor. Der Hamburger Rechtswissenschaftler Reinhard Merkel betonte in der Sitzung, eine Beschneidung ohne Betäubung halte er „für rechtlich wie ethisch inakzeptabel“. Diese dürften nicht erlaubt werden. Er fügte hinzu, „ohne Anästhesie ist eine Beschneidung nicht nur schmerzhaft, sondern qualvoll“. Aus seiner Sicht wäre nur eine Vollnarkose „wirklich effizient“. Diese sei aber nach einhelliger medizinischer Überzeugung für Neugeborene zu gefährlich sei. Merkel äußerte sich grundsätzlich skeptisch zu einem Recht auf frühkindliche Beschneidung. Er warnte vor einem „jüdisch-muslimischen Sonderrecht“ und einem „Sündenfall des Rechtsstaates“. Dem widersprach der Kölner Strafrechtsprofessor Wolfram Höfling. Er plädierte für „eine Anerkennung der Beschneidung als Elternrecht“, allerdings unter der Bedingung, dass diese „fachgerecht“ und „schmerzvermeidend“ vorgenommen werde. Latasch betonte, die Gabe von „Zäpfchen gegen Schmerzen“, betäubenden Salben sowie „Lokalanästhetika im Lendenbereich“ seien in Deutschland bei Beschneidungen bereits heute üblich. Er verwies zugleich darauf, dass es „keine einzige Untersuchung“ gebe, die nachweise, dass eine Beschneidung zu einem Trauma führe. Er zeigte sich überzeugt davon, dass das Bundesjustizministerium einen für Juden zustimmungsfähigen Vorschlag vorlegen werde. Umstrittenes Gerichtsurteil Das Kölner Landgericht hatte Ende Juni die Beschneidung von Jungen als strafbare Körperverletzung gewertet, selbst wenn die Eltern einwilligen. Das Bundesjustizministerium will im Auftrag des Bundestages im Herbst eine Gesetzesinitiative vorlegen, die religiöse Beschneidungen unter Auflagen erlaubt. Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) hatte am Mittwoch für eine „angemessene Betäubung bei der Beschneidung“ plädiert. Der stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, der evangelische Theologe Peter Dabrock, forderte ebenfalls „nachgewiesen wirksame schmerztherapeutische Maßnahmen“. Zugleich bemängelte er, dass die öffentliche Debatte „wenig bis kein Verständnis“ für die „existenzielle Bedeutung von Religion“ zeige. In einem dapd-Interview verlangte er, die vom Bundestag angestrebte gesetzliche Regelung müsse „einen Ausgleich zwischen medizinischen und rituellen Erfordernissen“ schaffen. Der ehemalige Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland, Altbischof Wolfgang Huber, warb im ZDF-„Morgenmagazin“ dafür, die Frage eines Betäubungsgebotes wie eine rechtliche Regelung überhaupt „in Ruhe zu diskutieren“. Ein Ausweg aus dem Streit „wäre, sicherzustellen, dass die Belastung für das Kind so gering wie möglich ist“. Das Ethikratsmitglied mahnte zugleich, man könne sich nicht einfach darüber hinwegsetzen, wenn sich jüdische Eltern dem religiösen Gebot der Beschneidung verpflichtet fühlten. Warnung vor „Beschneidungstourismus“ Latasch unterstrich, die Beschneidung von Jungen am achten Tag nach der Geburt sei „entscheidender Bestandteil“ jüdischer Religionszugehörigkeit. Auch Ilkilic erläuterte, die Beschneidung männlicher Nachkommen sei „eine unverzichtbare und elementare Pflicht für Muslime“. Eine strafrechtliche Ahndung würde Muslime „nicht davon abhalten“. Ilkilic sagte: „Die Konsequenz wäre Beschneidungstourismus.“ Latasch zeigte sich unterdessen in einem dapd-Interview entsetzt über das Diskussionsniveau beim Thema Beschneidung. Ihn habe „völlig überrascht“, wie massiv „offener Antisemitismus und offener Antiislamismus“ zutage getreten seien, sagte das Direktoriumsmitglied im Zentralrat der Juden. Zahlreiche Äußerungen in E-Mails, Briefen und in Blogs seien „richtig unter die Gürtellinie“ gegangen. Unter anderem seien alte Ressentiments wie das des Kinderschänders wiederbelebt worden. dapd (Politik/Politik)
Keine Ausgleichszahlung für Flugausfall wegen Pilotenstreik
Karlsruhe (dapd). Rückschlag für Flugreisende: Bei Flugausfällen wegen eines Pilotenstreiks haben Passagiere grundsätzlich keinen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung. Das entschied der Bundesgerichtshof (BGH) am Dienstag in Karlsruhe. Ein Streik der eigenen Piloten sei für eine Fluggesellschaft in der Regel ein außergewöhnliches und unabwendbares Ereignis, das keine Zahlungspflicht der Airline auslöse. Denn die Entscheidung zum Streik werde von der Arbeitnehmerseite im Rahmen der Tarifautonomie getroffen, erklärte der BGH. Ein Streikaufruf einer Gewerkschaft wirke „von außen“ auf die Fluggesellschaft ein. Zwei Reisende hatten die Deutsche Lufthansa verklagt, weil ihre für Februar 2010 vorgesehenen Flüge von Miami nach Deutschland von der Lufthansa wegen eines Streikaufrufs der Pilotenvereinigung Cockpit annulliert worden waren. In beiden Fällen ging es nicht um Unterstützungsleistungen wie Mahlzeiten oder Hotelunterbringung, die eine Fluggesellschaft bei Annullierung eines Flugs anbieten muss. Vielmehr entschied der BGH nun letztinstanzlich darüber, ob die Lufthansa auch eine pauschale Ausgleichsleistung in Höhe von 600 Euro je Fluggast zu zahlen hatte. Diese Summe sieht die Verordnung der EU über Fluggastrechte grundsätzlich vor, wenn ein Interkontinentalflug annulliert wird. Diese Zahlungspflicht entfällt aber, wenn eine Annullierung auf „außergewöhnliche Umstände“ zurückgeht – also Ereignisse, die sich nicht vermeiden lassen. Die Lufthansa sah im Streik ihrer Piloten ein außergewöhnliches und für sie unabwendbares Ereignis. Zudem habe sie alle zumutbaren Maßnahmen zur Reduzierung der Zahl der annullierten Flüge ergriffen, argumentierte die Airline. Laut BGH sind „außergewöhnliche Umstände“ dann anzunehmen, wenn der Flugplan einer Airline wegen eines Streiks „ganz oder zu wesentlichen Teilen“ nicht wie geplant durchgeführt werden kann. Der 10. Zivilsenat des BGH berief sich dabei auch auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof (EuGH). Maßgeblich sei, „ob die Annullierung auf ungewöhnliche, außerhalb des Rahmens der normalen Betriebstätigkeit des Luftverkehrsunternehmens liegende und von ihm nicht zu beherrschende Gegebenheiten zurückgeht“, heißt es im BGH-Urteil. Dabei spiele es bei einem Streik grundsätzlich keine Rolle, ob der Betrieb der Fluggesellschaft durch einen Tarifstreit zwischen Dritten – etwa beim Flughafenbetreiber oder einer Sicherheitsfirma – oder durch den Ausstand eigener Mitarbeiter beeinträchtigt werde. „Außergewöhnliche Umstände“ können laut EU-Verordnung neben einem Streik auch technische Defekte, politische Instabilität, bestimmte Wetterbedingungen, Sicherheitsrisiken oder unerwartete Flugsicherheitsmängel sein. (Aktenzeichen: BGH X ZR 138/11 und X ZR 146/11) dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Mehr als eine Währung
Frankfurt/Main (dapd). Der Schriftsteller Martin Walser spricht sich vehement für einen Erhalt der Eurozone mit allen 17 Staaten aus. In einem Beitrag für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (Dienstagausgabe) betont der Autor, es sei „ein Horrorszenario“, dass sich „ein europäisches Land vom Euro trennen muss“. Der Euro sei mehr als eine Währung. „Er ist ein Medium der Kommunikation beziehungsweise eine Sprache, die in Europa jeder versteht“, schreibt Walser. Er warnte, ein Rückschritt jetzt „würde das richtige Europa für unvorstellbar viele Jahre auf den Müllhaufen der Geschichte werfen“. Das „richtige Europa“ sei „kein Elite-Club und kein von einer Superbehörde regierter Staatenbund“. Der Autor hob hervor: „Das richtige Europa ist eine Lerngemeinschaft, gegründet auf Freiwilligkeit und Selbstbestimmung.“ „Zum Glück“ sei die Währungsunion riskiert worden, ohne eine fiskalische Union zu schaffen. „Die muss jetzt, nachträglich, geschaffen werden“, fügte Walser hinzu. Das sei eine praktisch lösbare Aufgabe, die nicht mit einer Vision gelöst wird, sondern mit einem Schritt für Schritt zu schaffenden Gesetzeswerk. dapd (Politik/Politik)
Kirstin Fussan ist neue SPD-Landesgeschäftsführerin
Berlin (dapd-bln). Kirstin Fussan ist neue Geschäftsführerin der Berliner SPD. Sie wurde am Montag vom Landesvorstand berufen, wie eine Parteisprecherin mitteilte. Fussan tritt die Nachfolge von Rüdiger Scholz an, der bereits im Mai sein Amt aufgegeben hatte. Mit Fussan führt erstmals eine Frau die Geschäfte der Berliner SPD, die rund 16.500 Mitglieder zählt. Die 50-Jährige, die mit ihrer Lebensgefährtin in Pankow lebt, gehört seit 1989 der Partei an. Sie war unter anderem Bezirksstadträtin und Mitglied des Abgeordnetenhauses. Von 2000 bis 2008 leitete sie zudem die Arbeitsgemeinschaft Lesben und Schwule in der SPD. dapd (Politik/Politik)
Weg vom Schlapphut-Image
Berlin (dapd). Die SPD strebt eine umfassende Reform des Verfassungsschutzes an. Der Inlandsgeheimdienst müsse „wieder fit für die Verteidigung der Demokratie gemacht werden“, forderte der parlamentarische Geschäftsführer der Sozialdemokraten, Thomas Oppermann, am Montag in Berlin. In einem Eckpunktepapier schlägt seine Fraktion vor, die Abteilung Rechtsextremismus und das Gemeinsame Abwehrzentrum gegen Rechtsextremismus (GAR) nach Berlin zu verlagern. Zudem sollte der Einsatz von Informanten auf eine gesetzliche Grundlage gestellt und künftig von einem Kontrollgremium, der G10-Kommission, jeweils geprüft und genehmigt werden. Der CDU-Innenexperte Clemens Binninger nannte die Vorschläge „einen Schnellschuss, der zwar richtige Punkte anspricht, aber viele Konsequenzen komplett außen vor lässt“. Hintergrund sind die Pannen des Verfassungsschutzes im Zusammenhang mit den Ermittlungen zur rechtsextremistischen Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU). Die Terroristen zogen mehr als 13 Jahre unbehelligt von den Sicherheitsbehörden durch die Bundesrepublik und ermordeten zehn Menschen. Für Kritik sorgte darüber hinaus, dass noch nach dem Auffliegen der Gruppe im Bundesamt für Verfassungsschutz Akten zu dem Fall vernichtet worden. Oppermann sagte, der Verfassungsschutz befinde sich „in der schwersten Krise in der Geschichte der Bundespolitik“ und brauche einen Mentalitätswechsel – weg vom „Schlapphut-Image“. Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) müsse sich bei der Vorlage seiner Reformvorschläge daran messen lassen. Einer Standortverlegung der Rechtsextremismusabteilung und des Gemeinsamen Abwehrzentrums nach Berlin erteilte Binninger jedoch bereits eine Absage. „Das wäre falsch und würde keinerlei Nutzen entfalten“, sagte der Obmann der Union im NSU-Untersuchungsausschuss den „Kieler Nachrichten“. Mehr parlamentarische Kontrolle Eine weitere zentrale Forderung der Sozialdemokraten in dem Papier ist eine stärkere Rolle des Bundesamtes für Verfassungsschutz gegenüber den Landesämtern. Allerdings wolle die SPD am Föderalismus festhalten, betonte Oppermann. Eine Zusammenlegung oder Abschaffung der Verfassungsschutzämter der Länder stelle keine Option dar. Ferner müsse es eine effizientere parlamentarische Kontrolle des Verfassungsschutzes geben. So sollte etwa das Kontrollgremium des Bundestages für die Geheimdienste mit mehr Personal ausgestattet und unter die Führung eines leitenden Beamten gestellt werden. Außerdem müsse das Gremium das Recht bekommen, auch Personen einzuladen, die nicht Angehörige der Nachrichtendienste sind, sagte Oppermann. dapd (Politik/Politik)
Ramsauer will alte Kürzel auf Kennzeichen wieder zulassen
Berlin (dapd). Alte Kfz-Kennzeichenkürzel könnten bald eine Renaissance erleben: Das Bundesverkehrsministerium plant, nicht mehr vergebene Kennungen wieder zuzulassen. Allerdings müsse vor einer Wiedereinführung der alten Kürzel zunächst der Bundesrat den Planungen zustimmen, teilte das Ministerium am Montag in Berlin mit. Auf Grundlage einer neuen Verordnung sollen die Bundesländer demnach künftig „auslaufende Unterscheidungszeichen“ – so die amtliche Bezeichnung für die alten, meist Städten und Landkreisen zugeordneten Kürzel – zur Wiederausstellung auswählen können. Das letzte Wort bei der Wiederzulassung hat dann das Bundesverkehrsministerium. Allerdings werde man eine Genehmigung erteilen, sofern die Buchstabenkombination nicht „gegen die guten Sitten verstößt“, teilte das Ministerium mit. Damit wäre es in Zukunft möglich, dass eine Zulassungsstelle verschiedene Unterscheidungszeichen ausstellt. Völlig neue Kürzel soll es den Planungen zufolge auf den Kennzeichen aber nicht geben, wie ein Ministeriumssprecher auf Anfrage der dapd sagte. Es gehe um eine Rahmensetzung, die es erlaube, zusätzlich zu den jetzt gültigen auch alte Kennungen wiederzubeleben. Alte DDR-Kennzeichen sind nach Angaben des Ministeriums allerdings von der Regelung ausgenommen. Mit der Verordnung komme Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) vor allem einem häufig geäußerten Wunsch der Länder und Gebietskörperschaften nach, sagte der Sprecher. Das Ministerium gebe den Ländern damit neuen Spielraum bei der Gestaltung der Kennzeichen. Interesse bei den Ländern Ramsauers Vorschlag sorgt bereits für Interesse bei den Ländern. In Nordrhein-Westfalen haben die Kreise und Kreisfreie Städte nach Angaben des dortigen Verkehrsministers Michael Groschek (SPD) bereits elf historische Kennzeichen zur Wiedereinführung gemeldet. Dazu gehörten unter anderem Wanne-Eickel (WAN), Wattenscheid (WAT), Witten (WIT) und Castrop-Rauxel (CAS). Auch Sachsen-Anhalts Verkehrsminister Thomas Webel (CDU) gab eine grundsätzliche Offenheit für eine Liberalisierung des Kennzeichensystems zu erkennen. Der rheinland-pfälzische Infrastrukturminister Roger Lewentz (SPD) warnte allerdings vor einer „babylonischen Sprachenvielfalt“. Der Präsident des Thüringer Städte- und Gemeindetags, Michael Brychzy, sagte, im Grundsatz sei dies kein schlechter Vorschlag. Allerdings seien schlechte Straßen und mangelnde Umgehungsstraßen größere Probleme in der Verkehrspolitik. „Auslaufende“ Unterscheidungszeichen, um die es in dem Entwurf tatsächlich geht, kommen meist durch Gebiets- oder Verwaltungsreformen zustande. Bislang durften Fahrzeughalter solche „alten“ Kürzel zwar auf bereits zugeteilten Kennzeichen behalten, es wurden aber keine neuen Kennzeichen mit diesen Unterscheidungszeichen ausgestellt. Nach Angaben des Bundesverkehrsministeriums wird sich der Bundesrat nach der Sommerpause mit dem Verordnungsentwurf befassen. dapd (Politik/Politik)