Berlin (dapd). Deutsche Mode-Onlinehändler können ihr Angebot deutlich verbessern. Nach Einschätzung von Professor Jochen Strähle von der Hochschule Reutlingen könnte allein durch Veränderungen beim Bezahlvorgang der Umsatz massiv steigen. Bislang würden rund 16 Prozent der Produkte, die Internet-Kunden in ihre Warenkörbe legen, am Schluss doch nicht gekauft. „Wenn diese Quote nur um zwei bis drei Prozentpunkte verbessert wird, sind das ein bis zwei Milliarden Euro zusätzlicher Umsatz“, sagte Strähle am Freitag im dapd-Gespräch. Einen Abbruch auf den letzten Klick gibt es meist dann, wenn Lust in Frust umschlägt, erklärte Strähle. Diese liege oft an überladenen Seiten ohne inspirierende Vorschläge oder Ergebnisse, die nicht zueinander passten. Wer ein T-Shirt kaufen wolle, möchte nicht 3.000 Artikel anschauen. Hinzu komme ein psychologischer Effekt. „Es ist ein Hemmnis, ein Gespräch mit einer Verkäuferin abzubrechen und aus dem Laden hinauszulaufen. Online mache ich einfach das Fenster zu.“ Schwächen bei „Emotionalität“ und „Erlebnis“ Generell zeigen die deutschen Anbieter laut Strähle vor allem beim „Erlebnis“ und bei der „Emotionalität“ Schwächen. Kleidung kaufe man nicht, weil man sie brauche. Es solle auch Spaß bereiten. Defizite gebe es vor allem bei der Suche nach Produkten, der Warenbeschreibung, der Belieferung und der Retourenabwicklung. Beim Onlineshopping spielt laut dem Experten Vertrauen eine große Rolle. Schließlich kauften die Kunden Dinge, die sie nicht anfassen und nicht im Detail prüfen könnten. Wenn der Käufer dann noch direkt bezahlen müsse, wird das Risiko zu groß und er entscheidet sich möglicherweise gegen das Produkt. Auch hier sieht der Professor noch Verbesserungsbedarf bei den getesteten Shops, beispielsweise durch Kauf auf Rechnung oder eine schnelle Retourenabwicklung. Strähle hat für die Studie „Fashion Onlineshopping 2012“ mehr als 130 Artikel bei 41 Unternehmen bestellt. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
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Sorge um Reformen in Griechenland
Berlin/Brüssel (dapd). Sorge wegen mangelnder Reformbestrebungen in Griechenland: Die vorläufige Bewertung der Troika aus EU-Kommission, Internationalem Währungsfonds und Europäischer Zentralbank über die Umsetzung der Reformen zeichnet ein düsteres Bild. Das Programm sei „erheblich aus der Spur geraten“, sagte ein EU-Diplomat der Freitag der dapd. Die in Düsseldorf erscheinende „Rheinische Post“ berichtete unter Berufung auf Regierungskreise, 210 von rund 300 Sparvorgaben seien nicht erfüllt worden. Das wurde in Brüssel allerdings nicht bestätigt. „Es gibt kein Troika-Dokument mit diesen Zahlen“, hieß es aus EU-Kreisen. Eine vollständige Analyse sei vermutlich erst im September verfügbar. Außerdem gebe es auch durchaus positive Entwicklungen in Athen. Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) mahnte, zunächst einmal den kompletten Bericht abzuwarten „und nicht allein weitreichende Entscheidungen auf Grundlage eines Zeitungsartikels“ zu treffen. Unabhängig davon bewertete er im Interview des Deutschlandfunks die Situation in Griechenland als „sehr schwierig“. Auf die Frage, ob er das Land für reformfähig halte, verwies er darauf, dass dies die Troika entscheiden müsse, fügte jedoch hinzu: „Aber die Erfahrungen, die wir gemacht haben, lassen mich zumindest skeptisch zurück.“ CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt sprach sich dafür aus, dass Griechenland zumindest für eine gewisse Zeit die Euro-Zone verlassen solle. „Von Tag zu Tag wird deutlicher, dass Griechenland nur dann eine Chance hat, wenn es den Euro verlässt“, sagte Dobrindt der „Rheinischen Post“. Athen solle ein Angebot mit drei Elementen bekommen. „Erstens: Griechenland verlässt den Euro, bleibt aber in der EU. Zweitens: ein EU-Marschallplan als Wiederaufbauprogramm für die griechische Wirtschaft. Drittens: Rückkehroption in den Euro, wenn Griechenland saniert ist“, sagte er. Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Hans-Peter Keitel, forderte ein Wirtschaftsprogramm für Griechenland. „Wir brauchen ein europäisch koordiniertes, von den Regierungen und der Wirtschaft befristetes Wirtschaftsprogramm für dieses Land“, sagte Keitel dem Blatt. Der BDI würde sich daran beteiligen. dapd (Politik/Politik)
Weiter Streit um Gorleben
Frankfurt/Main (dapd-nrd). Niedersachsens SPD kritisiert die Pläne von Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) für ein Endlagersuchgesetz. „Wenn wir von einer weißen Landkarte sprechen, darf sie nicht von Anfang an einen Fleck namens Gorleben haben“, sagte der SPD-Landesvorsitzende Stephan Weil der „Frankfurter Rundschau“ laut Vorabbericht. Nach 35 Jahren Debatte sei erwiesen, dass der Salzstock als atomares Endlager geologisch ungeeignet sei. Weil sagte, Altmaiers Ansatz einer ergebnisoffenen Standortsuche für ein Atommüllendlager sei vom Prinzip her völlig richtig, der Einschluss Gorlebens aber völlig falsch. Weil räumte ein, dass er eine weitere Erkundung des Gorlebener Salzstocks im Falle seines Sieges bei der Landtagswahl im Januar 2013 nicht verhindern könne. „Ich bin Realist. Wenn es jetzt einen großen parteiübergreifenden Vorschlag geben sollte, wird der so schnell nicht wieder zu verändern sein“, sagte der Spitzenkandidat. dapd (Politik/Politik)
Nvidia will Prozessoren in immer mehr Autos bringen
Stuttgart (dapd). Der US-amerikanische Grafikprozessorhersteller Nvidia sieht die deutschen Autohersteller ganz vorn bei der Integration von Elektronik in ihre Fahrzeuge. „Die deutschen Unternehmen zeigen eindeutig, dass sie zu den vorausschauendsten der Branche gehören“, sagte Daniel Shapiro, bei Nvidia für Automobilmarketing zuständig, der Nachrichtenagentur dapd. Premiummarken wie Daimler, BMW oder Audi böten schon heute Technologien in ihren Oberklasse-Limousinen an, die erst später auch in günstigeren Modellen zum Einsatz kommen würden. Als Beispiele nannte er die Adaptive Geschwindigkeitsregelung, bei der das Fahrzeug auf Knopfdruck Abstand zum vorausfahrenden Auto einhält oder Detektoren, die vor Fahrzeugen oder Fußgängern im toten Winkel warnen. Die Rolle der Technologie in Autos werde ständig zunehmen, sagt er. „Die Leute haben heute ganz andere Vorstellungen, wenn sie ein Auto kaufen.“ Immer mehr wollten ihr Smartphone im Auto nutzen können und auch unterwegs vernetzt sein. Nvidia, das durch Grafikchips vor allem bei Computerspielern bekannt ist, will davon profitieren. „Das birgt ein enormes Wachstumspotenzial für uns“, sagte Shapiro. Die genauen Umsatzzahlen nach Segmenten verrät das Unternehmen nicht. „Aber wir sehen ein ständiges Wachstum und sind sehr zufrieden damit“, sagt Shapiro über den Automotive-Bereich. Jeder große Autohersteller habe schon bei Nvidia angeklopft, um zu schauen, was mit den Prozessoren der Firma möglich ist. Derzeit sind Nvidia-Chips in mehr als 35 Fahrzeugmodellen eingebaut und treiben die Infotainment- oder Navigationssysteme an. Dabei werden die Prozessoren vor allem in hochpreisigen Fahrzeugen eingesetzt. „Es ist nicht unser Ziel, billiges Zeug anzubieten, sondern wir versuchen immer, das Beste herauszuholen“, sagte Shapiro. Deswegen finde sich Nvidia-Technik heute vor allem bei Herstellern wie Lamborghini, dem Elektrofahrzeug-Pionier Tesla oder auch im neuen Audi A3. Demnächst werde auch die BMW-Gruppe im Mini auf Chips von Nvidia setzen. Aber mit der Zeit setze ein „Wasserfall-Effekt“ ein, der dazu führe, dass die Kosten immer weiter runtergehen und die Chips auch in günstigeren Modellen eingesetzt werden. So werde das Audi-System bald auch im neuen Golf und im Skoda Octavia eingesetzt. Auch bei der Individualisierung und der Gewichtseinsparung in Autos könne Nvidia helfen. Dadurch, dass Anzeigen wie Geschwindigkeit oder Temperatur nicht mehr über Instrumente, sondern über ein Display angezeigt würden, werde Gewicht reduziert. Das Anzeigenfeld könne dann individuell gestaltet werden, etwa in den Farben des Lieblingsvereins. Die Ideen gehen aber noch weiter. „Wir könnten ein Display in Sichthöhe auf die Windschutzscheibe projizieren, das relevante Informationen zeigt wie Navigationsinstrumente, Wetter oder Benzinpreise.“ Da immer mehr Kameras und Sensoren ins Auto eingebaut werden, sind auch die nächsten Schritte nach Auffassung Shapiros nicht weit. „Es liegt an den Herstellern, wie weit sie das treiben wollen“, sagte er. Aber bis ein Fahrzeug ganz alleine fahren könne, sei es noch ein Zeitraum von etwa einem Jahrzehnt. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Jeder zweite Jugendliche hat kaum Ahnung von Wirtschaft
Berlin (dapd). Das Wirtschafts- und Finanzwissen junger Menschen weist einer Studie zufolge bedenkliche Lücken auf. Knapp jeder zweite Befragte (47 Prozent) zwischen 14 und 24 Jahren verfügt über schlechte oder sehr schlechte Kenntnisse in diesen Feldern, wie aus einer GfK-Studie im Auftrag des Bundesverbands deutscher Banken (BdB) hervorgeht, die am Donnerstag in Berlin vorgestellt wurde. Zudem schwindet demnach im Zuge der Finanzkrise das Wirtschaftsinteresse der jungen Generation, die sich von den schwierigen wirtschaftlichen und finanzpolitischen Sachverhalten überfordert fühle. Während 2009 noch ein Drittel der Befragten ein mindestens starkes Interesse an Wirtschaft angegeben habe, sei es aktuell nur noch rund ein Fünftel. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
dm liebäugelt mit Schlecker-Online-Shop
München (dapd). Der Gründer und heutige Aufsichtsrat der Drogeriemarktkette dm, Götz Werner, hat Interesse am Online-Shop des Ex-Konkurrenten Schlecker signalisiert. „Der Shop hat rund 2,5 Millionen Kunden, das ist ein großes Potenzial“, sagte Werner dem Nachrichtenmagazin „Focus“. Allerdings hätten viele Kunden wohl nur einmal bestellt. „Man muss sich fragen, ob es da wirklich Substanz gibt, die uns den Einstieg ins Online-Geschäft erleichtern würde.“ Die Karlsruher Kette dm hat bisher keinen eigenen Internet-Shop, sondern verkauft Eigenmarken über Amazon. Mit Blick auf den gescheiterten Wettbewerber Anton Schlecker sprach Werner von einem „tragischen Fall“. Er sieht zu geringe Investitionen und zu schnelles Wachstum als Hauptgründe für das Schlecker-Aus: „Wer nur wächst, bekommt ein Problem wie Schlecker: Eines Tages verdienen 90 Prozent der Läden nichts mehr.“ dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Verfassungsschutz soll über Gemeinnützigkeit entscheiden
Berlin (dapd). Der Verfassungsschutz soll künftig darüber entscheiden können, ob ein Verein steuerrechtlich als gemeinnützig eingestuft wird oder nicht. Diese Regelung im Entwurf zum Jahressteuergesetz 2013 stieß am Freitag auf Kritik der Linken. Der Gesetzentwurf, der dapd vorliegt, sieht vor, dass ein Verein keine Steuervergünstigungen wegen Gemeinnützigkeit bekommen soll, wenn er in einem Verfassungsschutzbericht des Bundes oder der Länder aufgeführt wird. Bisher können die Finanzämter entscheiden, dass auch ein im Verfassungsschutzbericht erwähnter Verein gemeinnützig ist. Diese Möglichkeit soll wegfallen. Stattdessen müsste ein Verein gegen die Erwähnung im Verfassungsschutzbericht klagen, um Steuervergünstigungen zu bekommen. Die Linke-Obfrau im NSU-Untersuchungsausschuss, Petra Pau, reagierte empört. „Spätestens das Totalversagen der Sicherheitsbehörden in der NSU-Nazi-Mordserie belegt, dass der Verfassungsschutz völlig ungeeignet ist, Gütesiegel über andere abzugeben“, sagte die Bundestagsvizepräsidentin. „Dennoch will die Bundesregierung regeln, dass ein Negativeintrag durch ein Amt für Verfassungsschutz automatisch zum Entzug der steuerlichen ‚Gemeinnützigkeit‘ führt.“ Pau warnte vor unangemessenen Einstufungen von Vereinen durch die Verfassungsschützer: „Es droht Übles nach dem Motto: ‚Bei Nazis blind, gegen Antifa geschwind‘.“ Auch in der Regierungskoalition stößt die neue Regelung auf Skepsis. „Die alte Regelung hat sich bewährt. Es gibt im Moment keinen Handlungsbedarf“, sagte der FDP-Obmann im Finanzausschuss, Daniel Volk, der Nachrichtenagentur dapd in Berlin. Allerdings sei beim Verfassungsschutz derzeit „die Prüfung der Gemeinnützigkeit lediglich das geringste Problem“. dapd (Politik/Politik)
Brüderle hält Kritik an Bankenunion für unbegründet
Berlin (dapd). Die Kritik deutscher Ökonomen zur Bankenunion ist aus Sicht von FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle unbegründet. Die Befürchtungen seien aufgrund der aktuellen Beschlüsse nicht gegeben, sagte er am Freitagmorgen im Deutschlandfunk. Voraussetzung sei eine wirksame europäische Bankenaufsicht, für die zuerst nationale Souveränitätsrechte an eine europäische Instanz abgegeben werden müssten. „Das scheint mir noch ein längerer Weg zu sein und da fehlen noch etliche Vorschläge der Europäischen Kommission dazu“, sagte Brüderle. Auch er sehe die Entwicklung aber nicht frei von Sorge. „Deshalb ist ein Wächteramt gefordert, und da kann ein öffentlicher Dialog mit kompetenten Wissenschaftlern aus diesem Bereich hilfreich sein“, sagte der FDP-Politiker. Die Wissenschaftler hatten in einem öffentlichen Protestbrief die jüngsten EU-Beschlüsse kritisiert und vor einer Bankenunion, in der die Bürger für die Fehler der maroden Banken gerade stehen müssten, gewarnt. dapd (Politik/Politik)
Lawrow düpiert Westerwelle bei Moskau-Besuch
Moskau (dapd). Sergej Lawrow könnte nicht deutlicher werden. Der russische Außenminister scheint mit seiner Geduld am Ende: Seit Monaten wird sein Land von allen Seiten bearbeitet, sich zu bewegen und die Unterstützung für die Regierung des syrischen Präsidenten Baschar Assad aufzugeben. Auch der deutsche Chefdiplomat Guido Westerwelle ist nach Moskau gekommen, um vorsichtig bei den Russen anzuklopfen, ob sie nicht zum Einlenken bereit sind. Doch Lawrow sagt Nein, Nein und noch mal Nein und düpiert seinen deutschen Gast. Westerwelle trifft seinen Amtskollegen im Gästehaus des Außenministeriums in Moskau. Zur Begrüßung setzt Lawrow ein freundliches Gesicht auf und lenkt den Ministerkollegen durch das Gebäude mit verschnörkelten Stuckdecken und wuchtigen Kronleuchtern. Die beiden nehmen an einer langen Tafel Platz und tauschen diplomatische Höflichkeiten aus, während die Fotografen eifrig knipsen. Dann schließen sich die Türen für den weniger unbeschwerten Teil des Besuchs. Die Positionen Deutschlands und Russlands im Syrien-Konflikt liegen weit auseinander. Die Deutschen wollen wie viele andere westliche Staaten ein geschlossenes Signal der internationalen Gemeinschaft gegen Assad, sehen eine Zukunft für das Land eher ohne den bisherigen Machthaber. Die Russen aber halten Assad die Treue. Die Führung in Moskau stemmt sich hartnäckig gegen Rücktrittsforderungen an den Präsidenten und verhindert bislang entschiedene Schritte gegen das Regime im UN-Sicherheitsrat. Und die Russen denken nicht daran, sich dem internationalen Druck zu beugen und von ihrer Haltung abzurücken. Das macht Lawrow unmissverständlich klar. Als er mit Westerwelle vor die Presse tritt, ist die freundliche Miene verschwunden. Westerwelle versucht es anfangs noch mit der Ode an die Freundschaft, die offene Worte und unterschiedliche Positionen zwischen engen Partnern erlaube. Doch Lawrow dreht immer weiter auf. Die Syrer müssten selbst über ihre Zukunft entscheiden, eine Einmischung von außen dürfe es nicht geben und eine Intervention werde sein Land nicht unterstützen, sagt der russische Außenminister. Bei der Gestaltung des Übergangsprozesses müssten alle Gruppen beteiligt sein, also auch die Regierung in Damaskus. Dass einige Partner Vorbedingungen für den Übergang in Syrien stellen wollten, lasse Russland nicht zu. Assad habe auf dieser Grundlage Gesprächsbereitschaft signalisiert. „So etwas habe ich von der Opposition noch nicht gehört“, stichelt er. Irgendwann kommt die Frage nach Medienberichten, wonach der syrische Machthaber nach Russland ins Exil gehen könnte. Solche Meldungen seien entweder ein „Versuch der Irreführung“ oder offenbarten ein „Unverständnis des Sachverhalts“, poltert Lawrow und schiebt nach: Er hoffe, kein Geheimnis zu verraten. Aber derartige Überlegungen seien erstmals von deutscher Seite beim Antrittsbesuch des russischen Präsidenten Wladimir Putin Anfang Juni bei Bundeskanzlerin Angela Merkel aufgekommen. „Wir dachten, das sei ein Scherz“, schimpft der Minister. Und dabei solle man es auch belassen. Inzwischen ist auch Westerwelles Gesicht eingefroren. Als ein deutscher Journalist fragt, ob Russland bei einem Scheitern aller Friedensbemühungen auch einer UN-Mission in Syrien zustimmen und Soldaten entsenden würde, platzt Lawrow der Kragen. „Sendet lieber eure Truppen“, blafft er knapp in Richtung des Reporters, um danach länger auszuführen, warum eine Intervention für Russland nicht infrage kommt. Westerwelle betont immer wieder, wie wichtig es sei, im Gespräch zu bleiben – trotz unterschiedlicher Auffassungen an einigen Stellen. Irgendwann scheint aber auch dem deutschen Gast die Lust zu vergehen. Ein Journalist fragt Westerwelle nach dessen Einschätzung zu russischen Gesetzesplänen, die von Nichtregierungsorganisationen kritisch beäugt werden. Lawrow geht dazwischen und empfiehlt, den deutschen Minister nach einem USA-Besuch doch bitte zu fragen, ob er das Thema auch dort anspreche. Schließlich habe Russland das Vorhaben aus der US-Gesetzgebung übernommen. Da schaltet sich Westerwelle noch mal ein und stellt klar, er komme nicht aus den USA, sondern aus Deutschland. „Ich bin der deutsche Außenminister“, sagt er mit gequältem Lächeln. „Und ich spreche für meine Regierung.“ Die Stimmung könnte deutlich besser sein. Westerwelle räumt ein, er sei nicht mit der Hoffnung auf einen Durchbruch nach Moskau gekommen. Es sei aber besonders wichtig, Russland bei der politischen Lösung des Syrien-Konflikts mit an Bord zu haben. „Sonst wird es kaum gelingen.“ Das russische Zögern und Bremsen hat vielfältige Gründe: Russland ist Syriens wichtigster Verbündeter und der größte Waffenlieferant des Landes. Ein Abbruch der Beziehungen zu Damaskus könnte Moskau auch lukrative Geschäfte in anderen Bereichen kosten. Russland unterhält eine wichtige Marinebasis in Syrien. Außerdem würde ein Machtwechsel in Damaskus den russischen Einfluss im Nahen Osten deutlich schmälern. Lawrows Auftritt in Moskau lässt wenig Hoffnung, dass Russland seine Haltung bald ändern könnte. dapd (Politik/Politik)
Schünemann glaubt nicht mehr an neues NPD-Verbotsverfahren
Berlin (dapd). Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) sieht kaum mehr Chancen für ein neues NPD-Verbotsverfahren. „Ich bin im Moment skeptisch, was ein neues Verbotsverfahren angeht“, sagte Schünemann dem in Berlin erscheinenden „Tagesspiegel“ (Donnerstagausgabe). Man habe damit gerechnet, dass gerichtsfest ein Zusammenhang zwischen dem rechtsextremen Terror des NSU und der NPD nachgewiesen werden könne, „aber danach sieht es derzeit nicht aus. Und wenn es keine neuen Erkenntnisse im Vergleich zum letzten Verbotsverfahren gibt, wäre es falsch, ein Verfahren anzustrengen“, sagte Schünemann. Im Jahr 2003 hatte das Bundesverfassungsgericht ein erstes NPD-Verbotsverfahren gekippt. Ende des Jahres wollen Bund und Länder über einen neuen Anlauf entscheiden. dapd (Politik/Politik)