Berlin (dapd). Gerne sieht sich die Bundesregierung als Vorreiter in Sachen Klimaschutz und grünem Wirtschaften. Kaum ein Tag verging auf der Nachhaltigkeitskonferenz der Vereinten Nationen in Rio de Janeiro, an dem Bundesumweltminister Peter Altmaier nicht auf Veranstaltungen für die deutsche Energiewende warb, die er beharrlich auch auf Englisch so nennt. Auch die Kanzlerin spricht gerne von der deutschen Vorreiterrolle, zuletzt am Wochenende in ihrem Video-Podcast. Doch auf einmal schleichen sich Zweifel ein. International ist das ein fatales Signal. Just vor Beginn des Petersberger Klimadialogs erhob Altmaier Zweifel am Gelingen der Energiewende und räumte Fehler ein. Der neue Umweltminister ging so weit, dass er sogar sein politisches Schicksal mit dem Projekt verknüpfte. „An der Antwort auf die Frage, ob es mir gelingt, die Energiewende flott zu machen, wird sich entscheiden, ob ich ein guter und erfolgreicher Umweltminister bin“, sagte er im Interview der „Bild am Sonntag“. Der Petersberger Klimadialog geht zurück auf eine Initiative Merkels. Ziel war es, nach dem gescheiterten Weltklimagipfel von Kopenhagen Ende 2009 mit einem kleinen Kreis von Schlüsselstaaten die Verhandlungen über ein weltweites Abkommen wieder in Schwung zu bekommen. Es sollte um Informationsaustausch und Vertrauensbildung gehen. Für die Opposition ist die Äußerung Altmaiers daher ein gefundenes Fressen. Salbungsvoll rieb sie der Bundesregierung nach dem Wochenende vermeintliche oder wahre Versäumnisse in Sachen Energiewende unter die Nase. Der Tenor: Die Regierung soll erstmal ihre Hausaufgaben machen, bevor sie sich auf Veranstaltungen wie dem Petersberger Klimadialog als Vorreiter präsentiert. Richtig ist, dass es Probleme bei der Umsetzung der Energiewende gibt. Zwar wächst der Ökostromanteil stetig, insbesondere der Ausbau des Stromnetzes hinkt dieser Entwicklung jedoch hinterher. Mit den deutschen Stromleitungen könnte man 40 Mal den Äquator umwickeln, allerdings sind die Leitungen in erster Linie dazu ausgelegt, den Strom von Süden nach Norden zu transportieren. Probleme bereitet vor allem die Netzanbindung der Offshore-Windanlagen, die zurzeit mit Milliardenaufwand vor der deutschen Küste errichtet werden. Zugleich wächst die Sorge, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien die Strompreise nach oben treiben könnte. Kaum Fortschritte gibt es indes bei den Bemühungen um mehr Energieeffizienz. Altmaier ist in der komfortablen Situation, dass er die Fehler auch benennen kann. Ihm, der erst seit wenigen Wochen im Amt ist, sind die Probleme der Energiewende kaum anzulasten. Eher schon seiner Chefin Angela Merkel, die sich bis zum Rauswurf von Altmaiers Vorgänger Norbert Röttgen nicht mehr näher mit dem Thema beschäftigte. Auch sie räumte am Montag Schwächen bei der Energiewende ein. Die Einhaltung der Versprechen Umweltfreundlichkeit, Bezahlbarkeit und Versorgungssicherheit sei „kein ganz leichter Pfad“, sagte sie auf dem Klimadialog. Es sei richtig, „dass unser Umweltminister das sehr gut durchdenkt“. Dass die Bundesregierung auf einmal tief stapelt, mag dem kommenden Bundestagswahlkampf geschuldet sein. Nicht erst dann will sich Schwarz-Gelb dem Vorwurf aussetzen, wichtige Probleme wie etwa die Bezahlbarkeit von Strom verschlafen zu haben. Allerdings sind viele Versäumnisse wie etwa der Stillstand bei der Energieeffizienz hausgemacht. So gelingt es der Bundesregierung nicht, einen Kompromiss bei der Gebäudesanierung zu erzielen. Und bei den Verhandlungen über die EU-Energieeffizienzrichtlinie blockierten sich Wirtschafts- und Umweltministerium mit unterschiedlichen Forderungen gegenseitig. International kann das Tiefstapeln der Regierung verhängnisvolle Folgen haben. Die Energiewende hat Aufsehen erregt, das Gelingen des Projekts hat daher auch Auswirkungen auf die Umwelt- und Energiepolitik anderer Länder und damit auch auf die internationalen Klimaverhandlungen. Zwar ist es richtig, Probleme offen zu benennen. Wenn Deutschland seine Vorreiterrolle nicht verspielen will, ist die Bundesregierung allerdings gut beraten, die Probleme auch anzupacken und zu lösen. Merkel und Altmaier haben es bei den Klimaverhandlungen am Montag selbst gesagt: Die Zeit drängt. dapd (Politik/Politik)
Schlagwort: dem
Feierliches Gelöbnis von Bundeswehr-Rekruten wieder im Bendlerblock
Berlin (dapd). Rund 400 Soldaten der Bundeswehr werden am Freitag am Berliner Dienstsitz des Verteidigungsministeriums im Bendlerblock ihr feierliches Gelöbnis ablegen. Die Gelöbnisansprache wird der Generalinspekteur der Bundeswehr, Volker Wieker, halten, wie das Verteidigungsministerium am Montag mitteilte. Damit wird die Zeremonie erstmals seit vier Jahren nicht mehr vor dem Reichstagsgebäude stattfinden. Hintergrund ist eine Absprache zwischen Bundestagspräsident Norbert Lammert und dem Verteidigungsministerium, jährlich den Ort zu wechseln. Das Gelöbnis findet traditionell am Jahrestag des Attentats auf Adolf Hitler statt. Eine Verschwörergruppe um den Wehrmachtsoffizier Claus Schenk Graf von Stauffenberg hatte am 20. Juli 1944 versucht, Hitler zu töten. Das Attentat scheiterte, Stauffenberg wurde noch in der Nacht im Berliner Bendlerblock hingerichtet. Von 1999 bis 2007 hatten die Zeremonien dort stattgefunden, danach bis 2011 vor dem Reichstag, dem Sitz des Bundestages. dapd (Politik/Politik)
Explosion auf deutschem Containerschiff auf hoher See
Buxtehude/München (dapd). Schwerer Unfall auf dem Atlantik: Bei einer Explosion auf dem deutschen Containerschiff „MSC Flaminia“ ist ein Seemann ums Leben gekommen. Er wurde zunächst schwer verletzt auf ein anderes Schiff gebracht, starb aber kurz darauf, wie die Reederei NSB am Montag in Buxtehude mitteilte. Ein weiterer Seemann werde vermisst. Derzeit treibe das Schiff ohne Besatzung im Atlantik. Bis Dienstagabend sollten Schlepper den Havaristen erreichen, hieß es übereinstimmend bei NSB und der Münchner Fondsgesellschaft Conti als Schiffseigner. Wie genau es zu der Explosion kam, war zunächst unklar. Sowohl Conti als auch NSB verwiesen auf dapd-Anfrage auf die für Dienstagabend erwartete Ankunft der Löschschlepper. Erst dann könnten Ursache und Ausmaß der Schäden abgeschätzt werden. So sei etwa unklar, ob es auf dem 2001 in Dienst gestellten Schiff noch brenne, hieß es bei Conti. Auch die Schadenshöhe kann dem Schiffseigner zufolge noch nicht abgeschätzt werden. Die Versicherung sei eingeschaltet, hieß es. Conti finanzierte die „MSC Flaminia“ über einen geschlossenen Schiffsfonds, in dem ausschließlich dieser Containerfrachter geführt wird. Zusätzliche Kosten für die Anteilseigner des Fonds seien nicht zu erwarten, sagte ein Conti-Sprecher mit Hinweis auf die Versicherung. Am Samstag war in einer Ladeluke des Schiffes Feuer ausgebrochen. Während der Löschversuche kam es zu der Explosion. Die „MSC Flaminia“ war auf dem Rückweg von Amerika nach Europa. An Bord befanden sich 23 Besatzungsmitglieder, darunter fünf Deutsche, sowie zwei Passagiere. Drei Besatzungsmitglieder wurden laut NSB verletzt, einer von ihnen schwer. Sie wurden den Angaben zufolge an Bord des Containerschiffs „MSC Stella“ gebracht und von dort per Hubschrauber in eine Klinik auf den Azoren geflogen. Der Schwerverletzte liegt auf der Intensivstation. Die Identität des Toten war zunächst unklar. Nach dem Unfall wurden die unverletzten Besatzungsmitglieder und Passagiere von dem Öltanker „DS Crown“ aufgenommen, der sich in der Nähe befunden hatte. Das Schiff nahm Kurs in Richtung Falmouth (Großbritannien). (Informationen zur „MSC Flaminia“: http://url.dapd.de/qILugK ) dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Verfassungsschutzämter auf dem Prüfstand
Berlin (dapd). Wegen der Ermittlungspannen bei der Aufklärung der Morde durch die Zwickauer Terrorzelle steht jetzt die Struktur der Verfassungsschutzbehörden auf dem Prüfstand. Innenminister Hans-Peter Friedrich hält neben personellen Veränderungen auch organisatorische Neuzuschnitte für denkbar. Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger will die Zahl der Behörden verringern. Friedrich sagte im Deutschlandradio Kultur am Samstag, es gehe darum, den Verfassungsschutz zu modernisieren. „Wichtig ist, dass der Verfassungsschutz effizienter wird, und zwar auch über die Bund-Länder-Ebene hinweg. Das ist der eigentliche Auftrag. Es geht nicht um Quantität“, betonte der CSU-Politiker. Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger forderte, Behördenstruktur und Aufgabenverteilung der Verfassungsschutzämter müssten „bis in jeden Blickwinkel ausgeleuchtet werden“. Die parlamentarischen Untersuchungsausschüsse hätten gezeigt, dass nicht nur innerhalb der Behörde Informationen schlecht kommuniziert würden, „sondern erst recht zwischen den Verfassungsschutzämtern“. Die Zahl der Behörden müsse daher „deutlich reduziert werden“, forderte die FDP-Politikerin im „Tagesspiegel“. Friedrich betonte hingegen, es gehe bei der Reform nicht um Quantität. Derzeit gibt es neben dem Bundesamt für Verfassungsschutz noch 16 Landesämter. Auch der Präsident des Zentralrates der Juden, Dieter Graumann, stellte die Notwendigkeit von 16 Verfassungsschutzämtern infrage, wenn diese nicht untereinander und schon gar nicht mit dem Bund kommunizierten. Graumann verlangte tief greifende Änderungen in der Arbeit des Verfassungsschutzes. „Das sind vertrauenszerstörende Verhältnisse“, sagte er der „Rheinischen Post“ zur Vernichtung von Akten rund um die Terrorzelle „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU). Der Umgang mit Akten nach dem Motto „gesucht – gefunden – geschreddert“ sei ein „Stück aus dem Tollhaus“, kritisierte Graumann. Die Linke-Innenexpertin Petra Pau hält den Verfassungsschutz, der die Morde und das Abtauchen des Nazi-Trios nicht mitbekommen habe, für überflüssig. Ein Verfassungsschutz, der zudem vertusche, sei antidemokratisch und habe mit dem Schutz der Verfassung nichts zu tun. „Er heißt nicht nur falsch, er ist falsch. Er ist eher Feuer, denn Wehr, und mithin keine Feuerwehr, wie manche verharmlosen“, sagte Pau, die dem Untersuchungsausschuss des Bundestages zur Aufklärung der NSU-Mordserie angehört. Minister Friedrich hielt dagegen: Seit den 1990er Jahren sei auf der Grundlage der Informationsbeschaffung und der Observationsmöglichkeiten des Verfassungsschutzes das Verbot von zehn Neonazi-Organisationen möglich geworden, betonte der CSU-Politiker. Er waren deshalb davor, zu glauben, „dass der Verfassungsschutz überflüssig ist. Im Gegenteil, er ist zum Schutz unserer Demokratie notwendig, aber er muss funktionieren.“ Unterdessen wurde bekannt, dass nicht nur beim Bundesamt, sondern auch beim sächsischen Verfassungsschutz NSU-Akten vernichtet wurden. Der „Leipziger Volkszeitung“ zufolge sollen Mitarbeiter Akten erst nach Bekanntwerden des Neonazi-Trios Anfang November geschreddert haben. Die Zeitung beruft sich auf Sicherheitskreise. Der Präsident des Bundesverfassungsschutzes, Heinz Fromm, hat ebenso wie seine Amtskollegen aus Sachsen und Thüringen, Reinhard Boos und Thomas Sippel, wegen der Pannen bereits seinen Posten geräumt. dapd (Politik/Politik)
SPD fordert Gesetz gegen hohe Dispozinsen
Düsseldorf (dapd). Der stellvertretende SPD-Fraktionschef, Ulrich Kelber, fordert eine gesetzliche Begrenzung der Zinsen bei Überziehung des Girokontos. „Alle Appelle an die Banken haben nicht gefruchtet, deshalb brauchen wir eine gesetzlich Regelung, die die maximale Spreizung zwischen den Refinanzierungskosten der Banken und dem Zinssatz für den Dispokredit vorschreibt“, sagte Kelber der „Rheinischen Post“. Der SPD-Politiker forderte, dass der Überziehungszins nicht mehr als sieben oder acht Prozentpunkte über dem Euribor liegen sollte – also jenem Zinssatz, zu dem sich Banken untereinander Geld leihen. Nach dieser Vorgabe müsste der Dispozinssatz aktuell unter zehn Prozent liegen. „Die aktuellen Refinanzierungskosten für Banken erlauben keinen Dispozins im zweistelligen Bereich“, sagte Kelber. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Zentralrat der Juden sieht Vertrauen in Verfassungsschutz zerstört
Düsseldorf (dapd). Der Zentralrat der Juden verlangt tiefgreifende Änderungen in der Arbeit des Verfassungsschutzes. „Das sind vertrauenszerstörende Verhältnisse“, sagte Zentralratspräsident Dieter Graumann der „Rheinischen Post“ zu den Aktenvernichtungen. Der Umgang mit Akten nach dem Motto „gesucht – gefunden – geschreddert“ sei ein „Stück aus dem Tollhaus“, kritisierte Graumann. Er stellte die Notwendigkeit von 16 Verfassungsschutzämtern infrage, wenn diese nicht untereinander und schon gar nicht mit dem Bund kommunizierten. Der Zentralratschef erneuerte die Forderung nach einem NPD-Verbot. „Die NPD sitzt munter in zwei Landtagen, wird durch Steuergelder gepäppelt und missbraucht die Plattformen, die der Staat ihr bietet“, sagte Graumann. „Ich werbe eindringlich dafür, sie jetzt endlich zu verbieten.“ Das „ewige Zögern und Zaudern“ sei kein Ruhmesblatt für einen entschlossenen Rechtsstaat. dapd (Politik/Politik)
Untersuchungsausschuss wartet nicht auf Ermittlungsergebnis
Stuttgart (dapd-bwb). Der parlamentarische Untersuchungsausschuss im Stuttgarter Landtag zur EnBW-Affäre will nicht unter allen Umständen auf die Ergebnisse der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft warten. Ausschussvorsitzender Ulrich Müller (CDU) sagte am Freitag am Ende der Gremiumssitzung, der Untersuchungsausschuss habe einen eigenständigen Auftrag. Sollte die Staatsanwaltschaft mit ihren Ermittlungen gegen den früheren CDU-Ministerpräsidenten Stefan Mappus, gegen zwei Ex-Kabinettsmitglieder sowie den beratenden Banker Dirk Notheis noch in diesem Jahr fertig werden, müsse der Ausschuss dies berücksichtigen. „Wir wollen versuchen, dies zeitlich zu koordinieren“, sagt Müller. Sollte dies aber nicht gelingen, gelte als Grundregel der Landtagsbeschluss, bis zum Ende des Jahres die Untersuchung abzuschließen. Müller will nun der Staatsanwaltschaft Anfang September zwecks der zeitlichen Planung schreiben. Am Freitag war bekanntgeworden, dass die Stuttgarter Staatsanwaltschaft nicht nur gegen Mappus und Notheis wegen Untreue und Beihilfe zur Untreue ermittelt, sondern auch gegen Ex-Finanzminister Willi Stächele und gegen den früheren Staatsminister Helmut Rau (beide CDU). Mappus hatte Ende 2010 über 45 Prozent der EnBW-Aktien vom französischen Stromversorger EdF zurückgekauft. Das am Parlament vorbei eingefädelte Geschäft wurde vom baden-württembergischen Staatsgerichtshof im Nachhinein für verfassungswidrig erklärt. Rechnungshof sieht keinen Grund zu Korrekturen Rechnungshofpräsident Max Munding verteidigte vor dem Untersuchungsausschuss den Bericht des Kontrollorgans über das Aktiengeschäft. Darin hatte der Rechnungshof grobe Verstöße der Landesverfassung und der Landeshaushaltsordnung durch Mappus sowie eine unzureichende Wirtschaftlichkeitsprüfung durch seine Berater gerügt. Auf Grundlage des Berichtes hat die Staatsanwaltschaft Stuttgart Ermittlungen eingeleitet. Mappus und die Bank Morgan Stanley hatten die Kritik zurückgewiesen und dem Rechnungshof vorgeworfen, unter anderem wichtige Aussagen vor dem Untersuchungsausschuss ignoriert zu haben. Munding widersprach: „Ich sehe keine Argumente, die uns dazu veranlassen würden, von dem ein oder anderen Punkt abzurücken“, sagte er. Er kritisierte erneut, dass von der beratenden Investmentbank Morgan Stanley damals keine Prognose für die zu erwartende Dividendenausschüttung erstellt wurde, obwohl dies auch für die Finanzierung des Geschäftes relevant gewesen wäre. Munding und sein Stellvertreter Dieter Kunz bestätigten zudem, dass es eine Klausel in dem Kaufvertrag gab, wonach das Land Baden-Württemberg der EdF auch beim Scheitern des Geschäfts 170 Millionen Euro hätte zahlen müssen. Kunz sagte, an diesem Punkt hätte besser verhandelt werden müssen, um diese Verpflichtung aus dem Vertrag zu nehmen. Dies sei eine „sehr ungewöhnliche Vereinbarung“. Die Obleute der CDU und FDP im Ausschuss, Volker Schebesta und Andreas Glück, fühlten sich indes durch den Rechnungshof darin bestärkt, dass die Frage, ob damals ein zu hoher Kaufpreis bezahlt wurde, noch nicht geklärt ist. Der Rechnungshof komme zu dem Schluss, die Angemessenheit des Kaufpreises könne im Nachhinein nicht mehr zweifelsfrei festgestellt werden, sagte Schebesta. Er widerspreche damit einem Gutachten im Auftrag der grün-roten Landesregierung, das zu dem Schluss kommt, dass Mappus damals gut 840 Millionen Euro zu viel bezahlte. dapd (Politik/Politik)
Rechnungshof verteidigt seinen Prüfbericht zum EnBW-Deal
Stuttgart (dapd). Das Land Baden-Württemberg hätte auch beim Scheitern des umstrittenen EnBW-Aktiengeschäfts 170 Millionen Euro zahlen müssen. Der Leiter des Landesrechnungshofs, Max Munding, bestätigte am Freitag vor dem EnBW-Untersuchungsausschuss, dass es eine entsprechende Klausel in dem Kaufvertrag mit dem französischen Stromkonzern EdF gegeben habe. Sein Stellvertreter Dieter Kunz sagte, an diesem Punkt hätte besser verhandelt werden müssen, um diese Verpflichtung aus dem Vertrag zu nehmen. Dies sei eine „sehr ungewöhnliche Vereinbarung“. Der frühere CDU-Ministerpräsident Stefan Mappus hatte Ende 2010 über 45 Prozent der EnBW-Aktien vom französischen Stromversorger EdF zurückgekauft. Das am Parlament vorbei eingefädelte Geschäft wurde vom baden-württembergischen Staatsgerichtshof im Nachhinein für verfassungswidrig erklärt. Rechnungshofpräsident Munding verteidigte vor dem Untersuchungsausschuss den Bericht des Kontrollorgans über das Aktiengeschäft. Darin hatte der Rechnungshof grobe Verstöße der Landesverfassung und der Landeshaushaltsordnung durch Mappus sowie eine unzureichende Wirtschaftlichkeitsprüfung durch seine Berater gerügt. Auf Grundlage des Berichtes hat die Staatsanwaltschaft Stuttgart nun gegen Mappus, zwei weitere Ex-Kabinettsmitglieder sowie den damaligen Morgan-Stanley-Deutschlandchef Dirk Notheis Ermittlungen wegen Untreue und Beihilfe zur Untreue eingeleitet. Mappus und Morgan Stanley hatten die Kritik zurückgewiesen und dem Rechnungshof vorgeworfen, unter anderem wichtige Aussagen vor dem Untersuchungsausschuss ignoriert zu haben. Rechnungshof sieht keinen Grund zu Korrekturen Munding widersprach: „Ich sehe keine Argumente, die uns dazu veranlassen würden, von dem ein oder anderen Punkt abzurücken“, sagte er. Er kritisierte erneut, dass von der beratenden Investmentbank Morgan Stanley damals keine Prognose für die zu erwartende Dividendenausschüttung erstellt wurde, obwohl dies auch für die Finanzierung des Geschäftes relevant gewesen wäre. Relevante Risiken wie etwa die Auswirkungen der Brennelementesteuer hätten damals besser erkannt werden können. Diese hätte man in die Verhandlungen mit einbringen können in Form von Abschlägen oder Garantien. Munding hob hervor, dass die Landeshaushaltsordnung bei einem solchen Kauf den Nachweis eines besonderen Interesses des Landes verlange. „Wir sehen es ähnlich, dass das Thema der Infrastruktur als solches durchaus etwas ist, was dem Landesinteresse entspricht“, sagte er. Jedoch könne dies nicht von vorneherein auf den Erwerb des Unternehmens übertragen werden. Der Verweis auf die Sicherstellung der Versorgung oder auf die drohenden Änderungen an der Aktionärsstruktur habe so nicht gereicht. dapd (Politik/Politik)
Bochumer Opel-Betriebsrat warnt vor Kahlschlagpolitik
Bochum (dapd-nrw). Nach dem Führungswechsel an der Opel-Spitze macht sich der Betriebsrat des Bochumer Werks für eine „Öffnung der außereuropäischen Märkte“ stark. Entscheidend für die Beschäftigten des Autoherstellers sei nun, „dass der dringend notwendige Wachstumskurs umgesetzt“ werde und „keine Kahlschlagpolitik“ erfolge, erklärte der Bochumer Opel-Betriebsratsvorsitzende Rainer Einenkel am Freitag. Eine neuerliche Diskussion über Werkschließungen würde „Belegschaften und Autokunden weiter verunsichern“, sagte Einenkel. Der Opel-Absatz in Deutschland war zuletzt dramatisch eingebrochen, allein im Juni um acht Prozent gegenüber dem Vorjahr. Nun gehe es darum, „dass bestehende Zusagen und Verträge eingehalten werden“, forderte Einenkel. Der mit dem Ex-Vorstandsvorsitzenden Karl-Friedrich Stracke verhandelte Sanierungsplan sah eine Beschäftigungsgarantie für die bundesweit rund 20.800 Opel-Beschäftigten bis 2016 vor. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Auch Nebenklage geht beim Becker-Urteil in die Revision
Stuttgart (dapd). Nach der Verteidigung hat nun auch die Nebenklage das Urteil im Prozess gegen die frühere RAF-Terroristin Verena Becker angefochten. In dem Verfahren um den Mordanschlag auf Generalbundesanwalt Siegfried Buback im Jahr 1977 habe jetzt auch die Nebenklage um Sohn Michael Buback Revision eingelegt, sagte ein Sprecher des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgarts am Donnerstag auf dapd-Anfrage. Becker war am vergangenen Freitag wegen Beihilfe zu dem Attentat zu einer Haftstrafe von vier Jahren verurteilt worden. Im Rahmen eines Härteausgleichs sollten wegen einer früheren Verurteilung zweieinhalb Jahre der Strafe als verbüßt gelten. Die Revision des Nebenklage-Anwalts Jens Rabe wurde nach Angaben des Gerichtssprechers am Donnerstag eingelegt, die Revision der Verteidigung sei bereits am Dienstag beim OLG Stuttgart eingegangen und wurde am Mittwoch öffentlich. Das Urteil im jüngsten RAF-Prozess um das 35 Jahre zurückliegende Buback-Attentat muss damit vom Bundesgerichtshof überprüft werden. Der BGH wird sich voraussichtlich aber erst in mehreren Monaten mit der Sache befassen können. Denn zunächst muss der 6. Strafsenat des OLG sein Urteil schriftlich abfassen, was „mehrere Wochen, wenn nicht sogar Monate in Anspruch nehmen wird“, wie Gerichtssprecher Matthias Merz sagte. Der BGH wird dann prüfen, ob es in dem Urteil Rechtsfehler gibt. Nach Auffassung des Stuttgarter Gerichts hat Becker „psychische Beihilfe“ zu dem Dreifachmord an Buback und seinen beiden Begleitern am 7. April 1977 geleistet. Das OLG sah als erwiesen an, dass Becker die Entscheidung für das Attentat im Beisein der späteren Täter „mitbestimmt“ und die Täter in ihrem Tatentschluss „wissentlich und willentlich“ bestärkt habe. Becker hatte vor Gericht jegliche Beteiligung an dem Attentat bestritten. Beckers Verteidiger Hans Wolfgang Euler sagte am Mittwoch: „Uns überzeugt das Urteil wegen psychischer Beihilfe nicht.“ Die Bundesanwaltschaft akzeptiert hingegen das Urteil. Mit seinem Strafmaß sei das OLG weitgehend dem Antrag der Bundesanwaltschaft gefolgt, die wegen Beihilfe zum Mord eine Haftstrafe von viereinhalb Jahren gefordert hatte. Der Sprecher des Generalbundesanwalts, Marcus Köhler, sagte am Donnerstag auf dapd-Anfrage, das Gericht habe „die Schuldfrage in unserem Sinne entschieden“. Die Bundesanwaltschaft war in ihrem Plädoyer von ihrem ursprünglichen schärferen Anklagevorwurf der Mittäterschaft abgerückt. Rechtsanwalt Euler verwies hingegen darauf, dass das OLG nach 21 Monaten Prozessdauer nicht habe klären können, welche beiden RAF-Terroristen auf dem Motorrad saßen, von dem aus Buback und seine Begleiter in Karlsruhe erschossen wurden. Wenn aber „die Täter unbekannt“ seien, wie könne man dann Becker vorwerfen, diese unterstützt zu haben, fragte Euler. Dies sei „eine Art der Beweisführung, die in einem Strafprozess nichts zu suchen hat“, betonte Euler. Es werde damit vor dem BGH letztlich um „Rechtsfragen“ gehen. Nebenkläger Michael Buback sagte am Donnerstag, er selbst habe zwar nach der Urteilsverkündung betont, dass er keine Revision anstrebe. Aber seine Rechtsanwälte hätten hier die juristische Sachkenntnis. Die Nebenklage-Anwälte hätten „einen erheblichen Handlungsspielraum, und wenn die das tun, werden sie ihre Gründe haben“, sagte Buback auf dapd-Anfrage. Anwalt Rabe war am Donnerstag für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen. Mit dem Urteil war nach mehr als eineinhalb Jahren ein Mammutprozess zu Ende gegangen. Seit September 2010 war an 97 Sitzungstagen verhandelt worden. Es wurden 165 Zeugen vom Gericht vernommen und 8 Sachverständige gehört. Bisher waren wegen des Buback-Attentats die früheren RAF-Terroristen Christian Klar, Knut Folkerts und Brigitte Mohnhaupt als „Mittäter“ verurteilt worden. Gegen Günter Sonnenberg, der ursprünglich ebenfalls als verdächtig galt, war das Verfahren eingestellt worden. dapd (Politik/Politik)