Berlin (dapd). Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel lässt kein gutes Haar an den Ergebnissen des Koalitionsgipfels im Kanzleramt. Dem Hörfunksender NDR Info sagte Gabriel am Montag, es sei eine Katastrophe, dass die FDP dem Betreuungsgeld zugestimmt habe. Eltern bekämen Geld dafür, dass sie ihre Kinder nicht in den Kindergarten bringen. Die FDP habe früher etwas von Bildung verstanden, sagte der SPD-Vorsitzende mit Blick auf das Ja der Liberalen zu dem vor allem von der CSU gewollten Projekt. Als Verlierer sieht Gabriel die Rentner: „Es ist ein ziemlicher Zynismus zu sagen, wir erfinden eine Lebensleistungsrente für Menschen, die mehr als 30 oder 40 Jahre gearbeitet haben, und die liegt dann nur 10 oder 15 Euro oberhalb der Sozialhilfe“. Die Koalitionäre hatten sich auf Leistungsverbesserungen bei der Rente für Geringverdiener verständigt, die jedoch nicht beitragsfinanziert, sondern mit Steuermitteln bezahlt werden sollen. Gabriel rügte: „Ich finde es unfassbar, dass die klugen Leute aus der CDU und die FDP, – da gibt es Menschen, die genau wissen, dass das Wahnsinn ist, – dem zugestimmt haben.“ dapd (Politik/Politik)
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Westerwelle reist zum ASEM-Gipfel nach Laos
Berlin (dapd). Außenminister Guido Westerwelle ist am Sonntag zu seiner achten Asienreise in diesem Jahr aufgebrochen. Der FDP-Politiker vertritt Deutschland beim Asien-Europa-Treffen (ASEM) in Laos, einem der bedeutendsten Foren europäischer und asiatischer Staaten. Dem Zusammenschluss gehören mittlerweile 48 Mitglieder an, sie repräsentieren rund zwei Drittel des Welt-Bruttoinlandsprodukts. Westerwelle will bis Dienstag in Laos bleiben und dann nach New York weiterreisen. Auf dem zweitägigen ASEM-Treffen werden auch EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso, EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy, der französische Präsident François Hollande und der kurz vor der Ablösung stehende chinesische Ministerpräsident Wen Jiabao erwartet. Aus dem Auswärtigen Amt hieß es, das ASEM-Treffen sei das bedeutendste interregionale Treffen zwischen Asien und Europa in diesem Jahr. dapd (Politik/Politik)
Liberales Unwohlsein
Berlin (dapd). Kurz vor dem Spitzentreffen der Koalition im Kanzleramt macht die FDP aus ihrem Unbehagen am Klima im Regierungsbündnis keinen Hehl. Die Hamburger Landesvorsitzende Sylvia Canel klagte am Sonntag, es gebe zu wenig Absprachen zugunsten der FDP. Ihr rheinland-pfälzischer Kollege Volker Wissing sagte, die FDP habe wenig Spielraum. Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) wehrte sich gegen den Eindruck, die Koalition arbeite schlecht. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles warnte die FDP vor einem politischen Kuhhandel. Die Union, allen voran die CSU, will auf dem Gipfel das umstrittene Betreuungsgeld festzurren, das Eltern zukommen soll, die für die Erziehung ihrer Kinder keine Tagesstätten nutzen. Die FDP stellt für ihre Zustimmung jedoch Bedingungen. Außerdem fordert sie ein Ende der Praxisgebühr und einen ausgeglichenen Haushalt bereits 2014 statt erst 2016. Ein weiteres Thema im Kanzleramt dürfte die Bekämpfung von Altersarmut sein. Landespolitikerin will auch Wahlgeschenke verteilen Canel sagte der Zeitung „Welt am Sonntag“, ein Jahr vor der Wahl wolle die Union mit dem Betreuungsgeld ein milliardenschweres Wahlgeschenk. „Dafür sollte der Bund keine neuen Schulden aufnehmen und kein Geld ausgeben“, sagte Canel. Sie hätte sich eine Koalition gewünscht, „in der die Union mehr Absprachen auch zu unseren Gunsten treffen würde“. Der rheinland-pfälzische FDP-Landesvorsitzende Wissing sagte dem Blatt: „Es ist schwer für eine Partei, die einen reformerischen Ansatz verfolgt, so stark durch die Eurokrise in den Handlungsspielräumen eingeschränkt zu sein.“ Beim Koalitionsgipfel müsse die Koalition Handlungsfähigkeit beweisen. „Beide Koalitionspartner dürfen nach dem Koalitionsgipfel keine Fragen mehr offenlassen“, forderte er. Niebel forderte dagegen regelmäßige Spitzentreffen der Koalition bis zur Bundestagswahl. „Sitzungen des Koalitionsausschusses müssen wieder zum Normalfall werden, so wie es im Koalitionsvertrag vorgesehen ist, also jede Sitzungswoche“, verlangte Niebel in der „Leipziger Volkszeitung“. Dann täten sich alle Beteiligten mit den Erwartungen leichter. Ansonsten verwahrte er sich gegen Kritik. „Wir sind und waren keine ‚Gurkentruppe‘ oder ‚Chaos-Combo‘. In der Gesamtsicht haben wir eine gute Arbeit geleistet“, urteilte er. SPD droht mit Gang zum Verfassungsgericht Nahles sagte, sollte die FDP dem Betreuungsgeld zustimmen, verrate sie ihre politischen Ziele. Falls die Koalition dies beschließe, werde die SPD dagegen vor dem Verfassungsgericht klagen. Mit einem Betreuungsgeld greife der Staat in die Wahlfreiheit der Familien ein, weil er dann das Fernbleiben aus der Kindertagesstätte einseitig finanziell belohne und somit seine Neutralität verletze. Nahles warf dem CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer vor, nur aus Kostengründen auf dem Betreuungsgeld zu bestehen. „Die CSU versucht, sich mit der billigen Lösung Betreuungsgeld von dem nötigen Kitaausbau freizukaufen“, sagte sie der „Bild am Sonntag“. Während ein Kitaplatz den Staat pro Jahr 10.000 Euro koste, schlage das Betreuungsgeld von 150 Euro im Monat nur mit 1.800 Euro im Jahr zu Buche. Bayern habe es verschlafen, ausreichend Kitaplätze zu schaffen, die es bereits ab 2013 wegen des dann geltenden Rechtsanspruchs vorweisen müsse. dapd (Politik/Politik)
Blatt: Gericht lässt Anklage gegen Ex-Führung von Sal. Oppenheim zu
Berlin (dapd-nrw). Die ehemalige Führung der Privatbank Sal. Oppenheim muss sich angeblich ab dem ersten Quartal kommenden Jahres vor Gericht verantworten. Die Zeitung „Die Welt“ berichtete vorab, das Landgericht Köln habe die Anklage gegen die vier früheren persönlich haftenden Gesellschafter wegen schwerer Untreue zugelassen. Angeklagt sei außerdem der Immobilienunternehmer Josef Esch. Unter Führung der persönlich haftenden Gesellschafter Matthias Graf von Krockow, Friedrich Carl Janssen, Christopher Freiherr von Oppenheim und Dieter Pfundt war das Bankhaus in Schieflage geraten und 2009 von der Deutschen Bank übernommen worden. Vor dem Landgericht soll es dem Blatt zufolge unter anderem darum gehen, ob eine Immobiliengesellschaft, an der Esch und mehrere Oppenheim-Gesellschafter beteiligt waren, der Privatbank ein Gebäude zu einem überhöhten Preis vermietet hat. Andererseits soll ein Familienmitglied eine Villa der Bank unangemessen günstig gemietet haben. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Zentrale Datenbank: Mundt hofft ab 2013 auf sinkende Spritpreise
(dapd). Autofahrer in Deutschland sollen schon ab dem 1. Januar 2013 mithilfe ihres Mobilfunktelefons oder Navis billiger tanken können. Möglich machen soll das die Einrichtung der seit Monaten diskutierten Spritpreis-Datenbank, die ihnen den Weg zur günstigen Tankstelle weist. Kartellamtspräsident Andreas Mundt sagte der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“, er sei optimistisch, dass das geplante Informationssystem für Spritpreise helfen werde, den Wettbewerb auf dem Tankstellenmarkt zu beflügeln. Am kommenden Donnerstag soll der Bundestag über einen entsprechenden Gesetzentwurf entscheiden. Gibt er grünes Licht, sind alle 17.000 Tankstellen in Deutschland verpflichtet, ihre Preise bei jeder Änderung an die zentrale Datenbank zu melden. „Wir werden die Datenbank so schnell wie möglich aufbauen“, versprach Mundt. Das Gesetz werde voraussichtlich zum 1. Januar in Kraft treten. „Die Datenbank solle dem Autofahrer helfen, „künftig billiger zu tanken“. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Flughafenchefs sind gegen Haftungsansprüche versichert
Berlin (dapd-bln). Der Vorstandsvorsitzende der Berlin-Brandenburger Flughafengesellschaft, Rainer Schwarz, und die Aufsichtsräte können der angekündigten Sonderprüfung möglicher Haftungsansprüche entspannt entgegenblicken. „Die Flughafengesellschaft hat für Geschäftsführung und Aufsichtsrat eine D&O-Managerhaftpflichtversicherung abgeschlossen“, sagte Flughafensprecher Ralf Kunkel dem Berliner „Tagesspiegel“ (Samstagausgabe) laut Vorabbericht. Angaben zur Höhe der Deckungssumme oder dem Versicherer machte er nicht. Der Aufsichtsrat hatte am Donnerstag beschlossen, Haftungsfragen zur Verzögerung der Inbetriebnahme des Flughafens von einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und einer Rechtsanwaltskanzlei klären zu lassen. Der Flughafen wird erheblich später fertig und wesentlich teurer als anfangs geplant. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Koalition zwischen Misstrauen und Optimismus
Berlin (dapd-bay). Vor ihrem Spitzentreffen am Sonntag sind sich Union und FDP in den zentralen Fragen weiter uneins. FDP-Generalsekretär Patrick Döring warf dem Koalitionspartner am Samstag Unvernunft vor. Die CSU pochte auf einen Beschluss zum Betreuungsgeld. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Michael Grosse-Brömer versprach allerdings, die Koalition werde ihre Handlungsfähigkeit beweisen. Bei dem Treffen im Kanzleramt dürfte es unter anderem um die Rente, die von der FDP geforderte Abschaffung der Praxisgebühr und das von der CSU verlangte Betreuungsgeld für Eltern gehen, die ihre kleinen Kinder zu Hause betreuen. Mehrere junge Politiker forderten, ein ausgeglichener Haushalt müsse oberstes Ziel sein. Im Vorfeld der Verhandlungen pries Döring seine FDP als marktwirtschaftliches Korrektiv der Koalition. „Bei den Irrungen und Wirrungen in Teilen der Union muss es eine vernünftige Partei geben“, sagte er dem „Hamburger Abendblatt“. Die FDP könne dem Betreuungsgeld zustimmen, aber nur mit Einschränkungen. „Neben der Möglichkeit, das Geld in die Altersvorsorge zu investieren, muss das auch für Bildung möglich sein“, sagte er. Der Finanzierungsvorbehalt gelte auch für Projekte der Union. Die CSU kämpft für ihr Lieblingsprojekt Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer sagte, seine Partei sei bereit für eine Paketlösung. „Allerdings muss jeder Teil dieses Pakets für sich genommen vernünftig sein“, sagte er der „Frankfurter Rundschau“ (Samstausgabe) laut Vorabbericht. Die CSU-Landesgruppenvorsitzende Gerda Hasselfeldt bestand auf dem Betreuungsgeld. „Das Betreuungsgeld schafft Wahlfreiheit, damit Eltern frei entscheiden können, ob sie ihr Kind in eine Kita geben oder die Erziehung lieber in die eigene Hände nehmen“, sagte sie der Regensburger „Mittelbayerischen Zeitung“. Darüber hinaus habe sich die Praxisgebühr als eine Form der Eigenbeteiligung der Patienten bewährt. Wenn sie abgeschafft werden solle, müsse überlegt werden, „was wir an die Stelle der Praxisgebühr setzen“. Sie brachte eine Reduzierung der Zuzahlungen für Medikamente sowie bei Heil- und Hilfsmitteln ins Gespräch. Geschäftsführer keilt gegen die Opposition Grosse-Brömer versprach in der „Passauer Neuen Presse“ (Samstagausgabe) laut Vorabbericht: „Wir werden viel Gutes für die Menschen in Deutschland auf den Weg bringen.“ Wer Probleme lösen wolle, müsse die Fähigkeit zum Kompromiss mitbringen. Von Begriffen wie Kuhhandel oder Basar wollte er nichts hören. Auf jeden Fall habe die Regierung besser Antworten als die Opposition. Mehrere junge Politiker mahnten einen ausgeglichenen Haushalt an. Die Bundestagsabgeordneten Philipp Mißfelder, Marco Wanderwitz, Jens Spahn (alle CDU), Reinhard Brandl (CSU) und Johannes Vogel (FDP) sowie der Vorsitzenden der Jungen Liberalen, Lasse Becker, forderten der „Bild am Sonntag“ zufolge, ein Haushalt ohne neue Schulden müsse das oberste Ziel des politischen Handelns sein. „Diesem haben sich in Zukunft alle anderen politischen Belange unterzuordnen“, zitierte das Blatt aus dem Appell. dapd (Politik/Politik)
Pirat Nerz offen für die Vertrauensfrage
Berlin (dapd). Nach wochenlangem Streit im Bundesvorstand zeigt sich der stellvertretende Vorsitzende der Piratenpartei, Sebastian Nerz, offen für eine Vertrauensfrage gegenüber dem Spitzengremium auf dem Bundesparteitag Ende November. „Ich wäre damit einverstanden, wenn alle Vorstandsmitglieder zuvor erklären, dass sie ein solches Ergebnis als bindend akzeptieren“, sagte Nerz der Zeitung „Die Welt“. Der Parteivorsitzende Bernd Schlömer lehnt eine Vertrauensfrage für den Vorstand und einzelne Mitglieder auf dem Parteitag ab. Der Vorstand sei für ein Kalenderjahr gewählt. „Zwischendurch Vertrauensfragen zu zelebrieren, die dann natürlich zu intensiven Personaldebatten ausarten – davon halte ich überhaupt nichts“, sagte Schlömer der „Welt“. Die Piraten hatten Ende April ihren Vorstand gewählt, seitdem steht Schlömer an der Spitze der Partei. Zuletzt sorgten die Piraten vor allem mit internem Zoff für Schlagzeilen. Die Vorstandsmitglieder Julia Schramm und Matthias Schrade haben unlängst ihren Rückzug erklärt. Heftig umstritten ist Bundesgeschäftsführer Johannes Ponader. Die jüngsten Umfragen sehen die Partei nur noch zwischen vier und fünf Prozent. dapd (Politik/Politik)
Anklage gegen Ex-Manager der Hamburg-Mannheimer wegen Lustreise
Hamburg (dapd). Zwei Ex-Manager der Ergo-Tochter Hamburg-Mannheimer müssen nach dem Skandal um eine Sexreise des Versicherungsunternehmens vor Gericht. Die Hamburger Staatsanwaltschaft habe gegen die Männer Anklage wegen schwerer Untreue erhoben, da sie gewusst hätten, dass die Reise nicht mit der Unternehmenskultur vereinbar war, sagte Oberstaatsanwalt Wilhelm Möllers am Donnerstagabend der Nachrichtenagentur dapd. Dem Konzern sei ein Verlust von 52.000 Euro entstanden. Ein Event-Manager sei zudem wegen Beihilfe zur Untreue angeklagt. Ergo selbst hatte im Juli 2011 Strafanzeige erstattet. Den beiden 53 und 42 Jahre alten Managern droht eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Wann der Prozess beginne, sei noch völlig unklar, sagte Möllers, in diesem Jahr aber definitiv nicht mehr. Die beiden Angeklagten hatten 2007 für mehr als 60 Versicherungsvertreter eine „Belohnungsreise“ nach Budapest in die Gellert-Thermen organisiert und dabei für 52.000 Euro 20 Prostituierte bestellt. Die Party habe unter dem Motto „Party-Total“ gestanden und die Vertreter hätten sich um einen Platz bei der Reise bewerben müssen. 64 Auserwählte hätten dann für drei Tage nach Ungarn reisen dürfen, fügte Möllers hinzu. Zudem seien die beiden Angeklagten wohl mit von der Partie gewesen. Ärger um Lustreisen bei Ergo Die Ergo-Versicherung war im vergangenen Jahr nach der Enthüllung besagter Lustreise in die Schlagzeilen geraten. Vorstandschef Torsten Oletzky bezeichnete die Veranstaltung damals als einen „groben Fehler“ und betonte, dass es sich um einen Einzelfall gehandelt habe. Das Unternehmen hatte nach der Aufdeckung des Skandals unter anderem versucht mit einer ganzseitigen Anzeige in mehreren überregionalen Zeitungen, sich bei ihren Kunden zu entschuldigen. Zudem waren selbstständige Vertreter zu einem „Verhaltenskodex“ verpflichtet worden. In diesem Sommer war es zu weiteren Negativschlagzeilen über Deutschlands drittgrößten Versicherungskonzern gekommen. Medienberichten zufolge hatte Ergo noch bis 2011 mehrfach freie Vertreter auf Unternehmenskosten mit Bordellbesuchen oder dem Aufenthalt in einem Swingerclub in Jamaika belohnt. Ein Sprecher des Unternehmens räumte die Reisen ein, betonte jedoch, dass sie nicht von dem Versicherer organisiert worden seien. Die selbstständigen Vermittler hätten das in Eigenregie getan und dafür einen Zuschuss vom Unternehmen bekommen, den der Konzern bereits zurückgefordert habe. Der Charakter der Reise sei damals nicht überprüft worden. Ein weiteres Ermittlungsverfahren der Hamburger Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts auf Betrug bei Ergo-Riester-Verträgen läuft noch. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Flüchtlinge am Brandenburger Tor brechen Hungerstreik ab
Berlin (dapd-bln). Nach mehr als einer Woche haben die Flüchtlinge vor dem Brandenburger Tor in Berlin ihren Hungerstreik abgebrochen. Der Entscheidung war am Donnerstagabend ein vierstündiges Treffen mit der Flüchtlingsbeauftragten der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), und Berlins Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) in der Akademie der Künste vorausgegangen. Den Angaben zufolge wollen die 15 Flüchtlinge aber bis 5. November auf dem Pariser Platz am Brandenburger Tor in Mitte ausharren. Bis 15. November soll ein Termin für ein Treffen mit Bundestagsabgeordneten in Begleitung von Böhmer und Kolat gefunden sein. Böhmer hatte zuvor die jetzige Vereinbarung als Erfolg bezeichnet. Ebenso äußerte sich Kolat. Sie sagte zugleich, dass sich auch die Integrationsministerkonferenz mit dem Thema befassen werden. Die Demonstration richtet sich gegen die Abschiebung von Flüchtlingen und die Lebensbedingungen von Asylbewerbern in Deutschland. Die Flüchtlinge waren Anfang Oktober in einem Tross von insgesamt 70 Menschen aus Würzburg eingetroffen. Sie sind seither parallel in einem genehmigten Camp am Oranienplatz in Kreuzberg unter gekommen. Kritik von Linken und Piraten Anmelder der Demonstration vor dem Brandenburger Tor ist Dirk Stegemann. Der umstrittene Aktivist mit Positionen im weit linken Spektrum initiiert regelmäßig Kundgebungen und Demonstrationen in der Stadt. Am Donnerstagabend beklagte er, dass die am Vortag von Bezirksbürgermeister Christian Hanke (SPD) zugesagten Erleichterungen für die Demonstration wieder zurückgezogen worden wären. Laut Ordnungsamt habe Hanke seine Befugnisse überschritten, berichtete Stegemann. Dazu zählten die Position eines Wärmebusses am Rande der Demonstration und die Anordnung von Informationstischen. Der Abgeordnete Hakan Tas (Linke) nannte dieses Vorgehen „peinlich“. Tas wie auch Vertreter der Piraten hatten sich vergeblich um eine Teilnahme an dem Gespräch mit Böhmer bemüht. „Wir wären gern als Beobachter dabei gewesen“, sagte Pirat Fabio Reinhardt. Zu einer möglichen Straffreiheit für die Flüchtlinge, die mit dem Marsch und dem Aufenthalt in Berlin gegen die Residenzpflicht verstoßen, hieß es aus dem Büro von Böhmer, es werde Schreiben an die zuständigen Landkreise oder Bezirke geben, in den sich die jeweiligen Heime der Teilnehmer befinden. Darin solle um Wohlwollen geworben werden. Zugleich könnten die Flüchtlinge eventuell rückwirkend einen Antrag auf Reise stellen. Auch dem würden Erfolgsaussichten eingeräumt. Böhmer dankte den Flüchtlingen für ihren Einsatz: „Denn sie tun das nicht nur für sich, sondern auch für die große Zahl der Asylsuchenden in Deutschland.“ Zu den angesprochenen Problemen sagte sie, dass es Besuche von ihr in Wohnheimen geben werde. Die Wohn-Situation unterscheide sich von Bundesland zu Bundesland stark. Bei der Residenzpflicht wiederum habe sich schon viel getan, auch weil eine Modernisierung im Koalitionsvertrag stehe. Auch über die künftige Bleiberechtsregelung sei gesprochen worden. Da müsse eine stichtagsabhängige Regelung kommen, sagte Böhmer. Für eine schnellere als jetzt mögliche Arbeitsaufnahme von Asylbewerbern liege ein Sechs-Monats-Vorschlag auf Bundesebene vor, auf EU-Ebene ein Neun-Monats-Regelung. „Wir brauchen jede Hand und jeden Kopf“, sagte Böhmer. dapd (Politik/Politik)