Berlin (dapd). Die Grünen haben den Nachhaltigkeitsgipfel der Vereinten Nationen in Rio für gescheitert erklärt. „Rio ist wirklich das dramatische Versagen von Politik“, sagte Parteichefin Claudia Roth am Montag in Berlin. Die Teilnehmer hätten sich auf keinen einzigen verbindlichen Beschluss einigen können. Bundeskanzlerin Angela Merkel habe es nicht einmal für nötig befunden, zu der Konferenz zu reisen, beklagte Roth. Für die Bundesregierung habe die Klimapolitik offenkundig keine Priorität. Es sei auch absurd, dass das Abschlussdokument bereits vor Beginn des Treffens fertig gewesen sei. „Das macht die ganze fast kafkaeske Aufstellung dieses Gipfels deutlich.“ Der UN-Nachhaltigkeitsgipfel in Rio de Janeiro war mit einem Minimalkonsens zu Ende gegangen. Vertreter aus 188 Staaten verabschiedeten am Freitagabend (Ortszeit) ein Papier, das eine Reihe von Bekenntnissen zum Umweltschutz und zur Bekämpfung der Armut enthält, aber kaum feste Vorhaben. dapd (Politik/Politik)
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Mehr Macht dem Volke – Bürger könnten über EU-Verträge abstimmen
Berlin (dapd). Die Idee einer Volksabstimmung über die reformierten Europäischen Verträge findet parteiübergreifend prominente Befürworter. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck sprach am Montag von einer „richtigen Überlegung“. Auch FDP-Generalsekretär Patrick Döring kann sich einen Volksentscheid über die Europäische Union grundsätzlich vorstellen. Der frühere SPD-Finanzminister Peer Steinbrück erwartet sogar, dass mit der weiteren europäischen Integration in den nächsten zwei Jahren in Deutschland eine Volksabstimmung über Europa kommen muss. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte dem „Spiegel“ gesagt, das deutsche Volk müsse darüber entscheiden, ob Brüssel in Zukunft mehr Rechte von den EU-Staaten übertragen bekommt. Einen Zeitpunkt für einen Volksentscheid nannte Schäuble aber nicht. Er gehe jedoch „davon aus, dass es schneller kommen könnte, als ich es noch vor wenigen Monaten gedacht hätte“. Auf dem EU-Gipfel Ende dieser Woche wollten „die Chefs von vier europäischen Institutionen konkrete Vorschläge für eine vertiefte Integration vorstellen“, kündigte der Minister an und fügte hinzu: „Danach werden wir sehen.“ Beck gab im Bayerischen Rundfunk zu bedenken, das Bundesverfassungsgericht habe anlässlich der jüngsten Initiativen zur Euro-Rettung festgestellt, dass die Grenze des verfassungsrechtlich Zulässigen erreicht sei. Deshalb sei der Gedanke an eine Legitimation durch das Volk richtig. Allerdings müsste dies sehr sorgfältig vorbereitet sein. „Das darf am Ende nicht zu einer Anti-Europa-Stimmung führen.“ Auch FDP-Generalsekretär Döring riet zur Vorsicht. Er sei „etwas skeptisch“, ob die EU „der richtige Aufhänger“ für einen „ersten Testlauf“ wäre, sagte er im Deutschlandfunk. Seine Partei befürworte jedoch schon länger Volksentscheide auf Bundesebene. Dazu sei jedoch eine Grundgesetzänderung notwendig. „Das ist ja bisher immer gescheitert, auch an unseren geschätzten politischen Mitbewerbern“, sagte der FDP-Politiker. Der frühere Finanzminister Steinbrück machte mit Blick auf die von den Euro-Ländern angestrebte einheitliche Finanz- und Fiskalpolitik deutlich, dass eine Volksabstimmung über Europa aus seiner Sicht unausweichlich sei. „Wer den Verfassungsrichtern aufmerksam zugehört hat, weiß, dass es anders nicht geht“, sagte der SPD-Politiker der „Stuttgarter Zeitung“. Er räumte ein: „Das wäre ein absolutes Novum“, denn „wir haben das Volk nicht einmal über das Grundgesetz, über die Wiedervereinigung und über die Aufgabe der D-Mark befinden lassen“. Gleichwohl sei ihm davor nicht bange. „Solch ein Referendum käme ja nicht über Nacht, sondern frühestens 2013 oder 2014. Wenn Politik, Wirtschaft, Medien und Wissenschaft gemeinsam antreten, Europa als richtige Antwort auf das 21. Jahrhundert zu erklären, dann kann man so etwas gewinnen.“ dapd (Politik/Politik)
Jet-Tankstellen-Betreiber bremst Kartellamt aus
Bonn/Hamburg (dapd). Das Bundeskartellamt ist in seinem Kampf um mehr Wettbewerb auf dem deutschen Tankstellenmarkt vom Betreiber der Jet-Tankstellen ConocoPhillips ausgebremst worden. Der US-Mineralölkonzern legte beim Oberlandesgericht Düsseldorf Beschwerde gegen einen Auskunftsbeschluss der deutschen Wettbewerbshüter ein, wie ein Unternehmenssprecher am Montag der Nachrichtenagentur dapd sagte. Die Wettbewerbsbehörde rechnet nun mit einer spürbaren Verzögerung ihrer Untersuchungen. Das Bundeskartellamt ermittelt gegen die fünf großen Mineralölkonzerne – Deutsche BP/Aral, Exxon/Esso, ConocoPhillips, Shell und Total – seit Anfang April wegen Verdachts der Behinderung freier Tankstellen. Die Marktführer sollen den freien Tankstellen Kraftstoff zu Preisen verkauft haben, die noch über denen lagen, die sie von ihren eigenen Endkunden an der Zapfsäule verlangten. Kartellamtspräsident Andreas Mundt sagte der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Montagausgabe) mit Blick auf den nun bevorstehenden Rechtsstreit: „Wir müssen unser Verfolgungskonzept, Verdachtsmomente und Zahlen offenlegen. Das wird die ganze Sache verzögern.“ ConocoPhillips ist nach Angaben des Kartellamts das einzige Unternehmen, das Widerstand gegen die Herausgabe der Daten leistet. Ein Sprecher des Mineralölkonzerns bezeichnete die Untersuchung als unberechtigt. „Jet ist nicht Teil eines marktbeherrschenden Oligopols und behindert keine Wettbewerber“, sagte er. Das Vorgehen des Kartellamts sei geschäftsschädigend und beeinträchtige die Wettbewerbsfähigkeit des Konzerns. Das Bundeskartellamt geht davon aus, dass der deutsche Tankstellenmarkt von einem Oligopol der großen fünf Mineralölkonzerne beherrscht wird. Das einzige noch vorhandene Gegengewicht gegen die „großen Fünf“ sind nach Einschätzung des Kartellamts bislang die freien Tankstellen, die ein Drittel des Markts in Deutschland ausmachen. Doch sind sie auf die Belieferung aus den Raffinerien der Öl-Multis angewiesen. Beschwerden über die Preisgestaltung der „großen Fünf“ ließen deshalb bei der Behörde die Alarmglocken schrillen. Für die Wettbewerbshüter ist die Sicherstellung der Belieferung der freien Tankstellen zu fairen Konditionen eine wichtiger Hebel, um den Wettbewerb auf dem deutschen Tankstellenmarkt zu verstärken. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Steinmeier begrüßt Fiskalpakt-Einigung
Berlin (dapd). SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier hat die Einigung zwischen Bund und Ländern beim europäischen Fiskalpakt begrüßt. Die vereinbarte finanzielle Unterstützung für die Länder sei notwendig, sagte Steinmeier dem rbb-Inforadio am Montag. „Für Risiken, die die Bundesregierung auf europäischer Ebene eingegangen ist, wollen sie nicht selbst haften. Zudem sollen ihre Entschuldungspfade, die sie bis zum Jahr 2016 angelegt haben, nicht nachträglich korrigiert werden. Dafür trägt jetzt der Bund das Risiko – und das ist völlig richtig so“, sagte der SPD-Fraktionschef. dapd (Politik/Politik)
Tariflöhne in Deutschland und Frankreich steigen ähnlich stark
Wiesbaden (dapd). Die Tariflöhne in der Privatwirtschaft sind im vergangenen Jahr in Deutschland und Frankreich jeweils mit gut zwei Prozent gewachsen. Während das Plus hierzulande 2,1 Prozent betrug, waren es in Frankreich 2,2 Prozent, wie das Statistische Bundesamt am Montag in Wiesbaden mitteilte. In Deutschland variierten die durchschnittlichen Tariferhöhungen allerdings stärker als bei den Nachbarn jenseits des Rheins. Das tarifliche Plus reichte hierzulande von 1,1 Prozent im Bereich „Verkehr und Lagerei“ über 1,9 Prozent auf dem Bau bis 2,3 Prozent im Handel. Die höchsten Zuwächse von 3,5 Prozent verzeichnete der Wirtschaftszweig „Sonstige wirtschaftliche Dienstleistungen“, wozu unter anderem die Vermittlung und Überlassung von Arbeitskräften sowie der Garten- und Landschaftsbau gehören. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Öffentliche Schulden wachsen weiter
Wiesbaden (dapd). Die öffentlichen Schulden in Deutschland sind trotz aller Sparbemühungen weiter gestiegen. Zum Ende des ersten Quartals waren Bund, Länder und Gemeinden mit 2,042 Billionen Euro verschuldet. Das waren 2,1 Prozent oder 42,3 Milliarden Euro mehr als ein Jahr zuvor, wie das Statistische Bundesamt am Montag in Wiesbaden mitteilte. Der Bund stand Ende März mit 1,286 Billionen Euro in der Kreide. Das waren 12,5 Milliarden oder 1,0 Prozent mehr als am Ende des ersten Quartals 2011. Die Länder wiesen Ende März knapp 623 Milliarden Euro an Schulden aus. Das entsprach einem Zuwachs von 4,0 Prozent oder 23,8 Milliarden Euro gegenüber dem 31. März 2011. Die Verschuldung der Gemeinden wuchs im Jahresvergleich um 4,7 Prozent oder rund 6 Milliarden auf rund 133 Milliarden Euro. Dabei erhöhte sich der Anteil der Kassenkredite, die zur kurzfristigen Überbrückung von Liquiditätsengpässen gedacht sind, auf 35,9 Prozent. Die Schulden der kommunalen Zweckverbände und der gesetzlichen Sozialversicherung sind in der vierteljährlichen Schuldenstatistik nicht enthalten. dapd (Politik/Politik)
Familienverband fordert höheres Betreuungsgeld
Berlin (dapd). Der Präsident des Deutschen Familienverbands, Klaus Zeh, verteidigt das von der Koalition geplante Betreuungsgeld. „Mit dem Betreuungsgeld wird kein Erziehungsmodell favorisiert, sondern eher ein ordnungspolitischer Ausgleich zur einseitigen Förderung der Fremdbetreuung geschaffen“, sagte Zeh der Zeitung „Die Welt“ laut Vorabbericht. Es signalisiere, dass Erziehungsarbeit für die Gesellschaft eine gleichwertige Leistung sei wie die Erwerbsarbeit. Zeh verlangte deutlich mehr als die von der Regierung geplanten 150 Euro monatlich. „Wir fordern 700 Euro für ein Betreuungsbudget“, sagte er. Zudem solle das Geld auch an Hartz-IV-Empfänger ausgezahlt werden. „Wir vertreten die Auffassung, dass das ja keine Lohnersatzleistung ist, sondern eine echte Leistung“, sagte der frühere Thüringer Familienminister. „Wer den Betreuungsplatz nur halbtags in Anspruch nimmt, sollte trotzdem noch die Hälfte des Betreuungsgeldes erhalten.“ dapd (Politik/Politik)
Deutschland soll Entwicklungspolitik mehr an Ärmsten ausrichten
Berlin (dapd). Die deutsche Entwicklungspolitik legt einer Studie zufolge ihre Schwerpunkte zu wenig auf die ärmsten Länder der Erde. Zu diesem Schluss kommt die Entwicklungsorganisation ONE in ihrem am Montag in Berlin vorgelegten Data-Bericht 2012. Darin wird bemängelt, dass die Bundesrepublik weit hinter ihren finanziellen Zusagen zurückbleibt. Der Deutschlandchef der Lobbyorganisation zur Bekämpfung von extremer Armut, Tobias Kahler, sagte: „Nach unseren Berechnungen müsste Deutschland jedes Jahr 2,35 Milliarden Euro zusätzlich für Armutsbekämpfung ausgeben.“ Nur so könne das Versprechen gehalten werden, das 2005 den ärmsten Ländern der Welt gegeben worden sei. Aber auch für das Jahr 2013 erwarte er „nur leichte Erhöhungen für den Entwicklungsetat“, sagte Kahler. 2005 hatte die Europäische Union einen Stufenplan zur schrittweisen Erhöhung der Entwicklungshilfe vorgelegt. Danach sollen Staaten wie Deutschland bis 2015 mindestens 0,7 Prozent für öffentliche Entwicklungszusammenarbeit ausgeben. Dieser sogenannte ODA-Anteil lag 2011 in der Bundesrepublik bei 0,39 Prozent. Die Organisation sieht auch ein weiteres Ziel in Gefahr. Mindestens die Hälfte dessen, was seit 2004 zusätzlich für Entwicklungspolitik ausgegeben wird, sollte afrikanische Länder unterstützen. „Nur ein Viertel der deutschen Erhöhungen ging an Afrika“, erklärte Kahler. „Bis 2015 muss Deutschland seiner Unterstützung um das Zweieinhalbfache steigern.“ ONE lobt aber auch, dass das deutsche Engagement auf dem afrikanischen Kontinent 2011 etwas stärker gestiegen sei als in anderen Regionen, nämlich um 15,8 Prozent. Auch sei Deutschland eines von nur fünf Ländern der Euro-Zone, das seine Entwicklungsfinanzierung im vergangenen Jahr gesteigert habe. In vier Kategorien bewertet der jüngste Data-Bericht die Qualität der Entwicklungspolitik in 15 EU-Staaten und der Europäischen Kommission. In nur einer der vier Kategorien schneidet Deutschland leicht überdurchschnittlich ab: bei der Zusammenarbeit mit und der Stärkung von Institutionen der Partnerländer. Die anderen drei Kategorien waren Effizienzmaximierung, Entlastung der Institutionen des Partnerlandes sowie Transparenz und Lernen. Mit dem Data-Bericht beobachtet ONE seit 2006, ob die Zusagen bezüglich Finanzierung und verbesserter Wirksamkeit von Entwicklungszusammenarbeit eingehalten werden. Weltweit wird die Arbeit der Organisation nach deren Angaben von drei Millionen Menschen unterstützt. ( www.one.org/databericht ) dapd (Politik/Politik)
Telekom will auf betriebsbedingte Kündigungen verzichten
Frankfurt/Main (dapd). Die Deutsche Telekom will den Stellenabbau in ihrer Konzernzentrale in Bonn möglichst ohne betriebsbedingte Kündigungen bewältigen. Das Unternehmen habe einen Personalabbau immer sozialverträglich umgesetzt, sagte am Sonntag ein Telekom-Sprecher und bestätigte Äußerungen von Personalvorstand Marion Schick im Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. „Auch für die Zentrale wollen wir daran festhalten“, fügte er hinzu. Die Telekom will nach Angaben des Sprechers mit 3.200 Stellen in ihrer Konzernzentrale bis zum Jahr 2015 von 1.300 Stellen streichen. Dabei sollen 800 Arbeitsplätze schon dieses Jahr verloren gehen. Personalvorstand Schick sagte, eine große Zentrale entspreche nicht mehr der Steuerungsphilosophie der Telekom als internationaler Konzern. „Wir geben Kompetenzen ab an Serviceeinheiten, weil viele Themen lokal vor Ort entschieden werden müssen“, kündigte sie an. Nach Angaben des Unternehmenssprechers will die Telekom dabei weitere länderübergreifende Einheiten im europäischen Ausland schaffen. Schon jetzt sei das zentrale Abrechnungsgeschäft der europäischen Landesgesellschaften in Bratislava in der Slowakei zentralisiert. „Wenn weitere solche Aufgaben zentralisiert werden, muss das nicht in Bonn stattfinden“, sagte der Sprecher weiter. Dies Pläne hätten aber nichts mit dem geplanten Personalabbau in der Zentrale zu tun. Die „Wirtschaftswoche“ (Montagausgabe) berichtet von einem weitergehenden Plan des für das europäische Auslandsgeschäft zuständigen Telekom-Vorstandsmitglieds Claudia Nemat. Diese habe im engsten Führungskreis des Unternehmen den Plan erläutert, ihren Vorstandsbereich von Bonn nach Prag oder Budapest zu verlegen, schreibt das Blatt. Dem widersprach der Unternehmenssprecher. Es gebe weder einen entsprechenden Beschluss , noch konkrete in diese Richtung gehende Pläne. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Betreuungsgeld martert Koalition
Berlin/München (dapd). Der Streit übers Betreuungsgeld belastet weiterhin das Klima in der Koalition. Nachdem der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer erneut mit einem Bruch des Bündnisses gedroht hatte, griff FDP-Fraktionsvize Martin Lindner die CSU scharf an. Seehofer betreibe „groben Unfug“, wenn er die schwarz-gelbe Koalition wegen der umstrittenen Familienleistung infrage stelle, sagte Lindner der Zeitung „Die Welt“. Seehofer bekräftigte derweilen seine Forderung und erklärte, das Vertrauensverhältnis zu FDP-Chef Philipp Rösler habe durch die Debatte „einen Kratzer bekommen“. Lindner wetterte, so funktioniere keine Koalition, sondern „bestenfalls ein Wunschkonzert in Badenweiler“. Seehofer habe die Leistung für Eltern, die ihre Kinder zu Hause erziehen „zu einer Glaubensfrage hochstilisiert“. Auch die Fachpolitiker in den Regierungsfraktionen müssten akzeptieren, dass „ihre persönlichen Vorstellungen nicht sakrosankt sind“, sagte der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende weiter. Er forderte die Parteichefs von CDU, CSU und SPD auf, die Sommerpause zu nutzen, um „einen vernünftigen Kompromiss“ das Betreuungsgeld zu finden. Seehofer zeigte sich jedoch nicht bereit, noch einmal über das Betreuungsgeld zu verhandeln. „Wenn wir uns nicht mehr darauf verlassen können, dass Vereinbarungen eingehalten werden, ist es nicht gut bestellt um die Koalition“, sagte er der „Bild am Sonntag“. Eine Koalition könne nur mit Vertrauen funktionieren. „Und Vertrauen besteht nur, wenn getroffene Vereinbarungen eingehalten werden.“ Nach der geplatzten Abstimmung über das Betreuungsgeld im Bundestag habe er Rösler eine Nachricht zukommen lassen, dass die Koalition jetzt enger zusammenrücken müsse, dann aber wenig später gehört, dass der FDP-Chef Nachverhandlungen fordere. „Mein Vertrauensverhältnis zu Philipp Rösler hat einen Kratzer bekommen“, sagte Seehofer dazu. Aber das sei noch „reparabel“. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) erinnerte daran, dass der Bundestag unabhängig darüber entscheiden könne, ob er Änderungen am Betreuungsgeld vornehme oder nicht. „Das Parlament hat immer das Recht, Gesetzentwürfe zu verändern, wenn es das für notwendig hält“, sagte Lammert dem „Tagesspiegel am Sonntag“. CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt zeigte sich indes ein wenig kompromissbereit. „Es wird eine Einigung geben, die am Kern des Gesetzentwurfs nicht rüttelt, aber möglicherweise im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens kleine Modifizierungen vornimmt“, sagte sie der Zeitung „Sonntag Aktuell“. Dabei nahm sie ausdrücklich Bezug auf den Vorschlag aus der CDU, Eltern zwischen Barauszahlung und einem Zuschuss zur Riester-Rente wählen zu lassen. Zu dem Vorschlag sagte sie: „Jedenfalls lässt er den Eltern Wahlfreiheit.“ Bayerns SPD-Fraktionsvorsitzender Markus Rinderspacher forderte die FDP-Abgeordneten im Bundestag unterdessen auf, gegen das Betreuungsgeld zu stimmen. Gerade in Bayern sei die Verbesserung der Infrastruktur in der Kinderbetreuung dringend notwendig und dürfe nicht von einer „Fernhalteprämie von Bildungschancen“ konterkariert werden, sagte Rinderspacher in München. Bundesweit liege der Freistaat an letzter Stelle in der Ganztagsbetreuung. Im Streit über das Betreuungsgeld hatten FDP-Politiker offen mit einer Ablehnung des Herzensanliegens der CSU im Bundestag gedroht. Die FDP-Familienexpertin Miriam Gruß, die auch Generalsekretärin der Liberalen in Bayern ist, kündigte an: „So wie der Entwurf aussieht, werde ich mit Nein stimmen.“ Rinderspacher forderte die FDP-Abgeordneten auf, es der Familienexpertin gleichzutun. Seiner Ansicht nach verhindert das Betreuungsgeld, dass Kinder früh in Kitas gefördert werden. Auch erschwere es die Integration von Kindern aus Einwandererfamilien und behindere die frühe Rückkehr von Frauen in den Beruf. dapd (Politik/Politik)