Stralsund (dapd). Die Wut der Schiffbauer in Vorpommern ist der Resignation gewichen. Ein Tag nach der Ankündigung, dass die P+S Werften in Stralsund und Greifswald pleite sind und Insolvenz anmelden müssen, hören sich die Werftleute am Dienstag auf zwei Belegschaftsversammlungen Details der Katastrophe an, die für die meisten keine Überraschung sind. „Es waren dürre Worte, nichts Neues“, sagt ein Schiffbauer nach der Versammlung in Stralsund, während er das Werftgelände verlässt. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) hatten versucht, die Entscheidung zur Einstellung weiterer Beihilfen zu verteidigen. „Bund und Land haben getan, was möglich war“, sagt Merkel und verspricht, alles zu tun, um auch in einer Insolvenz zu helfen. Sie kenne die Stralsunder Werft mit all ihren Höhen und Tiefen und wisse auch, „es ist eine tolle Truppe“, versucht die Kanzlerin, die in Vorpommern ihren Wahlkreis hat, etwas Hoffnung zu verbreiten. Sellering gesteht nach seiner Rede vor 1.200 Werftarbeitern, es sei das „erwartet schwierige Gespräch“ gewesen. Werftchef Rüdiger Fuchs werde noch weitere Gespräche mit Kunden der beiden Schiffbaubetriebe in Stralsund und Wolgast führen, „um auszuloten, ob da noch irgendwas geht“. „Allerschlimmstes“ verhindern Die Werftleute hätten die Reden der Politiker „verhalten“ aufgenommen, sagt Betriebsrat Jürgen Kräplin. Sie begrüßten schon, dass sich in der Werftenkrise die beiden politischen Lager nicht „auseinanderdividieren“. Und auch, dass Merkel Hilfen während der Insolvenz zusagt, sei bei den Werftleuten angekommen. Jetzt müsse alles getan werden, um das „Allerschlimmste“ zu verhindern. „Die Arbeit geht erstmal weiter, das war schon immer so, dass die Belegschaft sagt, die Schiffe müssen fertig werden“, sagt Kräplin. Auch die Werftleute, die am Dienstag nach ihrer Schicht durch das Betriebstor kommen, werden am nächsten Tag wieder ihren Dienst antreten. „Ich weiß noch nicht, wie es weitergeht“, sagt ein Schiffbauer, der wie alle anderen seinen Namen nicht nennen will. „Ich habe noch acht Jahre bis zur Rente.“ Für ihn wie für die meisten seiner Kollegen sei der Ruin der Stralsunder Volkswerft keine Überraschung. „Die Krise hat sich schon jahrelang angedeutet, weil wir von den Gesellschaftern an der kurzen Leine gehalten werden und die Gewinne abgezogen wurden“, sagt er. Pessimismus in Stralsund, Hoffnung in Wolgast Während Werftchef Fuchs in einer ersten Analyse vor allem der Wolgaster Werft gute Überlebenschancen ausgerechnet hatte, sieht er die Stralsunder Volkswerft „aus dem Tritt“. Zu viele Neukonstruktionen, zu wenig Arbeitsvorbereitung, das müsse sich ändern, bevor Stralsund eine Zukunft hat. Der Pessimismus ist auch im Rathaus zu spüren. Oberbürgermeister Alexander Badrow (CDU) spricht von der „schwersten Krise seit Jahren“ und einem der „schwärzesten Tage in meiner Amtszeit“. Der Untergang der Werft wäre eine Katastrophe. Auch der Stralsunder Bevollmächtigte der IG Metall Küste, Guido Fröschke, kann die Enttäuschung in Stralsund nachvollziehen. Arbeitsmarktpolitisch verstünden die Werftleute die Insolvenz nicht. „Sie können nicht verstehen, dass etwas so Schönes den Bach runtergehen soll“, sagt Fröschke. „Der Standort ist doch gut, sagen sie.“ Vielleicht schlägt die Resignation der Werftleute aber auch in Hoffnung um. „Nachdem die Schiffbauer eine Nacht darüber geschlafen haben, gucken sie jetzt nach vorn“, sagt Fröschke. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)