Nürnberg/Berlin (dapd). Die schwächer werdende Konjunktur wird zunehmend zu einer Belastung für den Arbeitsmarkt. Im August stieg die Zahl der Menschen auf Jobsuche im Vergleich zum Vormonat um 29.000 auf 2,905 Millionen und damit deutlich stärker, als dies in den Vorjahren der Fall war, wie die Bundesagentur für Arbeit (BA) am Donnerstag in Nürnberg mitteilte. Saisonbereinigt nahm sie um 9.000 zu. Die Arbeitslosenquote verharrte bei 6,8 Prozent. Im Vergleich zum August 2011 waren 40.000 Menschen weniger arbeitslos. Bei Politikern und DGB lösten die Zahlen ein geteiltes Echo aus. „Das Wachstum von Erwerbstätigkeit und sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung hält an, verliert aber an Schwung“, erklärte der Vorstandsvorsitzende der BA, Frank-Jürgen Weise. Darin zeige sich auch das geringere Wachstum der deutschen Wirtschaft. Die im Vergleich zu den Vorjahren deutlich stärkere Zunahme der Arbeitslosenzahl ist seinen Worten zufolge in erster Linie damit zu erklären, dass weniger Menschen an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen teilnahmen und auch die Förderung für den Übergang von Arbeitslosigkeit in die Selbstständigkeit deutlich reduziert wurde. Von einer Trendwende wollte Weise noch nicht sprechen. „Das ist eher eine kleine Delle, aber eigentlich noch eine ganz gute Entwicklung“, betonte er. Wahrscheinlicher für den weiteren Jahresverlauf ist seiner Einschätzung nach eine Seitwärtsbewegung am Arbeitsmarkt. So wird für September und Oktober wieder ein Rückgang der Arbeitslosenzahl um jeweils rund 100.000 erwartet. An der bisherigen Prognose, wonach im Jahresdurchschnitt zwischen 2,8 und 2,9 Millionen Menschen arbeitslos sein werden, hält die Behörde daher grundsätzlich fest, sieht die Arbeitslosigkeit nun aber eher am oberen Ende des Korridors. Nach BA-Hochrechnungen lag die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten im Juni bei 28,93 Millionen und damit fast um 564.000 über dem Vorjahr. Die Zahl der Erwerbstätigen stieg im Juli laut Statistischem Bundesamt um 469.000 im Vergleich zum Vorjahr auf 41,68 Millionen. Beschäftigung ist laut Weise außer in Sachsen-Anhalt in allen Bundesländern und allen Branchen entstanden, Jobs abgebaut wurden lediglich in der Zeitarbeit und im öffentlichen Dienst. Mit einer Quote von 10,3 Prozent war die Arbeitslosigkeit in Ostdeutschland im August erneut fast doppelt so hoch wie in Westdeutschland (6,0 Prozent). Allerdings lag sie in den fünf westdeutschen Bundesländern Bayern, Baden-Württemberg, Saarland, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen über dem Vorjahr. Weise erklärte dies zum einen mit der natürlichen Dynamik in den Sommerferien, zum anderen schlage sich jedoch im Saarland bereits die Stagnation in der Autobranche nieder, da sich Zuliefererfirmen mit Neueinstellungen zurückhielten. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) bezeichnete es als erfreulich, dass die Beschäftigung trotz des ungünstigeren konjunkturellen Umfeldes noch immer zugenommen habe. „Arbeit ist immer noch da“, betonte sie. Nun müsse alles daran gesetzt werden, junge Menschen in den richtigen Berufen auszubilden, die Weiterbildung in den Betrieben zu stärken und Arbeitssuchende gezielt für offene Positionen zu qualifizieren. „Nur wenn genügend Fachkräfte da sind, die Aufträge für die deutsche Wirtschaft sichern, ist auch genügend Arbeit für Menschen mit schwächeren Qualifikationen da“, sagte sie. Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) bescheinigte dem Arbeitsmarkt eine weiterhin gute Verfassung. Mit seinem hohen Beschäftigungsstand sei er eine verlässliche Stütze der binnenwirtschaftlichen Entwicklung, erklärte er. Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Hubertus Heil, sprach indes von „Warnzeichen“ am Arbeitsmarkt. Auch Deutschland sei von der Krise in der Eurozone betroffen. „Was jetzt notwendig ist, ist eine Wachstumsstrategie in Europa und Vorsorge am deutschen Arbeitsmarkt“, betonte er. Um der Eintrübung der Wirtschaft entgegenzuwirken, forderte DGB-Vorstandsmitglied Claus Matecki eine Stärkung der Binnennachfrage. „Sozialversicherungspflichtige Vollzeitstellen in viele schlecht bezahlte Jobs zu parzellieren oder arme Rentner in Minijobs zu stecken, ist die falsche Antwort“, kritisierte er. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)