Frankfurt/Main (dapd). Eine europäische Bankenunion taugt nach Ansicht von Bundesbank-Präsident Jens Weidmann nicht zur Lösung der aktuellen Krise. Eine stärkere Zusammenarbeit der Europartner könne nur dazu dienen, die zukünftigen Risiken für das Finanzsystem zu reduzieren, sagte Weidmann am Montag in Frankfurt am Main. Die EU-Pläne für eine Bankenunion sehen eine gemeinsame Finanzaufsicht, eine geregelte Abwicklung angeschlagener Institute und unter Umständen eine gemeinsame Einlagensicherung vor. „Wenn die Bankenunion am Ende vor allem dazu dienen würde, durch die Hintertür eine umfassende gemeinsame Haftung einzuführen und schlicht dem Staat mehr Möglichkeiten zu geben, sich zu verschulden, dann wäre der Währungsunion ein Bärendienst erwiesen“, sagte Weidmann. „Diese Gefahr besteht, und ich glaube, wir sollten sie nicht unterschätzen.“ Wenn die Politik Finanzhilfen für die Krisenländer für notwendig halte, dann solle sie das offen sagen und nicht unter dem Deckmantel einer Bankenunion verbergen. Die gegenwärtige Debatte über die Details der Bankenunion könne sogar die notwendigen Bankreformen in den Krisenländern verzögern, warnte Weidmann. „Denn aus Sicht der Beteiligten kann es sich dann lohnen, die Bilanzbereinigung bis zum Inkrafttreten der Bankenunion rauszuzögern, und genau das wollen wir nicht.“ Die Zusammenlegung der Einlagensicherung bei der Bildung einer Bankenunion sei „völlig zu recht in den Hintergrund getreten“, sagte Weidmann. Besonders in Deutschland war diese Idee auf massive Kritik gestoßen. Denn die hiesige Branche fürchtet, dass die jahrelang aufgebaute deutsche Einlagensicherung zugunsten von Krisenbanken und deren Kunden verwendet werden könnten, etwa in Spanien. Trennung von Geldpolitik und Bankenaufsicht „schwierig“ Der Bundesbank-Präsident wies auch auf den Interessenkonflikt zwischen Bankenaufsicht und Geldpolitik hin, der entstehen könnte, falls die Europäische Zentralbank (EZB) die Oberaufsicht über die Institute in der Währungsunion bekommen sollte. Daher müsse beides strikt getrennt werden. Das sei „machbar, aber schwierig – schwierig aus organisatorischer Sicht und schwierig aus rechtlicher Sicht“, sagte Weidmann. Eine Bankenunion allein reiche indes nicht aus, um das Finanzsystem zu stabilisieren. Die Institute müssten auch davor geschützt werden, unter der Überschuldung von Staaten zu leiden. Zum einen forderte Weidmann eine Obergrenze für Kredite, die einzelne Banken einem Staat geben dürfen. Zum anderen sollten Banken Staatsanleihen oder Kredite an den Staat mit Eigenkapital unterlegen. Der Einsatz von Eigenkapital würde dazu führen, dass die Märkte stärker auf die Finanzlage der einzelnen Staaten reagierten. Sinkende Preise für Anleihen könnten die Probleme einzelner Staaten frühzeitig signalisieren. „Zusammen mit der gemeinsamen Aufsicht würde dies verhindern, dass Staaten trotz einer Schieflage im Haushalt weiter billige Kredite erhalten und so nicht nur sich selbst, sondern auch die Banken noch tiefer in Haushaltsproblemen verstricken“, sagte Weidmann. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
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Bundesbankchef fordert Gründlichkeit bei Bankenunion
Düsseldorf (dapd). Bundesbankpräsident Jens Weidmann hat vor zu viel Eile bei der Etablierung der geplanten europäischen Bankenaufsicht gewarnt. „Bei der Einführung der Bankenunion muss Gründlichkeit vor Schnelligkeit gehen“, schrieb Weidmann in einem Gastbeitrag für das „Handelsblatt“. „Es hat keinen Sinn, einen tragenden Pfeiler zügig, aber auf Sand zu bauen.“ Richtig ausgestaltet könnte die Bankenunion eine auf Stabilität ausgerichtete Währungsunion stützen. „Zur Lösung der gegenwärtigen Krise ist sie aber das falsche Mittel“, schrieb Weidmann. Die Bankenaufsicht sollte nach Ansicht des Bundesbankchefs auf jeden Fall Eingriffsrechte in nationale Befugnisse vorsehen. „Eine Bankenunion müsste daher nicht nur durch regulatorische Reformen, sondern ebenso durch einen strengeren Fiskalrahmen und Eingriffsrechte der europäischen Ebene flankiert werden, die unsolide Politik effektiv korrigieren können“, erklärte Weidmann. Er sprach sich entschieden dagegen aus, die Bankenaufsicht bei der Europäischen Zentralbank (EZB) anzusiedeln, denn dann drohten „Interessenkonflikte mit dem Primärziel Preisstabilität“. Eine strikte Trennung der jeweiligen Arbeitseinheiten und Funktionen sei daher unabdingbar, schrieb Weidmann. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Bundesbank warnt vor Haftungsgemeinschaft durch die Hintertür
Frankfurt/Main (dapd). Die europäischen Pläne einer Bankenunion treffen auf große Vorbehalte der Bundesbank. Bevor die Einlagensicherung der Staaten zusammengelegt werden könnte, müsse es zunächst strenge Regeln für die nationalen Haushalte geben, also eine Fiskalunion, sagte Bundesbank-Vizepräsidentin Sabine Lautenschläger am Dienstag in Frankfurt am Main. Andernfalls würde eine Bankenunion zu einer „Haftungsgemeinschaft der Staaten durch die Hintertür“ führen. Da in einer Bankenunion nationale Risiken vergemeinschaftet würden, müssten die Staaten einen Teil ihrer Souveränität abgeben, erklärte Lautenschläger. Die nationalen Parlamente müssten ihr Haushaltsrecht zwar nicht vollkommen aufgeben. „Ein Teilverzicht, mit klaren, strengen europäischen Haushaltsregeln und vor allem automatischen, europäischen Durchgriffsrechten bei wiederholten Regelverstößen wäre aber unumgänglich.“ Andernfalls würden Banken aus Euro-Krisenstaaten ihre durch die Bankenunion gewonnene Finanzkraft an ihre Heimatländer weitergeben und deren Anleihen kaufen. Dadurch würde aber der wichtige, weil disziplinierende Marktmechanismus außer Kraft gesetzt. Lautenschläger forderte ein „Zusammenspiel von Haftung und Kontrolle“. Eine Bankenunion bedeute, dass bei der „Krise eines nationalen Bankensystems im Zweifel auch das Geld der anderen Länder eingesetzt wird“. Die Bundesregierung und die deutschen Banken haben sich bereits gegen eine Bankenunion ausgesprochen. Sie fürchten um die stabile deutsche Einlagensicherung. Eine gemeinsame Einlagensicherung könnte die angeschlossenen Banken stabilisieren, weil sie die Angst vor der Zahlungsunfähigkeit verringert und damit das Risiko, dass Kunden während einer Krise panisch ihre Geld abheben („Bank Run“). Von einem gemeinschaftlichen System würden aber vor allem die schwachen Banken in Krisenstaaten profitieren, während starke Banken und deren Kunden letztlich mit ihrem Geld für die eingegangenen Risiken anderer gerade stehen müssten. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)