Berlin (dapd). Die SPD zieht ein Jahr nach dem Auffliegen der rechten Terrorgruppe NSU ein ernüchterndes Zwischenfazit über die von der Bundesregierung gezogenen Konsequenzen. „Ich kann leider nicht erkennen, dass die Bundesregierung den Umbau der Sicherheitsbehörden mit Präzision und Entschlossenheit vorantreibt“, sagte SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann am Donnerstag in Berlin. Oppermann verwies unter anderem auf das von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) vorgelegte Konzept zur Reform des Verfassungsschutzes. Dieses sei nicht mit den Ländern abgesprochen gewesen und folglich auch an ihren Widerstand gescheitert. Die Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) flog vor einem Jahr auf, nachdem die beiden Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt am 4. November 2011 Selbstmord begangen. Das mutmaßlich dritte NSU-Mitglied, Beate Zschäpe, stellte sich wenige Tage später und sitzt seitdem in Untersuchungshaft. Die Gruppe agierte zuvor knapp 14 Jahre unentdeckt von den Sicherheitsbehörden im Untergrund und soll zehn Menschen ermordet haben. Oppermann monierte, dass bei den Behörden jetzt auch die Aufarbeitung ihrer Ermittlungspannen „teilweise grauenhaft“ laufe. Akten würden vernichtet oder zurückgehalten, wichtige Informationen kämmen nur scheibchenweise ans Licht und es werde versucht, Fehler zu relativieren, sagte er. Hinterbliebene kritisieren Sicherheitsbehörden Auch die Angehörige eines NSU-Opfers, Fadime Simsek, erhebt schwere Vorwürfe gegen die Behörden. „Wären es Menschen aus anderen Ländern gewesen, den USA, Frankreich oder England, dann wäre im Land doch die Hölle los gewesen“, sagte Fadime Simsek der „tageszeitung“. „Aber es waren eben nur Türken.“ Polizei und Verfassungsschutz hätten ihre Arbeit nicht richtig gemacht. Fadime Simseks Onkel Enver Simsek war am 9. September 2000 von den NSU-Terroristen an seinem mobilen Blumenstand in Nürnberg erschossen worden. Derweil verlangte Gamze Kubasik, die Tochter des am 4. Juni 2006 in Dortmund erschossenen Mehmet Kubasik, ein entschlosseneres Vorgehen bei der Aufklärung: „Uns wurde sehr viel versprochen, auch von Bundeskanzlerin Merkel. Dann haben wir gehört, dass Akten vernichtet wurden, und wir haben das Gefühl, die Aufklärung kommt nicht voran“, sagte sie dem „Tagesspiegel“. „Ich fühle mich deshalb hintergangen und bin wütend und traurig zugleich.“ Trauerzeremonien und Demonstrationen An mehreren der Tatorte soll am Wochenende unterdessen der Opfer gedacht werden. Die Türkische Gemeinde Hamburg will am Freitag dort Blumen niederlegen, wo die Terroristen 2001 den türkischen Gemüsehändler Süleyman Tasköprü erschossen. Am Samstag planen Gegner von Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit zudem eine große Demonstration in der Hansestadt. Auch in Jena soll für mehr Toleranz demonstriert werden. Linke Organisationen haben für Sonntag zu einem Protestzug aufgerufen. Forderungen seien unter anderem absolute Transparenz bei der Aufklärung der NSU-Verbrechen sowie die Abschaffung des Verfassungsschutzes und aller dort engagierten V-Leute, teilten die Veranstalter mit. dapd (Politik/Politik)
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Merkel hält an Sondergipfel zum EU-Haushalt fest
Berlin (dapd). Trotz der Veto-Drohung aus Frankreich und Großbritannien hält Deutschland am Sondergipfel zum künftigen EU-Etat fest. „Es gehört dazu, dass vor den Verhandlungen Positionen abgesteckt werden“, zeigte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Donnerstag von den Drohgebärden aus London und Paris weitgehend unbeeindruckt. Sie werde „in der nächsten Woche noch mal das direkte Gespräch mit David Cameron führen“, sagte Merkel. Deutschland werde alles tun, um zu versuchen, „dass eine Lösung zustande kommt.“ Ähnlich äußerte sich der irische Ministerpräsident Enda Kenny, der am Donnerstag bei Merkel im Kanzleramt zu Gast war. Es sei „auf jeden Fall ganz besonders wichtig, dass wir einen Haushalt für die EU haben“, sagte er. Natürlich gebe es unterschiedliche Meinungen in der EU, das sei ganz normal. „Wir haben die Möglichkeit, über die Dinge zu sprechen.“ Irland übernimmt am 1. Januar die EU-Ratspräsidentschaft. Der Sondergipfel ist auf den 22. und 23. November angesetzt. Die EU-Kommission hat für den mehrjährigen Finanzrahmen der Jahre 2014 bis 2020 ein Budget von knapp 1,1 Billionen Euro angesetzt. Dagegen laufen aber vor allem die Nettozahler-Länder Sturm, die mehr in den EU-Topf einzahlen, als sie herausbekommen. Deutschland etwa will den Kommissionsentwurf um 100 Milliarden Euro kürzen, Großbritannien gar um 250 Milliarden. Premierminister Cameron, der innenpolitisch unter großem Druck seitens europafeindlicher Populisten und des erzkonservativen Flügels seiner eigenen Partei steht, hat schon mehrfach mit einer Blockade des künftigen EU-Haushalts gedroht. Sollte es keine angemessenen Kontrollen geben oder werde der Haushalt massiv erhöht, werde er sein Veto einlegen, kündigte Cameron an. Auch Paris hat erheblichen Nachbesserungsbedarf angemeldet. Die Franzosen wehren sich vor allem mit Händen und Füßen gegen jegliche Einschnitte zulasten ihrer Landwirte. Kenny ist kommende Woche erneut in Berlin. Er wird am 8. November mit der „Goldenen Victoria für den Europäer des Jahres“ geehrt. © 2012 AP. All rights reserved (Politik/Politik)
Fanforscher: Krawalle in Hannover erinnern an alte Hooligan-Zeiten
Berlin (dapd-nrd). Der Fanforscher Harald Lange erkennt in den Hannoveraner Fußball-Ausschreitungen ein Wiederaufleben überwundener Hooligan-Strukturen in neuer Form. „Sei es das sogenannte Cyber-Mobbing gegen einzelne Spieler, das Nachstellen von Spielern, das Verfolgen von Bussen oder der nun in Hannover in Ansätzen erfolgte Versuch, ein Stadion zu stürmen“, sagte der Professor für Sportwissenschaften an der Universität Würzburg am Donnerstag der Nachrichtenagentur dapd. „Ich kann mich nicht erinnern, dass ich so etwas schon einmal in der Form mitbekommen habe.“ Den Leiter des Institutes für Fankultur, eines interdisziplinären Forscher-Zusammenschlusses erinnern die Vorfälle an den Hooliganismus der 80er und 90er Jahre. „Man könnte von einem Revival alter Muster sprechen, die jetzt vereinzelt wieder auftauchen“, sagte Lange. „Man muss aufpassen, ob sich daraus eine Serie, eine Strategie oder wieder eine Bewegung entwickelt.“ Zugleich warnte er aber auch vor einer Überdramatisierung der Ereignisse. Zahlreiche Anhänger von Dynamo Dresden waren am Mittwochabend am Rande der 3:4-Niederlage nach Elfmeterschießen bei Hannover 96 durch gewaltsame Aktionen aufgefallen. Sie hatten versucht, ins Stadion einzudringen, Feuerwerkskörper auf den Rängen gezündet und nach dem Spiel den Innenraum gestürmt. dapd (Vermischtes/Politik)
Rettig nach Ausschreitungen in Hannover erschrocken
Berlin (dapd-nrw). Andreas Rettig ist nach den Ausschreitungen Dresdner Fußballfans beim DFB-Pokalspiel in Hannover am späten Mittwochabend erschrocken. „Das Stadionerlebnis darf für alle kein Ort des Schreckens werden, auch nicht für Polizisten“, sagte der designierte Geschäftsführer der Deutschen Fußball Liga (DFL) am Donnerstag im „Morgenmagazin“ des ZDF. Am Mittwoch waren zahlreiche Anhänger von Dynamo Dresden am Rande der 3:4-Niederlage nach Elfmeterschießen bei Hannover 96 durch gewaltsame Aktionen aufgefallen, hatten versucht, ins Stadion einzudringen, Feuerwerkskörper auf den Rängen gezündet und nach dem Spiel den Innenraum gestürmt. Die Polizei nahm 16 Personen fest. Polizeibeamte fürchteten um ihre Sicherheit Rettig verteidigte am Donnerstag erneut das bei Fans umstrittene Papier der DFL zur Stadionsicherheit. „Es ist kein in Stein gemeißeltes Konzept, sondern eine Diskussionsgrundlage“, gab sich der 49-Jährige gesprächsbereit. Vieles aus dem Papier werde in der Öffentlichkeit übertrieben dargestellt, kritisierte der frühere Manager des FC Augsburg. „99 Prozent der Fans geht das am Ende gar nichts an“, sie seien keine Gewalttäter und von den Maßnahmen nicht betroffen. „Jeder, der Regeln aufstellt und überwacht, wird Gegner haben“, sagte Rettig zum Widerspruch aus Fankreisen. In dem Papier waren unter anderem das strikte Verbot von Pyrotechnik, längere Stadionverbote und genauere Einlasskontrollen vorgeschlagen worden. Gegenüber Gewalttätern forderte Rettig eine klare Abgrenzung: „Diese Chaoten werden mit keinem Konzept der Welt zu beruhigen sein“, er ergänzte: „Das sind Leute, die vorsätzlich Pyrotechnik ins Stadion schmuggeln.“ Von der Politik verlangte der designierte DFL-Geschäftsführer neben Forderungen nach mehr restriktiven Maßnahmen gegen Gewalttäter auch die finanzielle Unterstützung von Präventionsarbeit. „Die DFL hat ihre Mittel schon erhöht“, betonte er, die Politik müsse ebenfalls finanzielle Mittel für vorbeugende Maßnahmen gegen Gewalt bereitstellen. Auch Reinhard Rauball will den Staat stärker in die Pflicht nehmen. „Es ist ein verheerendes Signal der Politik, wenn Kommunen Fanprojekte nicht mehr mitfinanzieren und sich aus der Verantwortung ziehen“, sagte der Präsident des Ligaverbandes der „Bild“-Zeitung (Donnerstagausgabe). Das Sicherheitspapier der DFL hielt Rauball ebenfalls für diskussionsfähig, betonte aber auch: „Gewalt, Pyrotechnik und Rassismus wollen wir nicht. Personen, die das nicht akzeptieren, haben in unseren Stadien nichts zu suchen.“ dapd (Vermischtes/Politik)
Termin für Koalitionsausschuss am Sonntag steht fest
Berlin (dapd). Der Koalitionsausschuss kommt nun definitiv am späten Sonntagnachmittag im Berliner Kanzleramt zusammen, um Streitpunkte aus dem Weg zu räumen. Der Termin wurde am Mittwoch aus der CDU-Parteizentrale bestätigt. Wirbel um den Termin hatte es unter anderem wegen zweier Auslandsreisen von Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) und Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) gegeben. Rösler kommt erst am Sonntagmorgen von einer Indien-Reise zurück. Der Finanzminister reist am Wochenende zum G20-Finanzministertreffen nach Mexiko. Schäuble soll nun beim Koalitionsspitzentreffen nicht dabei, aber in die Vorbereitung eng eingebunden sein. Thematisch will sich die Runde im Kanzleramt etwa mit dem Betreuungsgeld befassen, dem die FDP skeptisch gegenübersteht. Auch die Lage der Krankenversicherung ist ein Thema, hier wird beispielsweise über die Abschaffung der Praxisgebühr debattiert. Schließlich soll es auch um die Bekämpfung der Altersarmut gehen. dapd (Politik/Politik)
Mutmaßlicher Terrorist am Münchener Flughafen festgenommen
München (dapd). Ein international gesuchter mutmaßlicher Islamist ist der Bundespolizei am Münchener Flughafen ins Netz gegangen. Der gebürtige Marokkaner fiel am Montag den Beamten auf, als er zusammen mit seiner Familie aus Paris eintraf und nach Dubai ausreisen wollte, wie die Bundespolizei am Dienstag mitteilte. Die marokkanischen Behörden hatten den 37-Jährigen zur Fahndung ausgeschrieben, weil er 2003 an Anschlägen in Casablanca beteiligt gewesen sein soll. Dabei kamen 45 Menschen ums Leben. Der mutmaßliche Terrorist wurde einem Haftrichter vorgeführt. Er soll nun ausgeliefert werden. dapd (Politik/Politik)
Koalitionsgipfel am Sonntag
Berlin (dapd). Die Spitzen der Koalition wollen am Sonntag wichtige Streitpunkte beilegen. Das berichtet die „Bild“-Zeitung (Mittwochausgabe) unter Berufung auf Koalitionskreise. Der Beginn sei für den frühen Abend angesetzt. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) werde bei dem Treffen nicht dabei sein, da er zum G20-Finanzministertreffen in Mexiko fliegt. Er solle aber im Vorfeld der Gespräche eng eingebunden werden, hieß es. Eine Bestätigung für den Termin gab es am Dienstagabend nicht. Nach dapd-Informationen halten sich führende Koalitionäre den Abend dafür jedoch frei. Die „Saarbrücker Zeitung“ hatte zuvor unter Berufung auf Regierungskreise von einer Verschiebung berichtet. Hintergrund seien Auslandsreisen von Bundeswirtschaftminister Philipp Rösler (FDP) und Schäuble. Rösler kehrt erst am Sonntagmorgen aus Indien zurück. Bei dem Koalitionsgipfel sollen unter anderem die Haushaltskonsolidierung, das umstrittene Betreuungsgeld und die mögliche Abschaffung der Praxisgebühr besprochen werden. dapd (Politik/Politik)
O2 will Standortdaten von Kunden analysieren
München (dapd). Der Mobilfunker O2 will Informationen über die Aufenthaltsorte seiner Kunden für die Marktforschung anderer Unternehmen aufbereiten. Dazu arbeite der O2-Betreiber Telefónica Deutschland mit dem Marktforscher GfK zusammen, bestätigte ein GfK-Sprecher am Dienstag auf dapd-Anfrage einen Bericht der ARD-„Tagesschau“. Er sagte, dass die Nutzer dabei anonym blieben, weil die Bewegungsdaten von Informationen wie Name und Telefonnummer getrennt behandelt würden. Datenschützer sehen die Verwendung dagegen kritisch. Andere Unternehmen könnten mit Hilfe der aufbereiteten Informationen verfolgen, wo sich Menschen einer bestimmten Altersgruppe und Geschlechts aufhalten, sagte der GfK-Sprecher. Diese Profile könnten etwa für Handelshäuser interessant sein, die den Standort einer neuen Filiale planen wollten. Das Projekt soll zunächst in Großbritannien starten, danach stehe auch Deutschland auf dem Plan. Einen möglichen Einführungstermin nannte die GfK nicht. Schleswig-Holsteins Datenschutzbeauftragter Thilo Weichert dagegen äußerte Bedenken. Daten zum Aufenthaltsort von Menschen seien hochsensibel, sagte er dem Bericht der ARD-„Tagesschau“ zufolge. Er sehe es „mit großen Bauchschmerzen, dass jetzt offensichtlich Telekommunikationsunternehmen beginnen, diese Daten in die Welt zu streuen“. Recherchen der ARD-„Tagesschau“ zufolge enthalten Handyverträge auf der O2-Webseite eine Einwilligungsklausel, mit der die Kunden die Nutzung ihrer Standortdaten erlauben. Telefónica Deutschland war am selben Tag in Frankfurt am Main an die Börse gegangen. (Bericht der „Tagesschau“: http://url.dapd.de/DkAJSn ) dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Telefónica-Deutschland-Aktie steigt über Ausgabepreis
Frankfurt/Main (dapd). Die Aktie von Telefónica Deutschland ist bei ihrer Erstnotiz am Dienstag über ihren Ausgabepreis gestiegen. Nachdem die Anteilsscheine des Telekom-Unternehmens, das unter der Marke O2 auftritt, für 5,60 Euro an die Zeichner zugeteilt worden waren, notierten die Papiere kurz nach Handelsstart in Frankfurt am Main mit knapp zwei Prozent im Plus bei 5,78 Euro. Insgesamt spülte der Teilverkauf der deutschen Tochter dem spanischen Telefónica-Konzern inklusive der Mehrzuteilungsoption etwa 1,45 Milliarden Euro in die Kassen. Die Muttergesellschaft, die weiterhin 76,8 Prozent an Telefónica Deutschland halten wird, benötigt die Erlöse zum Abbau ihrer drückenden Schuldenlast von 58 Milliarden Euro. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Laschet will Stellvertreter von CDU-Chefin Merkel werden
Düsseldorf (dapd). Die nordrhein-westfälische CDU will ihren Landesvorsitzenden Armin Laschet als einen der Stellvertreter von Parteichefin Angela Merkel. Der Landesvorstand nominierte Laschet am Montagabend einstimmig für den Vize-Posten, wie eine Parteisprecherin in Düsseldorf mitteilte. Der frühere NRW-Integrationsminister würde damit auf Norbert Röttgen folgen, der das Amt bislang innehat und nicht wieder kandidiert. Gewählt werden soll Laschet auf dem CDU-Bundesparteitag am 4. und 5. Dezember in Hannover. Bereits Ende Juni wurde Laschet zum neuen Vorsitzenden der NRW-CDU gewählt. Röttgen hatte nach dem desaströsen Abschneiden bei der Landtagswahl im Mai seinen Rückzug angekündigt. Für das CDU-Präsidium schlug der Landesvorstand am Montag wieder den Bundesvorsitzenden der Christlich Demokratischen Arbeitnehmerschaft, Karl-Josef Laumann, und den Bundesvorsitzenden der Jungen Union, Philipp Mißfelder, vor. dapd (Politik/Politik)