Berlin (dapd-bay). Die Debatte um eine schwarz-grüne Koalition nach der Bundestagswahl 2013 erhält neue Nahrung. Der frühere bayerische Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU) zeigte sich am Dienstag offen für eine Zusammenarbeit und lobte die Grünen-Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt als „fromme Frau“ und als „verlässliche Frau“. Ihren christlichen Hintergrund thematisierte die Bundestagsvizepräsidentin in einem dapd-Interview auch selbst. Beckstein sagte dem Bayerischen Rundfunk, er könne sich vorstellen, dass „es zu einem Wahlergebnis kommt, wo Schwarz-Grün die Chance ist, und dann habe ich keine Bedenken, auch Schwarz-Grün in Erwägung zu ziehen. Dies sei „völlig anderes als noch vor fünf oder zehn Jahren“. Beckstein betonte mit Blick auf Göring-Eckardt, sie habe mit ihm „immer korrekt zusammengearbeitet“. Sie habe „alles versucht, um die Kirche nicht zu politisieren, von daher muss ich sagen, ich freue mich“. Beckstein kandidierte 2009 für das Amt des Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland. Er unterlag gegen Göring-Eckardt, wurde aber zum Vizepräses gewählt. Die Bundestagsvizepräsidentin war in der Urabstimmung der Grünen-Basis überraschend neben Bundestagsfraktionschef Jürgen Trittin zur Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl gekürt worden. Göring-Eckardt, die ihr Amt als Präses der Synode der EKD während des Wahlkampfes ruhen lässt, sagte, dass ihr als Christin die Themen Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung wichtig seien. Sie betonte: „Das lässt sich wunderbar mit meiner Position als Spitzenkandidatin und den Standpunkten der Grünen vereinbaren.“ Der Glaube sei für sie „aber auch eine Versicherung: Dass das, was man in der Politik und als Spitzenkandidat täglich macht und oft für unglaublich wichtig hält, nicht das einzige ist, was es gibt. Sondern, dass es da noch etwas darüber gibt“. Sie hoffe, diesen Gedanken im Bewusstsein behalten zu können. „Nicht unsere Wunschkoalition“ Auch der stellvertretende Unions-Fraktionschef Günter Krings (CDU) wertete die Wahl Göring-Eckardts zur Grünen-Spitzenkandidatin als Zeichen dafür, dass sich die Partei für andere Bündnisse als mit der SPD öffne. Die Entscheidung für Göring-Eckardt enthalte „die Option für Schwarz-Grün, wenn diese auch keine sehr wahrscheinliche ist“, sagte Krings der „Rheinischen Post“. Allerdings sei Schwarz-Grün ob mit oder ohne Göring-Eckardt „nicht unsere Wunschkoalition“. Es sei aber „ein gutes Zeichen, dass die grüne Basis sich nicht auf Gedeih und Verderb an die SPD ketten“ wolle. Unterdessen riet der Chef der nordrhein-westfälischen FDP, Christian Lindner, seiner Partei in der „Rheinischen Post“, sich im Bundestagswahlkampf auf die Union als Koalitionspartner festzulegen: „Wir sind in einer erfolgreich arbeitenden Koalition, wenn man Wachstum, Beschäftigung, Entschuldung ansieht.“ Deshalb empfehle er eine „klare Koalitionsaussage zugunsten der Union“. Ostdeutsche Erfahrungen Göring-Eckardt kündigte an, ihre Erfahrungen als ostdeutsche Politikerin auch im Wahlkampf zum Thema zu machen. „Wenn ich mir angucke, auf welchem Erfahrungshorizont in der Bundespolitik oft über Gerechtigkeitsfragen diskutiert wird, dann glaube ich schon, dass jemand, der in Ostdeutschland verwurzelt ist, einen anderen Blick besitzt“, sagte Göring-Eckardt. In der Debatte über Altersarmut etwa seien viele Parlamentarier überrascht gewesen, wie viele Menschen in Deutschland von niedrigen Einkommen leben müssten, sagte sie. In Thüringen sei der von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) genannte Grenzwert von 2.400 Euro aber ein Durchschnittseinkommen. „Ich weiß das sehr gut, und alleine deswegen schon habe ich eine andere Perspektive“, sagte die Grünen-Politikerin. dapd (Politik/Politik)