Neue Ideen und Chancen der Zusammenarbeit im Gesundheitsbereich
Bielefeld – Mehr als 60 Vertreterinnen und Vertreter aus dem Gesundheitsbereich vernetzten sich in der gemeinsamen Veranstaltung von ThinkTank OWL, CareTech OWL sowie der PVM GmbH und diskutierten über die Einsatzmöglichkeiten innovativer Gesundheitstechnologien.
Schon der Blick auf die Gästeliste zeigt: Bei der gemeinsamen Veranstaltung „Innovation.Gesundheit.OWL“ von ThinkTank OWL, CareTech OWL und der PVM GmbH am 23. Mai vernetzten sich die unterschiedlichsten Akteure aus dem Gesundheitsbereich. Mehr als 60 Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft, Medizintechnik und Forschung diskutierten über die neuesten Einsatzmöglichkeiten innovativer Gesundheitstechnologien und über gemeinsame Chancen der Zusammenarbeit.
Dabei war allen Teilnehmenden von Vornherein klar: Das Netzwerk ist mit enormen Herausforderungen konfrontiert. Demografischer Wandel, Fachkräftemangel, extreme Arbeitsbedingungen und teils geringe Anerkennung sorgen dafür, dass innovative Lösungsstrategien unverzichtbar sind.
Gemeinsam sind wir stärker
Einen Lösungsansatz für eine bessere Zusammenarbeit von Forschung und Praxis entwickelt die Hochschule Bielefeld (HSBI). Im CareTech OWL, einem interdisziplinären HSBI-Forschungsverbund aus den Bereichen Gesundheit, Soziales und Technologie, sollen durch CareTech-HUBs bereits vorhandene mit neu entwickelten Strukturen im Versorgungssystem verknüpft werden, damit digitalisierte Technik und innovative Hilfsmittel bei den Menschen ankommen. Prof. Dr. Annette Nauerth, Sprecherin von CareTechOWL und Professorin für biomedizinische Grundlagen der Pflege an der HSBI , betonte: „Uns ist es sehr wichtig, dass die entwickelten Lösungen den Bedürfnissen unserer Zielgruppe entsprechen: Das schafft man nur durch eine enge Zusammenarbeit.“ Dr. Marén Schorch, Wissenschaftliche Geschäftsführerin von CareTech OWL ergänzte: „Langfristig wollen wir so unser regionales Gesundheitssystem nachhaltig und innovativ mitgestalten.“
Auf erfolgreiche Transferarbeit setzt auch Dr. Christian Fritz-Hoffmann vom Projekt Career@BI der HSBI. Zusammen mit seinen Kolleginnen und Kollegen baut er ein Beratungszentrum für assistive Technologien auf. In seinem Vortrag verdeutlichte er, wie das Potential von Technologien erfolgreich für Menschen mit Beeinträchtigungen sowie auch für Menschen in Notlagen genutzt werden kann.
An der Universität Bielefeld wird wiederum erforscht, wie Künstliche Intelligenz (KI) zur Personaleinsatzplanung beitragen kann. Als Gewinner der „Nurse Rostering Competition“ 2016 hat Jun.-Prof. Dr. Michael Römer ein großes Interesse, mit Hilfe von KI nicht nur Zeit bei der Planung zu sparen, sondern auch aus Erfahrungen zu lernen. So lassen sich Planungen immer weiter optimieren und gleichzeitig kann kurzfristig auf Änderungen reagiert werden.
Neue Ideen für ein besseres Leben
Neben der Einbindung moderner Technologien und der Senkung stetig steigender Kosten sollen Innovationen im Gesundheitswesen aber vor allem eines: Den Menschen helfen. Uwe Borchers, Geschäftsführer des Vereins zur Förderung von Innovationen in der Gesundheitswirtschaft e.V., gab einleitend einen Überblick, wie sich das Gesundheitssystem transformiert. Dabei ging er auf die Machbarkeit von Zukunft ein und zeigte sich überzeugt, dass bereits jetzt technisch mehr möglich und nutzbar ist als gesellschaftlich akzeptiert. Die Herausforderung liegt laut Borchers in der Aufklärung, um durch Akzeptanzsteigerung den technologischen Fortschritt zu fördern. Gleichzeitig seien auch regulierte Märkte – insbesondere im Bereich technischer Systeme, aufzuweichen, um unter anderem neuartigen Assistenzsystemen Raum zu geben.
Über mehr Lebensqualität durch individualisierte Dialyse sprach das Start-Up Renephro des Center for Entrepreneurship der HSBI. Marvin Lohse und Frederic Leander Palesch erklärten ihren Ansatz durch eine individualisierte Behandlung die Nebenwirkungen einer Dialyse zu verringern. Marvin Lohse: „Beschwerden wie Müdigkeit, Übelkeit und sogar Herzrhythmusstörung treten sehr häufig während der Behandlung auf und die Zahl an dialysepflichtigen Menschen wächst zunehmend. Wir wollen den Menschen eine schmerzfreie Perspektive bieten und ihnen Lebensqualität zurückgeben.“
Das Unternehmen Entyre versucht durch die Auswertung von strukturierten Daten mehr Transparenz in die ambulante Pflege zu bringen. Dr. Andreas Hellmann, Head of Partnerships erklärt: „Bei über drei Millionen Pflegebedürftigen in Deutschland kommt es durch fehlende Informationen zu Fehlversorgungen. Das führt jedes Jahr zu zigtausenden vermeidbaren Todesfällen, Krankenhausaufenthalten und hohen Kosten für das Gesundheitssystem sowie die Gesellschaft. Daher entwickeln wir technische Lösungen, die es Patienten, Ärzten, und Versicherungen erlaubt, bessere Entscheidungen für eine bedarfsorientierte Versorgung zu treffen.“
Zu guter Letzt präsentierten Markus Wendler und Bernd Reger der PVM GmbH ihren Ansatz für eine niedrigschwellige Labordiagnostik. Ihre Überlegung: Wenn eine Covid19-Infizierung mit einem Selbsttest zuhause überprüfbar ist, sollte dies auch für andere Erkrankungen möglich sein. „Viele Erkrankungen wie zum Beispiel Prostata- oder Darmkrebs können erfolgreich behandelt werden, wenn sie rechtzeitig entdeckt werden. Oft sind aber lange Wartezeiten beim Arzt oder die Schwierigkeit, einen Termin zu bekommen, Hindernisse, um Vorsorgeuntersuchungen in Anspruch zu nehmen. Mit unserem Selbsttest kann ein erster Befund unkompliziert ermittelt und dann fundiert mit einem Arzt besprochen und behandelt werden“, erklärt Markus Wendler.
Im Anschluss an die Vorträge konnten die Teilnehmenden die Räume des GesundZentrums besichtigen, sich an den verschiedenen Infoständen weiter informieren, oder mit den Vortragenden ins Gespräch kommen.
„Wenn ich am Ende des Tages nur eine gute Idee mitgenommen habe, hat es sich gelohnt. Heute müsste ich tatsächlich überlegen, welche der zahlreichen Ideen und Ansätze bei mir an erster Stelle steht“, fasst Benedikt Weiling den Abend aus Teilnehmersicht zusammen.
Dazu passend äußert sich Tom Brüntrup, Mitglied des Landtages NRW: „Es ist schön und beeindruckend zu sehen, wie Wissenschaft und Gesundheitswesen für die Menschen in der Region zusammenarbeiten.“
Der ThinkTank OWL ist die Transfereinrichtung des Bielefelder Research + Innovation Campus (BRIC). Seine Aufgabe ist es kleine und mittlere Unternehmen der Region mit den Bielefelder Hochschulen zu verbinden und eine erfolgreiche Zusammenarbeit zu fördern. Das Team möchte für jedes Unternehmen den richtigen Forschungspartner und die passende Forschungsfrage finden und den Prozess vom ersten Kennenlernen bis zum erfolgreichen Abschluss begleiten.
Das CareTech OWL bündelt als interdisziplinärer Forschungsverbund an der Hochschule Bielefeld Expertise aus den Bereichen Gesundheit, Soziales und Technologie. In enger Kooperation mit Praxispartnern werden soziale und technologische Innovationen entwickelt, erprobt und evaluiert.