Zweifel am Ausstieg von Drygalla-Freund aus der rechten Szene

Zweifel am Ausstieg von Drygalla-Freund aus der rechten Szene London/Schwerin (dapd-lmv). Trotz des Austritts des vormaligen NPD-Landtagskandidaten Michael Fischer aus der Partei zweifeln Experten, ob der Lebensgefährte der Olympia-Teilnehmerin Nadja Drygalla dem Rechtsextremismus tatsächlich abgeschworen hat. Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) zeigte sich am Montag erfreut, dass sich die 23-jährige Ruderin unmissverständlich von rechtsextremem Gedankengut distanziert habe. Zugleich mahnte der Minister mehr Zurückhaltung in der Debatte an. Drygalla war vergangene Woche von den Olympischen Spielen in London abgereist, nachdem bekannt geworden war, dass ihr Freund der rechtsextremen Szene angehört und aktives NPD-Mitglied war. Aus der rechtsextremen Partei ist Fischer Ende Mai ausgetreten, wie Mecklenburg-Vorpommerns Vize-Landeschef David Petereit am Montag mitteilte, ohne aber weitere Details zu nennen. NPD-Austritt ist noch keine Distanzierung An der Darstellung auch von Drygalla, wonach sich ihr Freund vom Rechtsextremismus gelöst hat, haben Experten aber Zweifel. Die Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung, Anetta Kahane, hält die Version für eine „Legende“. „Er ist nicht mehr Mitglied in der NPD, aber das ist keine Distanzierung“, sagte Kahane der Nachrichtenagentur dapd. Es sei häufig „blöde Trickserei“ von Neonazis, symbolisch aus der NPD auszutreten, sagte Kahane. Zugleich betonte sie, ein Ausstieg aus der Szene sei nicht grundsätzlich unmöglich. Dennoch gab Kahane zu bedenken: „Es ist ja eine ganze Lebensweise, die da dranhängt – weswegen ich auch sehr skeptisch bin, dass die junge Frau damit nichts zu tun hatte“, sagte sie mit Blick auf Drygalla. Die in Mecklenburg-Vorpommern aktive Internetplattform „Endstation Rechts“ bestätigte zwar, dass Fischer seit mehreren Wochen nicht mehr öffentlich in Erscheinung getreten sei. Ein Redakteur der Plattform betonte aber im dapd-Gespräch, alle Indizien sprächen gegen einen Ausstieg aus der Szene. So sei Drygallas Lebensgefährte noch am 1. Mai bei einer Demonstration als Fotograf aufgetreten und habe Gegendemonstranten fotografiert. Zudem sei auf der Internetseite Mupinfo, die von Petereit betrieben wird, am 16. Juni der letzte Blogeintrag unter dem Namen Michael Fischer veröffentlicht worden. Unter einem anderen Artikel mit diesem Namen sei sogar ein Foto Fischers abgebildet. Ein nachdenklicher Minister Der Fall Drygalla wird in den kommenden Tagen und Wochen auch die Politik beschäftigten. Der Sportausschuss des Bundestages soll sich im September damit befassen, wie die Ausschussvorsitzende Dagmar Freitag (SPD) ankündigte. Scharfe Kritik richtete sie an die Adresse der Sportverbände. Rückblickend stellten sich klare Fragen nach den Kommunikationsstrukturen im deutschen Spitzensportsystem, sagte die SPD-Politikerin im ZDF-„Morgenmagazin“. So hätte jemand merken müssen, dass Drygalla ihren Job verloren habe. Über die Umstände, warum die Sportlerin im Herbst 2011 aus dem Polizeidienst und damit aus der Sportförderung ausschied, will Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU) am Dienstag das Landeskabinett informieren. Verteidigungsminister de Maizière zeigte sich am Montag in London nachdenklich und warf kritische Fragen auf. „Wo liegen eigentlich die Grenzen? Steht es uns als Öffentlichkeit wirklich zu, den Freundeskreis von Sportlerinnen und Sportlern zu screenen und zu gucken, was da los ist? Müssen wir von ihnen verlangen, offenzulegen, mit wem sie befreundet sind, was sie denken?“ Wenn der Fall Drygalla Anlass sei, etwas behutsamer mit dem Privatleben von Sportlern umzugehen, sagte de Maiziere, „wäre das eine gute Mahnung“. Der Deutsche Journalistenverband (DJV) wies Kritik an den Medien zurück. „Wenn Sportverbände und das für den Sport zuständige Bundesinnenministerium die deutschen Olympioniken als Vorbilder präsentieren, müssen kritische Fragen erlaubt sein“, sagte der DJV-Bundesvorsitzende Michael Konken in Berlin. Das schließe das Privatleben der Sportler in solchen Fällen mit ein, in denen menschenverachtendes und extremistisches Gedankengut eine Rolle spielt. Aus Sicht von Verteidigungsminister de Maizière muss die sportliche Karriere von Drygalla noch nicht zu Ende sein. Wenn es von Drygalla einen Antrag auf Aufnahme in die Sportfördergruppe der Bundeswehr gäbe, würde man ihn prüfen. „Aber in Ruhe. Und nicht in der Atmosphäre der letzten Tage“, fügte der CDU-Politiker hinzu. Ein solcher Antrag lag zum 1. September schon vor. Er wurde aber am 2. August vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) zurückgezogen, wie ein Ministeriumssprecher in Berlin sagte. dapd (Politik/Politik)

Veröffentlicht von

Peer-Michael Preß

Peer-Michael Preß – Engagement für die Unternehmerinnen und Unternehmer in der Region seit fast 20 Jahren. Als geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens Press Medien GmbH & Co. KG in Detmold ist er in den Geschäftsfeldern Magazin- und Fachbuchverlag, Druckdienstleistungen und Projektagentur tätig. Seine persönlichen Themenschwerpunkte sind B2B-Marketing, Medien und Kommunikationsstrategien. Sie erreichen Peer-Michael Preß unter: m.press@press-medien.de www.press-medien.de

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.