Shenyang/China (dapd). Viel zu lachen hat Guido Westerwelle derzeit nicht. Internationale Konflikte bringen die Reisepläne des deutschen Spitzendiplomaten schnell durcheinander, und als FDP-Politiker hat er mit Putschgerüchten gegen Parteichef Philipp Rösler zu kämpfen. Als am Freitag die Nachricht vom Friedensnobelpreis für die Europäische Union ins nordostchinesische Shenyang dringt, wirkt der Außenminister erstmals seit Monaten gelöst. Mit einem breiten Lachen sagt er: „Wir freuen uns als deutsche Europäer.“ Eigentlich sollte die Eröffnung des fünften deutschen Generalkonsulats im Reich der Mitte eine Feier für China werden – mit rund 200 geladenen Gästen, die nach mehreren Reden eine Schildenthüllung mit der Aufschrift „Bundesrepublik Deutschland – Generalkonsulat“ erleben sollten. Dann kommt die Nachricht des Nobelpreiskomitees. Und die Feier wird zwischenzeitlich europäisch. Westerwelle kann von allen Seiten Glückwünsche für diese hohe Ehrung entgegennehmen. Nobelpreis für die EU ist Auszeichnung und Auftrag zugleich Glückwünsche für zwei Nobelpreise in zwei Tagen – das erlebt kaum ein Außenminister. Denn erst am Donnerstag hatte Westerwelle in Peking China für die Leistungen von dessen Schriftsteller Mo Yan gratulieren können. Chinesische Zeitungen feierten am Freitag ausführlich den ersten Literaturnobelpreis für das Land. Mo, dessen richtiger Name Guan Moye ist, wurde in eine Linie mit Größen wie William Faulkner oder Gabriel García Márquez gestellt. Und auf der Frankfurter Buchmesse wurden seine Bücher gleich an prominente Stelle gerückt. Für Westerwelle ist das eine Auszeichnung auch für die „Kulturnation“ China. Nur einen Tag später kann der Außenminister einen zweiten Nobelpreis würdigen – die Auszeichnung für die Europäische Union und damit auch für Deutschland als europäische Führungsmacht. Bisher wurden zwei Deutsche mit dem Preis ausgezeichnet: Carl von Ossietzky und Willy Brandt. Bescheiden sagt Westerwelle in China: „Die Nachricht erfüllt mich mit Stolz und Dankbarkeit, vor allem aber mit Respekt.“ Diese Auszeichnung sei auch als Auftrag zu verstehen, „weiter an Europa zu bauen“. Deutsches Generalkonsulat mit Sitz im Kempinski In China werden solche Worte gern gehört. Denn Deutschlands größter Handelspartner in Asien schaut mit Sorge auf die europäische Staatsschuldenkrise – und auf die möglichen Auswirkungen auf seinen Wirtschaftsaufschwung. Allein mit Deutschland verbindet das Reich der Mitte eine bilaterale Handelsbilanz von mehr als 140 Milliarden Euro. Und die deutschen Direktinvestitionen belaufen sich offiziellen Angaben zufolge auf 20,3 Milliarden US-Dollar. Ein Leuchtturm dabei ist das BMW-Werk in Shenyang, das weltweit modernste Werk des bayerischen Automobilherstellers. Das soll so weitergehen, wünschen sich chinesische Offizielle. Überhaupt haben Deutschland und speziell Bayern in der nordostchinesischen Millionenmetropole einen guten Ruf. Zum einen wegen der Autos, zum anderen wegen des Biers. Im dortigen Hotel Kempinski gibt es sogar eine echte Bierstube der Münchner Paulaner Brauerei. Nur einige Etagen höher wird nun das neue Generalkonsulat seinen vorläufigen Sitz nehmen, das immerhin die fünfte deutsche Vertretung in China ist. Nur die USA haben noch mehr dieser Konsulate. So lobt Westerwelle China zum Abschluss seiner zweitägigen Reise als ein „Land im Aufbruch“ und versichert seinen Gastgebern mit einem Nobelpreis im Rücken: „Wir suchen Partnerschaften, und nicht nur Investitionsstandorte.“ dapd (Politik/Politik)
Wir freuen uns als deutsche Europäer
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Peer-Michael Preß
Peer-Michael Preß – Engagement für die Unternehmerinnen und Unternehmer in der Region seit fast 20 Jahren. Als geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens Press Medien GmbH & Co. KG in Detmold ist er in den Geschäftsfeldern Magazin- und Fachbuchverlag, Druckdienstleistungen und Projektagentur tätig. Seine persönlichen Themenschwerpunkte sind B2B-Marketing, Medien und Kommunikationsstrategien. Sie erreichen Peer-Michael Preß unter: m.press@press-medien.de www.press-medien.de Alle Beiträge von Peer-Michael Preß anzeigen