Stuttgart (dapd). Umstrittene frühere Äußerungen des Grünen-Politikers Daniel Cohn-Bendit haben für Verärgerung beim höchsten deutschen Gericht gesorgt. Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, sagte seine Teilnahme bei der Verleihung des Theodor-Heuss-Preises an Cohn-Bendit in Stuttgart ab. Das Gericht begründete dies am Donnerstag auf dapd-Anfrage damit, dass sich der Grünen-Politiker in den 70er Jahren „in nicht unproblematischer Weise zur Sexualität zwischen Erwachsenen und Kindern“ geäußert habe. Der Europa-Politiker bot mittlerweile an, auf den Preis zu verzichten. Die „Stuttgarter Nachrichten“ hatten über die Absage Voßkuhles berichtet. Dem Blatt zufolge soll der Grünen-Europaabgeordnete 1975 über seine Zeit als Kindergärtner in einem Buch geschrieben haben, sein „ständiger Flirt mit allen Kindern“ habe „bald erotische Züge angenommen“. Nicht nur die Kinder hätten ihn gestreichelt, auch er habe sie gestreichelt. Später relativierte Cohn-Bendit diese Aussagen. Sie seien „kein Tatsachenbericht“, sondern gezielte Provokation gewesen. Dennoch will Voßkuhle nicht an der Feier teilnehmen. „Das Bundesverfassungsgericht ist in ganz besonderer Weise gehalten, jeden Anschein zu vermeiden, es würde solche Aussagen billigen“, sagte Gerichtssprecher Bernd Odörfer. Mit Voßkuhles Absage solle jedoch in keiner Weise eine Bewertung der Verdienste Cohn-Bendits verbunden werden. Voßkuhle hatte bereits im Februar 2012 zugesagt, bei der Preisverleihung die Festrede zu halten. Cohn-Bendit stand jedoch erst im Januar dieses Jahres als Preisträger fest. Die Theodor-Heuss-Stiftung äußerte Verständnis für die Absage. „Das gehört zu einer Diskussionskultur dazu“, sagte die Geschäftsführerin der Stiftung, Brigitta Reinhardt, auf dapd-Anfrage. Voßkuhle habe sein Kommen nicht aus persönlichen Gründen, sondern in seiner Funktion als Verfassungsgerichtspräsident abgesagt. Reinhardt bewertete die früheren Äußerungen von Cohn-Bendit als nicht hinnehmbar. „Wir distanzieren uns von den Aussagen“, betonte sie. Jedoch seien die Vorwürfe gegen den Politiker bereits 2001 durch einen Brief der Eltern der Kinder komplett entkräftet worden. Deshalb sei die Diskussion über Cohn-Bendit für die Stiftung längst erledigt gewesen. Die Theodor-Heuss-Stiftung blieb zunächst bei ihrer Entscheidung, Cohn-Bendit am 20. April in Stuttgart für sein langjähriges Engagement als Ideengeber auszuzeichnen. „Wir halten an dem Preisträger fest“, bekräftige Geschäftsführerin Reinhardt. Einen neuen Festredner soll es nach der Absage Voßkuhles jedoch nicht geben. Cohn-Bendit sagte der „Stuttgarter Zeitung“ (Freitagsausgabe), er freue sich über den Preis. „Wenn es für die Heuss-Stiftung jetzt aber zu kompliziert geworden sein sollte, mir diesen Preis zu verleihen, biete ich ihr gerne an, darauf zu verzichten“, sagte der Politiker. Er wäre der Stiftung nicht böse. „Mein Leben hängt nicht an diesem Preis“, fügte er hinzu. Der baden-württembergische FDP-Landtagsfraktionschef Hans-Ulrich Rülke äußerte Kritik am Vorstandsvorsitzenden der Stiftung, Ludwig Theodor Heuss. Der Enkel des ersten Bundespräsidenten Theodor Heuss hatte den „Stuttgarter Nachrichten“ gesagt, er lehne die früheren Äußerungen von Cohn-Bendit inhaltlich ab, doch das betreffe die Vergangenheit. Rülke sagte, Heuss verhöhne damit die vielen Missbrauchsopfer aus zurückliegenden Jahrzehnten, die teilweise erst nach langer Zeit den Mut gefunden hätten, sich zu offenbaren. dapd (Politik/Politik)
Voßkuhle nimmt doch nicht an Preisverleihung an Cohn-Bendit teil
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Peer-Michael Preß
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