Erfurt (dapd). Auf der 20. Jahrestagung des Europäischen Geschichtslehrerverbandes Euroclio wollen Pädagogen aus ganz Europa in den kommenden Tagen in Erfurt über eine gemeinsame europäische Perspektive auf die Vergangenheit sprechen. Unter dem Tagungstitel „Reflecting Remembrance“ (Nachdenken über Erinnern) soll unter anderem diskutiert werden, wie es möglich werden könne, eine gesamteuropäische Erinnerungskultur zu leben, „damit die Kinder nicht nur in einer nationalen Erinnerungsblase lernen“, sagte die Euroclio-Präsidentin Sylvia Semmet der Nachrichtenagentur dapd. Die Geschichte des Holocausts und die Geschichte des Kalten Krieges eigneten sich sehr gut für eine europäische Sicht auf Vergangenes. Zu der Tagung werden etwa 300 Teilnehmer erwartet. Semmet sagte weiter, dass im Unterricht seit einigen Jahren vielfach verstärkt Wert auf die neuere und neuste Geschichte gelegt werde. So stehe die Geschichte seit dem 18. Jahrhundert inzwischen verstärkt im Mittelpunkt, wodurch im deutschen Schulalltag auch mehr Platz für das Thema DDR geschaffen worden sei. Dies sei nicht zuletzt eine Reaktion darauf, dass bei vielen Schülern in den vergangenen Jahren ein verklärtes DDR-Bild dominiert habe. Darüber hinaus sei der Nationalsozialismus in Deutschland nach wie vor ein zentraler Bestandteil des Unterrichts. Politik nimmt Einfluss auf Unterricht Besorgt zeigte sich Semmet indes darüber, dass europaweit ein immer größerer Wert auf die naturwissenschaftlichen Fächer gelegt werde. „Das Bewusstsein für die Bedeutung der Geschichte sinkt“, sagte sie. Dabei sei Geschichte wesentlich zur Ausbildung von Identitäten und dafür, „den Weg in die Zukunft zu gestalten“. In Deutschland werde zudem gerade in SPD-regierten Bundesländern der Geschichtsunterricht in integrativen Gesamtschulkonzepten durch die Zusammenlegung mit Fächern wie Erdkunde und Sozialkunde häufig verwässert. Dieser in ganz Europa zu beobachtende Trend sei umso verwunderlicher, da das schulische Vermitteln von Geschichte auch heute noch „nicht nur in osteuropäischen Ländern“ von der Politik häufig „benutzt“ werde, sagte sie. Immer wieder habe der Verband in der Vergangenheit beobachtet, dass unmittelbar nach einem Regierungswechsel sehr schnell auch die Geschichtslehrpläne beziehungsweise die Geschichtslehrbücher ausgetauscht worden seien. Dabei habe es dann bisweilen eine erneute Hinwendung zu einem nationalen Faktenwissen gegeben. Die Tagung soll bis zum kommenden Samstag (13. April) dauern. Neben Workshops und Vorträgen wird es auch Podiumsdiskussionen und Exkursionen geben. Bei Euroclio sind nach Verbandsangaben Dutzende Mitgliedervereinigungen aus 52 Ländern organisiert – darunter auch der Verband der Geschichtslehrer Deutschlands, der nach eignen Angaben etwa 3.400 Mitglieder hat. Die Euroclio-Jahrestagung 2012 fand im türkischen Antalya statt. dapd (Politik/Politik)
Verband der Geschichtslehrer tagt in Erfurt
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Peer-Michael Preß
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