Berlin (dapd). Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) stößt mit seinem Vorstoß zur Reform der Eurozone zunehmend auf Vorbehalte. Auch in der Koalition wird seine Idee nach einer Stärkung der EU-Kommission mit Durchgriffsrechten auf die nationalen Haushalte der Eurozone mit Skepsis aufgenommen. Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) nannte die Pläne „durchwachsen“. Zuvor hatte CSU-Chef Horst Seehofer von einem „vielschichtigen Vorschlag“ gesprochen, der jedoch Dinge enthalte, „die wir klar ablehnen“. Kritisch zum Vorschlag eines mächtigen EU-Währungskommissars hatte sich auch der FDP-Fraktionsvorsitzende Rainer Brüderle geäußert. Schäuble will dem Währungskommissar das Recht einräumen, den Haushalt eines Mitgliedslandes an dieses zurückzuverweisen, wenn ihm zum Beispiel die Neuverschuldung zu hoch erscheint. Dort müsste der Etat dann überarbeitet werden. Außerdem soll der Währungskommissar Entscheidungen unabhängig von der übrigen Kommission treffen können. „Einen Super-Haushaltskommissar sehen wir skeptisch“ Söder sagte der Zeitung „Die Welt“ (Donnerstagausgabe), es gebe viele wichtige Ansätze, aber auch einige kritische Punkte. „Einen Super-Haushaltskommissar oder gar Super-Eurofinanzminister für alle europäischen Haushalte sehen wir skeptisch.“ Die Probleme in den Ländern müssten durch Reformen, nicht durch Brüsseler Zentralanweisungen gelöst werden. Auf Dauer müsse man sich neben der Krisenintervention überlegen, „wohin dieses Europa gehen soll“, sagte der bayerische Finanzminister. Europa sei mehr als die Euro-Zone. „Der Euro sollte Europa einmal einen. Im Moment ist es aber so, dass der Euro leider mehr zu trennen als zu verbinden scheint.“ FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle hält einen EU-Währungskommissar mit Befugnissen bis in die nationalen Parlamente hinein für unrealistisch. „Dass quasi der Kommissar der Oberaufseher der deutschen Volksvertretung ist, kann ich mir nicht vorstellen“, sagte Brüderle am Mittwoch in Berlin. Das Haushaltsrecht sei das „Königsrecht des Parlaments“. Daher könnte ein Währungskommissar nicht mit einem „Vetorecht“ bei nationalen Haushaltsentscheidungen ausgestattet werden. Auch Grüne gegen EU-Spar-Kommissar Auf klare Ablehnung stößt der Vorstoß Schäubles auch bei den Grünen. „Die Idee eines ‚Spar-Kommissars‘, der im Alleingang, quasi per Notverordnung ohne Zustimmung der restlichen Kommissare und ohne jegliche parlamentarische Kontrolle, nationale Haushalte einfach zurückweisen oder für ungültig erklären kann, lehnen wir ab“, sagte Fraktionschefin Renate Künast der Zeitung „Rheinische Post“ (Donnerstagausgabe). Zur Stärkung der EU sei es „aber denkbar, dass ein demokratisch gewählter Kommissar gemeinsam mit der EU-Kommission und unter Kontrolle des Europäischen Parlaments mehr Eingriffsrechte gegenüber den Nationalstaaten erhält“, sagte Künast. Noch schärfer formulierte Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin seine Ablehnung der Schäuble-Reformpläne. Der „Saarbrücker Zeitung“ (Donnerstagausgabe) sagte er: „Schäuble will das Gekungel fortsetzen.“ Offenbar im Alleingang plane der Minister, die Vorschläge der vier Präsidenten Barroso, Van Rompuy, Junker und Draghi abzuräumen. „Die schlagen zum Beispiel einen Schuldentilgungsfonds vor. Den will Schäuble nicht und setzt einen vom Parlament nicht zu kontrollierenden Sparkommissar davor.“ Die Idee eines „Eurozonen-Parlaments“, so Trittin, innerhalb des europäischen Parlamentes sei zudem „abenteuerlich“. Horn: Schäubles Vorschlag geht in die richtige Richtung Der Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Gustav Horn, sieht ebenfalls wenig Chancen für den Vorschlag Schäubles, dem EU-Währungskommissar mehr Macht über die Haushalte der Mitgliedsstaaten zu geben. „Die Reaktion auf Schäubles Vorstoß zeigt, dass auf absehbare Zeit kaum Bereitschaft der Nationalstaaten zur Souveränitätsabgabe bestehen wird – nicht einmal im Euro-Raum“, sagte Horn der „Passauer Neuen Presse“ (Donnerstagausgabe). Schäubles Vorschlag gehe jedoch in die richtige Richtung. „Kompetenzen und Eingriffsrechte auf der europäischen Ebene zu zentralisieren, ist eine Möglichkeit. Sie müssten jedoch demokratisch strikt kontrolliert werden“, sagte Horn. Er selbst fordert einen Mechanismus zur Überwachung der Leistungsbilanzdefizite der Staaten: „Wir brauchen eine Institution, die die Leistungsbilanzdefizite überwacht. Es dürfen nicht wieder solche Ungleichgewichte auftreten, bei denen die einen jahrelang nur exportieren, die anderen auf Pump einkaufen. Die Annahme dass fortwährende Defizite beziehungsweise Überschüsse unschädlich sind, hat sich ja nun in drastischer Weise als falsch erwiesen“, sagte der Wirtschaftsexperte. dapd (Politik/Politik)
Überwiegend Skepsis zu Schäubles Reformplänen
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Peer-Michael Preß
Peer-Michael Preß – Engagement für die Unternehmerinnen und Unternehmer in der Region seit fast 20 Jahren. Als geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens Press Medien GmbH & Co. KG in Detmold ist er in den Geschäftsfeldern Magazin- und Fachbuchverlag, Druckdienstleistungen und Projektagentur tätig. Seine persönlichen Themenschwerpunkte sind B2B-Marketing, Medien und Kommunikationsstrategien. Sie erreichen Peer-Michael Preß unter: m.press@press-medien.de www.press-medien.de Alle Beiträge von Peer-Michael Preß anzeigen