Berlin (dapd). Der frühere Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) sieht seine Partei angesichts der ernsten politischen Lage in Europa vor einem schwierigen Bundestagswahlkampf. „Das wird schwer für die SPD“, sagte Steinbrück im Interview der „Süddeutschen Zeitung“. Er räumte ein, dass es der Politik derzeit nicht gelingt, „dem Frust eine faszinierende Erzählung über Europa entgegenzusetzen.“ Die SPD habe sich in der Euro-Krise „bisher sehr verantwortlich“ verhalten. „Ich frage mich als Abgeordneter aber auch stets, wie weit ich noch mitgehen kann“, sagte Steinbrück. Er zeigte sich überaus skeptisch, ob es eine parlamentarische Mehrheit im Bundestag für ein drittes Griechenland-Paket geben wird. Der Ex-Minister gilt neben dem Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel und Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier als potenzieller Kanzlerkandidat seiner Partei. In dem Interview äußert sich Steinbrück umfassend zu seinen europa- und finanzpolitischen Vorstellungen, was parteiintern als eine Art Bewerbung für die Kandidatur interpretiert werden dürfte. So unterstützt Steinbrück die jüngsten, umstrittenen Vorschläge von Gabriel für eine gemeinsame Schuldenhaftung in Europa. „Der Parteivorsitzende hat recht, die Entwicklung muss und wird in diese Richtung gehen“, sagte Steinbrück. Die teilweise harsche Kritik von Union und FDP an den Zielen halte er für „dümmlich“. Bedingungen für Haftungsunion Allerdings nannte der Finanzexperte auch Bedingungen für eine Haftungsgemeinschaft: Die Euro-Länder müssten nationale Souveränitätsrechte insbesondere in der Fiskalpolitik auf europäische Institutionen übertragen und diesen zugleich die nötigen Kontrollmöglichkeiten einräumen. „Die Reihenfolge muss lauten: Erst Kontrolle, dann Haftung“, sagte Steinbrück. Zur Umsetzung eines solchen „Konzeptes“ sei jedoch ein Volksentscheid notwendig. Steinbrück kritisierte, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) tue zu wenig, um die Bürger von den notwendigen Reformen zu überzeugen. Altkanzler Helmut Schmidt habe dazu auf dem SPD-Parteitag eine „große Rede“ gehalten. „Auf eine solche Rede von Angela Merkel warte ich bis heute“, sagte Steinbrück. Er warf Merkel zudem vor, Europa auf „eine Währungsunion, ein Zentralbanksystem und einen gemeinsamen Markt“ zu reduzieren. Er prophezeite, auch für die Kanzlerin werde der Bundestagswahlkampf nicht leicht: „Denn wenn sie im Herbst mit dem zweiten Spanien- oder dem dritten Griechenland-Hilfspaket – also einem bloßen Fortsetzungsroman – in den Bundestag müsste, wird sie auf erhebliche Widerstände stoßen.“ Mit Blick auf die Debatte über eine möglichen Ausschluss Griechenlands aus der Euro-Zone sagte Steinbrück: „Wenn Reformzusagen permanent gebrochen werden, zweifelt man, ob unsere Solidarität nicht vergeudet ist.“ Allerdings fügte er hinzu: „Vielleicht kann man den Griechen in einzelnen Punkten mehr Zeit einräumen.“ Die CSU hatte zuletzt einen Austritt des Landes gefordert. Auch FDP-Chef Philipp Rösler meinte, ein solcher Schritt habe „längst seinen Schrecken verloren“. Für Rente mit 67 Jahren Steinbrück sprach sich ferner dafür aus, die Europäische Zentralbank (EZB) sollte „gegen strenge Auflagen“ Anleihen von kriselnden Staaten ankaufen, um deren Zinslast zu drücken. Überdies plädierte er für eine „starke europäische Bankenaufsicht, ein Verfahren zum Umbau wankender und zur Schließung maroder Geldinstitute“ sowie einen Banken-Rettungsschirm. In einen solchen „Topf“ sollten die Banken einzahlen, damit Umstrukturierungen bezahlt werden könnten. Schließlich sprach sich der SPD-Spitzenpolitiker für eine höhere Besteuerung großer Einkommen in Deutschland aus, um Reformen bei Bildung, aber auch Infrastrukturmaßnahmen und bei der Energieversorgung zu finanzieren. Zu der in der SPD umstrittenen Rente mit 67 Jahren sagte er: „Ich bleibe dabei: Die demografische Entwicklung ist nicht zu überlisten. Wir müssen uns den Problemen stellen, dürfen nicht die Augen verschließen.“ dapd (Politik/Politik)
Steinbrück spricht sich für Schulden-Union aus
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Peer-Michael Preß
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