Berlin (dapd). SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hat sichtlich Mühe, die Mandarine von ihrer Schale zu befreien. Während er an dem Stück Obst zupft, erklären ihm zwei SPD-Mitglieder, warum die Stromkosten trotz Energiewende nicht steigen müssen und dass die Pflegeversicherung in der Praxis oft ins Leere laufe. Die SPD hat am Samstag 300 Mitglieder und Nichtmitglieder zum Bürgerkonvent nach Berlin geladen. Sie sollen einige Vorschläge für das Wahlprogramm ausarbeiten. „Das muss ein Ansatz sein, dass die Partei wieder aus ihrem Selbstbezug herauskommt“, sagt der SPD-Kanzlerkandidat. Aus etwa 40.000 eingereichten Vorschlägen hätten sich bereits etwa 30 herauskristallisiert, die weiter verfolgt würden. Am Ende sollen zehn bis zwölf Ideen Eingang in das Wahlprogramm finden. Teilnehmer zeigten sich erfreut über die offene Diskussionskultur. Bruch mit der Tradition Parteichef Sigmar Gabriel versichert, der SPD sei daran gelegen, die Bürger zu Wort kommen und mitentscheiden zu lassen. Früher seien Wahlprogramme im kleinen Kreis erarbeitet worden, das funktioniere heute so nicht mehr. Die Politik müsse dem Verdacht entgegen treten, sich vom Alltagsleben der Menschen entfernt zu haben. Parteien müssten sich öffnen, „raus gehen und von Menschen etwas über den Alltag lernen“. Gabriel betont: „Sozialdemokraten müssen Politik von unten machen, sie müssen etwas wissen über den Alltag der Leute.“ Der Parteichef räumt ein, die Bürgerbeteiligung in dieser Form sei ein Bruch mit der Tradition, und es habe innerhalb der Partei auch ein Murren gegeben, als er diesen Vorschlag angebracht habe. Die eingegangenen 40.000 Antworten auf die Frage, was in Deutschland besser werden solle, zeigten aber, dass der Weg richtig sei. Zwtl.: Bürger kritisieren Probleme in der Mobilität Manche der von den Bürgern angesprochenen Themen stünden schon lange auf der Liste der Partei, andere hätten überrascht, sagt SPD-Generalsekratärin Andrea Nahles. „Ich hätte nicht gedacht, wie vielen Menschen der Bereich Mobilität am Herzen liegt.“ Viele hätten teils massive Probleme in der Infrastruktur angesprochen. Bürger erzählten von eingestellten Buslinien und lahmer Internetverbindung. „Das Thema werden wir auf jeden Fall aufnehmen.“ Die meisten Vorschläge seien allerdings aus den Bereichen Gesundheit und Rente sowie Bildung gekommen. Auch der Fraktionsvorsitzende der SPD im Bundestag, Frank-Walter Steinmeier, zeigt sich überrascht ob der vielen Beschwerden und Vorschläge aus dem Bereich Mobilität. Das „Experiment“ Bürgerkonvent sei positiv verlaufen, sagt er. „Es hat sich gelohnt.“ Er ist sich sicher, dass es in Zukunft wieder ähnliche Veranstaltungen gebe. Steinmeier mit Zuhörer-Qualitäten Das hoffen auch die Geladenen. In 26 Jahren bei der SPD sei sie einmal bei einem Parteitag bis auf drei Meter an Sigmar Gabriel herangekommen, erzählt Adelheid Plotz aus Karlsruhe. Am Samstag setzte sich Peer Steinbrück beim Mittagessen neben sie und plauderte. „Dann habe ich ihm mal erzählt, wo der Schuh drückt.“ Auch Walter Engel lobt die Zuhörer-Qualitäten Steinbrücks. „Außerdem mag ich, dass er immer gerade heraus Klartext redet“, sagt der Saarländer weiter. Das werde allerdings oft überinterpretiert. „So kann man sich gut unterhalten.“ Die SPD-Mitglieder Plotz und Engel begrüßen, dass in ihrer Partei auch Nichtmitglieder mitreden dürfen. Übertreiben dürfe man es dabei aber nicht, schränkt Plotz ein. Parteichef Gabriel appelliert unterdessen an die geladenen Bürger: „Heute wollen wir Ihnen zuhören, ihre Ideen stehen im Mittelpunkt. Wir setzen darauf, dass Sie uns klüger machen.“ Dann fügt er hinzu: „Dann müssen wir nur noch die Wahlen gewinnen.“ dapd (Politik/Politik)
SPD sucht die Nähe zum Wähler
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Peer-Michael Preß
Peer-Michael Preß – Engagement für die Unternehmerinnen und Unternehmer in der Region seit fast 20 Jahren. Als geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens Press Medien GmbH & Co. KG in Detmold ist er in den Geschäftsfeldern Magazin- und Fachbuchverlag, Druckdienstleistungen und Projektagentur tätig. Seine persönlichen Themenschwerpunkte sind B2B-Marketing, Medien und Kommunikationsstrategien. Sie erreichen Peer-Michael Preß unter: m.press@press-medien.de www.press-medien.de Alle Beiträge von Peer-Michael Preß anzeigen