Berlin (dapd). Noch vor wenigen Wochen war Philipp Rösler ein Gejagter. Selbst auf der Feier zu seinem 40. Geburtstag Ende Februar mit 1.100 geladenen Gästen witzelte der FDP-Chef, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel wohl die einzige im Saal wäre, die seinen Job nicht wolle. Jetzt hat Rösler offensichtlich wieder Tritt gefasst. Auf dem Bundesparteitag der FDP sprach mit seiner „Kümmer“-Rede vielen Delegierten aus dem Herzen. Rund 200 Tage vor der Bundestagswahl will die FDP ihre Image als Partei der sozialen Kälte abstreifen. Ausgiebig redet Rösler in seiner fast einstündigen Rede über soziale Marktwirtschaft und wie „cool“ Deutschland sei. Und dass die FDP „Schutzwälle gegen den Zugriff des Staates auf seine Bürger errichtet habe. Dass die FDP das Thema Bürgerrechte ernst nehme. Und dass die FDP eine Bildungspartei sein wolle. Ja, und dass es eigentlich doch irgendwie Mindestlöhne geben müsse. Solche Töne überraschen. Denn statt purer Wahlkampfrhetorik gibt es zwar heftige Schläge auf den politischen Gegnern – gemixt aber mit liberalen Grundsatzpositionen und der Erkenntnis, dass die FDP „weiße Flecken“ in der Gesellschaft aufzuarbeiten habe. Nicht jedem in der FDP schmeckt das, was vor allem bei der aufkeimenden Debatte über den Mindestlohn deutlich wird. Vor allem der Chef der Jungliberalen, Lasse Becker, ist es, der allen Arten von Mindestlohn gern einen Parteitagsriegel vorschieben will. „Mit der Debatte über einen Mindestlohn wird ein Zerrbild von der Beschäftigungssituation vieler Menschen in Deutschland gezeichnet“, heißt in einem Dringlichkeitsantrag. Seine Position: Warum eine FDP-Position räumen, nur um Jugendarbeitslosigkeit und Schwarzarbeit zu fördern. Doch nicht alle folgen hier dem 29-jährigen Jungliberalen. So mancher Delegierte weiß, dass viele Menschen in Deutschland zwar Vollzeit arbeiten, dennoch nicht von ihrer Hände Arbeit leben können. Aber wie bringt man eine Partei mit 59.000 Mitgliedern zu einem politischen Schwenk? Wie vermeidet man einen neuen Streit in der FDP, wo doch gerade an der Personalfront Ruhe eingekehrt ist? „Wer mit harter Arbeit den Aufstieg versucht, der soll am Ende nicht mit leeren Händen dastehen“, versucht Rösler dem neuen Konsens eine Grundlage zu geben. Ja, die Marktwirtschaft habe sich bewährt. „Aber das enthebt uns nicht der Plicht Antworten zu geben. Antworten auf die Frage: Was machen wir eigentlich in Regionen, in Branchen, in denen es keine Tarifautonomie gibt?“ Eine Lösung zum Mindestlohn muss her, wenn die in Umfragen nicht gerade verwöhnte FDP ihre Wahlchancen außerhalb ihrer Klientel deutlich verbessern will. Das weiß auch Rösler und sendet die Botschaft: „Wir haben verstanden“. Denn seine Tandemeinigung mit Fraktionschef Rainer Brüderle, wonach dieser FDP-Spitzenmann zur Bundestagswahl wird und er, Rösler, Parteichef bleibt, kann nur ein erster Schritt sein. So vermittelt seine Rede die oft vermisste soziale Wärme der Liberalen. Dafür bekommt Rösler dann vier Minuten kräftigen Beifall. Seinem Wiederwahlergebnis hat der kleine, aber wichtige Schwenk offenbar nicht geschadet. Die 85,7 Prozent dürften dem 40-jährigen Rösler erstmal den Rücken stärken. Zwar bleibt er damit weit hinter den gut 95 Prozent seiner ersten Wahl zum Parteichef vor zwei Jahren zurück. Aber in der Partei hatte man vor der Wahl am Samstag in Berlin eher mit einer Wert zwischen 70 und 80 Prozent gerechnet. dapd (Politik/Politik)
Röslers Botschaft: Wir haben verstanden
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Peer-Michael Preß
Peer-Michael Preß – Engagement für die Unternehmerinnen und Unternehmer in der Region seit fast 20 Jahren. Als geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens Press Medien GmbH & Co. KG in Detmold ist er in den Geschäftsfeldern Magazin- und Fachbuchverlag, Druckdienstleistungen und Projektagentur tätig. Seine persönlichen Themenschwerpunkte sind B2B-Marketing, Medien und Kommunikationsstrategien. Sie erreichen Peer-Michael Preß unter: m.press@press-medien.de www.press-medien.de Alle Beiträge von Peer-Michael Preß anzeigen