Berlin/Stuttgart (dapd). FDP-Chef Philipp Rösler droht eine schnelle Entmachtung, falls seine Partei bei der Landtagswahl in Niedersachsen scheitert. Immer mehr Spitzenpolitiker regen an, den für Mai geplanten Parteitag vorzuziehen und die Führungsfrage zügig zu klären. Die niedersächsische FDP bangt wegen des Dauerstreits um ihre Chancen bei der Landtagswahl in zwei Wochen. Vor dem Dreikönigstreffen in Stuttgart herrscht Nervosität bei den Freidemokraten. Das Treffen im Opernhaus am Sonntag soll das wichtige Wahljahr 2013 einläuten. Seit Tagen beherrschen jedoch Debatten über Röslers Zukunft und die Ausrichtung der Liberalen die Schlagzeilen. Hintergrund ist die anhaltende Umfrageschwäche der FDP: Sowohl in Niedersachsen als auch im Bund liegt die Partei unter der Fünf-Prozent-Hürde. Politikwissenschaftler bescheinigen der FDP ein grundsätzliches Akzeptanzproblem, das nicht mit einem neuerlichen Führungswechsel zu lösen ist. Der frühere FDP-Chef Wolfgang Gerhardt drang dennoch auf eine rasche Klärung der Führungsfrage. Im „Focus“ forderte Gerhardt, den Parteitag vorzuziehen, auf einen Termin gleich nach der Wahl in Niedersachsen am 20. Januar. So könne die FDP schneller Spitzenpersonal, Programm und Koalitionsaussage für die Bundestagswahl bestimmen. „Der geplante Termin im Mai ist zu spät“, sagte Präsidiumsmitglied Gerhardt, der 2001 von Guido Westerwelle vom Parteivorsitz verdrängt worden war. Gerhardt riet Rösler, sich selbst zu hinterfragen: „Politik erfordert von jedem, sich immer wieder zu überprüfen, ob man seine Aufgaben noch schafft.“ Nach Informationen der „Bild“-Zeitung erwägen mindestens vier Landesverbände der FDP, nach der Niedersachsen-Wahl einen Sonderparteitag zu beantragen, falls Rösler trotz einer Schlappe als Parteichef weitermachen wolle. Dazu zähle auch ein Ergebnis von knapp über fünf Prozent. Der rheinland-pfälzische FDP-Chef Volker Wissing äußerte die Erwartung, dass die Debatten nach dem Dreikönigstreffen beendet werden. „Falls nicht, muss ein früherer Parteitag erwogen werden“, sagte Wissing der „Rheinischen Post“. Entwicklungsminister Dirk Niebel forderte, die FDP müsse „bald darüber sprechen“, mit welcher Aufstellung sie ins Wahljahr gehe. Im Wahlkampf müsse die FDP mit den Themen Gerechtigkeit und Leistungsgerechtigkeit punkten und als „Partei der sozialen Verantwortung“, sagte Niebel der Zeitung „B.Z. am Sonntag“. Niebel gehört zu den Kritikern von Rösler. Dagegen stärkte Parteivize Sabine Leutheusser-Schnarrenberger dem Vorsitzenden den Rücken. „Philipp Rösler ist von der Partei gewählt worden. Und er hat geliefert“, sagte die Bundesjustizministerin der „Welt am Sonntag“. Sie nannte die Durchsetzung von Joachim Gauck als Bundespräsident und die Abschaffung der Praxisgebühr. Sie warnte zugleich vor weiteren Personaldebatten. „Vor Wahlen muss in Personalfragen Ruhe herrschen.“ Für einen vorgezogenen Parteitag sieht Leutheusser-Schnarrenberger „keine Notwendigkeit“. „Wer sich zu früh festlegt, legt schnell einen Fehlstart hin – ich erinnere da an die übereilte Kür von Peer Steinbrück“, argumentierte sie. Große Sorgen macht sich derweil die niedersächsische FDP. Deren Vorsitzender und Spitzenkandidat Stefan Birkner äußerte laut „Welt am Sonntag“ in einem Brief an das FDP-Präsidium die „dringende Bitte, alles zu unterlassen, was den Wahlerfolg in Niedersachsen gefährden könnte“. Birkner warnt insbesondere davor, den Eindruck zu erwecken, „die FDP beschäftige sich eher mit sich selbst als mit den inhaltlichen politischen Herausforderungen“. Der aus Niedersachsen stammende FDP-Generalsekretär Patrick Döring bat auf einem Landesparteitag der baden-württembergischen FDP die Partei, sich allein einem Wahlerfolg in Niedersachsen zu verschreiben. Zwei Prozent der Wählerstimmen würden entscheiden, ob die Landtagswahl die Startrampe für Rot-Grün werde oder die erfolgreiche Koalition der FDP mit der CDU fortgesetzt werden könne. Die stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende Birgit Homburger mahnte in Stuttgart, wie im Fußball müsse die Partei als „geschlossene Formation“ aufs gegnerische Tor spielen. Die „politische Zirkusarena“ sollte dem politischen Gegner überlassen werden. Der Chef des Meinungsforschungsinstituts Infratest dimap, Richard Hilmer, sagte dem SWR: „Es genügt nicht, nur die Personen auszuwechseln, man muss auch die Politik verändern.“ Die FDP habe „bislang dieser Bundesregierung kaum ihren Stempel aufdrücken können“. Der Duisburger Politikwissenschaftler Karl-Rudolf Korte sagte dem rbb-Inforadio, das Problem sei die Partei, nicht der Chef. Der Dresdner Politikwissenschaftler Werner Patzelt betonte im Sender NDR Info, die FDP könnte als ordnungspolitsch klare Kraft durchaus gebraucht werden. Die Partei brauche aber auch Nähe zu den Bürgern und eine klare Position zur Finanzkrise und zur Regulierung der Finanzmärkte positionieren. An beiden Baustellen habe die FDP bisher keine Maßnahmen erkennen lassen. dapd (Politik/Politik)
Rösler droht schnelle Absetzung: Rufe nach FDP-Sonderparteitag
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Peer-Michael Preß
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