Kundus/Masar-i-Scharif (dapd). Ein drastischer Vergleich: „Wir sind in Afghanistan länger, als der Erste und Zweite Weltkrieg zusammen gedauert haben“, sagt Verteidigungsminister Thomas de Maizière, als er am Dienstag in Masar-i-Scharif das größte deutsche Feldlager am Hindukusch besucht. Das soll nicht martialisch klingen, sondern nur das Problem umreißen, das der Bundeswehr bis Ende 2014 bevorsteht. Bis dahin sollen alle Kampftruppen mit ihrer Ausrüstung das Land verlassen haben. Die Dimension: Rund 1.700 Fahrzeuge – vom Jeep über den Radpanzer bis zur Feldhaubitze – und dazu noch etwa 6.000 Seecontainer müssen wieder nach Deutschland gebracht werden. Davon gehen zumindest die Schätzungen aus. Doch womit soll die Rückführung beginnen? Was lohnt wirklich den Transport? Und was könnten die Afghanen gebrauchen? De Maizière gibt da vorsorglich die Devise aus: Es wird nichts nach Deutschland geschafft, was später ab 2015 bei der ISAF-Nachfolgemission wieder die 5.000 Kilometer zurückgeschafft werden müsste. „Nein, eine Blaupause gibt es für den Abzug nicht“, sagen Offiziere, die damit begonnen haben, zunächst das gesamte Inventar zu katalogisieren. Denn genau weiß niemand, was die Bundeswehr im vergangenen Jahrzehnt nach Afghanistan gebracht hat, wo was genau steht und in welchem Zustand es ist. Bis Herbst sollen die genaue Liste und möglichst auch der Zeitplan stehen, was wann wie Afghanistan verlässt. Rund 60 Soldaten sind bereits mit nichts anderem als dem Aufschreiben beschäftigt. Eine olivgrüne Inventur sozusagen. Parallel und von der Öffentlichkeit kaum bemerkt hat indes der Abzug schon begonnen. Zum einen wurde das deutsche ISAF-Kontingent zu Jahresbeginn effektiv um 100 Mann verkleinert. Zum anderen sind seit Januar die ersten 50 Fahrzeuge und rund 500 Container auf den Weg in die Heimat gebracht worden. „Der Nettozufluss nach Afghanistan ist gestoppt“, sagt dazu der für die Rückführung verantwortliche Inspekteur der Streitkräftebasis, Vizeadmiral Manfred Nielson. Doch ist der Abzug „eine Gleichung mit vielen Variablen“. Land- oder Lufttransport, direkt nach Deutschland oder einen Umschlagplatz nutzen, einen solchen Hub am Schwarzen Meer oder am Mittelmeer einrichten – alles Fragen, die in den kommenden Wochen gelöst werden sollen. Denn bis Herbst soll die „Blaupause“ stehen. Und erst dann kann gesagt werden, was die Rückführung von Mensch und Material überhaupt kostet. „Der Abzug wird teuer“, ist sich de Maizière sicher. Nur wie teuer, das weiß auch der Minister nicht. Denn allein die Transportkosten für einen Container auf dem Landtransport sollen sich von einst 300 bis 500 US-Dollar auf mittlerweile bis zu 5.000 US-Dollar verzehnfacht haben. Und alles per Lufttransport rauszuholen, ist für Deutschland, das keine eigenen Maschinen dafür hat, auch keine richtige Alternative. Bei den US-Streitkräften allerdings soll etwa die Hälfte mit Transportflugzeugen nach Hause geschafft werden. Alle Blicke der deutschen Planer richten sich nun auf Faisabad im äußersten Nordosten von Afghanistan. Dort war das erste deutsche Wiederaufbauteam schon vor Monaten unter zivile Leitung gestellt worden. Jetzt ist dort der Abbau in vollem Gange. Wo noch vor kurzem die höchste Feldküche der Bundeswehr stand, soll spätestens im Oktober das Licht ausgemacht werden. Auch für Kundus laufen bereits Planungen, im kommenden Jahr das PRT zu übergeben. Jetzt wird aber erst einmal noch kurzzeitig aufgerüstet. Als Nachfolger des betagten Transportpanzers Fuchs sind die ersten Exemplare des hochmodernen Radpanzers Boxer am Hindukusch angekommen. Ende des Jahres soll der Kampfhubschrauber Tiger endlich der Truppe zur Verfügung stehen. Und im zweiten Quartal 2013 sind denn auch mit mehrjähriger Verspätung die ersten Exemplare des neuen Transporthubschraubers NH 90 geplant. Kritiker befürchten, dass der Abzug so ohne Idee verläuft und nur in der Aufrüstung der Truppe „so etwas wie ein Plan existiert“. Zudem beginne die Planung für den Abzug viel zu spät, der so erst 2015 oder 2016 vollendet werden könne, heißt es in Berlin. All jenen hält de Maizière im brütend heißen Masar-i-Scharif kurz und bündig entgegen: „Es ist immer leichter auf den Baum zu klettern, als wieder herunterzukommen.“ dapd (Politik/Politik)
Kategorie: Politik
Merkel reagiert gelassen auf finnische Veto-Drohung
Berlin (dapd). Kanzlerin Angela Merkel hat gelassen auf die Ankündigung Finnlands reagiert, Staatsanleihenkäufe durch den europäischen Rettungsfonds ESM notfalls zu blockieren. Konkrete Anträge lägen nicht vor, „insofern gibt es im Augenblick auch keinen Handlungsbedarf“, sagte Merkel am Dienstag beim Besuch des slowakischen Ministerpräsidenten Robert Fico in Berlin. Sie habe noch keine Gelegenheit gehabt, mit der finnischen Regierung zu sprechen, sagte die CDU-Vorsitzende. Fico verwies auf die Souveränität der EU-Staaten und kommentierte den finnischen Vorstoß ebenfalls nicht. Merkel wies den Eindruck zurück, zwischen ihr und CSU-Chef Horst Seehofer gebe es Differenzen wegen der Euro-Politik der Bundesregierung. Die Koalition insgesamt stehe hier eng zusammen. Zu den künftig notwendigen Abstimmungen im Bundestag im Zusammenhang mit dem ESM erklärte Merkel, Schwarz-Gelb sei nicht auf eine Zweidrittelmehrheit festgelegt, sondern werde die Mehrheiten immer so wählen, wie sie rechtlich geboten seien. Es brauche „die Mehrheit, die jeweils notwendig ist“. Merkel und Fico betonten die guten Beziehungen zwischen beiden Ländern. Das Gespräch sei von einem „großen Maß an Übereinstimmung geprägt“ gewesen. Merkel erklärte, beide seien sich einig gewesen, dass es mehr Europa brauche. Fico sagte, es gebe zwischen beiden Ländern keine offenen Fragen. Für das slowakische Wirtschaftswachstum sei die Partnerschaft mit Deutschland überlebenswichtig, sagte er mit Blick auf das Engagement deutscher Investoren in seinem Land. Was finanzielle Hilfen an klamme Euro-Ländern anging, wurde Fico deutlich. „Die Geduld der Bevölkerung ist erschöpft“, sagte er. Es werde immer schwerer zu erklären, warum immer noch mehr Hilfsgelder fließen müssten. Fico gehört der Smer-Partei an, die nach vorgezogenen Neuwahlen Mitte März im Parlament über 44,4 Prozent der Stimmen verfügt und mit 83 der 150 Sitze alleine regiert. Fico hatte schon von 2006 bis 2010 regiert und die Slowakei 2009 in die Euro-Zone geführt. dapd (Politik/Politik)
Blitzbesuch am Hindukusch im Zeichen des Afghanistan-Abzugs
Masar-i-Scharif/Kundus (dapd). Zweieinhalb Jahre vor dem Ende des Kampfeinsatzes in Afghanistan läutet die Bundeswehr ihren Abzug ein. Dabei stehe die knapp 5.000 Mann starke Truppe am Hindukusch vor ihrer größten logistischen Herausforderung, sagte Verteidigungsminister Thomas de Maizière am Dienstag bei seinem Truppenbesuch in Masar-i-Scharif. Das größte deutsche Feldlager in Afghanistan gilt als Drehscheibe nicht nur für den Abzug der Bundeswehr, sondern auch für zahlreiche andere Nationen. Vor diesem Hintergrund zeigte der CDU-Politiker Interesse an einem eigenen Abzugsmandat. Aktuell kann sich die Bundeswehr mit bis zu 4.900 Mann an der Internationalen Schutztruppe ISAF beteiligen. Inwieweit ein eigenständiges Mandat notwendig ist, soll nach Angaben von de Maizière bis Herbst geklärt werden. Diskutiert wird im Bundestag derzeit aber auch, ob nicht das ISAF-Mandat angepasst und statt einer einjährigen Verlängerung bis 2013 es dann gleich den gesamten Zeitraum bis 2014 umfassen sollte. An dem Zeitplan des vollständigen Abzugs der Kampftruppen bis Ende 2014 soll sich aber so oder so nichts ändern. De Maizière sagte, die Übergabe der Verantwortung an die Afghanen laufe gut. Zudem habe sich die Sicherheitslage im Norden des Landes, in dem die Bundeswehr die Verantwortung trägt, in den vergangenen Monaten „deutlich verbessert“. Das sei gerade in gerade in der Region Kundus zu spüren, die in den vergangenen Jahren noch als Hochburg der Taliban in Nordafghanistan galt. Hier habe sich das Blatt offensichtlich gewendet. De Maizière wies darauf hin, dass die Zahl der sicherheitsrelevanten Zwischenfälle im gesamten Norden Afghanistans im vergangenen Jahr um fast 40 Prozent im Vergleich zu 2010 zurückgegangen sei. Auch in den ersten sechs Monaten dieses Jahres halte dieser Trend an. Daher sei er zuversichtlich, dass die Bundeswehr in ihrem Verantwortungsbereich bis 2014 ein „angemessenes Sicherheitsniveau“ schaffen und die Verantwortung komplett an die Afghanen unumkehrbar übergeben könne. Die Bilanz des Verteidigungsministers zum Ende seines eintägigen Afghanistan-Besuchs fiel insgesamt positiv aus. „Die gute Nachricht: Die Zahl der Anschläge geht zurück und die Ausbildung der afghanischen Sicherheitskräfte ist besser geworden“, sagte de Maizière mit Blick auf die mittlerweile rund 49.000 Soldaten und Polizisten in der Nordregion. Das ist das Dreifache der ISAF-Truppen in den Nordprovinzen Afghanistans. Noch in diesem Jahr könnte der Übergabeprozess so weit vorangeschritten sein, dass gut 80 Prozent der Afghanen in Gebieten leben, die von den eigenen Kräften kontrolliert werden. Begleitet wurde de Maizière von Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU). Er wollte mit seiner Visite den Soldaten aus dem Freistaat seinen Respekt erweisen, die in Afghanistan einen schwierigen und wichtigen Dienst tun, sagte Tillich der Nachrichtenagentur dapd in Kundus. Mit seinem ersten Besuch am Hindukusch wolle er diesen Einsatz auch persönlich würdigen. De Maizière war bereits zum siebenten Mal als Verteidigungsminister nach Afghanistan gereist. dapd (Politik/Politik)
Ärzte sollen Schüler untersuchen
Berlin/Hannover (dapd). Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) will mehr Ärzte zu Vorsorgeuntersuchungen an die Schulen schicken. Bei Ärzten und Krankenkassen stieß der Vorstoß des Ministers am Dienstag auf positive Reaktionen. Die SPD forderte noch in diesem Jahr einen Gesetzesentwurf. Bahr hatte in der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ (Dienstagausgabe) eine solche Regelung ins Gespräch gebracht. Die sehr guten Erfahrungen bei den Vorbeugeuntersuchungen zur Zahngesundheit von Schulkindern seien Anlass, auch weitere solche Untersuchungen in Schulen zu prüfen, sagte er dem Blatt. Er will diesbezüglich Gespräche mit den Ländern führen. Der Hartmannbund reagierte positiv auf den Vorschlag des Gesundheitsministers. Vorsorgeuntersuchungen an Schulen seien eine sinnvolle Alternative zur immer wieder diskutierten U-Untersuchung, die nicht verpflichtend sei, sagte der Vorsitzende des Ärzteverbandes, Klaus Reinhardt, am Dienstag in Berlin. In den Schulen greife dagegen die Schulpflicht. Auf diese Weise werde sichergestellt, dass jedes Kind in dem Alter mindestens einmal untersucht werde, sagte Reinhardt. Er forderte von den Ländern und den Kommunen konstruktiv in die Gespräche mit Bahr zu gehen. „Dieser gute Ansatz darf nicht wieder im föderalen Gerangel ersticken.“ Auch der GKV-Spitzenverband begrüßte einen Ausbau der Früherkennung in den Schulen. „Damit kommt die öffentliche Hand ihrer Verpflichtung, im Rahmen der Prävention einen eigenen Anteil zu leisten, besser nach als heute“, sagte Verbandssprecher Florian Lanz der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“. Für die Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im Bundestag, Carola Reimann (SPD), kommt die „Einsicht“ der Bundesregierung spät. Bislang habe die schwarz-gelbe Koalition „keine Bereitschaft“ für eine entsprechende Regelung gezeigt. Vielmehr habe die Union bereits zu Zeiten der rot-grünen Bundesregierung das Präventionsgesetz zur Früherkennung von Krankheiten im Bundesrat blockiert. Und auch während der großen Koalition habe es diesbezüglich keine Fortschritte gegeben. Reimann begrüßte daher den Schritt Bahrs, forderte diesen aber gleichzeitig dazu auf, nach der Sommerpause im Herbst einen Gesetzesentwurf vorzulegen. „Wir hoffen, dass nach der Ankündigung auch Taten folgen werden“, sagte sie. Die Linke nahm das Vorhaben des Ministers als Anlass zur Kritik an der Bundesregierung. Gegen den Vorschlag sei grundsätzlich nichts einzuwenden, sagte die gesundheitspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion, Martina Bunge. „Nur was nützen weitere Untersuchungen, wenn diese Bundesregierung überhaupt nicht bereit ist, daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen.“ Es sei schon aus den Schuleingangsuntersuchungen bekannt, dass Kinder aus sozial benachteiligten Familien gesundheitlich hinterherhinken, weil die Bundesregierung keine flächendeckenden Angebote moderner Gesundheitsförderung schaffe, sagte Bunge. dapd (Politik/Politik)
Kritik an geplanter Schlichtungsstelle für Fluggäste
Berlin (dapd). Die Pläne der Bundesregierung für eine Schlichtungsstelle für Fluggäste stoßen auf breite Kritik. Vertreter der Opposition und der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) halten die neue Einrichtung für unzureichend. Der vzbv urteilte am Dienstag, der Gesetzentwurf werde in vielen Punkten eher den Interessen der Anbieter gerecht als denen der Verbraucher. Am Mittwoch (4. Juli) befasst sich das Bundeskabinett mit dem Entwurf des Bundesjustizministeriums. Das Papier, das der Nachrichtenagentur dapd vorliegt, sieht die Einrichtung einer Schlichtungsstelle vor, an die sich Flugpassagiere wenden können, die Probleme mit einer Reise hatten. Dabei kann es etwa um Verspätungen, Flugausfälle und Gepäckschäden gehen – bis zu einem Zahlungsanspruch von 5.000 Euro. Ein Kunde kann die Schlichtungsstelle erst um Hilfe bitten, wenn er mit einer Beschwerde direkt bei der Fluggesellschaft keinen Erfolg hatte. Die Schlichtungsstelle soll von den Unternehmen selbst auf freiwilliger Basis eingerichtet werden. Zudem soll es die Möglichkeit für eine behördliche Schlichtung geben, wenn ein Unternehmen bei der privatrechtlichen Einrichtung nicht dabei ist. Ausgeschlossen von der Möglichkeit, die Schlichtungsstelle in Anspruch zu nehmen, sind Pauschalreisende, die sich an den Reiseveranstalter wenden müssen, und Reisende, deren Beförderungsvertrag von Unternehmen oder Behörden geschlossen wurde. Die Kosten der Schlichtungsstelle für die Branche werden auf jährlich rund 1,2 Millionen Euro geschätzt. Für die behördliche Schlichtung rechnet das Bundesjustizministerium mit Kosten von 377.000 Euro, die aber vollständig über die Erhebung einer Schlichtungsgebühr finanziert werden sollen. Die Opposition zeigte sich unzufrieden. „Man darf bei der bisherigen Ausarbeitung zweifeln, ob es hier verbraucherfreundliche Schlichtungssprüche geben wird“, sagte Grünen-Fraktionsvize Bärbel Höhn den Dortmunder „Ruhr Nachrichten“ (Dienstagausgabe). „Außerdem ist es ein Fehler, dass Geschäftsflüge und Pauschalreisen von der Schlichtung ausgenommen sind.“ SPD-Fraktionsvize Ulrich Kelber kritisierte, dass es keine einheitliche Schlichtungsstelle für alle Verkehrsträger geben solle. Diese war im schwarz-gelben Koalitionsvertrag vorgesehen. Der Vorstand des vzbv, Gerd Billen, bezeichnete die Idee einer Schlichtungsstelle für den Flugverkehr als grundsätzlich sinnvoll. Problematisch sei aber, dass die Airlines freiwillig teilnehmen sollten. „Damit alle Verbraucher zu ihrem Recht kommen, muss die ganze Branche mitmachen“, sagte Billen in Berlin. Zudem solle sich die neue Einrichtung nicht um alle denkbaren Schwierigkeiten kümmern. So seien etwa fehlerhafte Buchungen oder Stornogebühren nicht für die Schlichtung vorgesehen. Das müsse geändert werden. dapd (Politik/Politik)
Seehofer deutet Koalitionsbruch wegen Kosten der Euro-Rettung an
Hamburg (dapd). Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer warnt vor zu hohen finanziellen Zusagen für die Euro-Rettung und droht indirekt mit einem Koalitionsbruch. „Irgendwann ist ein Punkt erreicht, wo die bayerische Staatsregierung und auch die CSU nicht mehr Ja sagen können“, sagte Seehofer dem Magazin „Stern“ laut Vorabbericht vom Dienstag. „Und die Koalition hat ohne die Stimmen der CSU keine Mehrheit“, mahnte er. Deutschland sei mit seinen Milliardenzusagen und -garantien schon jetzt „grenzwertig unterwegs“, sagte der CSU-Vorsitzende. „Meine größte Angst ist, dass die Finanzmärkte fragen: Kann Deutschland das alles stemmen? Das ist der Punkt, den ich für den gefährlichsten überhaupt halte.“ Seehofer lehnte zudem die Übertragung weitreichender Kompetenzen an einen „europäischen Monsterstaat“ ab. Dies komme für ihn nicht infrage. Er werde die Wahlen 2013 in Bayern und im Bund zu einer Abstimmung über Europa machen, kündigte Seehofer an: „Diese Frage werden wir dem Volk vorlegen.“ dapd (Politik/Politik)
Zahl der Empfänger von Asylleistungen erstmals seit 1997 gestiegen
Wiesbaden (dapd). Erstmals seit 1997 ist die Zahl der Empfänger von Asylbewerberregelleistungen wieder angestiegen. Ende 2010 bezogen 130.300 Menschen entsprechende Leistungen, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag in Wiesbaden mitteilte. Gegenüber 2009 bedeutete dies eine Zunahme um 7,5 Prozent. Die Ausgaben beliefen sich 2010 auf 815 Millionen Euro, das waren 3,3 Prozent mehr als 2009. Die größte Empfängergruppe von Regelleistungen waren Serben (15.200 Personen), Iraker (9.400 Personen) und den Afghanen (8.300 Personen). ( Weitere Details: http://url.dapd.de/odMoWi ) dapd (Politik/Politik)
Edathy wirft Bouffier Behinderung von Terror-Ermittlungen vor
Berlin/Wiesbaden (dapd). Im Zusammenhang mit der Mordserie der Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) sind schwere Vorwürfe gegen den hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier (CDU) erhoben worden. Der Vorsitzende des NSU-Untersuchungsausschusses im Bundestag, Sebastian Edathy (SPD), warf Bouffier am Dienstag in einem Fernsehinterview „Verhinderung von Strafverfolgung im Amt vor“. Der hessische Regierungssprecher Michael Bußer bezeichnete die Unterstellungen als Unverschämtheit. Edathy hatte im ARD-„Morgenmagazin“ gesagt, Bouffier habe 2006 als hessischer Innenminister die polizeilichen Ermittlungen im Fall des in Kassel von Neonazis getöteten Halit Yozgat behindert. Die Ermittler seien nach dem Mord im April 2006 auf einen hauptamtlichen Verfassungsschutzmitarbeiter aufmerksam geworden. Eine Kooperation mit der Polizei habe der Verfassungsschutz verweigert, da es aus Sicht der Behörde „nur“ um einen Mord gegangen sei. Am Ende habe Innenminister Bouffier darüber entschieden und „es so gesehen wie die Verfassungsschützer“, betonte Edathy. Dies sei ein „drastisches Beispiel“ politischer Versäumnisse während der Mordserie der NSU. Regierungssprecher nennt Vorwürfe absurd Bußer nannte den Vorwurf der Behinderung der Strafverfolgung „geradezu absurd“. Er betonte, dass es zum damaligen Zeitpunkt nach Abstimmung mit den Sicherheitsexperten zwingende Gründe gegeben habe, den Quellenschutz zu beachten. Trotzdem sei ein Weg gefunden worden, wie diese Quellen trotzdem befragt werden konnten. Bußer warf dem Ausschussvorsitzenden Edathy vor, bewusst seine Neutralität zu verletzen und aus politischen Motiven unhaltbare Behauptungen aufzustellen. Er sollte sich davor hüten, den Vorsitz politisch zu instrumentalisieren. Auf die Frage, ob Bouffier vor dem NSU-Untersuchungsausschuss aussagen werde, verwies Bußer auf die Zuständigkeit des Ausschusses. Er wisse nichts von einer offiziellen Vorladung. dapd (Politik/Politik)
Untersuchungsausschuss soll Rennsteig -Akten einsehen dürfen
Berlin (dapd). Der Untersuchungsausschuss zum Rechtsterrorismus soll Zugang zu den geheimen Akten des Bundesamtes für Verfassungsschutzes (BfV) zur umstrittenen Operation „Rennsteig“ bekommen. Die Behörde habe dem Gremium angeboten, 25 Akten zu dem Vorgang am Mittwochnachmittag in der BfV-Außenstelle in Berlin einzusehen, sagte der Ausschussvorsitzende Sebastian Edathy am Dienstag in Berlin. Aus den Dokumenten soll hervorgehen, wie die Sicherheitsbehörden im Rahmen der Operation „Rennsteig“ mit Informanten aus dem Umfeld der rechtsterroristischen Zelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) zusammengearbeitet haben. Ein Teil der Akten war von einem Verfassungsschutz-Mitarbeiter nach Auffliegen der Terrorgruppe im November vergangenen Jahres vernichtet worden. Der NSU soll mehr als ein Jahrzehnt unbehelligt von den Sicherheitsbehörden im Untergrund gelebt und zehn Menschen ermordet haben. Edathy forderte, dass nun auch der Militärische Abschirmdienst (MAD) seine „Rennsteig“-Akten offen legen müsse. Bisher verweigere der Geheimdienst dies. Zudem kündigte Edathy an, dass der BfV-Referatsleiter, der die Akten schreddern ließ, noch an diesem Donnerstag vor dem Ausschuss aussagen solle. Am Donnerstag wird auch der scheidende Präsident des Verfassungsschutzes, Heinz Fromm, von dem Gremium vernommen. Fromm hatte am Sonntag um frühzeitige Pensionierung gebeten und wird zum Ende des Monats seinen Posten räumen. „GAU“ für Sicherheitsbehörden Der Obmann der Grünen in dem Ausschuss, Wolfgang Wieland, betonte, bei den Aussagen am Donnerstag müsse vor allem geklärt werden, ob der Verfassungsschutz einen der NSU-Terroristen als V-Mann geführt oder versucht habe, ein Mitglied der Terrorzelle zu werben. Das wäre „der GAU“ für die Sicherheitsbehörden. Zudem forderte er, dass nach „Fromms Rücktritt“ auch andere Personen sich überlegen sollten, ob sie seinem Beispiel folgen müssten. Er erinnerte in diesem Zusammenhang an den „unbefriedigenden Auftritt“ von BKA-Präsident Jörg Ziercke vor dem Untersuchungsausschuss. SPD-Obfrau Eva Högl wies darauf hin, dass Fromm der erste Chef einer Sicherheitsbehörde gewesen sei, der eine Konsequenz aus den Ermittlungspannen gezogen habe. Dies verlange Respekt. CDU/CSU-Obmann Clemens Binninger warnte davor, Fromm jetzt alleine zum Sündenbock zu stilisieren. Er betonte, bei den Sicherheitsbehörden seien zahlreiche Personen mit den Ermittlungen beauftragt gewesen. Es müsse geprüft weiter werden, wer alles Verantwortung für die Pannen trage. Suche nach politischer Verantwortung Die Obfrau der Linken, Petra Pau, verlangte, dass auch die Frage nach der politischen Verantwortung gestellt werde. So müsse etwa geklärt werden, warum der ehemalige Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) unmittelbar nach dem Nagelbombenanschlag in Köln im Juni 2004 erklärt habe, dass ein fremdenfeindlicher Hintergrund ausgeschlossen werden könne und wie diese Erklärung die Ermittlungen beeinflusst habe. Auch FDP-Obmann Hartfrid Wolff forderte, dem nachzugehen, ob es „eine politische Einflussnahme in Richtung der Ermittlungsergebnisse“ gegeben habe. Der Ausschuss wollte sich in seiner Sitzung am Dienstag mit den beiden NSU-Sprengstoffanschlägen in Köln und dem Mord an einem Kioskbesitzer in Dortmund 2006 befassen. Geladen waren dazu drei Polizisten und ein Staatsanwalt aus Nordrhein-Westfalen. Bei den Bombenanschlägen 2001 und 2004 wurden insgesamt 23 Personen verletzt, einige von ihnen lebensgefährlich. dapd (Politik/Politik)
Verfassungsschutz-Mitarbeiter kannte Operation Rennsteig nicht
Erfurt (dapd-lth). Der zuständige Mitarbeiter des Thüringer Verfassungsschutzes hat von der Operation „Rennsteig“ nichts gewusst. Das versicherte er an Eides statt dem Sender MDR, wie ein Sprecher am Dienstag sagte. Der Mitarbeiter, der unerkannt bleiben will, wurde bei anderen Aktionen im Zusammenhang mit der Terrororganisation Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) stets informiert, auch wenn andere Dienste involviert waren, hieß es weiter. Bei der Operation „Rennsteig“ soll das Bundesamt für Verfassungsschutz und der Militärische Abschirmdienst (MAD) zwischen 1997 und 2003 mit V-Leuten aus dem Thüringer Heimatschutz (THS) zusammengearbeitet haben. Akten zu der Operation wurden unter bislang ungeklärten Umständen offenbar später vernichtet. dapd (Politik/Politik)