München (dapd). Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) bekommt Unterstützung für seinen Plan zu Vorsorgeuntersuchungen an Schulen. Der bayerische Gesundheitsminister Marcel Huber (CSU) sagte der „Süddeutschen Zeitung“ (Mittwochausgabe) laut Vorabbericht: „Bayern wird gerne Konzepte mitentwickeln, wenn der Bund den Ländern die entsprechenden Mittel zur Umsetzung bereitstellt.“ So könnten zusätzliche Untersuchungen dabei helfen, einen ausreichenden Impfschutz oder eine bessere Frühförderung von Kindern mit Migrationshintergrund aufzugreifen. Der gesundheitspolitische Sprecher der Union im Bundestag, Jens Spahn (CDU), sagte dem Blatt, Kooperationen von Schulen mit niedergelassenen Ärzten bei den empfohlenen Vorsorgeuntersuchungen sollten befördert werden. „Die könnten dann auch die Krankenkassen finanzieren. Denn wer mehr Prävention schon ab Kindesbeinen will, muss hier investieren.“ dapd (Politik/Politik)
Kategorie: Politik
Altmaier will verstärkt für das Stromsparen werben
Berlin (dapd). Die Bundesregierung geht bei der Nutzung von erneuerbaren Energien voran. „Seit dem 1. Juli beziehen alle Bundesministerien Ökostrom“, twitterte Regierungssprecher Steffen Seibert am Dienstagabend. Seibert und Umweltminister Peter Altmaier (CDU) standen eine Stunde lang über den Kurznachrichtendienst Twitter Internetnutzern zum Thema Energiewende Rede und Antwort. Etwa 90 Antworten rund um den Ausbau von Stromtrassen, den Rückbau von Kernkraftwerken, bezahlbaren Strom und die Sicherheit der Energieversorgung twitterten Altmaier und Seibert an die Netzgemeinde, die ein Vielfaches an Fragen an die beiden gerichtet hatte. Auf die Frage, ob die Bevölkerung hier schon ausreichend informiert wurde, gab Altmaier unumwunden zu: „Sicher noch nicht, aber das Interesse wächst derzeit enorm. BMU wird weiter aufklären.“ Seibert verteidigte die vorgenommen Solarkürzungen und betonte, die Solarenergie müsse langsam in den Markt integriert und dürfe nicht dauersubventioniert werden. Der Umweltminister will die Bevölkerung verstärkt über Möglichkeiten zum Stromsparen aufklären. „Ich bin dabei, das zu organisieren. Geben Sie mir noch ein paar Wochen“, schrieb der CDU-Politiker. Ein User hatte gefragt, warum Stromsparen nicht mehr thematisiert werde, zum Beispiel in der Schule. Der Minister betonte, mit Stromsparen könne der Bürger steigende Preise ausgleichen. „Das ist nur begrenzt sexy, entlastet aber den Geldbeutel“, schrieb Altmaier. Ein anderer Nutzer twitterte daraufhin: „Warum hab ich das Gefühl, dass es sich nicht wirklich auszahlt, obwohl ich spare.“ Auch Persönliches gaben die beiden Regierungsleute zum Besten. Auf die Frage, ob er Standby-Knöpfe ausschalte, antwortete Seibert, der fast 66.000 Follower hat: „Am Fernseher und ähnlichen Geräten immer. Bin da leicht manisch.“ Und Altmaier sah sich mit der Frage konfrontiert, ob er zu Hause ein Smart-Home habe, also ein automatisiertes Energiemanagement betreibe. „Leider noch nicht. Der Kühlschrank ist eh meistens leer, seit ich Minister bin“, meinte der gewichtige CDU-Mann, der über 19.000 Follower zählt. Altmaier antwortete mehr als 50 Mal in der Twitter-Stunde, Seibert schaffte es auf über 30 Tweets. „Aber Min. Altmaier weiß die Antworten immer schneller als ich“, gestand der Regierungssprecher ein. Eine Fortsetzung kann er sich vorstellen. „Wir machen das demnächst mal wieder“, schrieb Seibert am Schluss des „Twitterviews“. Das Interview: http://url.dapd.de/P4nA2r Seibert bei Twitter: www.twitter.com/RegSprecher/ Altmaier bei Twittert: www.twitter.com/peteraltmaier dapd (Politik/Politik)
Seehofer warnt vor Zerreißprobe für Schwarz-Gelb
Berlin (dapd). Nach dem EU-Gipfel zur Euro-Rettung setzt CSU-Chef Horst Seehofer Kanzlerin Angela Merkel unter Druck. „Irgendwann ist ein Punkt erreicht, wo die bayerische Staatsregierung und auch die CSU nicht mehr Ja sagen können“, sagte der bayerische Ministerpräsident dem „Stern“ laut Vorabbericht vom Dienstag. „Und die Koalition hat ohne die Stimmen der CSU keine Mehrheit.“ Doch mit dem Ende der Koalition will Seehofer damit nicht gedroht haben. Er sagte am Abend vor Journalisten in München, er habe das Wort Koalitionsbruch „nicht in den Mund genommen“. Dies werde er auch künftig nicht tun. Dennoch kanzelte Seehofer in dem Interview die Euro-Politik der Bundesregierung regelrecht ab. Deutschland sei mit seinen Milliardenzusagen und -garantien schon jetzt „grenzwertig unterwegs“. Seine größte Angst sei, „dass die Finanzmärkte fragen: Kann Deutschland das alles stemmen? Das ist der Punkt, den ich für den gefährlichsten überhaupt halte“. Zudem lehnte der CSU-Chef die Übertragung weitreichender Kompetenzen an einen „europäischen Monsterstaat“ ab. Dies komme für ihn nicht infrage. Seehofer kündigte schon jetzt an, die Wahlen 2013 in Bayern und im Bund zu einer Abstimmung über Europa machen zu wollen. „Diese Frage werden wir dem Volk vorlegen“, sagte Seehofer. Prompt warfen ihm die Grünen vor, die Probleme Europas für Wahlkampfzwecke zu instrumentalisieren. Bundesparteichefin Claudia Roth kritisierte, Seehofer inszeniere sich „auf eine gefährliche, populistische Art und Weise“. Merkel selbst wies am Dienstag den Eindruck zurück, zwischen ihr und Seehofer gebe es Differenzen wegen der Euro-Politik der Bundesregierung. Die Koalition insgesamt stehe hier eng zusammen, sagte Merkel am Rande des Besuchs des slowakischen Ministerpräsidenten Robert Fico in Berlin. Nach der Attacke von Seehofer sprang auch FDP-Generalsekretär Patrick Döring Merkel zur Seite: „In schwerer See stellt man seinen Kurs und seine Führung nicht infrage“, sagte Döring an die Adresse des CSU-Chefs gerichtet. Doch auch das bayerische Kabinett pochte auf einen harten Kurs gegenüber Euro-Schuldenstaaten. Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) erteilte allen Plänen in Europa eine Absage, die auf eine Vergemeinschaftung von Schulden hinausliefen. Er halte zudem direkte Hilfen für Banken aus dem Rettungsschirm ESM ohne eine Haftung des jeweiligen Staates nicht für möglich. Darüber sei jedoch noch nicht entschieden worden. Landesfinanzminister Markus Söder spekulierte zudem über einen Ausschluss Griechenlands aus dem Euro-Verbund. „Griechenland kann und will es wohl nicht schaffen“, sagte Söder der „Augsburger Allgemeinen“ vom Dienstag. „Aus meiner Sicht muss man ein Ausstiegsszenario für Griechenland vorbereiten.“ Der EU-Gipfel in Brüssel hatte am Freitag weitreichende Beschlüsse zur Bankenrettung und zum ESM-Rettungsschirm beschlossen. Merkel war nach den Verhandlungen zum Teil scharf kritisiert worden, weil mittelfristig nun auch marode Banken direkt an Geld aus dem ESM kommen sollen. Kritiker – auch aus den eigenen Reihen – sprachen von einer 180-Grad-Wende. Die für den Fiskalpakt und den dauerhaften europäischen Stabilitätsmechanismus notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat schien zeitweise in Gefahr. Zwar beschloss das Parlament am Ende die umstrittenen Projekte. Die Debatte über den politischen Kurs bei der Euro-Rettung schwelt seitdem aber weiter. dapd (Politik/Politik)
Nach Pannenserie geht auch Thüringens Verfassungsschutzpräsident
Berlin (dapd). Nach der Pannenserie beim Verfassungsschutz muss auch der Chef des Inlandsgeheimdienstes in Thüringen gehen: Thomas Sippel habe „nicht mehr das Vertrauen des Parlaments“, sagte Innenminister Jörg Geibert (CDU) am Dienstag in Erfurt. Am Sonntag hatte bereits der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Heinz Fromm, seinen Rückzug angekündigt. Untersuchungsausschüsse im Bund und in den Ländern versuchen derzeit zu klären, warum der rechtsterroristische Nationalsozialistische Untergrund jahrelang unbehelligt blieb. Thüringens Innenminister Geibert sagte, er habe die Landesregierung gebeten, den Präsidenten des Landesamtes für Verfassungsschutz in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen. Darauf habe er sich mit Sippel in einem Gespräch geeinigt. In Berlin nimmt jetzt der Untersuchungsausschuss des Bundestags den Verfassungsschutz genau unter die Lupe: Er bekommt am Mittwoch Einsicht in 25 geheime Akten der Behörde zur umstrittenen Operation „Rennsteig“. Auch die Klarnamen der V-Leute sollen den Bundestagsabgeordneten offengelegt werden. Zudem will das Gremium am Donnerstag den Geheimdienstmitarbeiter befragen, der nach Auffliegen der Zwickauer Terrorzelle im November 2011 einen Teil der „Rennsteig“-Akten schreddern ließ. Aus den Akten soll hervorgehen, wie die Sicherheitsbehörden mit Informanten aus dem NSU-Umfeld gearbeitet haben. Der NSU hat mehr als ein Jahrzehnt unbehelligt von den Sicherheitsbehörden im Untergrund agiert und nach bisherigen Erkenntnissen zehn Menschen ermordet. Der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, Sebastian Edathy, forderte, dass nun auch der Militärische Abschirmdienst (MAD) seine „Rennsteig“-Akten offen legen müsse. Bisher verweigere der Geheimdienst dies. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums widersprach dem allerdings: „Wir haben Unterlagen geliefert und wir werden auch in Zukunft Unterlagen liefern“, sagte der Sprecher der Nachrichtenagentur dapd. Eine Operation „Rennsteig“ gebe es im Übrigen im MAD aber nicht, betonte er. Zudem kündigte Edathy an, der Referatsleiter des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), der die Akten vernichten ließ, solle noch an diesem Donnerstag vor dem Ausschuss aussagen. Das Amt bestätigte auf dapd-Anfrage, der Beamte habe eine Aussagegenehmigung erhalten. Am Donnerstag wird auch der scheidende Präsident des Verfassungsschutzes, Fromm, von dem Gremium vernommen. Fromm hatte am Sonntag um frühzeitige Pensionierung gebeten und wird zum Ende des Monats seinen Posten räumen. Der Obmann der Grünen in dem Ausschuss, Wolfgang Wieland, betonte, bei den Befragungen müsse vor allem geklärt werden, ob der Verfassungsschutz einen der NSU-Terroristen als V-Mann geführt oder versucht habe, ein Mitglied der Terrorzelle zu werben. Das wäre „der GAU“ für die Sicherheitsbehörden. Zudem forderte er, nach „Fromms Rücktritt“ sollten sich auch andere Personen überlegen, ob sie seinem Beispiel folgen wollten. Er erinnerte in diesem Zusammenhang an den „unbefriedigenden Auftritt“ von BKA-Präsident Jörg Ziercke vor dem Ausschuss. Auch der FDP-Innenexperte Manuel Höferlin sagte, der Rückzug Fromms reiche nicht aus: „Aus dem Versagen der Sicherheitsbehörden müssen weitere personelle Konsequenzen folgen.“ Das betreffe insbesondere BKA-Chef Jörg Ziercke, sagte er der „Bild“-Zeitung. FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle forderte derweil „eine grundlegende Reform der Strukturen der Sicherheitsinstitutionen“. „Es ist ein alter Gedanke von mir, dass wir das Bundesamt und die 16 Landesbehörden stärker zusammenführen müssen. Parallele Strukturen und unklare Zuständigkeiten tun der Sicherheit in diesem Bereich nicht gut“, sagte er der „Rheinischen Post“. Die Obfrau der Linken, Petra Pau, verlangte, dass auch die Frage nach der politischen Verantwortung gestellt werde. So müsse etwa geklärt werden, warum der ehemalige Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) unmittelbar nach dem Nagelbombenanschlag in Köln im Juni 2004 erklärt habe, dass ein fremdenfeindlicher Hintergrund ausgeschlossen werden könne und wie diese Erklärung die Ermittlungen beeinflusst habe. Auch CDU/CSU-Obmann Clemens Binninger forderte, dem nachzugehen. Der Ausschuss befasste sich in seiner Sitzung am Dienstag mit den beiden NSU-Sprengstoffanschlägen in Köln und dem Mord an einem Kioskbesitzer in Dortmund 2006. Geladen waren dazu drei Polizisten und ein Staatsanwalt aus Nordrhein-Westfalen. Bei den Bombenanschlägen 2001 und 2004 wurden insgesamt 23 Personen verletzt, einige von ihnen lebensgefährlich. Unterdessen wurde bekannt, dass das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz offenbar mehr Akten über die „Operation Rennsteig“ hat als bislang zugegeben. Es handle sich um zwei Ordner, die jetzt dem NSU-Untersuchungsausschuss des Erfurter Landtags zur Verfügung gestellt würden, zitierte der Sender MDR Thüringen aus der nichtöffentlichen Sitzung des Gremiums. In den Unterlagen würden sich demnach auch Dokumente des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) befinden. Diese seien aber derart geschwärzt, dass sie nicht zu entziffern sind. Die Landesregierung wolle möglichst viele Schwärzungen wieder entfernen lassen, hieß es aus dem Ausschuss weiter. dapd (Politik/Politik)
Geheimdienst unter der Lupe
Berlin (dapd). Der Verfassungsschutz muss nach seiner beispiellosen Pannenserie gut geschützte Geheimnisse lüften: Der Untersuchungsausschuss zum Rechtsterrorismus bekommt am Mittwoch Einsicht in 25 geheime Akten der Behörde zur umstrittenen Operation „Rennsteig“. Auch die Klarnamen der V-Leute sollen den Bundestagsabgeordneten offengelegt werden. Zudem will das Gremium am Donnerstag den Geheimdienstmitarbeiter befragen, der nach Auffliegen der Zwickauer Terrorzelle im November 2011 einen Teil der „Rennsteig“-Akten schreddern ließ. Doch aus Sicht vieler Politiker ist es damit nicht getan. Sie fordern eine grundlegende Reform des Verfassungsschutzes und verlangen weitere personelle Konsequenzen bei den Ermittlungsbehörden. Insbesondere der Chef des Bundeskriminalamtes, Jörg Ziercke, steht im Fokus der Kritik. Aus den Akten, die der Ausschuss nun einsehen darf, soll hervorgehen, wie die Sicherheitsbehörden im Rahmen der Operation „Rennsteig“ mit Informanten aus dem Umfeld der rechtsterroristischen Zelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) gearbeitet haben. Der NSU hat mehr als ein Jahrzehnt unbehelligt von den Sicherheitsbehörden im Untergrund agiert und nach bisherigen Erkenntnissen zehn Menschen ermordet. Der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, Sebastian Edathy, forderte, dass nun auch der Militärische Abschirmdienst (MAD) seine „Rennsteig“-Akten offen legen müsse. Bisher verweigere der Geheimdienst dies. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums widersprach dem allerdings: „Wir haben Unterlagen geliefert und wir werden auch in Zukunft Unterlagen liefern“, sagte der Sprecher der Nachrichtenagentur dapd. Eine Operation „Rennsteig“ gebe es im Übrigen im MAD aber nicht, betonte er. Zudem kündigte Edathy an, der Referatsleiter des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), der die Akten vernichten ließ, solle noch an diesem Donnerstag vor dem Ausschuss aussagen. Das Amt bestätigte auf dapd-Anfrage, der Beamte habe eine Aussagegenehmigung erhalten. Am Donnerstag wird auch der scheidende Präsident des Verfassungsschutzes, Heinz Fromm, von dem Gremium vernommen. Fromm hatte am Sonntag um frühzeitige Pensionierung gebeten und wird zum Ende des Monats seinen Posten räumen. Der Obmann der Grünen in dem Ausschuss, Wolfgang Wieland, betonte, bei den Befragungen müsse vor allem geklärt werden, ob der Verfassungsschutz einen der NSU-Terroristen als V-Mann geführt oder versucht habe, ein Mitglied der Terrorzelle zu werben. Das wäre „der GAU“ für die Sicherheitsbehörden. Zudem forderte er, nach „Fromms Rücktritt“ sollten sich auch andere Personen überlegen, ob sie seinem Beispiel folgen wollten. Er erinnerte in diesem Zusammenhang an den „unbefriedigenden Auftritt“ von BKA-Präsident Ziercke vor dem Ausschuss. Auch FDP-Innenexperte Manuel Höferlin sagte, der Rückzug Fromms reiche nicht aus: „Aus dem Versagen der Sicherheitsbehörden müssen weitere personelle Konsequenzen folgen.“ Das betreffe insbesondere BKA-Chef Jörg Ziercke, sagte er der „Bild“-Zeitung. Sein Fraktionschef Rainer Brüderle forderte derweil „eine grundlegende Reform der Strukturen der Sicherheitsinstitutionen“. „Es ist ein alter Gedanke von mir, dass wir das Bundesamt und die 16 Landesbehörden stärker zusammenführen müssen. Parallele Strukturen und unklare Zuständigkeiten tun der Sicherheit in diesem Bereich nicht gut“, sagte er der „Rheinischen Post“. Ähnlich hatten sich am Montag bereits Politiker der Opposition geäußert. Die Obfrau der Linken, Petra Pau, verlangte, dass auch die Frage nach der politischen Verantwortung gestellt werde. So müsse etwa geklärt werden, warum der ehemalige Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) unmittelbar nach dem Nagelbombenanschlag in Köln im Juni 2004 erklärt habe, dass ein fremdenfeindlicher Hintergrund ausgeschlossen werden könne und wie diese Erklärung die Ermittlungen beeinflusst habe. Auch CDU/CSU-Obmann Clemens Binninger forderte, dem nachzugehen. Der Ausschuss befasste sich in seiner Sitzung am Dienstag mit den beiden NSU-Sprengstoffanschlägen in Köln und dem Mord an einem Kioskbesitzer in Dortmund 2006. Geladen waren dazu drei Polizisten und ein Staatsanwalt aus Nordrhein-Westfalen. Bei den Bombenanschlägen 2001 und 2004 wurden insgesamt 23 Personen verletzt, einige von ihnen lebensgefährlich. Unterdessen wurde bekannt, dass das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz offenbar mehr Akten über die „Operation Rennsteig“ hat als bislang zugegeben. Es handle sich um zwei Ordner, die jetzt dem NSU-Untersuchungsausschuss des Erfurter Landtags zur Verfügung gestellt würden, zitierte der Sender MDR Thüringen aus der nichtöffentlichen Sitzung des Gremiums. In den Unterlagen würden sich demnach auch Dokumente des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) befinden. Diese seien aber derart geschwärzt, dass sie nicht zu entziffern sind. Die Landesregierung wolle möglichst viele Schwärzungen wieder entfernen lassen, hieß es aus dem Ausschuss weiter. dapd (Politik/Politik)
Firmen sollen mehr für die Gesundheitsvorsorge tun
Rostock (dapd). Gesundheitsminister Daniel Bahr hat die Betriebe aufgefordert, mehr in die Gesundheitsvorsorge ihrer Mitarbeiter zu investieren. In der in Rostock erscheinenden „Ostsee-Zeitung“ verwies der FDP-Politiker darauf, dass psychische Erkrankungen mittlerweile eine der Hauptursachen für Fehltage seien. Dem herrschenden Leistungsdruck müsse gezielt entgegengewirkt werden, mahnte Bahr. Mitarbeiter müssten für den Chef nicht ständig rund um die Uhr erreichbar sein. Es sollte feste Regeln geben für die Zeiten, in denen man nicht per Handy oder über E-Mail erreichbar sei, sagte der Minister. dapd (Politik/Politik)
Frau Merkel, das stimmt so nicht
Berlin (dapd). Werner Erhardt gehört an diesem Tag im Kanzleramt zu den Gewinnern. Nicht nur, dass er bei tausenden Teilnehmern des Bürgerdialogs von Regierungschefin Angela Merkel unter die 20 besten Vorschläge gewählt wurde. Merkel findet seine Idee auch noch gut. „Ich bin dabei“, verspricht die CDU-Vorsitzende dem grauhaarigen Mann, der das nicht ohne Stolz registriert. Erhardt hat zwar gerade keine Steuererleichterungen durchgeboxt, aber immerhin: Sein Werben für ein „Einheitliches Wiedervereinigungsdenkmal“ aus einer Dreiergruppe Bäume kommt an. Seit Anfang Februar diskutiert Merkel im Internet mit Bürgern über Deutschlands Zukunft. Ein paar Termine im realen Raum gab es auch, in Erfurt, Bielefeld und Heidelberg sprach Merkel direkt mit den Bürgern. Ansonsten: 1,7 Millionen Aufrufe der Internetseite, 11.618 Vorschläge und mehr als 74.000 Kommentare. Die Bürger konnten abstimmen und so ihre Hitliste der zehn besten Vorschläge erstellen, weitere zehn Vorschläge wurden von Experten sowie Mitarbeitern von Bundespresse- und Kanzleramt aufs Podest gehoben. Am Dienstag hatte Merkel diese 20 Männer und Frauen in ihrem Amtssitz zu Gast: Bankettsaal des Kanzleramtes, fünfter Stock, Blick aufs Reichstagsgebäude zur einen und aufs Sony-Center zur anderen Seite. „Wir sind kein Entscheidungsgremium. Heute geht keiner nach Hause und sagt: Ja, wird gemacht“, macht Merkel zu Anfang klar. Gerade hat sie noch ein paar Stockwerke tiefer den slowakischen Ministerpräsidenten Robert Fico getroffen und über die Euro-Krise gesprochen, jetzt geht es unter anderem um die Abschaffung des „Gesetzes, das den sexuellen Missbrauch von Tieren zulässt“, die Abschaffung der GEZ, die Legalisierung von Cannabis oder die Schaffung eines bedingungslosen Grundeinkommens. Die Stimmung ist natürlich etwas angespannt, man kommt nicht jeden Tag ins Kanzleramt, trifft nicht jeden Tag die deutsche Regierungschefin, und auch die räumt freimütig ein: „Wir haben uns heute alle auf ein Abenteuer eingeladen, auf etwas Unbekanntes.“ „Ich möchte mich erst mal bedanken, dass Sie überhaupt mitgemacht haben, bei diesem Bürgerdialog“, leitet Merkel ein, dann wird es auch schon ernst in der Runde. Beate T. fordert, die Regierung möge „die Erfüllung des Kinderwunsches finanzierbar machen“. Die Diagnose Unfruchtbarkeit löse einen Schock aus, die Behandlung sei unheimlich teuer, trägt sie souverän vor. „Wenn sich nur Reiche fortpflanzen dürfen, ist das dann Selektion?“, fragt sie und fordert, die Kostenübernahme solle nicht von Regeln, sondern vom individuellen Fall abhängig gemacht werden. Merkel hört aufmerksam zu, würdigt den Mut der Menschen, die sich mit diesem Thema an die Öffentlichkeit trauen. Beim Thema Unfruchtbarkeit – später auch bei der Sterbehilfe – geht es um vieles, was Merkels Partei im tiefsten Inneren berührt, um den Schutz der Ehe zum Beispiel. Die Kanzlerin kann das in dieser Runde nicht tiefschürfend diskutieren, dafür ist das Thema zu groß und die Zeit zu knapp. Anderthalb Stunden sind angesetzt, 90 Minuten für 20 Statements. Später wird sich zeigen, dass Merkel überzieht. Das Kinderwunsch-Thema trifft Merkel natürlich nicht unvorbereitet – sie hat zu allen 20 Themen Stichwörter vorbereitet -, sie verweist auf Familienministerin Kristina Schröder, die habe bereits vorgeschlagen, dass bei künstlicher Befruchtung ein höherer Kostenanteil übernommen werde. „Wir wollen keine Gesellschaft, die nur den Reichen die Erfüllung des Kinderwunsches möglich macht“, sagt Merkel. Beate T. dankt, sie ist offensichtlich zufrieden. Die Dramaturgie des Treffens sieht vor, dass ausgerechnet auf den Kinderwunsch das Thema Geburten folgt. Nitya Runte wirbt für die Sache der Hebammen und natürliche Geburten. Kaiserschnittgeburten seien ohne Risiko? „Frau Merkel, das stimmt so nicht“, sagt Runte freundlich, aber bestimmt. Hebammen könnten nicht mehr von ihrer Arbeit leben, sagt sie noch, Merkel verspricht: Bis Ende September hat ein Gespräch stattgefunden, sie werde auch den Gesundheitsminister deswegen ansprechen. „Gut. Oder auch nicht gut“, schließt Merkel diese Themenrunde, schließlich sei das Problem „noch nicht gelöst“. Über die „Novellierung des Altenpflegegesetzes“ und ein „Sterben in Würde“ rückt die Zeit vor. Es ist 15.10 Uhr, vierzig Minuten sind um, erst vier Teilnehmer sind durch. Werner Erhardt stellt sein Wiedervereinigungsdenkmal vor, spricht von überschaubaren Kosten und einer einfachen Gestaltung. Das muss die Politik doch locken. Tut es. „Ich finde ihre Idee schön“, sagt Merkel. Das müsse man mit den kommunalen Spitzenverbänden mal besprechen. Sie werde das tun, oder Innenminister Hans-Peter Friedrich. „Aber Sie müssten dann auch bereit sein, sich mit dahinter zu klemmen“, fordert sie den Ideengeber auf. Martin Thomas fordert eine offene Diskussion über den Islam, Norbert Voll – auf Platz eins gewählt – trägt seine Forderung nach einem „Gesetz gegen die Leugnung des Völkermordes an den Armeniern und Aramäern“ vor. Es ist 15.35 Uhr, Merkel mahnt freundlich eine Beschleunigung an, das kann sie, bestimmt sein, ohne den Menschen in die Parade zu fahren. „Ich weiß, dass man aufgeregt ist, aber jetzt kennen wir uns ja auch schon ein bisschen“, sucht sie den Vortragenden lächelnd die Spannung zu nehmen. Die Themen werden jetzt flüssiger abgehandelt, Sven Olav Dahl ist dran. Dahl fordert, dass zum Thema Waffenrecht „Fakten statt Lügen“ verbreitet werden. Er ist offenbar ein Waffennarr, im Internet betreibt er eine Seite, die offensiv für den Waffengebrauch eintritt. Die „unglaubliche und so nach 1945 noch nie da gewesene Medienhetze nach dem Amoklauf in Winnenden mit dem zwangsweise folgenden blinden politischen Aktionismus von Rot-Links-Grün“ habe ich dazu bewogen, diese Homepage zu entwerfen, schreibt er. Andere Waffenfreunde haben die Bürgerdialog offenbar gezielt genutzt, ihre Interessen voranzutreiben. „Um der Politik zu zeigen, dass wir uns diese verlogene Diskussion nicht mehr gefallen lassen, sollten Sie der Bundeskanzlerin mitteilen, dass Sie einen Politikwandel bei der Waffengesetzgebung möchte“, heißt es in einem Blog, ein Link verweist auf den Bürgerdialog im Internet. 94.421 Stimmen konnten so mobilisiert werden. Vierzig Minuten später als geplant schließt Merkel die Runde. „Ich hoffe, sie alle haben voneinander etwas gelernt“, sagt sie. ( www.dialog-ueber-deutschland.de ) dapd (Politik/Politik)
Fördermittelskandal in Dessau: Opposition droht mit Untersuchungsausschuss
Magdeburg/Dessau (dapd). Die Dessauer Fördermittelaffäre ist im Magdeburger Landtag angekommen: Die Opposition verlangt Aufklärung, droht notfalls sogar mit einem Untersuchungsausschuss. Auslöser waren Berichte der dapd Nachrichtenagentur über zwei Spenden an die CDU Dessau-Roßlau im Jahr 2007 in Höhe von insgesamt 1.500 Euro. Sie stammten aus dem Kreis der auf „Wunsch“ des damaligen Wirtschaftsministers und heutigen Ministerpräsidenten, Reiner Haseloff (CDU), vorrangig geförderten Unternehmen. Kurz nach Beendigung der subventionierten Weiterbildungsmaßnahmen floss damals das Geld. Der wirtschaftspolitische Sprecher der Linksfraktion im Magdeburger Landtag, Frank Thiel, sagte der dapd am Dienstag: „Wenn es jetzt eine Verbindung zwischen dem ehemaligen Wirtschaftsminister Haseloff und der Auszahlung von Fördermitteln an fragwürdige Firmen und deren Spenden an die CDU gibt, hat der Spendenskandal eine völlig neue Dimension erhalten.“ Die Landtagsfraktion der Linkspartei beschloss deshalb für die kommende Landtagssitzung eine Aktuelle Debatte zu beantragen. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Claudia Dalbert betonte, ihre Partei werde auf Aufklärung aller Zusammenhänge drängen und die Vorgänge zum Thema im Wirtschaftsausschuss machen. Ministerin Brigitta Wolff (CDU) müsse bei der nächsten Sitzung des Ausschusses am 19. Juli für Aufklärung sorgen. „Wenn wir hier keine ausreichenden Auskünfte erhalten, behalten wir uns weitere parlamentarische Schritte vor – bis hin zu einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss“, sagte Dalbert. Auch der FDP-Landesvorsitzende, Veit Wolpert, forderte die lückenlose Aufklärung auch mit Hilfe eines parlamentarischen Gremiums: „Ein Untersuchungsausschuss des Landtages ist der beste Weg, Erinnerungslücken in Sachen Fördermittel- bzw. Parteispendenaffäre zu schließen.“ Der Verdacht, Haseloff sei in seinem damaligen Amt als Wirtschaftsminister in diese Sache involviert gewesen, müsse schnellstmöglich ausgeräumt werden. Aus Unterlagen, die der Nachrichtenagentur dapd vorliegen, geht hervor, dass am 19. Juni 2006 ein Mitarbeiter des von Haseloff geleiteten Wirtschaftsministeriums eine Email an das Landesverwaltungsamt (LVA) schickte. Dem Empfänger, einem mit der Vergabe von Fördermitteln befassten LVA-Mitarbeiter, schrieb er: „Auf Wunsch des Ministers bitte ich Sie weiterhin, die bei Ihnen bereits vorliegenden Projektanträge Qu03246/06 und Qu03249/06 im Rahmen der verfügbaren Mittel vorrangig zu bewilligen.“ Der Angeschriebene hatte zuvor bei der Bewilligung dieser Projekte gezögert. Ihm teilte der Ministeriumsmitarbeiter jetzt mit, seine bisherigen Prüfungen seien von einem veralteten Finanzplan ausgegangen. Deshalb solle der LVA-Mann seine Bewilligungsmöglichkeiten noch einmal überprüfen und sie „umfassend“ nutzen. Im Landesverwaltungsamt schienen die Mitarbeiter vom Wunsch des Ministers nach vorrangiger Bewilligung dieser Förderungen zunächst unbeeindruckt. Einen Monat später, am 18. Juli 2006, schrieb erneut ein Ministeriumsmitarbeiter an das Landesverwaltungsamt. In der Mail steht: „Wie wir in der Vorwoche erfuhren, sind die u.g. Projektanträge immer noch nicht entschieden. Ich möchte nochmals die Bitte der Hausleitung wiederholen, diese Projekte schnellstmöglich zu bewilligen.“ Es gehe um Dringlichkeit im Zusammenhang mit der Schaffung von Arbeitsplätzen. Auch in dieser Mail steht wieder der Satz mit dem „Wunsch des Ministers“, vorrangig zu bewilligen. Auf Nachfrage hieß es aus der Staatskanzlei: „Mit den erwähnten Sachverhalten zu zwei Fördervorgängen von hunderten aus dem Jahre 2006 verbindet Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff aus eigener Erinnerung nichts.“ Die im Namen des Ministers durchgedrückten Projekte gehören inzwischen zu den Dutzenden, zu denen die Staatsanwaltschaft Halle wegen Betrugsverdachts ermittelt. 1.500 Euro Parteispende waren keine kleine Summe in einem Kommunalwahlkampf. Die Eigentümer der „vorrangig“ geförderten Unternehmen ließen dem CDU-Kreisverband Dessau-Roßlau das Geld über eines ihrer Unternehmen zukommen. Gegen beide ermittelt die Staatsanwaltschaft Halle im Zuge der Fördermittelaffäre unter dem Aktenzeichen 902 Js 4194/09 wegen Betrugsverdachts. Die Förderprojekte aus der Email des Ministeriumsmitarbeiters sind nur ein Teil des Verfahrens. An ihnen zeigt sich das Netzwerk der verschachtelten Firmen der immer gleichen Beteiligten, die untereinander dann die Deals einfädelten. Insgesamt geht die Staatsanwaltschaft der Spur von über vier Millionen Euro Fördermitteln nach. Die CDU-Dessau-Roßlau bestätigte, dass aus dem Kreis der Verdächtigen über 6.000 Euro gespendet wurden. dapd (Politik/Politik)
Schwere Vorwürfe: Bouffier soll Terror-Ermittlungen behindert haben
Berlin/Wiesbaden (dapd-hes). Die Diskussion um Staatsversagen bei der Mordserie der Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) hat Hessen mit voller Wucht erreicht. Im Mittelpunkt der Auseinandersetzung steht Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU). Der Vorsitzende des NSU-Untersuchungsausschusses im Bundestag, Sebastian Edathy (SPD), warf dem früheren hessischen Innenminister am Dienstag „Verhinderung von Strafverfolgung im Amt vor“. Die Landesregierung wies die Vorwürfe entschieden zurück. Regierungssprecher Michael Bußer bezeichnete die Unterstellungen als Unverschämtheit. Bouffiers Stellvertreter Jörg-Uwe Hahn (FDP) stellte die Eignung Edathys als Ausschussvorsitzender infrage. Die CDU-Landtagsfraktion legte dem SPD-Politiker nahe, sein Amt als Ausschussvorsitzender niederzulegen. Zudem müsse überprüft werden, ob seine Aussagen den Straftatbestand der Verleumdung erfüllten, sagte der Fraktionsvorsitzende Christean Wagner. Edathy hatte im ARD-„Morgenmagazin“ gesagt, Bouffier habe 2006 als hessischer Innenminister die polizeilichen Ermittlungen im Fall des in Kassel von Neonazis getöteten Halit Yozgat behindert. Die Ermittler seien nach dem Mord auf einen hauptamtlichen Verfassungsschutzmitarbeiter aufmerksam geworden. Eine Kooperation mit der Polizei habe der Verfassungsschutz verweigert, da es aus Sicht der Behörde „nur“ um einen Mord gegangen sei. Am Ende habe Innenminister Bouffier darüber entschieden und „es so gesehen wie die Verfassungsschützer“, betonte Edathy. Dies sei ein „drastisches Beispiel“ politischer Versäumnisse während der Mordserie der NSU. Bußer nannte den Vorwurf der Behinderung der Strafverfolgung „geradezu absurd“. Er betonte, dass es zum damaligen Zeitpunkt nach Abstimmung mit den Sicherheitsexperten zwingende Gründe gegeben habe, den Quellenschutz zu beachten. Trotzdem sei ein Weg gefunden worden, wie diese Quellen trotzdem befragt werden konnten. Bußer warf Edathy vor, bewusst seine Neutralität zu verletzen und aus politischen Motiven unhaltbare Behauptungen aufzustellen. Hahn sagte, er habe noch nie erlebt, dass ein Vorsitzender eines solchen Ausschusses „in einer solchen Dreistigkeit eine solche Bewertung vorgenommen hat, bevor Zeugen befragt wurden“. Der Bundestag solle „sich gut überlegen“, ob ein Untersuchungsausschuss unter einer solchen Leitung noch objektiv sei. Dagegen forderte die SPD-Fraktion im hessischen Landtag, die Landesregierung müsse ihre Blockadehaltung bei der Aufklärung der NSU-Morde endlich aufgeben. Bouffier solle sein Schweigen brechen und seine Vorgehensweise erklären. Die Linksfraktion betonte, da Bouffier nach derzeitigem Kenntnisstand die „Interessen des Geheimdienstes über die Aufklärung von Neonazi-Terror gestellt hat, muss er dafür juristisch und politisch zur Verantwortung gezogen werden“. Es wird erwartet, dass der Ministerpräsident vor dem NSU-Untersuchungsausschuss aussagen muss. In dieser Frage verwies Bußer auf die Zuständigkeit des Ausschusses. Das parlamentarische Gremium des Bundestages hat noch keinen Beschluss zur Vorladung des hessischen Ministerpräsidenten gefasst. dapd (Politik/Politik)
Seehofer warnt vor Zerreißprobe für Schwarz-Gelb
Berlin (dapd). Nach dem Europäischen Rat zur Euro-Rettung droht CSU-Chef Horst Seehofer Kanzlerin Angela Merkel mit einem Bruch der schwarz-gelben Koalition. „Irgendwann ist ein Punkt erreicht, wo die bayerische Staatsregierung und auch die CSU nicht mehr Ja sagen können“, sagte Bayerns Ministerpräsident dem „Stern“ laut Bericht vom Dienstag. „Und die Koalition hat ohne die Stimmen der CSU keine Mehrheit.“ Mit seinen Äußerungen stellt Seehofer den Euro-Kurs der Regierungkoalition infrage und bringt Merkel in die Bredouille. Der EU-Gipfel in Brüssel hatte am Freitag weitreichende Beschlüsse zur Bankenrettung und zum ESM-Rettungsschirm beschlossen. Merkel war nach den Verhandlungen zum Teil scharf kritisiert worden, weil mittelfristig nun auch marode Banken direkt an Geld aus dem ESM kommen sollen. Kritiker – auch aus den eigenen Reihen – sprachen von einer 180-Grad-Wende. Die für den Fiskalpakt und den dauerhaften europäischen Stabilitätsmechanismus notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat schien zeitweise in Gefahr. Zwar beschloss das Parlament am Ende die umstrittenen Projekte. Die Debatte über den politischen Kurs bei der Euro-Rettung schwelt seitdem aber weiter. Merkel selbst wies am Dienstag den Eindruck zurück, zwischen ihr und CSU-Chef Horst Seehofer gebe es Differenzen wegen der Euro-Politik der Bundesregierung. Die Koalition insgesamt stehe hier eng zusammen, sagte Merkel am Rande des Besuchs des slowakischen Ministerpräsidenten Robert Fico in Berlin. Nach der Attacke von Seehofer sprang auch FDP-Generalsekretär Patrick Döring Merkel zur Seite: „In schwerer See stellt man seinen Kurs und seine Führung nicht infrage“, sagte Döring an die Adresse des CSU-Chefs. Seehofer kanzelte die Euro-Politik der Bundesregierung regelrecht ab. Deutschland sei mit seinen Milliardenzusagen und -garantien schon jetzt „grenzwertig unterwegs“. Seine größte Angst sei, „dass die Finanzmärkte fragen: Kann Deutschland das alles stemmen? Das ist der Punkt, den ich für den gefährlichsten überhaupt halte“. Zudem lehnte der CSU-Chef die Übertragung weitreichender Kompetenzen an einen „europäischen Monsterstaat“ ab. Dies komme für ihn nicht infrage. Seehofer kündigte schon jetzt an, die Wahlen 2013 in Bayern und im Bund zu einer Abstimmung über Europa machen zu wollen. „Diese Frage werden wir dem Volk vorlegen“, sagte Seehofer. Prompt warfen ihm die Grünen vor, die Probleme Europas für Wahlkampfzwecke zu instrumentalisieren. Parteichefin Claudia Roth kritisierte, Seehofer inszeniere sich „auf eine gefährliche, populistische Art und Weise“. Auch das bayerische Kabinett pochte am Dienstag auf einen harten Kurs gegenüber Euro-Schuldenstaaten. Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) erteilte allen Plänen in Europa eine Absage, die auf eine Vergemeinschaftung von Schulden hinausliefen. Er halte zudem direkte Hilfen für Banken aus dem Rettungsschirm ESM ohne eine Haftung des jeweiligen Staates nicht für möglich. Darüber sei jedoch noch nicht entschieden worden. Landesfinanzminister Markus Söder spekulierte zudem über einen Ausschluss Griechenlands aus dem Euro-Verbund. „Griechenland kann und will es wohl nicht schaffen“, sagte Söder der „Augsburger Allgemeinen“ vom Dienstag. „Aus meiner Sicht muss man ein Ausstiegsszenario für Griechenland vorbereiten.“ Der Bundesverband der Deutschen Industrie warnte allerdings vor den Konsequenzen eines solchen Ausschlusses. Die wechselseitige Verwundbarkeit der Eurokrisen- und Euro-Überschussstaaten sei vielen gar nicht bewusst, sagte Hauptgeschäftsführer Markus Kerber dem „Handelsblatt“. Wie die „Bild“-Zeitung berichtete, soll der Bundestag wegen der Euro-Krise in der Woche ab dem 23. Juli tagen. In der Sondersitzung solle über den Antrag Spaniens auf Hilfen für seine Banken in Höhe von bis zu 100 Milliarden Euro entschieden werden. Nach dapd-Informationen sind Sondersitzungen schon ab dem 16. Juli eingeplant. dapd (Politik/Politik)