Niederlage auf die brutalstmögliche Art und Weise

Niederlage auf die brutalstmögliche Art und Weise Hannover (dapd). Auf die brutalstmögliche Art und Weise erfährt David McAllister von seiner Niederlage. Nicht im Kreise der engsten Mitarbeiter oder in einem zurückgezogenen Büro, wo er der Enttäuschung freien Lauf lassen könnte. McAllister steht mitten auf der CDU-Wahlparty vor einer Kamera, als hinter ihm auf einer Leinwand die Mehrheit für SPD und Grüne verkündet wird. Alle Augen sind auf ihn gerichtet, Kameras fangen das Bild auf. McAllister schluckt. Er schließt die Augen für ein paar Sekunden und ringt um Fassung. Es ist ihm anzumerken, dass er diese Öffentlichkeit in diesem Moment – der bitteren Niederlage – nicht will. Entfliehen kann er dem aber nicht. Über Stunden war nicht abzusehen, wie die niedersächsische Landtagswahl ausgehen würde. Mal hatten CDU und FDP eine hauchdünne Mehrheit, mal zeichnete sich ein rot-grüner Erfolg ab. Dazwischen gab es in den Hochrechnungen immer wieder ein Patt. Erst viereinhalb Stunden nach Schließung der Wahllokale betrat McAllister die Wahlparty seiner Partei im Süden Hannovers. Jubel brandete auf. „David, David, David“-Rufe hallten durch den Raum. Die CDU feierte ihren Ministerpräsidenten und gab sich optimistisch. Zu diesem Zeitpunkt gab es dafür auch noch Anlass. Auf der Bühne sagte der bisherige Ministerpräsident das, was er sagen muss. „Die CDU in Niedersachsen ist die Nummer Eins“. Stimmt. Aber es ist eines der schlechtesten Ergebnisse seit langem. Als stärkste Kraft im Landtag beanspruche die CDU auch den Posten des Ministerpräsidenten für sich. Und der FDP gratulierte McAllister zu einem „sehr ordentlichen, sehr guten Zweitstimmenergebnis“. Und da das Ergebnis noch nicht feststeht, machte er den Parteifreunden Mut: „Wir brauchen jetzt einfach gute Nerven.“ Zu diesem Zeitpunkt hatten die versammelten CDU-Anhänger schon eine Berg- und Talfahrt der Gefühle hinter sich. Als die ersten Prognosen erschienen und der CDU-Balken schon bei 37 Prozent stehen blieb, herrschte ungläubiges Staunen und große Stille. Parteianhänger fassten sich entgeistert an den Kopf. Erst als die FDP mit fast zehn Prozent angezeigt wurde, brandete Jubel auf – Jubel über Schwarz-Gelb. Es folgte die Zitterpartie mit einem Auf und Ab. Das schlechte CDU-Ergebnis wollten sich die Parteianhänger allerdings nicht auf die eigene Fahne schreiben. Der wahre Schuldige war schnell gefunden: die FDP. „Sie haben uns einfach zu viele Stimmen weggenommen“, sagte ein zerknirschter Christdemokrat. Dass einige CDU-Wähler aus taktischen Gründen für die FDP stimmten, hielten alle für okay. Aber dass sie in Scharen zu den Liberalen überlaufen, stieß den meisten übel auf. „Das tut schon weh, wenn man auf die FDP schaut“, sagte ein langjähriger CDU-Anhänger. Große Zuversicht im Landtag Im Landtag herrschte derweil noch große Zuversicht, sogar, als SPD und Grüne schon vorne lagen. „Wir schaffen das“, war sich ein Christdemokrat sicher. Das werde der Abend letztlich zeigen. Wenige Stunden zuvor hatten die Christdemokraten ihren Spitzenkandidaten in den Räumen der Fraktion frenetisch gefeiert. Nur mühsam hatte es McAllister durch die tobende Menge geschafft. Der Ministerpräsident des Landes Niedersachsen lächelte verhalten. Immer wieder klopften ihm seine 200 Anhänger im überfüllten Fraktionsraum begeistert und erleichtert zugleich auf die Schulter. Auch in McAllisters Gesicht spiegelte sich zu der Zeit eine zaghafte Zuversicht. Deutschlands jüngster Ministerpräsident genoss den Jubel, die strahlenden Gesichter. McAllister, der das Land seit Juli 2010 regiert, habe es geschafft, freute sich ein Christdemokrat: „Die Testwahl für den Bund ist gelungen, Schwarz-Gelb in Berlin hat die so erhoffte Vorlage erhalten.“ Unter dem frenetischen Jubel seiner Anhänger traute sich McAllister im Landtag, schließlich Optimismus zu verbreiten: „Das kann noch ein langer Abend werden. Aber ich bin mir sehr sicher, dass wir am Ende die Nase in diesem spannenden Rennen vorn haben werden“, sagte er und verschwand erst einmal aus dem Scheinwerferlicht. Die Nase vorn haben am Ende jedoch SPD und Grüne. Nachdem McAllister die Niederlage bei der Wahlparty via TV-Einblendung übermittelt bekommt, ist die Demütigung aber noch nicht zu Ende. Stephan Weil, SPD-Spitzenkandidat und wahrscheinlich der neue Ministerpräsident von Niedersachsen, wird freudestrahlend im Interview gezeigt und McAllister schaut sich alles regungslos an. Erst danach kann sein Interview beginnen. Kurz danach entschwindet er aus dem Saal und hat endlich seine Ruhe. dapd (Politik/Politik)

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Peer-Michael Preß

Peer-Michael Preß – Engagement für die Unternehmerinnen und Unternehmer in der Region seit fast 20 Jahren. Als geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens Press Medien GmbH & Co. KG in Detmold ist er in den Geschäftsfeldern Magazin- und Fachbuchverlag, Druckdienstleistungen und Projektagentur tätig. Seine persönlichen Themenschwerpunkte sind B2B-Marketing, Medien und Kommunikationsstrategien. Sie erreichen Peer-Michael Preß unter: m.press@press-medien.de www.press-medien.de

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