Berlin (dapd). Der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Hubert Hüppe, sieht „Rückschritte“ bei der Förderung behinderter Kinder in Deutschland. Die Bundesrepublik sei nach wie vor „Weltmeister im Aussortieren“, sagte Hüppe der Nachrichtenagentur dapd. „Trotz einer sinkenden Gesamtzahl an Schülern steigt sogar in vielen Bundesländern die Zahl der Schüler an Förderschulen.“ Dreieinhalb Jahre nach der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtekonvention stehe Deutschland beim Ausbau des gemeinsamen Lernens von Behinderten und Nichtbehinderten – der sogenannten Inklusion – immer noch „ganz am Anfang des Weges“, sagte Hüppe. Teils seien gar Rückschritte erkennbar. „Was in den Bundesländern passiert, ist in vielen Fällen nicht ermutigend“, fügte er hinzu. „Auch einmal eine Förderschule schließen“ Konkret sprach sich Hüppe dafür aus, Lehrer und Gelder künftig verstärkt an Regel- statt an Förderschulen einzusetzen, um dort einen inklusiven Unterricht der Schüler zu ermöglichen. Gerade viele Schüler von Schulen für geistig und körperlich Behinderte fänden „nie den Weg in ein normales Berufsleben“, kritisierte der Behindertenbeauftragte. Um diesen Zustand zu verbessern, müsse man aber „auch einmal bereit sein, eine Förderschule zu schließen“. Ein gemeinsamer Unterricht Behinderter und Nicht-Behinderter sei hingegen für alle Schüler von Vorteil: „Kinder lernen am Besten voneinander“, sagte Hüppe. So könnten auch begabte Schüler durch das Erklären von Lerninhalten profitieren. Zudem würden Hemmschwellen und Vorurteile im Umgang Behinderter und Nichtbehinderter ab- und „soziale Kompetenzen aufgebaut“. Nötig seien in einem solchen Modell allerdings zwei Lehrer pro Klasse – und eine verbesserte Ausbildung der Pädagogen schon an den Universitäten. Vorzeigeländer in der Kritik Ein dauerhaftes Kostenproblem durch eine solche Reform befürchtet der Behindertenbeauftragte dennoch nicht. „An den Förderschulen sind viele Mittel vorhanden“, sagte er. So gebe es Beispiele, dass schon die konsequente Zusammenlegung der Ressourcen von Regel- und Förderschulen erfolgreiche Ergebnisse erbringe – „teuer ist vor allem ein Nebeneinander von Sonderschulen und einzelnen Inklusionsprojekten“, sagte Hüppe. In die Kritik nahm Hüppe auch die Bildungsvorzeigeländer der Republik. „Mich würde interessieren, ob in den Bildungsrankings weiterhin die gleichen Länder führen, wenn in den Studien alle Schüler vom Gymnasiasten bis zum Förderschüler berücksichtigt würden“, sagte er. „Ich würde mir wünschen, dass das Bundesbildungsministerium eine solche Studie anstrengt“. dapd (Politik/Politik)
Merkels Behindertenbeauftragter fordert Abkehr von Förderschule
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Peer-Michael Preß
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