Berlin (dapd). Das Karlsruher Urteil zu Kampfeinsätzen der Bundeswehr bei Terrorangriffen im Inland stößt auf geteilte Reaktionen. Die Bundesminister für Inneres und Verteidigung, Hans-Peter Friedrich (CSU) und Thomas de Maizière (CDU), betonten in einem am Freitag gemeinsam verbreiteten Text, der Beschluss bestätige „die Rechtsauffassung der Bundesregierung im Kern“. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hob in einer eigenen Erklärung die Bedeutung der Trennung von innerer und äußerer Sicherheit hervor. Von Oppositionsseite äußerte insbesondere die Linksfraktion scharfe Kritik an dem Urteil. Das Verfassungsgericht hatte zuvor seine Rechtsprechung geändert und lässt nun militärische Einsätze im deutschen Luftraum in engen Grenzen zu. Friedrich und de Maizière erklärten, es sei eine der wichtigsten Aufgaben des Staates, die Sicherheit der Bürger zu gewährleisten, „gerade auch in Extremfällen“. Weiter hieß es, die Folgerungen aus der Entscheidung seien „jetzt gründlich zu prüfen“. Leutheusser-Schnarrenberger unterstrich, die Trennung von innerer und äußerer Sicherheit „ist und bleibt richtig“. Die stellvertretende FDP-Chefin fügte hinzu: „Die Bundesrepublik ist mit dem Grundsatz groß geworden, dass die Bundeswehr kein Hilfspolizist ist.“ Für die FDP in Regierungsverantwortung bleibe das „handlungsleitend“. Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Hans-Peter Uhl (CSU), erklärte, es könne terroristische Anschläge geben, „bei deren Abwehr die Polizei allein überfordert wäre“. Das „von einigen gebetsmühlenartig vorgetragene vermeintliche Tabu, ‚kein Bundeswehreinsatz im Innern'“, sei nunmehr widerlegt. Sein Amtskollege von der SPD, Michael Hartmann, betonte hingegen, das Karlsruher Gericht lasse „alle Verantwortlichen hilflos zurück, wenn es von ‚Ausnahmesituationen katastrophischen Ausmaßes‘ spricht, die eine Ausnahme rechtfertigten“. Nirgendwo würden „diese definiert oder Beispiele dafür genannt“, sagte der SPD-Innenexperte in Berlin. Auch Grünen-Chefin Claudia Roth verwies auf diesen Punkt. Das Urteil bedeute „keine Rechtssicherheit in schwierigen Entscheidungssituationen“. SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold lobte allerdings, der Beschluss untersage „ein für alle Mal den generellen Einsatz der Bundeswehr im Inneren“. Die innenpolitische Sprecherin der Linke-Fraktion, Ulla Jelpke, bemängelte, das Urteil komme „einer Verfassungsänderung durch die Hintertür gleich“. Die Einschränkung des Gerichts eines unmittelbar bevorstehenden Schadeneintritts von katastrophischen Dimensionen sei eine „Gummidefinition“ und „zu vage“. Der Verteidigungsexperte der Linksfraktion, Paul Schäfer, sagte der Nachrichtenagentur dapd, es sei „bedauerlich“, dass die Richter „nicht konsequent“ bei der Linie aus dem Jahr 2006 geblieben seien. Damals habe Karlsruhe „nicht nur den Abschuss von entführten Flugzeugen untersagt, sondern auch dem bewaffneten Einsatz der Bundeswehr im Inneren in anderen Fällen einen Riegel vorgeschoben“. Dagegen sagte der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Ernst-Reinhard Beck (CDU), auf dapd-Anfrage, das Urteil schließe eine „Lücke zwischen dem Einsatz bei Naturkatastrophen und terroristischen Angriffen“. Es bestätige „gleichzeitig die sicherheitspolitisch wichtige Trennung zwischen Polizei und Bundeswehr“. Der Vorsitzende des Innenausschusses im Bundestag, Wolfgang Bosbach (CDU), sagte der WAZ-Gruppe, Bundeswehreinsätze im Innern seien nach wie vor nur „in extremen Ausnahmesituationen“ erlaubt. Damit werde die Bundeswehr „nicht zu einer Art Bereitschaftspolizei“. Ähnlich äußerte sich sicherheitspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Elke Hoff. Karlsruhe habe die Grenzen für den Einsatz der Bundeswehr im Innern „sehr eng gezogen“ und die Entscheidung für einen Militäreinsatz im Innern der Bundesregierung insgesamt und nicht einem einzelnen Fachminister zugeordnet. Der Grünen-Innenexperte Wolfgang Wieland sagte auf dapd-Anfrage, die CDU/CSU-Fraktion „lügt sich einen Erfolg in die Tasche“. Alle Wünsche für einen Bundeswehreinsatz im Innern die Bundeswehr etwa bei Sportgroßereignissen oder Demonstrationen seien vom Tisch. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) erklärte, das Bundesverfassungsgericht habe mit seiner Entscheidung die bewährte Aufgabentrennung zwischen dem Schutz der inneren Sicherheit durch die Polizei und dem Schutz der äußeren Sicherheit durch die Bundeswehr gestärkt. „Die Verfassungsrichter schließen mit ihrer Entscheidung eine sehr kleine, aber gefährliche Lücke in der Terrorbekämpfung im Inland“, erklärte der stellvertretende GdP-Vorsitzende Jörg Radek. Die Bewaffnung der Polizei reiche für eine wirksame Abwehr von Terrorangriffen vor allem aus der Luft und von der See nicht aus. dapd (Politik/Politik)
Lob und Kritik für Karlsruher Urteil zu Bundeswehreinsätzen im Innern
Veröffentlicht von
Peer-Michael Preß
Peer-Michael Preß – Engagement für die Unternehmerinnen und Unternehmer in der Region seit fast 20 Jahren. Als geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens Press Medien GmbH & Co. KG in Detmold ist er in den Geschäftsfeldern Magazin- und Fachbuchverlag, Druckdienstleistungen und Projektagentur tätig. Seine persönlichen Themenschwerpunkte sind B2B-Marketing, Medien und Kommunikationsstrategien. Sie erreichen Peer-Michael Preß unter: m.press@press-medien.de www.press-medien.de Alle Beiträge von Peer-Michael Preß anzeigen