Mainz (dapd-rps). Eine Entschuldigung des Ministerpräsidenten, ein Frontalangriff der Opposition und eine millionenschwere Entscheidung des Haushaltsausschusses: Von der sonst üblichen Ruhe in der Sommerpause war am Mittwoch im rheinland-pfälzischen Landtag nichts zu spüren. Die Abgeordneten debattierten in einer Sondersitzung in Mainz über die politische Verantwortung für die Nürburgring-Pleite und bewegten Millionen für eine Bürgschaft des Landes. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) bat die Bürger für die Insolvenz der Eifel-Rennstrecke um Verzeihung. Er trage die Verantwortung für die Pleite und wolle besonders die Menschen in der Eifel „um Entschuldigung bitten“, sagte Beck. Einen Rücktritt lehnte der mit 18 Amtsjahren dienstälteste Regierungschef Deutschlands allerdings erneut ab. Das forderte die CDU-Opposition und drohte mit einem Misstrauensvotum gegen Beck. Beck räumte ein, bei Planung, Bau und Finanzierung des Freizeitparks am Nürburgring seien Fehler gemacht worden. Dafür trage auch die Politik Verantwortung. „Die politische Gesamtverantwortung liegt bei mir, das ist so und das bleibt so.“ Beispielsweise seien Prognosen zu Besucherzahlen von externen Fachleuten falsch vorhergesagt worden. Die Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, Julia Klöckner, kritisierte hingegen, Becks Eingeständnis komme zu spät: „Das tut ihnen mehr als zwei Jahre zu spät leid, und es tut Ihnen viele Millionen Euro zu spät leid“, sagte sie. Trete Beck nicht zurück, wolle die CDU in der nächsten Landtagssitzung ein Misstrauensvotum stellen. Am Nürburgring sei nicht „einfach mal ein Fehler gemacht“ worden, „die SPD wollte das ganz große Rad drehen“, betonte Klöckner. Das Ergebnis sei „in Beton gegossener Wahnsinn“ am Ring, der von „arroganter Selbstüberschätzung“ zeuge. Der Haushalts- und Finanzausschuss des Landtages genehmigte zuvor in einer Sondersitzung mit den Stimmen von SPD und Grünen und gegen den Willen der CDU die Aktivierung einer Rücklage von 254 Millionen Euro für die Rennstrecke samt Vergnügungspark. Damit bedient das Land einen Kredit in Höhe von 330 Millionen Euro bei der landeseigenen Investitions- und Strukturbank (ISB). Die staatliche Nürburgring GmbH ist insolvent und kann für den Kredit nicht mehr aufkommen. Das Land springt daher als Bürge ein. Nach Angaben von Finanzminister Carsten Kühl (SPD) sind noch weitere unplanmäßige Ausgaben in Höhe von 59,5 Millionen Euro zu erwarten. Der Nürburgring mit seiner Erlebniswelt musste Insolvenz anmelden, nachdem die EU-Kommission sich weigerte, bis Ende Juli über eine Rettungsbeihilfe des Landes in Höhe von 13 Millionen Euro zu entscheiden. Außerdem blieben Pachtzahlungen der mittlerweile gekündigten privaten Betreiber aus. Hoffnung machen die im kommenden Jahr geplanten Veranstaltungen: Das Musikfestival „Rock am Ring“ mit gut 80.000 Besuchern wird wie ursprünglich geplant auch im Sommer 2013 in der Eifel stattfinden. Das ließen Konzertveranstalter Marek Lieberberg sowie die insolvente Nürburgring GmbH verlauten. Zudem sollten für das Rennen der Formel 1, das 24-Stunden-Rennen sowie das Lkw-Rennen Truck Grand Prix in Kürze die Verträge abgeschlossen werden, teilte der gekündigte Ring-Betreiber Nürburgring Automotive GmbH mit. Die neuen Abkommen sollen explizit so gestaltet werden, dass sie auch bei einem Eigentümerwechsel der Strecke in Kraft bleiben. Die Vorgänge am Nürburgring sind schon seit längerem hoch umstritten. Nachdem eine Privatfinanzierung des Vergnügungsparks scheiterte, subventionierte das Land den Bau mit mindestens 486 Millionen Euro. Diese werden derzeit von der EU in einem Beihilfeverfahren geprüft und sind möglicherweise rechtswidrig in die Eifel geflossen. Die prognostizierten Besucherzahlen wurden am Nürburgring nie erfüllt, wenige Jahre nach der Eröffnung der Erlebniswelt schlossen die privaten Betreiber einige unprofitable Teile bereits wieder. Beck hatte immer wieder betont, dass der Steuerzahler keine Kosten für das Projekt zahlen müsse. dapd (Politik/Politik)
Kurt Becks persönliches Debakel am Nürburgring
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Peer-Michael Preß
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