Berlin (dapd). Nach dem Kölner Beschneidungs-Urteil pochen Juden und Muslime auf die Religionsfreiheit und lehnen Kompromisse ab. „Da gibt es für uns absolut keinen Verhandlungsspielraum“, sagte der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dieter Graumann, am Wochenende. Aiman Mazyek vom Zentralrat der Muslime will notfalls das Bundesverfassungsgericht einschalten. Das Kölner Landgericht hatte die rituelle Beschneidung von Jungen als Körperverletzung gewertet. Die jüdische Religion sieht vor, dass Jungen acht Tage nach der Geburt beschnitten werden. Graumann sagte der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ (FAS), sollte das Kölner Urteil Schule machen, wäre jüdisches Leben in Deutschland praktisch nicht mehr möglich. Er könne sich aber nicht vorstellen, dass „das Judentum gefühllos in die Illegalität“ gedrängt werden solle. Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Mazyek, sagte dem „Focus“, seine Organisation prüfe gerade, „einen Präzedenzfall zu schaffen“. So solle die Frage der rituellen Beschneidung über den Instanzenweg vor das Bundesverfassungsgericht gebracht werden. Unterstützung erhalten Juden und Muslime von dem SPD-Politiker Reinhold Robbe, dem Präsidenten der Deutsch-Israelischen Gesellschaft. „Wenn dieses Urteil Bestand hat, dann haben wir wirklich ein Problem“, sagte Robbe. „Dies würde einen massiven Eingriff in die Religionsfreiheit bedeuten.“ „Religiöse Tradition ist nicht automatisch gut“ Auch der Moralphilosoph Robert Spaemann plädierte dafür, die Grundrechte sorgsam abzuwägen. Wer einen „jahrtausendealten Ritus“ abschaffen wolle, „der hat die Begründungspflicht“, sagte er. Im Gegensatz zur Genitalverstümmlung bei Mädchen sei die rituelle Beschneidung von Jungen als Körperverletzung nicht gravierend. Die Abwägung der Grundrechte könne deshalb „nur zugunsten der bisherigen Beschneidungspraxis ausgehen“. Dagegen unterstützt der Vorsitzende der Deutschen Kinderhilfe, Georg Ehrmann, das Kölner Urteil. „Das ist ein klares Signal zum Schutz des Kindes“, sagte Ehrmann. „Nur weil etwas religiöse Tradition ist, heißt es noch lange nicht, dass es gut ist.“ Der Bundesverband der niedergelassenen Kinderchirurgen Deutschlands empfahl seinen Mitgliedern in einem Schreiben, von rituellen Beschneidungen abzusehen. Der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, sagte der „FAS“, die Kammer werde ihre „Mitglieder nun darauf hinweisen müssen, welches Risiko sie eingehen“. Der stellvertretende Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie, Bernd Tillig, empfahl Eltern, die Beschneidung ihrer Söhne bis zu einem Alter hinauszuzögern, in dem sie selbst entscheidungsfähig sind. FDP für Legalisierung der Beschneidung Der FDP-Integrationsexperte Serkan Tören strebt eine gesetzliche Neuregelung an. „Ich setze mich in der FDP-Bundestagsfraktion für ein Gesetz ein, das klarstellt, dass die weltweit etablierte Praxis der Beschneidung auch in Deutschland legal ist“, sagte Tören der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Die Ungewissheit, vor der nun Tausende muslimische und jüdische Familien stünden, sei nicht hinzunehmen. „Sollte die Beschneidung aus religiösen Gründen in Deutschland verboten sein, kann sich das Land jede weitere Integrationspolitik sparen“, meinte Tören, der selbst Muslim ist. „Ein Verbot der Beschneidung wäre das deutlichste Signal an die Muslime in unserem Land, dass sie kein Teil Deutschlands, ja nicht einmal willkommen sind.“ dapd (Politik/Politik)
Juden und Muslime kompromisslos für Beschneidung
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Peer-Michael Preß
Peer-Michael Preß – Engagement für die Unternehmerinnen und Unternehmer in der Region seit fast 20 Jahren. Als geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens Press Medien GmbH & Co. KG in Detmold ist er in den Geschäftsfeldern Magazin- und Fachbuchverlag, Druckdienstleistungen und Projektagentur tätig. Seine persönlichen Themenschwerpunkte sind B2B-Marketing, Medien und Kommunikationsstrategien. Sie erreichen Peer-Michael Preß unter: m.press@press-medien.de www.press-medien.de Alle Beiträge von Peer-Michael Preß anzeigen