Berlin/München (dapd). Im Streit um reservierte Plätze im NSU-Prozess gerät jetzt die Türkei in die Kritik. Der CDU-Außenpolitiker Ruprecht Polenz rief am Dienstag türkische Politiker zu Mäßigung auf und forderte mehr Vertrauen in den deutschen Rechtsstaat. Der thüringische FDP-Generalsekretär Patrick Kurth wies die Forderung der Türkei zurück, auch türkische Politiker als Prozessbeobachter zuzulassen. Das Oberlandesgericht München reagierte zunächst nicht auf den erheblichen politischen Druck von allen Seiten vom Osterwochenende. Vor dem OLG muss sich ab 17. April die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe verantworten. Daneben angeklagt sind vier mutmaßliche Helfer des Nationalsozialistischen Untergrunds. Dem NSU werden Morde an neun ausländischstämmigen Kleinunternehmern und einer Polizistin angelastet. Für den Prozess wurden nur 50 Journalisten mit festen Plätzen zugelassen. Entscheidend war die Reihenfolge der Anmeldung. Medienvertreter aus der Türkei und Griechenland, woher neun NSU-Opfer stammen, erhielten keine reservierten Plätze. Für Polenz schießt Türkei über das Ziel hinaus Polenz sagte am Dienstag im ZDF: „Ich fand zwar auch, dass die Vergabe der Plätze nicht besonders geschickt und mit viel Fingerspitzengefühl vorgenommen worden ist, weil kein türkisches Medium einen gesicherten Platz bekommen hat.“ Das hätte sicherlich anders geregelt werden können. „Aber daraus jetzt zu folgern, dass der ganze Prozess nicht fair und nach rechtsstaatlichen Grundsätzen verlaufe, das schießt weit über das Ziel hinaus“, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag. „Die Türkei hat allen Grund, auch Vertrauen in den deutschen Rechtsstaat zu setzen, vor allem auch in die deutsche Justiz.“ Über die Osterfeiertage hatte sich die türkische Regierung in den Streit eingeschaltet. Der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu telefonierte mit seinem deutschen Kollegen Guido Westerwelle (FDP). Ankara fordert, dass sowohl Vertreter des türkischen Staates als auch der türkischen Medien als Beobachter am NSU-Prozess teilnehmen können. „Gewaltenteilung gilt auch für den NSU-Prozess“ Die Forderung nach türkischen Abgeordneten als Prozessbeobachter wies der thüringische FDP-Generalsekretär Patrick Kurth zurück. „Es gibt kein grundsätzliches Recht für Politiker auf Teilnahme an einem Prozess – das ist auch für deutsche Abgeordnete schwierig“, sagte Kurth der „Mitteldeutschen Zeitung“ (Online). Kurth, der auch dem NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages angehört, fügte hinzu: „Die Gewaltenteilung wird in diesem Land verteidigt und gilt auch für den NSU-Prozess. Gerichte sind unabhängig.“ Abgeordnete kontrollierten die Regierung, nicht die Gerichte. Dies ändere aber nichts daran, dass Gerichtsprozesse höchsten Anforderungen an Transparenz genügen müssten. Live-Übertragung in benachbarten Saal vorgeschlagen Der bayerische SPD-Rechtsexperte Franz Schindler sprach sich für eine Live-Übertragung des NSU-Prozesses in einen benachbarten Gerichtssaal aus. Er sehe hier keine rechtlichen Bedenken, sagte der Schwandorfer Politiker dem Bayerischen Rundfunk. Einzige Bedingung dafür sei aber, dass die Übertragung nur für ein ausgewähltes Publikum, etwa akkreditierte Journalisten, zu sehen sei. Das Oberlandesgericht München lehnt eine Live-Übertragung des Prozesses bisher ab. Für eine erneute Stellungnahme war das Gericht am Dienstag zunächst nicht zu erreichen. dapd (Politik/Politik)
Im Streit über NSU-Prozess jetzt Kritik an der Türkei
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Peer-Michael Preß
Peer-Michael Preß – Engagement für die Unternehmerinnen und Unternehmer in der Region seit fast 20 Jahren. Als geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens Press Medien GmbH & Co. KG in Detmold ist er in den Geschäftsfeldern Magazin- und Fachbuchverlag, Druckdienstleistungen und Projektagentur tätig. Seine persönlichen Themenschwerpunkte sind B2B-Marketing, Medien und Kommunikationsstrategien. Sie erreichen Peer-Michael Preß unter: m.press@press-medien.de www.press-medien.de Alle Beiträge von Peer-Michael Preß anzeigen