Berlin (dapd). Als die ersten Prognosen um 18.00 Uhr über die Bildschirme flimmern, halten die Liberalen in der Berliner FDP-Zentrale kurz den Atem an. Die CDU wird in Niedersachsen erwartungsgemäß die stärkste Kraft, dicht gefolgt von der SPD. Dann kommt die Prognose für die FDP und ein Jubel bricht sich Bahn: Das beste Ergebnis der Liberalen im Heimatland von Parteichef Philipp Rösler. Damit hatte eigentlich keiner gerechnet. Eineinhalb Minuten beklatschen die Liberalen sich selbst und können ihr Ergebnis kaum fassen. Knapp eine halbe Stunde dauert es dann, ehe FDP-Generalsekretär Patrick Döring vor die feiernden FDP-Anhänger tritt und mit einem breiten Lachen verkündet: „Heute Abend sind wir alle Niedersachsen.“ Vorbei die Zeit, in der er immer nur auf den Abwärtstrend angesprochen und als Daueroptimist abgetan wurde. Rösler kann aufatmen Nein, von Abrechnung mit den Rösler-Gegnern ist noch nicht die Rede. Zu sehr sorgt der Erfolg in Röslers Heimat noch für einen Adrenalinschub. Vor allem junge FDP-Mitglieder sind am Sonntagabend ins Berliner Dehler-Haus gekommen, um zu feiern. „Ich hatte gedacht, wir müssen uns noch Mut zusprechen“, räumt ein FDP-Mitglied ein. Und ist immer noch sauer auf die Querschüsse von Entwicklungsminister Dirk Niebel, der auf dem Dreikönigstreffen der FDP in Stuttgart zu Monatsbeginn Röslers Führungsqualitäten offen infrage gestellt hatte. Wochenlang mussten die Liberalen Häme und Spott einstecken und einen angeschlagenen Parteivorsitzenden erleben, der auch aus den eigenen Reihen angeschossen wurde. Selbst der FDP-Fraktionschef im Bundestag, Rainer Brüderle, forderte unmittelbar vor der Wahl in Niedersachsen noch eine rasche personellen Neuaufstellung – was als direkte Kritik an Rösler gewertet wurde. Nun aber will keiner mehr davon etwas wissen. Bei den Liberalen lautet die Frage nicht mehr, ob Rösler es noch kann, sondern höchstens noch, „ob Rösler es noch macht und mit wem“. Denn im Mai steht die Wahl der neuen Parteispitze an, und möglichst vorher schon soll entschieden werden, wer die FDP in den Bundestagswahlkampf 2013 führt. „Natürlich mit Rösler“, wie es fast unisono heißt. Kopf hoch und Berlin im Blick Es ist der Chef der Jungliberalen, der von Anfang an im Saal steht und auch einen Sieg feiert, den er mit organisiert hat. „Nicht über jedes Stöckchen springen und nicht in jedes Mikro sprechen“, hatte Lasse Becker als Devise für den FDP-Nachwuchs ausgegeben. Geschlossenheit sollte die FDP zeigen, denn „Zerstrittenheit wird vom Wähler nicht belohnt“. Das sagt er am Wahlabend gern in jedes Mikrofon. Und möchte eigentlich gern über Dirk Niebel sprechen, der aus Sicht vieler Wahlkämpfer in Niedersachsen beinahe die Show vermasselt hätte. Aber das soll erst ab Montag kommen, fügt er hinzu. Inzwischen macht das Wort von Leihstimmen der CDU die Runde, die den Liberalen dieses Traumergebnis verschafft hätten. Für den FDP-Granden Jörg van Essen wäre das überhaupt keine Schande. „Ich selbst habe meine Stimmen schon sehr oft gesplittet. Ich kann den Wählern in Niedersachsen zu ihrer Entscheidung nur gratulieren“, sagt er der Nachrichtenagentur dapd. Und fügt mit Blick auf alle Rösler-Kritiker hinzu, vor der Wahl habe es geheißen, das Ergebnis entscheide die Vorsitzendenfrage. Das müsse jetzt bei dem guten Ergebnis für die FDP auch gelten. dapd (Politik/Politik)
Heute Abend sind wir alle Niedersachsen
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Peer-Michael Preß
Peer-Michael Preß – Engagement für die Unternehmerinnen und Unternehmer in der Region seit fast 20 Jahren. Als geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens Press Medien GmbH & Co. KG in Detmold ist er in den Geschäftsfeldern Magazin- und Fachbuchverlag, Druckdienstleistungen und Projektagentur tätig. Seine persönlichen Themenschwerpunkte sind B2B-Marketing, Medien und Kommunikationsstrategien. Sie erreichen Peer-Michael Preß unter: m.press@press-medien.de www.press-medien.de Alle Beiträge von Peer-Michael Preß anzeigen