Berlin (dapd). Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) gerät wegen angeblicher Sparpläne aus seinem Hause unter Erklärungsdruck. Die Opposition glaubt dem Dementi eines Schäuble-Sprechers nicht und verlangte am Wochenende Klarheit. „Schäubles Sparpläne sind keine schöne Bescherung“, erklärte NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans. Der „Spiegel“ hatte über ein Sparpapier berichtet, Schäuble soll die Vorschläge gebilligt und angeordnet haben, das Programm weiter auszuarbeiten. Um sich gegen die Folgen der Finanz- und Euro-Krise zu wappnen, sollen Steuern erhöht und Sozialleistungen reduziert werden, schlagen die Beamten des Finanzressorts nach Angaben des Nachrichtenmagazins vor. Ein Sprecher Schäubles hatte daraufhin erklärt, es gebe keine derartigen Pläne. Die Ministerialen schlagen laut „Spiegel“ vor, den ermäßigten Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent zu streichen. Dieser wird unter anderem auf Lebensmittel, Bücher oder Tickets im Nahverkehr erhoben. Um zehn Prozent gekürzt werden soll der Zuschuss zum Gesundheitsfonds. Um die Gesundheitskosten im Griff zu halten, wird ein „Gesundheits-Soli“, ein Aufschlag auf die Einkommensteuer, angeregt. Ferner soll bei einem vorzeitigen Renteneintritt der jährliche Abschlag auf die Rente von 3,6 Prozent auf 6,7 Prozent erhöht werden. Auch die Witwenrente soll sinken. Weitere Einschnitte im Sozialbereich halten Schäubles Beamte für notwendig, wenn der Staat mehr für Verkehr und Bildung ausgeben will. Kein Rauch ohne Feuer SPD-Fraktionsvize Joachim Poß fragte am Samstag: „Was hat Wolfgang Schäuble an sozialem Gift in der Schublade?“ Der Finanzminister müsse die Karten auf den Tisch legen, „und zwar dringend“ noch vor der Niedersachsen-Wahl. NRW-Finanzminister Walter-Borjans wetterte: „Die Weihnachtsbotschaft der Bundesregierung heißt, dass sie den Weg der Umverteilung von unten nach oben konsequent weitergeht.“ Union und FDP zögen gegen einen höheren Spitzensteuersatz für Großverdiener oder die Wiedereinführung der Steuer auf große Vermögen zu Felde, wollten aber den Mehrwertsteuersatz auf den Grundbedarf „auf einen Streich fast verdreifachen“. Auch die Linke ist alarmiert. Ein halbes Sprecherdementi reiche nicht aus, sagte Parteichef Bernd Riexinger dapd. Lebensmittel würden sich bei Abschaffung des ermäßigten Steuersatzes um zehn Prozent verteuern. Für viele Haushalte ginge das ans Eingemachte, sagte Riexinger und warnte „vor einer politisch kalkulierten Rückkehr des Hungers“. Linke-Fraktionschef Gregor Gysi warnte vor einem „unsozialen Horror-Katalog“ und verlangte eine Erklärung Schäubles gegenüber Parlament und Öffentlichkeit. Dem Dementi aus dem Finanzressort glaubt Gysi nicht. „Kein Rauch ohne Feuer“, zitierte er den Volksmund. Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck rief den Finanzminister ebenfalls zur Offenheit auf. Die Wähler hätten einen Anspruch darauf, dass man ihnen reinen Wein einschenke. Wenn der Staat ein Einnahmeproblem habe, dann werde man neben Einsparungen um Einnahmeverbesserungen nicht herumkommen, sagte Beck. Dabei sei die Mehrwertsteuer sicher nicht das geeignetste Instrument. Deshalb müssten der Spitzensteuersatz erhöht und eine Abgabe auf hohe Vermögen eingeführt werden, auch an die Erbschaftssteuer müsse man ran. CDU und FDP sehen Reformbedarf bei Mehrwertsteuer Auch in CDU und FDP gibt es erhebliche Vorbehalte, die ermäßigte Mehrwertsteuer abzuschaffen. Unions-Fraktionsvize Michael Meister (CDU) räumte im „Tagesspiegel“ (Montagausgabe) Reformbedarf bei der Mehrwertsteuer wegen der vielen Ausnahmen ein. „Doch eine Abschaffung des reduzierten Mehrwertsteuersatzes ist kein Mittel zur Haushaltssanierung“, machte Meister deutlich. Im selben Atemzug müssten Transferleistungen angehoben werden, „weil wir sonst ein großes soziales Ungleichgewicht bekämen“, gab Meister zu bedenken. Der FDP-Fraktionsvize Volker Wissing hält den jetzigen Mehrwertsteuerkatalog zwar ebenfalls für „historisch überholt und unlogisch“. Allerdings warnte Wissing in der „Welt am Sonntag“ Schäuble auch davor, den Bundeshaushalt mit einer Mehrwertsteuerreform zu sanieren. Eine Reform, die die Bürger zusätzlich belaste, sei mit der FDP nicht zu machen. „Wenn es zu Mehreinnahmen kommt, muss man sie den Bürgern an anderer Stelle zurückgeben“, forderte Wissing. Eigentlich hatten sich Union und FDP im Koalitionsvertrag eine Reform der Mehrwertsteuer auf die Fahnen geschrieben. Eine dazu eingesetzte Kommission kam aber wegen unterschiedlicher Vorstellungen über die Ausgestaltung der Mehrwertsteuer nicht voran. dapd (Politik/Politik)
Giftliste in der Schublade?
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Peer-Michael Preß
Peer-Michael Preß – Engagement für die Unternehmerinnen und Unternehmer in der Region seit fast 20 Jahren. Als geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens Press Medien GmbH & Co. KG in Detmold ist er in den Geschäftsfeldern Magazin- und Fachbuchverlag, Druckdienstleistungen und Projektagentur tätig. Seine persönlichen Themenschwerpunkte sind B2B-Marketing, Medien und Kommunikationsstrategien. Sie erreichen Peer-Michael Preß unter: m.press@press-medien.de www.press-medien.de Alle Beiträge von Peer-Michael Preß anzeigen