Berlin/Erfurt (dapd). Die Gewerkschaft ver.di erhofft sich von einem Urteil des Bundesarbeitsgericht am Dienstag in Erfurt mehr Mitbestimmung für Mitarbeiter in kirchlichen Einrichtungen. „Wenn diakonische Einrichtungen wie normale Wirtschaftsunternehmen am Markt agieren, müssen sie sich auch den gleichen Regeln unterwerfen. Dazu gehört auch das Recht der Beschäftigten auf Tarifverträge und das Recht auf Streik, um diese Verträge durchsetzen zu können“, sagte ver.di-Vorstandsmitglied Ellen Paschke der Nachrichtenagentur dapd. „Wir hoffen, dass die Abwägung des Bundesarbeitsgerichts in diesem Sinne ausfällt.“ Die evangelische Kirche setzt hingegen darauf, Konflikte über Arbeitsbedingungen auch weiterhin ohne Streiks und Aussperrungen lösen zu können. Nach Warnstreiks in diakonischen Einrichtungen hatten das Landesarbeitsgericht Hamm und das Arbeitsgericht Hamburg in zwei Urteilen von Anfang 2011 der Gewerkschaft ver.di und dem Marburger Bund recht gegeben. Nun urteilen die Erfurter Richter in höchster arbeitsgerichtlicher Instanz über Revisionen der evangelischen Kirche. Diese beruft sich dabei auf das Grundgesetz (Artikel 140), das ihr erlaubt, „ihre Angelegenheiten selbstständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes“ zu regeln. Die Arbeitsbedingungen werden dabei in sogenannten Arbeitsrechtlichen Kommissionen ausgehandelt, die paritätisch mit Vertretern der Mitarbeiter und der Arbeitgeberseite besetzt sind. Konflikte müssen „durch ein verbindliches Schlichtungsverfahren entschieden“ werden. Streiks und Aussperrungen seien nicht mit dem kirchlichen Selbstverständnis vereinbar. Gewerkschaft sieht Arbeitnehmer benachteiligt Die Gewerkschaften verweisen ebenfalls auf das Grundgesetz, das in Artikel 9 die Koalitionsfreiheit „für jedermann und alle Berufe gewährleistet“. Zudem sei die Arbeitnehmerseite in den Arbeitsrechtlichen Kommissionen nur formal gleichberechtigt, lautet die Kritik. „Derzeit sind die Beschäftigten in kirchlichen Einrichtungen faktisch Arbeitnehmer minderer Rechte. Die von kirchlichen Trägern angewendeten Arbeitsvertragsrichtlinien haben lediglich empfehlenden Charakter, sind von den Beschäftigten nicht einklagbar, Verstöße werden nicht sanktioniert“, sagte Paschke. Die Gewerkschaft will daher in kirchlichen Einrichtungen die gleichen Regeln wie in anderen Unternehmen durchsetzen: Tarifvertragsgesetz, Koalitionsfreiheit und Streikrecht. Gerichte gaben Gewerkschaften recht In den beiden Vorinstanzen war die Kirche mit dem Versuch gescheitert, den Gewerkschaften die Organisation von Warnstreiks zu verbieten. Nach Ansicht der Landesarbeitsgerichts Hamm „rechtfertigt das verfassungsrechtlich verbürgte Selbstbestimmungsrecht der Kirchen jedenfalls keinen vollständigen Ausschluss von Arbeitskampfmaßnahmen im Bereich kirchlicher Einrichtungen“. Auch sei der „Dritte Weg“ nicht geeignet, „der Arbeitnehmerseite vergleichbare Chancen zur Durchsetzung ihrer Forderungen zu vermitteln“, wie sie außerhalb der Kirche mit Tarifvertrag und Arbeitskampf zur Verfügung stünden. Ungeachtet der juristischen Niederlagen hält die EKD an ihrem Kurs fest. Sie will die Entscheidung vom Dienstag „verfolgen, auswerten, darauf reagieren und bei der Weiterarbeit an der Stärkung und Verbesserung des Dritten Weges berücksichtigen“, heißt es in einem Bericht an die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Beide Seiten haben bereits angekündigt, im Falle einer Niederlage in Erfurt vor das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe zu ziehen. (Aktenzeichen AZR 179/11) (Details zu beiden Fällen beim Bundesarbeitsgericht: http://url.dapd.de/eqzcdf ) dapd (Politik/Politik)
Gericht entscheidet über Streiks in kirchlichen Unternehmen
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Peer-Michael Preß
Peer-Michael Preß – Engagement für die Unternehmerinnen und Unternehmer in der Region seit fast 20 Jahren. Als geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens Press Medien GmbH & Co. KG in Detmold ist er in den Geschäftsfeldern Magazin- und Fachbuchverlag, Druckdienstleistungen und Projektagentur tätig. Seine persönlichen Themenschwerpunkte sind B2B-Marketing, Medien und Kommunikationsstrategien. Sie erreichen Peer-Michael Preß unter: m.press@press-medien.de www.press-medien.de Alle Beiträge von Peer-Michael Preß anzeigen