Berlin (dapd). Da hängen sie in Öl gegossen und in Holz gerahmt an einer kahlen Betonwand im Berliner Kanzleramt: Gerhard Schröder, Helmut Kohl und all die anderen Kanzler, die Deutschland schon gesehen hat. Alles Männer, denen am Mittwoch – mal rein bildlich gesprochen – die Ohren geklungen haben müssen angesichts dessen, was sich da etwa zwanzig Meter vor ihnen abspielte: Beim Besuch der thailändischen Ministerpräsidentin Yingluck Shinawatra bei Kanzlerin Angela Merkel wurde nichts weniger als eine Zeitenwende eingeleitet, alte Zöpfe wurden abgeschnitten, Strickjacken in die Altkleidersammlung entsorgt. Die Alt-Machos aus Bonner Zeiten und die Jungspunde der Berliner Republik hätten schon bei der Kleiderwahl der Regierungschefinnen alarmiert sein müssen. Merkel trat in einer magentafarbenen Jacke auf, Shinawatra in einem lachsfarbenen Ensemble. Es leuchtete wie noch nie, kein Vergleich zu den schwarzen Brioni-Anzügen grauer Vorzeit. Ein weiteres Indiz deutete darauf hin, dass sich hier Großes tun würde: Merkel hatte sich Sabine Heimbach mitgebracht, sie ist neben Georg Streiter Stellvertreterin von Regierungssprecher Steffen Seibert, der das Feld an diesem Tag offenbar nichtsahnend den Frauen überließ. Und Heimbach wiederum war es dann, die einer Journalistin das Mikrophon für die erste deutsche Frage in dieser Pressekonferenz überließ. „Es ist für mich ein großer Moment, zwei große, starke Frauen hier zu sehen“, legte die Kollegin los. „Sie, Frau Bundeskanzlerin, haben unglaubliche Fans, unsere ganze Redaktion in London ist ganz beeindruckt, wie Sie das stemmen, den Euro zu retten. Und nun haben wir die Premierministerin von Thailand, die ein Land, was im Untergang ist, wieder nach oben bringt. In Dänemark haben wir eine Frau, in Bangladesch haben wir eine Frau. Ist das jetzt die neue Ära, kommen jetzt die Frauen an die Macht? Und schaffen Sie, alles noch zu retten?“ Ein Lächeln zauberte diese Lobeshymne auf Merkels Gesicht. Einfach ist es für die CDU-Vorsitzende schließlich nicht. Wer sich das sogenannte Familienfoto des G-20-Gipfels von Mexiko anschaut, zählt 30 Männer und gerade mal fünf Frauen. Dem Bundeskabinett gehören neben Merkel nur fünf Frauen, aber zehn Männer an. Da ist noch Luft nach oben, oder wie die Kanzlerin es ausdrückte: „Also, wenn Sie meine Pressekonferenzen mit Regierungschefs hier verfolgen, dann haben wir immer noch Raum, dass die Frauen noch stärker vertreten sind.“ Sie freue sich „natürlich ganz besonders, dass heute eine Frau meine Partnerin bei der Pressekonferenz ist und dass Thailand eine Frau als Premierministerin hat“, sagte Merkel. Was den Männer-Frauen-Anteil in der Politik angeht, ist die Kanzlerin sonst eher zurückhaltend, diesmal legte sie den feministischen Treueschwur ab: „Die Probleme, die auf der Welt zu lösen sind, sind immer dieselben. Egal, ob Männer die Verantwortung tragen oder Frauen. Aber – wie Sie sehen – wir trauen uns das auch zu.“ Das Plus an Frauenpower in der Politik ist dabei nicht nur auf Deutschland beschränkt. „Ich kann Ihnen versichern, dass wir Frauen dabei sind, diese Rolle zu übernehmen“, lächelte Ministerpräsidentin Shinawatra in die Kameras. dapd (Politik/Politik)
Frauenpower im Kanzlerinnenamt
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Peer-Michael Preß
Peer-Michael Preß – Engagement für die Unternehmerinnen und Unternehmer in der Region seit fast 20 Jahren. Als geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens Press Medien GmbH & Co. KG in Detmold ist er in den Geschäftsfeldern Magazin- und Fachbuchverlag, Druckdienstleistungen und Projektagentur tätig. Seine persönlichen Themenschwerpunkte sind B2B-Marketing, Medien und Kommunikationsstrategien. Sie erreichen Peer-Michael Preß unter: m.press@press-medien.de www.press-medien.de Alle Beiträge von Peer-Michael Preß anzeigen