Berlin (dapd). Frühere Verfassungsrichter sehen ein erneutes Verbotsverfahren gegen die rechtsextreme NPD kritisch. Der frühere Richter am obersten deutschen Gericht, Dieter Grimm, wandte sich in einem Schreiben an Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) und mahnte zur Sorgfalt. Sowohl Grimm als auch der frühere Vizepräsident des Verfassungsgerichts, Winfried Hassemer, gaben außerdem zu bedenken, dass ein mögliches Verbot auch vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) Bestand haben müsste. Der Bundesrat hatte in der vergangenen Woche beschlossen, erneut einen Antrag beim Bundesverfassungsgericht für ein NPD-Verbot zu stellen. Ob Bundesregierung und Bundestag ebenfalls Verbotsanträge stellen wollen, ist noch unklar. Grimm schrieb an Lammert: „Ich kann Sie in Ihrem Zögern, einem NPD-Verbotsverfahren näher zu treten, nur nachdrücklich bestärken.“ Entscheidend sei, „ob man der NPD den Willen nachweisen kann, die verfassungsrechtliche Grundordnung zu beseitigen, also nicht nur Rassenhass, Ausländerfeindlichkeit etc.“, heißt es demnach in dem Brief, aus dem die „Passauer Neue Presse“ zitiert. Noch mehr müsse man fürchten, dass ein mögliches Verbot in Karlsruhe in Straßburg als Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention angesehen würde. „Das Straßburger Gericht fragt nicht nur nach der Absicht, die verfassungsmäßige Ordnung zu beseitigen, sondern auch nach der Erfolgswahrscheinlichkeit.“ Auch Hassemer verwies auch auf die Möglichkeit, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) ein Verbot der NPD kassieren könnte. Der EGMR nehme eine „Gesamtbetrachtung“ der politischen Lage in einem Land vor. „Da wird vermutlich eine Rolle spielen, wie stark eine Partei ist“, sagte er dem „Tagesspiegel“. Angesichts der weithin schwachen Wahlresultate der NPD sei es „nicht unwahrscheinlich, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ein Verbot aufheben würde“, fügte er hinzu. Hassemer warnte zudem davor, das Verbot eines rechtsextremen Vereins mit dem Verbot einer Partei wie der NPD gleichzusetzen. Ein Parteienverbot müsse vorsichtiger angegangen werden als ein Vereinsverbot. „Das Verbot einer Partei ist ein Eingriff in die politische Lage in der Bundesrepublik“, sagte er. Hassemer stand 2003 an der Spitze des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts, der das Verbotsverfahren gegen die NPD einstellte. Der Ex-Richter bezog sich auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts gegen den Neonazi-Verein „Hilfsgemeinschaft für nationale politische Gefangene“ (HNG). Die Richter in Leipzig hatten das Verbot der HNG, das Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) im September 2011 verfügt hatte, bestätigt. dapd (Politik/Politik)
Ex-Verfassungsrichter mahnen bei NPD-Verbotsverfahren zur Sorgfalt
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Peer-Michael Preß
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