Köln (dapd). Dutzende Postkarten einer Kampagne gegen die Radikalisierung junger Muslime sind ausgerechnet am Ort eines NSU-Terroranschlags in Köln verteilt worden. Seit dem Wochenende und am Dienstag seien in der Keupstraße, wo 2004 eine Bombe gezündet worden war, kartonweise Karten der Kampagne „Vermisst“ ausgelegt worden, sagte ein Stadtsprecher am Mittwoch. Muslimverbände und die Opposition reagierten empört auf die Aktion im Rahmen der Kampagne des Bundesinnenministeriums. „Dieser Vorgang ist an Unsensibilität kaum mehr zu überbieten und ist umgehend einzustellen“, forderte der Sprecher des Koordinationsrats der Muslime in Deutschland (KRM), Ali Kizilkaya. Gerade auf der Keupstraße seien die Menschen nach dem Nagelbombenanschlag des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) in höchstem Maße verunsichert. Die Kampagne hatte schon vor Wochen für Kritik gesorgt. Nach Angaben einer Ministeriumssprecherin ist allein die groß angelegte „Vermisst“-Plakataktion vorläufig zurückgestellt worden. Grund war eine „aktuelle Gefährdungsbewertung des Bundeskriminalamtes“ wegen der Proteste gegen das Anti-Islam-Video. Auf Postkarten, im Internet und via Presseanzeigen werde die Kampagne fortgesetzt, sagte sie am Mittwoch. Die rund 600.000 Postkarten würden über eine Werbeagentur in drei Runden in zehn deutschen Städten in Ständern ausgelegt. Konkrete Straßenzüge seien nicht festgelegt worden. „Hochgradig unsensibel“ Der Vorsitzende des NSU-Untersuchungsausschusses im Bundestag, Sebastian Edathy (SPD), nannte die Verteilaktion in der Keupstraße „hochgradig unsensibel“. Für ihn sei nicht nachvollziehbar, warum die „missglückte Aktion“ ausgerechnet in der Keupstraße durchgeführt werde, sagte Edathy dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Mittwochausgabe) weiter. In der überwiegend von Ausländern bewohnten Straße hatte die NSU-Gruppe bei dem Anschlag 22 Menschen verletzt. Scharfe Kritik an Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) äußerte auch die Linke. Anstatt die Verstrickung seiner Geheimdienste in den Skandal um die Neonazi-Terrorzelle NSU aufzuklären, schüre er rassistische Vorurteile gegen die in Deutschland lebenden Muslime, sagte Linke-Vorstandsmitglied Christine Buchholz. Grünen-Chef Cem Özdemir kritisierte Friedrich wegen der Fortsetzung der Kampagne: „Er führt die Öffentlichkeit an der Nase herum, wenn er ankündigt, die Plakataktion zu verschieben, aber zugleich eifrig Postkarten mit den Motiven verteilen lässt“, sagte er dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Mittwochausgabe). „Dass er das dann auch noch in der Kölner Keupstraße tut, setzt der ganzen Sache die Krone auf.“ Nach dem Nagelbombenanschlag waren zunächst Anwohner und andere Muslime der Tat verdächtigt worden. Erst Ende 2011 war die Neonazi-Gruppe durch ein Bekennervideo ins Visier der Ermittler geraten. Viele der Anschlagsopfer sind noch heute traumatisiert. dapd (Politik/Politik)
Empörung über Vermisst -Postkarten in Kölner Keupstraße
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Peer-Michael Preß
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