Hannover/Wittmund (dapd-nrd). Doris Schröder-Köpf (SPD) kennt sich aus in ihrem Wahlkreis. Sätze wie: „Hier in dieser Kirche steht eine Schlesier-Fahne“ oder „In dem Altenheim finden immer lustige Veranstaltungen statt“ sprudeln bei einer Wahlkampftour durch den hannoverschen Stadtteil Mittelfeld nur so aus ihr heraus. In schwarzen Stiefeln, einer dicken Daunenjacke und grauer Mütze stapft Schröder-Köpf durch den Stadtteil, um mit Flyern und direkter Ansprache auf sich aufmerksam zu machen. Die Gattin von Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder will am 20. Januar in den niedersächsischen Landtag einziehen. Dafür haben sie und ihr Mann kurzfristig die Rollen getauscht. Sie ist die aktive Politikerin, er kümmert sich um den Haushalt und schmiert auch schon mal Butterbrote für die Kinder, sagt sie. Allerdings ist auch Schröder selbst aktiv im niedersächsischen Wahlkampf. Und obwohl er jahrelang kaum auf der Bühne der niedersächsischen Landespolitik war, hat sein Wort immer noch Gewicht in der SPD. Schröder trinkt lieber Bier Als er am Dienstagabend im Niedersachsen-Wahlkampf auf dem Podium der Stadthalle Wittmund Platz nimmt, entdeckt er zunächst ein Glas Wasser, das die Genossen für ihn dorthin gestellt hatten. Schröder hält es kurz in die Luft und sagt: „Bringt mir doch mal ein Jever“. Kurz darauf steht ein Wahlhelfer an der Theke. Keine fünf Minuten nach der spontanen Bitte bekommt Schröder, aus dessen Aussage „Hol mir mal ne Flasche Bier“ Stefan Raab einst ein Lied machte, sein Pils. Der frühere niedersächsische Ministerpräsident und Ex-Bundeskanzler gibt sich vor seinen Parteifreunden in Ostfriesland wie in seiner aktiven politischen Zeit: Eine Mischung aus Staatsmann und Kumpeltyp. Er trägt einen dunklen Designer-Anzug mit roter Krawatte und spricht vor allem über die Vorzüge der von ihm auf den Weg gebrachten Agenda 2010. Ohne die Reform der Sozialsysteme und des Arbeitsmarktes stünde Deutschland in der Finanz- und Schuldenkrise nicht so gut da. Zugleich gesteht er indirekt einen Fehler ein: Den gesetzlichen Mindestlohn hätte seine Bundesregierung mit Einführung der Agenda 2010 verabschieden sollen. Allein die Mehrheiten hätten damals gefehlt. Gegenwind im Wahlkreis Auf Mehrheiten kann seine Frau Doris auch nicht unbedingt hoffen. Mit Dirk Toepffer hat sie einen starken CDU-Kandidaten als Konkurrenten in ihrem hannoverschen Wahlkreis. Bei ihrem Straßenwahlkampf in Mittelfeld bekommt sie schnell den Gegenwind der CDU zu spüren. „Ich wünsche euch viel Erfolg. Aber wir werden ihn auf jeden Fall auf unserer Seite haben“, ruft ein wahlkämpfendes CDU-Mitglied der SPD-Gruppe um Schröder-Köpf von seinem Stand scherzend zu. Die 49-Jährige lächelt, grüßt freundlich und macht sich dann weiter auf zu ihren potenziellen Wählern. Schröder-Köpf hat bereits vor der Wahl ihre Durchsetzungsfähigkeit bewiesen. Relativ kurzfristig gab sie bekannt, dass sie im Wahlkreis Hannover-Döhren antreten will. Der war eigentlich bereits von der SPD-Abgeordneten Sigrid Leuschner für sich beansprucht worden. In der innerparteilichen Auseinandersetzung siegte Schröder-Köpf, Leuschner blieb als enttäuschte Verliererin zurück und verließ nun sogar wenige Tage vor der Landtagswahl die SPD, um bei den Linken einzutreten. Mit dem stets verständnisvoll wirkenden Lächeln reagiert Schröder-Köpf inzwischen auf ihre frühere Gegenkandidatin. Sie habe Leuschner nicht „ins offene Messer laufen lassen“, beteuert sie. Allerdings gibt es SPD-Mitglieder, die die Art ihrer Kandidatur nicht gut fanden. SPD-Spitzenkandidat Stephan Weil jedoch hält Großes auf Schröder-Köpf. Nach einem Wahlsieg soll sie deshalb auch ehrenamtlich in der Staatskanzlei Integrationsbeauftragte werden. Sollte es dazu kommen, wird ihr Mann wohl noch mehr Arbeit im Haushalt übernehmen müssen. Wenn die SPD-Fraktion am 22. Januar zu ihrer konstituierenden Sitzung zusammenkomme, wisse er, dass er „zuhause sein muss, um die Kinder zu hüten“, verkündet er, um anschließend noch einmal mit seinem Macho-Image zu kokettieren: „Man bleibt, was man ist, auch wenn es Spaß macht, sich um die Kinder zu kümmern.“ dapd (Politik/Politik)
Ein Paar in vertauschten Rollen
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Peer-Michael Preß
Peer-Michael Preß – Engagement für die Unternehmerinnen und Unternehmer in der Region seit fast 20 Jahren. Als geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens Press Medien GmbH & Co. KG in Detmold ist er in den Geschäftsfeldern Magazin- und Fachbuchverlag, Druckdienstleistungen und Projektagentur tätig. Seine persönlichen Themenschwerpunkte sind B2B-Marketing, Medien und Kommunikationsstrategien. Sie erreichen Peer-Michael Preß unter: m.press@press-medien.de www.press-medien.de Alle Beiträge von Peer-Michael Preß anzeigen