Göttingen (dapd-nrd). Es war ein Duell auf zwei Bühnen, und es versprach interessant zu werden: In Göttingen haben am Montag Gerhard Schröder (SPD) und Oskar Lafontaine (Linke) eine Bilanz von „10 Jahren Agenda 2010“ gezogen. Der Ex-Kanzler sprach auf Einladung des renommierten Vereins für Socialpolitik, der Linke-Politiker wurde von den Veranstaltern eines Alternativ-Kongresses aufs Podium geschickt. Beide redeten ohne Manuskript und jeweils eine halbe Stunde – und beide wiederholten im Kern ihre bekannten Positionen. In Nuancen gab es aber auch Neues. Nach der Regentschaft Helmut Kohls sei Deutschland „wirtschaftlich verkrustet und erstarrt“, die Wirtschaft „nicht wirklich wettbewerbsfähig“ gewesen, sagt Schröder im nicht voll besetzten größten Hörsaal der Universität. Erst durch die Agenda 2010 habe die rot-grüne Bundesregierung Abhilfe schaffen können. Unter dem Motto „Fördern und Fordern“ seien der Arbeitsmarkt flexibler gemacht, der Kündigungsschutz gelockert, die Leiharbeit verstärkt und Steuern gesenkt worden. Mit einem – aus Schröders Sicht – „im Wesentlichen positiven“ Resultat: Die Arbeitsmarkt- und Wirtschaftsreformen hätten dafür gesorgt, dass auch bei schwächerem Wachstum Jobs entstanden seien. Die Langzeit- und Sockelarbeitslosigkeit in Deutschland sei gesenkt, der Mittelstand und die Infrastruktur gestärkt worden. Deutschland sei nicht länger „der kranke Mann“ Europas gewesen, dem Land gehe es seither besser. „Wir haben die Deutschland AG revitalisiert“, meinte Schröder. Doch das sei kein Grund zum Ausruhen, die Reformen müssten weiter gehen. Rente mit 67, mehr Geld für Forschung, Bildung und Innovation. Ob das Zukunftsprogramm auch unter dem Namen Agenda laufe, sei „nicht wichtig – Hauptsache, es passiert was“. In einem Seminarraum der Hochschule setzt Lafontaine eine dreiviertel Stunde später zur Gegenrede an. Der Beginn ist diffus. Die rot-grüne Bundesregierung habe sich damals so verhalten, als sei sie von feindlichen Agenten gesteuert worden, sagt er. Die Agenten seien Begriffe gewesen – Begriffe wie „Lohnnebenkosten“ oder „Wettbewerbsfähigkeit“, mit denen der „Mainstream“ Spitzenpolitikern beider Parteien die „Hirne vernebelt“ habe. Bei den nächsten Attacken wird Lafontaine etwas konkreter: Den Menschen in Deutschland gehe es durch die Agenda 2010 schlechter: Löhne und Renten stagnierten, die Ungleichheit habe massiv zugenommen, die sozialen Sicherungssysteme seien „demoliert“ und „zerschlagen“ worden. Rot-Grün habe die „Finanzmärkte dereguliert“ und Hedgefonds und Schattenbanken Tür und Tor geöffnet. Aus Lafontaines Sicht sind die Agenda-Reformen, namentlich das „Lohndumping“, auch für die derzeitige Euro-Krise mitverantwortlich. „SPD und Grüne haben bis heute nicht begriffen, dass Lohndumping eine zentrale Ursache der Krise ist“, sagt der frühere SPD-Chef und Finanzminister. Überhaupt sei die „Agenda“ ja von den Unternehmerverbänden und der Bertelsmann-Stiftung entwickelt worden, „das komplette Programm des BDI wurde da übernommen“. dapd (Politik/Politik)
Duell auf zwei Bühnen
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Peer-Michael Preß
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